Kaffeeklatsch à la carte

Foto: Antje von Hein

Es gibt Träume, aus denen man gar nicht mehr erwachen möchte. Um es mit Goethen zu sagen: „Verweile doch, du bist so schön.“ Am Muttertag hatte ich Blumen auf das Familiengrab gestellt und eine stille Zwiesprache mit meinem geliebten, bereits vor über fünfzehn Jahren verschiedenen Mütterchen gehalten. Müde geworden, ließ ich mich auf der Bank neben dem Grab nieder und fiel alsbald in einen süßen Traum. Ich saß bei hellem Sonnenschein auf der Terrasse eines Cafés am Strand der Ostsee, einen dampfenden Capuccino und ein großes Stück Nusstorte vor mir. Als ich gerade lustvoll die Kuchengabel zum Munde führen wollte, wurde ich durch einen erregten Wortwechsel brutal aus meinem Traum gerissen. Eine alte Frau in Seemannskluft, den Südwester keck auf dem schlohweißen Haarschopf, unterhielt sich lautstark am Handy mit einem unsichtbaren Partner, der sich partout nicht ihrer Meinung über Grabschmuck und Blumenerde anschließen wollte. Obgleich einige Friedhofsbesucher der Frau Handzeichen machten, ihre Stimme um einige Dezibel zu senken, fuhr diese unbeirrt in ihren Tiraden fort. Als ich sie später an der Bushaltestelle wieder traf, schenkte sie mir ein breites Lächeln und sagte: „Tut mir echt leid, dass ich ein bisschen laut war. Aber mein Mann ist fast taub. Und ich habe den größten Teil meines Lebens auf einem Markt gearbeitet. Und wer da Erfolg haben will, muss schon mal die Stimme heben.“ Das erklärte natürlich alles. Ich stellte mir die Frau im Geiste auf dem Fischmarkt vor, wo sie mit Stentorstimme Aale oder Bananen unter das Volk brachte. „Na dann man tschüüüs,“ rief sie mir zu, sprang behände aus dem Bus und zündete sich eine Zigarette an, deren Rauch sie genüsslich inhalierte. „Ich geh’ jetzt zu meinem Ede, der hat schon den Tisch gedeckt und Kaffee gekocht,“ ergänzte sie ihren Monolog, „und holen Sie sich man auch irgendwo nen Becher. Tut doch echt gut nach all den ollen Gräbern.“

„Tempora mutantur et nos mutamur in illis”, sagt der Lateiner. In der Tat, die Zeiten haben sich geändert, und wir haben uns ihnen wohl oder übel anpassen müssen. Statt eines gepflegten „Konditerns“ an Marmortischen, wie meine Eltern weiland Besuche in Cafés nannten, stehen wir heute auf der Straße, den Plastikbecher mit dem heißen Kaffee in der rechten und einem Stück Gebäck in der linken Hand. „Da musst du schon ganz schön balancieren, damit du dir das Gesöff nicht über den Pelz kippst“, scherzte unlängst eine Freundin und verbrannte sich prompt die Hand. Dabei fällt mir der verballhornte Text eines Schlagers aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts ein, den meine Mutter mit ihren Freundinnen in fröhlicher Runde zu singen pflegte: „In einer kleinen Konditorei, da saßen wir zwei und fraßen für drei.“ Tja, mit Sitzen ist es ja zurzeit auch nichts. Stehen auch nur unter Vorbehalt. Stand ich mit zwei Freundinnen doch unlängst in der äußersten Ecke des Europa Centers. Kein Mensch weit und breit. Nichts Böses ahnend nippten wir an unserem Kaffee, als zwei sich martialisch gebärdende Männer in Uniform mit großen Schritten auf uns zukamen und uns aufforderten, sofort das Center zu verlassen. Unser Argument, es sei doch niemand hier außer uns wurde mit einem schroffen „Vorschrift ist Vorschrift“ abgeblockt. Wir fanden uns also bei strömendem Regen auf der Straße wieder. Aber Not macht bekanntlich erfinderisch. Hatte nicht Birgit ihren schicken BMW in einer Nebenstraße ganz in der Nähe geparkt. Eilig schritten wir zur Tat und genossen einen außerordentlich unterhaltsamen Kaffeeklatsch in wohliger Wärme bei dezenter Musik im Auto. In bester Laune machten wir uns später auf den Heimweg. „Es geht auch anders, doch so geht es auch“, heißt es in Bert Brechts Dreigroschenoper. So ist es. Die Erfahrung während der Coronakrise hat uns gelehrt, die gewohnten Pfade zu verlassen und andere Wege zu beschreiten. Zugegeben, unser Kaffeeklatsch im Auto war lustig und originell. Dennoch wiegt er in keiner Weise den Besuch eines Cafés auf. Denn da sitzen wir entspannt an einem Tisch, lassen uns bedienen und kommunizieren mit anderen Menschen. Dies ist die Freiheit, nach der wir uns sehnen und die wir so schnell wie möglich zurück haben wollen. Amen.

Good News from The English Theatre of Hamburg

Sharon Facinelli

Rejoice, rejoice! The English Theatre is planning its comeback on May 2. As you all will remember, the premiere of “Shirley Valentine” was originally planned for November 20 last year. However, owing to the Corona pandemic disease the start of the play was postponed several times.

Meanwhile Helen Sheals who was originally engaged for this one-woman-show had to leave Hamburg for good. Helen is a well-known star in Britain. Besides her performances on stage, she appears frequently on television. She also plays a part in the popular TV series “Downton Abbey.”

The TET takes pleasure in announcing that Sharon Facinelli, another well-known British star (photo), will take over the part of Shirley Valentine in Willy Russel’s hilarious comedy. Sharon works in film, theatre and musical productions. She regularly performs in theatres as part of the Director’s Cut Theatre Company and is delighted to be making her Hamburg debut.

Last but not least a few words about the plot: Shirley, a frustrated housewife living in Liverpool is fed up with her marriage to a loveless husband. Therefore she is delighted when a friend asks her to spend a holiday with her in Greece. A couple of days in this sun-bathed country work wonders on Shirley and change her whole life.

We do hope that the premiere of this new play will take place on May 2, as scheduled. All of us are keeping our fingers crossed. We say good-bye for the time being and look forward to seeing you on May 2.

Uta Buhr

Gute Nachrichten vom English Theatre of Hamburg

Sharon Facinelli, Foto: Gemma Turnbull

Die Besucher des TET warten sehnsüchtig auf die Wiedereröffnung der Bühne an der Mundsburg. Am 2. Mai erlebt das Ein-Personen-Stück „Shirley Valentine“ von Willy Russel seine Hamburger Uraufführung. Diese hinreißende Komödie feiert seit langem Erfolge im Londoner Westend. Leider musste wegen des Lockdowns die Premiere am 20. November letzten Jahres abgesagt werden.

Der für die Erstaufführung vorgesehene Star der britischen Theaterszene Helen Sheals ist inzwischen nach England zurückgekehrt und steht für den Neustart nicht mehr zur Verfügung. Schade, denn Helen ist auch dem deutschen Publikum durch ihren Auftritt in der TV-Kultserie „Downton Abbey“ bestens bekannt.

Die Rolle der Shirley Valentine wird die in Großbritannien nicht minder bekannte Schauspielerin Sharon Facinelli (Foto) übernehmen. Sie ist seit Jahren eine bekannte Größe im Film- und Musicalgeschäft und präsentiert sich ihrem Publikum ebenfalls mit Leidenschaft auf den Brettern, die die Welt bedeuten.

Freuen wir uns also auf Sharon Facinelli als Shirley Valentine in diesem Stück über eine zutiefst frustrierte Liverpooler Hausfrau, die ihre Lebensfreude auf einer Reise ins von der Sonne verwöhnte Griechenland wiederfindet. Wir dürfen auf einen höchst amüsanten Theaterabend gespannt sein, In Zeiten wie diesen tut uns allen ein solches Trostpflaster besonders gut.

Wir melden uns zu gegebener Zeit an dieser Stelle wieder. Drücken wir also die Daumen, dass wir uns demnächst in unserem schmerzlich vermissten Theater wieder treffen.

Das wünscht uns allen

Ihre Uta Buhr

 

Immer schön cool bleiben

„O tempora, o mores”, ruft die Lehrerin in gespieltem Entsetzen aus, während ihre Klasse sich trotz ihrer Bitte um Ruhe und Ordnung schreiend und schubsend in den S-Bahn Waggon ergießt. Im Nu liegen Ranzen und Rucksäcke wild verstreut am Boden und ein zäher Kampf entbrennt um die Fensterplätze. Als zwei halbwüchsige Rowdys mit den Fäusten aufeinander losgehen, greift die Lehrkraft entschlossen ein: „Also, Daniel, Jörg, immer schön cool bleiben“, mahnt sie mit beschwörender Stimme und erinnert dabei lebhaft an eine Dompteurin im Raubtierkäfig.

Auf der Rolltreppe begegne ich den beiden Kampfhähnen wieder. Ihre Streitigkeiten haben sie inzwischen beigelegt. Dafür belästigen sie jetzt voller Inbrunst andere Leute, indem sie sich mit verschränkten Armen vor ihnen aufbauen und sie am Verlassen der Treppe hindern. Eine elegante ältere Dame, die offenbar den Anschlusszug noch erreichen will, versucht sich mit aller Macht an ihnen vorbei zu winden.
„Hey, du alte Gruftspinne, mal’n bisschen mehr Benehmen“, sagt der eine der beiden Flegel. Da entfleucht der Frau, die vor Wut putterot angelaufen ist, ein Wort, das zivilisierte Menschen üblicherweise mit „Armleuchter“ zu umschreiben pflegen. Wie von einem Zauberstab berührt, treten die Jungen zur Seite und sehen der eben noch Geschmähten mit unverhohlener Ehrfurcht nach. „Echt geil“, sagt der eine, „was die Mutter für Ausdrücke drauf hat.“

Nachwort: Das oben Geschilderte widerfuhr mir wenige Wochen vor dem ersten Lockdown, als unser Dasein in geregelten Bahnen verlief und wir alle noch unmaskiert die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen durften. Da tobte das pralle Leben, wozu auch gelegentliche verbale Entgleisungen von frechen Buben wie Daniel und Jörg gehörten. Ich gestehe, dass diese mir jetzt viel weniger ausmachen würden als die gegenwärtige depressive Stimmung, die wie Blei auf uns allen lastet.

 

Von Kindern lernen

Es ist ein alter Hut. Viele Bürger halten sich nur ungern an die einfachsten Verkehrsregeln. Wie oft muss ich erleben, dass ein Auto noch über die Kreuzung vor meinem Haus „nagelt“, wenn die Ampel schon längst auf Rot umgesprungen ist. Auch vor Zebrastreifen drosseln manche Fahrer nur ungern das Tempo. Häufig muss man beherzt ausschreiten, um sie noch rechtzeitig zum Halten zu bewegen.

Und wie steht es mit den Fußgängern, die nicht selten geduldig vor Ampeln ausharren müssen, bis sie endlich die Straße überqueren dürfen, auch wenn weit und breit kein Fahrzeug in Sicht ist? Ich gestehe, dass ich in so einem Fall nicht immer auf grünes Licht warte, solange keine Kinder in der Nähe sind. Dem Nachwuchs gegenüber zeige ich mich stets als vorbildliche Verkehrsteilnehmerin.

Zumindest bis gestern Mittag. Die Sonne blendete mich, als ich in der Nähe des Harburger Bahnhofs bei Rot schnell über eine Straße lief. „Rotgänger, Todgänger, Grüngänger leben länger“, erschallte ein mehrstimmiger Kinderchor hinter mir. Wie vom Schlag gerührt drehte ich mich um. Da standen vier etwa zehnjährige Schulmädchen am Straßenrand und drohten mir mit dem Finger. Mein Gott, die lieben Kleinen hatte ich ganz übersehen! „Entschuldigt“, stammelte ich verlegen. „Aber da habe ich wohl geschlafen. Kommt ja mal vor.“

„Sollte es aber nicht“, entgegnete das Größte von den Mädchen streng. „Erwachsene erzählen uns doch immer, wo es langgeht. Dann müssen sie aber auch Vorbilder sein.“ Wo Kinder recht haben, haben sie recht. Also schwor ich hoch und heilig, nie wieder bei Rot über die Straße zu gehen. Das versöhnte die jungen Damen offenbar, die sich mit einem freundlichen „Tschüs, und noch einen schönen Tag“, von mir verabschiedeten. Ich habe mir übrigens gelobt, dieses Versprechen niemals zu brechen. Großes Indianerehrenwort!

Diese Glosse erschien bereits im Hamburger Abendblatt
Foto: Michael_Luenen, Pixabay

Ein Leben für die Kunst: Unser Mitglied László Kova wird achtzig

Laut Joseph Beuys ist jeder Mensch ein Künstler. Über diese Aussage kann man durchaus geteilter Meinung sein. Er selbst, das Enfant terrible der internationalen Kunstszene, war zeitlebens umstritten. Während manche ihn für ein Genie hielten, war er für andere ein Scharlatan, der mit seinen ausgefallenen Ideen die Welt beeindrucken und gleichzeitig abzocken wollte. Man denke nur an seinen berühmten Fettfilz, den eine übereifrige Putzfrau aus einer Gummiwanne mit einem Wisch entfernte, weil sie ihn für Schmutz hielt. Das betroffene Dortmunder Museum hatte innerhalb weniger Minuten ein epochales Kunstwerk im Werte von 800.000 Euro verloren. Ein Skandal, der die Presse im In- und Ausland über Wochen und Monate beschäftigte. Nicht wenige „Kunstbanausen“ amüsierten sich königlich über diesen Fauxpas, während manche der Frau im Arbeitskittel zu ihrer Courage gratulierten, diesen „Mist“ dahin entsorgt zu haben, wo er hingehört – in den Abfluss. Kunst kommt von Können, sagt der Volksmund, und wirkliches Können wollten viele dem Aktionskünstler und Provokateur nicht zubilligen.

Aber in medias res. Heute möchten wir einen Mann ehren, den wir als einen veritablen Künstler bezeichnen können und der mit seinem vielseitigen Werk

viele Kunstliebhaber anspricht. Ob großformatige Ölgemälde, filigrane Blütenträume in Acryl, mit leichter Hand hingeworfene Skizzen oder bronzene Skulpturen – László Kova ist in allen Sätteln der schönen Künste gerecht und versucht sich ständig an neuen Techniken. Doch nicht genug damit. Der Mann hat sich auch als Schriftsteller und Lyriker einen Namen gemacht. Das Herz sei für seine Poesie sehr wichtig, offenbarte Kova einem Journalisten des STERN während eines Interviews, denn – Originalton Kova – „wenn ich in schlaflosen Nächten vom Erlebten und Erfundenen überfallen werde, zwingt mich das unausweichlich zur Bewältigung, zur Verarbeitung, zum Schreiben. Da ergeht es mir ähnlich wie bei meinem Drang zur Malerei.“ Der 1940 in Budapest geborene Ungar erwies sich bereits in jungen Jahren als eine Art „enfant prodige“, das Gedichte und Geschichten schrieb und selbst illustrierte. Später studierte er auf Lehramt und promovierte zum Doktor der Volkswirtschaft. Sein Hauptanliegen aber war von jeher die Kunst, der er sich mit Leib und Seele verschrieb. 1974 kam László Kova als politischer Flüchtling nach Deutschland, wo er seine künstlerische Weiterbildung an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg bei Professor Günther Cordes pflegte. Als Journalist war Kova ebenfalls unterwegs. Er schrieb für verschiedene deutsche Zeitungen und betätigte sich nebenbei noch als Handballtrainer in der Bundesliga. Auch als Deutschlehrer war er erfolgreich. Dafür erhielt er von seiner internationalen Schülergemeinde einen vergoldeten Oscar mit der Inschrift „Dem besten Lehrer.“ Mehr geht nicht. Oder doch? Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass der athletische Mann bis vor nicht allzu langer Zeit jährlich den Balaton (Plattensee) in ein einer sehr guten Zeit durchschwamm. Immerhin eine Stecke von 5,2 Kilometern. Und dies im Alter von fünfundsiebzig Jahren plus. Chapeau!

Es versteht sich von selbst, dass László Kova an seinem 80, Geburtstag am 14. November dieses Jahres eine Hommage gebührt. Diese findet in Form einer Ausstellung im Hotel New Living Home in Hamburg-Lokstedt statt. Hier wird eine kleine Auswahl von Kovas Bildern gezeigt. Mit von der Partie ist die Ehefrau des Künstlers Witka Kova, deren einzigartige Aquarelle hier ebenfalls präsent sind. Eine partnerschaftliche Gesamtschau vom Feinsten!

Werfen wir jetzt einen Blick auf die Werke des Künstlerehepaars Witka und László Kova, die leider dem Publikum wegen der Corona Pandemie zurzeit nicht zugänglich sind. Die Auswahl kann kontrastreicher kaum sein. Während László in erster Linie Motive aus nördlichen Regionen gewählt hat, kapriziert sich Witka mehr auf südliche Gefilde. Ihre in Venedig entstandenen Aquarelle machen den morbiden Charme der Serenissima fast körperlich erlebbar. Hier wird auch die dunkle Seite der Lagunenstadt beleuchtet mit ihren bröckelnden Fassaden, die sich in den dunklen Wassern der Kanäle spiegeln. Ausgeführt in jenem sensitiven Duktus, der dem Oeuvre Witka Kovas innewohnt. Auch die Szenen aus dem Hamburger Hafen mit ihren im Nebel liegenden Kränen und Docks tragen die unverkennbare Handschrift der Künstlerin, die sich immer wieder neu erfindet und gern mit verschiedenen Materialien experimentiert. Sie verarbeitet auch Seide und Seidenpapier in ihren Bildern. Traumhaft ist Witkas weiblicher Akt auf rotem Untergrund – gleichermaßen vom Eros und einer zerbrechlichen Unschuld beseelt. Witka wurde 1955 im polnischen Sensburg geboren und studierte als junge Frau Bauwesen. Diesem Studium verdankt sie ihr sicheres Gefühl für Proportionen und Perspektiven, die ihre Aquarelle unverwechselbar machen. Die Mutter zweier Kinder ist Mitglied der Aquarellwerkstatt Hamburg. Ihre Bilder wurden bereits in mehreren Kunstmagazinen veröffentlicht, darunter im Artmagazin Kunsthandel und im Lady-Tagebuchkalender des Münchener Heyneverlags. Zudem veranstalten sie und Ehemann László regelmäßig Mal- und Kunstkurse.

László Kova macht seinem Ruf „Werke voller Lebensfreude“ zu schaffen, alle Ehre. Die explodierenden Farben des Gemäldes „Rapsfeld am See“ lassen auf Anhieb gute Laune aufkommen. Man hat Lust, mitten durch das sonnengelbe Feld zu laufen und in die spiegelglatte Fläche des Sees einzutauchen. Von entspannter Lebensfreude zeugt das Selbstporträt auf einem Steg an der Außenalster, wo der Künstler sich zu einer Schaffenspause mit einem Buch niedergelassen hat. Auch der rote Felsen von Helgoland mit der Langen Anna sowie die Backsteinbauten in der Hafencity dürfen in Kovas vielschichtigem Werk nicht fehlen. Ein Kontrastprogramm zu diesen in kräftigen Farben gehaltenen Gemälden bilden die filigranen Blumen- und Blütenträume, die Kovas Meisterschaft für das Zarte und Vergängliche belegen. Lassen wir an dieser Stelle einen Experten zu Worte kommen: „Kovas Werke strahlen Entschlossenheit, Klarheit, Zuversicht und Optimismus aus. die von dem ungarischen Vollblutkünstler ausgeübte Maltechnik lässt deutlich eine empfindsame Besessenheit von Farbe und Form erkennen.“

Jeder, der die Jubiläumsausstellung besucht, verlässt mit einem Lächeln auf den Lippen das Foyer des Hotels. Und das ist doch schon etwas an diesen trüben Herbsttagen, die uns durch die vielen Einschränkungen unserer Freiheit nicht gerade versüßt werden. Ein Dankeschön geht an die beiden Künstler. An erster Stelle natürlich an den Jubilar, der heute 80 Jahre alt wird. Selbst wenn es etwas abgeschmackt klingen mag. so sagen wir doch nicht ohne Bewunderung: „Achtzig Jahre und kein bisschen müde.“ Herzlichen Glückwunsch, lieber László, bleibe gesund und erhalte Dir Deine schöpferische Kraft bis in das biblische Alter eines Methusalem.

In diesem Sinne…
Der Vorstand der Auswärtigen Presse
im Namen aller Mitglieder

 

Die Ausstellung im New Living Home, Julius-Vosseler-Straße 40 läuft noch bis Ende Dezember 2020. Eintritt frei.

Link zur Website der Künstler: http://www.edition-kova.de/

„Snake in the Grass“ by Alan Ayckbourn. The New Play at the English Theatre of Hamburg

„Listen girls, I want 100.000 pounds – cash down.“

The good news of the day: The English Theatre is back after a long absence due to the corona pandemic. Rejoice dear aficionados of the TET! What’s more, we are presenting a new play by the most prolific of all living British play writers Alan Ayckbourn. This time the author has concocted a thriller spiced with loads of black humour and a number of shocking scenes that make your blood freeze in the veins.

“Snake in the Grass” is a very “twisty” play. Whenever you think you know who of the three women on the stage could be the scheming person, so to speak the snake lingering in the grass, you find out that you are entirely wrong. Ayckbourn is a master of twists. In this play one twist is followed by another one. By the way, do not be afraid of a real snake, an aggressive cobra or viper hiding in the lawn and trying to attack the ladies on the stage. Joke! It is merely an expression which describes “a treacherous deceitful person.” Just have a look into the Oxford English Dictionary.

The setting is idyllic. A run-down cottage, most probably in the outskirts of London, surrounded by a lush though neglected garden. There is an overgrown tennis court and an old well in front of the house. The sun is shining, the sky of the deepest blue imaginable. The home of the Chester family looks deserted. All of a sudden a woman appears on the scene. Anabel, Mr. Chester’s elder daughter, has just arrived from Australia, her home for the last thirty-five years. Being the heir of all the riches Mr. Chester has left, including cottage and garden, she has been called back to England. In spite of her heritage, the successful business woman from one of the big cities on the Fifth Continent looks quite unhappy. When Miriam, her younger sister, turns up and moans over her lost youth in her father’s “care” an old family conflict erupts. While Anabel still resents her father’s forcing her into an exhausting tennis training day after day over a couple of years, Miriam accuses the old man of abusing her during her childhood. Once she broke out and went to a disco he dragged her back home. The first impression of a perfect world proves entirely wrong. The play turns out to be a trip on a ghost train. But this is no means the end of the horror. The next intruder is on her way.

„Don’t be afraid, Anabel, it’s only a bird in the trees.“

Alice Moody, the former nurse of the deceased Mr. Chester, shocks the two sisters with her message that Miriam deliberately killed the old man by administering a deadly dose of his medicine to him. Her silence is worth the gigantic sum of 100.000 pounds. Is she trying to take revenge for having recently been sacked by Miriam? Alice makes it very clear: “If you do not pay me the 100.000 pounds, I’ll have to report to the police right away.” She even produces a letter by her former employer in which Mr. Chester claims that Miriam intended to kill him. Anabel and Miriam are under shock. They do not have that much money to silence Alice. Really, the best way to get rid of that greedy woman is to “neutralise” her. In both sisters’ opinion, this would be the most elegant way to solve the problem. Since it is not our intention to spoil your appetite for the rest of this thrilling play, we are stopping here and leave it to you to find out who in the end turns out to be the snake in the grass. Or are there several reptiles in the garden? Knowing the author and his tricks you can never be sure…

What a play! No wonder that the press reviews are full of praise. While The Sunday Times writes: “A creepily, scarily, eerily enjoyable evening”, “Plays International” comment: “Alan Ayckbourn feels the urge to make people jump.” We fully agree.

„Sorry, Miriam. You really had a bad time with father.“

“Snake in Grass” is Alan Ayckbourn’s masterpiece combining thrilling and humorous elements in a remarkably balanced way. There are mysterious things going on in the backyard, the twitter of a bird hidden in the leaves of a big tree calling a name, and a chair on the porch rocking to and fro. There is also “gaslighting” in the air. What’s more: Alice the nurse is back from the dead, dirty from head to toe, but alive and in high spirits. What the hell is going on in Mr. Chester’s garden? The last act is shocking and will paralyse you with sheer horror. Don’t ask us why. Our lips are sealed. Just buy a ticket and enjoy the thrill while sitting comfortably in the theatre.

Thumbs up for three superb actrices: Debbie Radcliffe as ladylike Anabel, Jan Hirst playing a self conscious Miriam and Joanne Hidon in the role of scheming Alice Moody who is speaking a Yorkshire accent so thick that you could cut it with a knife. Hilarious!
Many thanks to Robert Rumpf who directed the play.

Last but not least a few words about Alan Ayckbourn. He was born in London in 1939 and has been writing and directing for the theatre for over 60 years. Being an extremely prolific author he has written a good many comedies which have become box office successes all over the world. Just think of comedies such as “Relatively Speaking,” Season’s Greetings” and “Communicating Doors,” to mention only three of Ackbourn’s highly amusing plays.

Final performance of “Snake in the Grass” on October 31, 2020

Tickets under phone number 040 – 227 70 89, or online under www.englishtheatre.de

Next premiere: “Shirley Valentine” by Willy Russell on November 12, 2020

Attention: Due to the corona pandemic, you are requested to wear a mask covering your mouth and nose during your stay in the theatre.

(Photos: Stefan Kock)

„Snake in the Grass“ von Alan Ayckbourn – das neue Stück am English Theatre of Hamburg

„Hört gut zu, Mädels. Ich will 100.000 Pfund. Sofort!“

Die gute Botschaft vorab: Das English Theatre hat gerade wieder seine Pforten geöffnet, und dies mit einem Stück, das so recht nach dem Herzen all jener sein dürfte, die das Theater regelmäßig besuchen. Mit „Snake in the Grass“ – Die Schlange im Gras – setzt der berühmte britische Autor Alan Ayckbourn seine erfolgreiche Serie von Theaterstücken fort, die seit langem auf vielen Bühnen der Welt vor einem begeisterten Publikum gespielt werden. Neu ist, dass sich der Schreiber tiefgründiger Komödien diesmal an einem anderen Genre versucht, dem Thriller, der reichlich mit dem für Ayckbourn typischen schwarzen Humor gewürzt ist. Aber in medias res. Vorhang auf für „Snake in the Grass.“

Über dem üppig blühenden Garten vor dem Haus der Familie Chester wölbt sich ein azurblauer Himmel. Eine Postkartenidylle. Dennoch liegt etwas Unheimliches, fast Bedrohliches in der Luft. Als nacheinander drei Frauen die Bühne betreten, verstärkt sich der Eindruck, dass hier etwas „im Busch“ ist. Anabel und Miriam, die beiden Töchter des erst kürzlich verstorbenen Mr. Chester, geraten im Handumdrehen in eine heftige Auseinandersetzung mit Alice Moody, einer Krankenschwester, die den alten Herrn lange gepflegt hatte und nach eigenen Worten grundlos von Miriam entlassen wurde. Der Streit eskaliert, als Alice behauptet, Miriam habe ihren Vater heimtückisch mit einer Überdosis seiner Medizin ermordet. Es gibt sogar einen Brief des alten Mannes an die Pflegerin, aus dem die Tötungsabsicht seiner jüngeren Tochter hervorgeht. Ist Miriam eine skrupellose Mörderin oder lügt Alice? Will sie sich für die aus ihrer Sicht unberechtigte Kündigung rächen? Der scheinbar friedliche Garten verwandelt sich unter den Augen des Zuschauers im Handumdrehen in eine Schlangengrube, in der drei Vipern in Menschengestalt ihr Unwesen treiben. Doch gemach, es ist ja nur von einer Schlange die Rede, die sich im Gras versteckt. Welche von den Dreien mag das wohl sein, lautet die Frage. Ist es die verhuschte Miriam, ihre ältere gestrenge Schwester Anabel oder gar die ungebildete Alice, die dreist ein Schweigegeld von – man höre und staune – 100.000 Pfund erpressen will? Bei Nichtzahlung droht sie, Miriam wegen Mordes an ihrem Vater bei der Polizei anzuzeigen. Woher soviel Geld nehmen und nicht stehlen! Das Beste wird sein, sich dieser unangenehmen Person zu entledigen. Aber wie? Um dem Publikum nicht die Spannung an diesem wendungsreichen Stück zu nehmen, überspringen wir diesen Punkt und wenden uns dem corpus delicti des Plots zu, dem toten Mr. Chester.

„Keine Angst, Anabel, es ist nur ein Vogel in den Bäumen.“

Es stellt sich heraus, dass dieser Mann seinen Töchtern kein guter Vater war. Nach dem Tode der Mutter der beiden führte er ein unerbittliches Regime und quälte beide Mädchen bis aufs Blut. Anabel wurde mit täglichen Tennisstunden auf dem kleinen Parcours hinter dem Haus drangsaliert, während ihre Schwester Demütigungen und ständige Bevormundungen ertragen musste. In uns keimt ein böser Gedanke auf: Hatte dieser Widerling nicht den Tod mehr als verdient? Aber zurück zur Handlung. Während Anabel erklärt, warum sie vor nunmehr 35 Jahren nach Australien auswanderte, klagt Miriam, dass sie ganz allein mit diesem Unhold von Vater in England zurückbleiben musste. Jetzt, da der Alte tot ist, könnte Anabel, die Erbin des väterlichen Vermögens, das Haus verkaufen und mit Miriam dorthin ziehen, wo beide an ihre schreckliche Kindheit nicht mehr erinnert werden. Der Plan scheint aufzugehen, denn die Erpresserin Alice ist wie vom Erdboden verschluckt und nirgendwo auffindbar. Alles scheint paletti, und die beiden Schwestern Chester können sich zufrieden zurücklehnen. Wer das denkt, kennt Alan Ayckbourn, den Meister der Tricks, Irrungen und Wirrungen schlecht. Denn ab jetzt dreht sich das Karussell der Ereignisse immer schneller. Aus dem Dunkel des Gartens dringen unheimliche Laute. Wurde da nicht ein Name geflüstert. „Keine Angst, Anabel“, beruhigt Miriam ihre Schwester, „das war nur ein Nachtvogel in einem der großen Bäume.“ Mag sein. Aber wer bedient jene Kanone, die den Platz mit Dutzenden gelber Tennisbälle flutet? Diese und ähnliche mysteriöse Vorfälle sind zuviel für Anabels schwaches Herz. Die bricht auf einer der Gartenbänke zusammen. Ist sie tot oder simuliert sie nur? Wie Kai aus der Kiste springt die tot geglaubte Alice quicklebendig mitten hinein ins Geschehen. Zwar mit rußgeschwärztem Gesicht, aber einem spöttischen Lächeln auf den Lippen. Sie scheint sich sicher zu sein, dass das Haus der Chesters nun ihr gehört und reißt die Haustür mit einem Schwung auf… Miriam lächelt indes versonnen in sich hinein und öffnet ihren Mantel, unter dem ein Glitzerkleid hervorlugt. Es hat den Anschein, als wolle sie den von ihrem Vater streng verbotenen Discobesuch nun endlich nachholen. Doch das Lächeln gefriert auf ihrem Gesicht, als sie sieht, dass Mr. Chesters Schaukelstuhl vor dem Haus sich auf einmal rhythmisch hin und her bewegt. Ist der Alte von den Toten wieder auferstanden, ist er gar nicht tot oder treibt er jetzt als böser Geist sein Unwesen? Wir verabschieden uns mit einem leicht abgewandelten Zitat von Bertold Brecht: „Und damit ziehen wir betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen…“

„Es tut mir leid, Miriam, die Zeit mit Vater muss schlimm gewesen sein.“

So endet der von Alan Ayckbourn raffiniert in Szene gesetzte Thriller. Ja, wer ist denn nun die Schlange, welche den Autor zu seinem Titel inspirierte? Wir, die das Privileg besaßen, zur Premiere geladen zu werden, verraten natürlich nichts. Unsere Lippen bleiben versiegelt. Lieber Fan des English Theatre, beeile Dich mit dem Kauf eines Tickets, damit Du die Auflösung dieses diabolischen Rätsels selbst erleben kannst. Zurzeit können coronabedingt nicht alle Plätze des Theaters besetzt werden. Dennoch ist der Genuss am Stück mindestens ebenso groß wie in einem voll besetzten Haus.

Die Rezensentin hat diesen Krimi über die Maßen genossen, zumal die spannende Handlung mit vielen humorvollen Ingredienzien gewürzt ist. Wohl dosiert und dadurch besonders effektvoll. Als ehemalige Florettfechterin hat sie die eingebauten Finten des Autors goutiert: Wenn du denkst, der Gegner sticht frontal zu, trifft er dich in der Flanke. Wer da nicht aufpasst, verliert im Kampfsport nur Punkte. In früheren Zeiten konnte eine Sekunde Unaufmerksamkeit den Fechter allerdings das Leben kosten.

Last but not least: Alle Daumen hoch für das fantastische Trio auf den Brettern des English Theatre.: Debbie Radcliffe als damenhafte Anabel, Jan Hirst in der Rolle der verhuschten Miriam und Joanne Hildon als Alice, das hinreißende „blonde Gift“ mit Yorkshire Zungenschlag. Regie: Altmeister Robert Rumpf.

Ganz zum Schluss noch ein paar Takte über Alan Ayckbourn, den vielleicht „fruchtbarsten“ lebenden britischen Stückeschreiber. 1939 in London geboren, blickt er auf über sechzig Jahre Theaterpraxis zurück, als Autor und Spielleiter gleichermaßen. Also eine echte „Rampensau“, wie man dermaßen verdiente Künstler im etwas hemdsärmeligen Theaterjargon zu nennen pflegt. Eigentlich gilt dies nur für die Akteure auf der Bühne. Doch Alan Ayckbourn verleihen wir diesen Titel aufgrund seiner Verdienste um die Bretter, die die Welt bedeuten. Erinnern wir uns doch an die größten Erfolge des Mannes mit dem verschmitzten Lächeln: „Relatively Speaking“, „A Small Family Business“, „Communicating Doors“ und „Season’s Greetings“ zählen zu seinen erfolgreichsten Stücken, die es auf viele Bühnen der Welt geschafft haben. Auch auf deutsche. Hoffen wir, dass uns der Autor noch recht lange erhalten bleibt, um uns mit weiteren witzig-ironischen Stücken zum Lachen und Nachdenken zu bringen.

 

„Snake in the Grass“ läuft bis einschließlich 31. Oktober 2020

Tickets unter der Telefonnummer 040-227 70 89 oder online unter www.englishtheatre.de

Nächste Premiere: „Shirley Valentine“ von Willy Russell am 12. November 2020

Hinweis: Leider müssen sich die Besucher des TET auf Weisung der Regierung während ihres Aufenthaltes im Theater maskieren. Dem Kunstgenuss tut diese Einschränkung keinerlei Abbruch.

(Fotos: Stefan Kock)

Mali, mon amour. Eine Expedition durch einen Wüstenstaat

Die Stelzentänzer der Dogon

Wer wagt eine Reise durch Mali, dieses arme, zumal durch Bürgerkriege zerrüttete Land im Westen des Schwarzen Kontinents? Gute Frage. Da gibt es eigentlich nur einen, der dieses trotz aller Gefahren faszinierende Land liebt und seinen Geheimnissen unbedingt auf die Spur kommen wollte. Der Autor heißt Wolf-Ulrich Cropp, der Grandseigneur in Sachen Expeditionen in Gegenden, die für die meisten von uns terra incognita sind. Mit „Mali und die Dschinns der Wüste“ hat der Autor ein Buch vorgelegt, das – 300 Seiten stark – den Leser vom ersten bis zum letzten Satz in seinen Bann schlägt.

Der erste Anlauf in Richtung Sehnsuchtsort misslang. Widrige Umstände verhinderten die Weiterreise von Nordafrika ins Innere des Kontinents. Resignation? Keine Spur. Dafür erkundet der Autor einen Teil Marokkos. Der Streifzug durch dieses Land, dessen Königsstädte, besonders Marrakesch, an Märchen aus 1001 Nacht erinnern, bilden die Ouvertüre zu weiteren Abenteuern, die noch im Dunkeln liegen. Cropp führt uns durch die blendend weißen Sanddünen der Sahara, gewährt Einblicke in von schattigen Dattelpalmen gesäumte Oasen und lässt uns an einem Ausflug in den Osten des Hohen Atlas teilhaben. Wir tauchen ein in das Gewusel der bunten lauten Märkte von Tanger und Casablanca und lassen uns von den Wohlgerüchen des Orients betören. Des Autors hohe Kunst des Erzählens führt den Leser mitten hinein ins Geschehen, lässt ihn hautnah teilnehmen am Erlebten.

Damit ist der erste Teil des Abenteuers Afrika zunächst beendet. Jedoch Schwierigkeiten sind dazu da, gemeistert zu werden, lautet die Maxime des Autors. „Die Kraft des Baobab, des Affenbrotbaumes, liegt in seinen Wurzeln“, besagt ein malisches Sprichwort, mit dem Cropps Einstieg in die 2-Millionen-Metropole Bamako beginnt. Die Zustände im „Maison des Jeunes“, wo der Mann sich einquartiert, entsprechen nicht den Vorstellungen verwöhnter Europäer. Statt klimatisierter Zimmer erwartet den Gast ein stickiger Schlafsaal mit Kakerlaken und anderem Getier. Während sich auf den Brücken der Stadt eine einem riesigen Wurm nicht unähnliche Autoschlange nur mühsam fortbewegt, waschen dunkelhäutige Frauen in den trüben Wassern des Niger ihre Wäsche und sehen den jungen Leuten zu, die ausgelassen in der Brühe baden. Lokalkolorit vom Feinsten. Hier und da ergibt sich ein Dialog mit einheimischen Händlern, die ihr großes Angebot an Souvenirs an den Mann bringen wollen und sich gleichzeitig einem Schwätzchen mit einem Fremden sehr aufgeschlossen zeigen.

Timbuktus Wahrzeichen: Die Moschee Sankoré

Wir verlassen Bamako und wenden uns der Großen Moschee von Djenné zu, einem Gotteshaus, das mit seiner Wehrhaftigkeit einer gigantischen Trutzburg gleicht. Und weiter geht es nach Fourou, zu einer der Goldgruben Afrikas. Viele arme Schlucker hoffen, hier das große Los zu ziehen. Aber es sind die mächtigen Konzerne und politische Kreise, die den Reibach machen. Die kleinen Leute gehen, wie üblich, leer aus. Kismet. Das nächste Kapitel widmet sich der abenteuerlichen Flussfahrt auf einer Pinasse, die ihren Anfang in Mopti am Zusammenfluss von Niger und Bami nimmt und fünf Stunden später wegen eines Motorschadens ihr unrühmliches Ende findet.

Endlich liegt sie vor uns: Timbuktu, die Stadt der Legenden und Geheimnisse, die den Autor schon aus der Ferne in seiner Jugend faszinierte. „Da war sie wieder, die Vorstellung vom magischen Ort der Sehnsüchte und Begierden“, schreibt er. „Allein der Name ‚Timbuktu’ beseelt Entdeckerlust. Eine Oase, die die Fantasie anregt, Sklaven- und Schutzkarawanen kommen und am Horizont entschwinden lässt … Die aber auch von Glanz, Reichtum, ja sogar von Wissenschaft, Lehre und Forschung berichtet.“ Diese „Perle der Wüste“, „Stadt der 333 Heiligen“ und einstiges Zentrum islamischer Wissenschaft und Kultur, ist kostbarer Bestandteil des UNESCO Weltkulturerbes. Hier ist der Autor in seinem Element. Ein anderer Hamburger, der Afrika-Forscher Heinrich Barth, hat an diesem magischen Ort bereits im 19. Jahrhundert akribisch geforscht und unauslöschliche Spuren hinterlassen. In der Rue Heinrich Barth besucht der Hanseat Cropp das kleine Museum und entrichtet unter der Gedenktafel seinen Obolus. Ehre, wem Ehre gebührt!

Tuareg in Timbuktu

Die Fahrt durch die Wüste bei sengender Hitze nimmt nur ein Masochist auf sich oder einer, der den Geschehnissen aus dem Jahre 2003 auf die Spur kommen will. Rufen wir uns doch den Austausch deutscher Geiseln gegen Terroristen ins Gedächtnis, der tagelang Thema Nummer eins in Rundfunk, Fernsehen und Presse war. Hier, wo rivalisierende Tuareg-Clans und Glaubensfanatiker ihr Unwesen treiben, fand die lebensgefährliche Aktion statt. Der Autor beschreibt sie so lebendig, als wäre er selbst dabei gewesen. Die Wüste fasziniert ihn, obgleich er ihre Gefahren und Tücken bis ins Detail kennt. Diese Leidenschaft teilt er mit dem legendären Flugpionier Antoine de Saint-Exupéry, der die Wüste einst als die schönste und gleichsam traurigste Landschaft auf Erden pries.

Im Kapitel „Am Rande des Abgrunds“ kommen wir endlich mit den im Titel des Buches erwähnten Dschinns in Berührung. Dschinns sind böse Geister in der Gestalt islamistischer Gruppierungen, denen sich zeitweise die Tuareg anschlossen: Rebellengruppen aus Algerien, dem Niger, dem Nordosten Malis und Libyen. Kein schöner Gedanke, bei einem Ritt auf dem Dromedar diesen finsteren Gesellen zu begegnen. Doch der Autor ist offenbar ein Sonntagskind, denn, wie man auf gut hamburgisch zu sagen pflegt: „Es hat ja noch mal gut gegangen“ während seines nicht ungefährlichen Ausflugs in die Wüste. Wohl auch, weil er sich an die alte Tuareg-Weisheit hielt, die fordert: „Ein Reisender soll Augen und Ohren aufreißen, nicht das Maul.“ Ita est.

Mali – zum letzten Mal. Wirklich? Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Denn zuvor lassen wir uns noch auf den „Fluss der Krokodile“ und in eine Fetischhöhle entführen. Auch einem Besuch in der “Bar der Ratten“ weicht der Autor nicht aus. Sie befindet sich in einem Hotel in Kora, aus dem sich diese unappetitlichen Nager nicht vertreiben lassen wollen. So lässt man sie halt gewähren. Afrikanisches laisser-faire, laisser-aller halt: „Hélas, on n’en peut rien faire.“ Man kann leider nichts dagegen tun, heißt es mit einem Achselzucken. Aber keine Sorge. Die Hotelangestellten beteuern, es gehe keine Seuchengefahr von den Viechern aus. Hoffen wir’s Beste, liebe Leser.

Der Besuch einer Schule in Touréla, in der unter primitivsten Umständen zweisprachig unterrichtet wird, in der Landessprache Bambara und auf französisch, räumt mit vielen Vorurteilen über die oft zitierte Trägheit der Afrikaner auf. Trotz Saunatemperaturen in einem kleinen, mit fünfzig Kindern besetzen Klassenraum geht es sehr diszipliniert zu. Den Nachwuchs dürstet es nach Wissen. So nehmen die Kleinen häufig mehrstündige Wege auf schlechten Straßen und schlammigen Pfaden in Kauf, um lesen, schreiben und rechnen zu lernen. Alle Achtung! Bildung war von jeher der erste Schritt in eine bessere Zukunft.

Mir hat die Lektüre dieses Buches großes Vergnügen bereitet, zumal ich dabei viel über diesen Teil Westafrikas erfahren habe, von dem ich vorher so gut wie nichts wusste. Mein herzlicher Dank für diese „Erleuchtung“ gilt dem Autor Wolf-Ulrich Cropp. Zum Schluss soll der Abenteurer und Weltenbummler noch mit einem Bekenntnis zu Wort kommen: „Der Mensch braucht das Gefühl von unentdeckten Horizonten, das Geheimnis unbewohnter Landstriche. Er braucht den Ort, wo Wild auf der Jagd ist, weil Land, das Wild hervorbringen kann, gesundes, robustes Land ist.“ Dem ist schwerlich etwas hinzuzufügen.

Ich möchte noch auf den umfangreichen Anhang aufmerksam machen, in welchem der Autor neben einem Abriss zur Geschichte Malis wertvolle Hinweise und Empfehlungen für Wüstenfahrer erteilt. Hinweise auf Sehenswürdigkeiten und eine Fotogalerie im Inneren des Buches tun ihr Übriges, um das Lesevergnügen zu steigern.

„Mali und die Dschinns der Wüste“ von Wolf-Ulrich Cropp
300 Seiten, reich illustriert, ist im Verlag Expeditionen erschienen
– ISBN 978-3-947911-20-2 – Preis: Euro 14,90

(Fotos: Wolf-Ulrich Cropp)

 

 

Dear friends of The English Theatre of Hamburg …

Foto: TET

… how disappointing for all of us that the premiere of John Patrick Shanley’s comedy “Outside Mulligar” could not take place on April 23, as originally scheduled. The reason was the worldwide lockdown due to the Corona crisis.

Most unfortunately, we do not know yet on which date the theatre will get back to normal and reopen its doors to the public. However, dear aficionado of the TET, you may be sure that the crew of your beloved stage is not sleeping. All of them are busy trying to find a way out of this dilemma by planning the next premiere as soon as the lockdown has been lifted by the government. We shall keep you informed about any new development. Promised.

No doubt, The English theatre is a real asset for Hamburg and its citizens. By the way, for some of them London is nearer to their hearts than Berlin, the German capital. For this reason, it is a must for them to learn or improve their knowledge of English the best way possible. And here the TET comes in, since by buying a ticket the spectator learns English, the lingua franca of our time, while sitting comfortably in the theatre and listening to the actors performing on the stage.

Honestly, could you imagine anything more relaxing than this way of playful learning? What’s more, the theatre offers special performances for school children, students and their teachers, accompanied by excellent learning material. These matinees have become very popular in schools in and outside Hamburg.

Dear friends of the TET, please keep your fingers crossed and pray for an early reopening of the theatre. We look forward to seeing you again at our next premiere. As already promised above, we hall keep you posted. For the time being, we say goodbye wishing you all the best. Stay healthy and try to avoid any risk.

Best regards,

Uta Buhr, Vice President DAP and great fan of The English Theatre of Hamburg

… noch ein paar Worte in Sachen English Theatre of Hamburg

Foto: TET

Ein Glück, dass es das English Theatre in unserer Stadt gibt, die Bühne mit dem Flair des Londoner Westends. 1976 von den beiden amerikanischen Intendanten Clifford Dean und Robert Rumpf an der Mundsburg gegründet, hat es sich im Laufe der Jahre einen Ruf erworben, der weit über die Grenzen der Hansestadt hinausgeht. Mit Paul Glaser wurde das Duo Dean/Rumpf durch ein weiteres vielversprechendes Talent erweitert. Paul hat sein Können bereits mit der erfolgreichen Inszenierung verschiedener Stücke unter Beweis gestellt. Hier sei besonders auf den Thriller „The Woman in Black“ hingewiesen.

Wir bedauern, dass den vielen Fans des Theaters seit März eine Zwangspause zugemutet wird, die schwer zu ertragen ist. Selbstredend leidet das gesamte Personal des TET unter der Schließung. Heute möchten wir den beiden bereits in unserem Online-Magazin erschienenen Artikeln noch einen weiteren Beitrag hinzufügen. Der didaktische Aspekt – das bessere Verständnis der englischen Sprache durch regelmäßige Besuche des Theaters – kann gar nicht oft genug betont werden.

Nachstehend finden Sie unseren an die „Aficionados“ des TET gerichteten Brief.

Liebe Freunde des English Theatre of Hamburg,
Foto: TET

wie hatten wir uns doch alle auf die nächste Premiere an der Mundsburg gefreut.

„Outside Mullingar“ von John Patrick Shanley sollte am 23. April dieses Jahres uraufgeführt werden. Und dann machte uns das Coronavirus und der anschließend verhängte Lockdown einen dicken Strich durch die Rechnung. Bis zum heutigen Tag wissen wir nicht, wann die Bühne ihren Betrieb wieder aufnehmen kann. Aber findig wie sämtliche Mitarbeiter des Theaters sind, werden hinter den Kulissen alle Register gezogen, um die nächste Aufführung stattfinden zu lassen, sobald „von oben“ grünes Licht gegeben wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden und melden uns, wenn es wieder heißt „Hereinspaziert und Vorhang auf.“

In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, wie wertvoll dieses in englischer Sprache spielende Theater ist. Da Englisch, die Sprache Shakespeares, die lingua franca unserer Zeit ist, so wie Latein im Mittelalter, sollte die Beherrschung dieses Idioms ein Muss für jedermann sein. Egal wohin der Reisende kommt, er findet immer Menschen, die Englisch sprechen. Wenn in vielen Fällen auch nicht perfekt, so reichen die Kenntnisse doch für einfache Unterhaltungen und den Austausch von Informationen.

Um jedoch aus dem Rudiment etwas Anspruchsvolles zu formen, ist es unerlässlich, Unterricht zu nehmen und sowohl Zeitungen als auch Bücher in englischer Sprache zu lesen. Und hier kommt das English Theatre im wahrsten Sinne des Wortes „ins Spiel“. Die vom TET engagierten Schauspieler sind handverlesen und bereits an verschiedenen Bühnen im angelsächsischen Sprachraum geschult. Sie agieren somit als eine Art Sprachlehrer, und dies ohne den lästigen Schulzwang in muffigen Klassenzimmern. Das macht Laune, denn auch jene, die das Englische gut beherrschen, profitieren von jeder Aufführung. Mehr geht nicht oder doch? Das Theater erarbeitet vor jeder Premiere Schulungsmaterial, das in erster Linie für Hamburger Schüler bestimmt ist, die mit ihren Lehrern an bestimmten Terminen den Vorstellungen beiwohnen. Die Resonanz ist stets positiv.

Bleibt zu hoffen, dass das English Theatre bald wieder seine Pforten öffnen und seine vielen Freunde in alter Frische mit einem neuen Stück erfreuen kann. Drücken wir also die Daumen. Über Neuigkeiten berichten wir zeitnah an dieser Stelle.

Also – bis bald.

Beste Grüße
Uta Buhr, Vizepräsidentin der DAP und großer Fan des English Theatre of Hamburg

A touch of London’sWest End: The English Theatre of Hamburg

The English Theatre of Hamburg is Hamburg’s own little West End stage. Those are words expressed by the acting community in London as well as by guests of the theatre who draw direct comparison to the high quality productions  being presented here and current theatre productions in London’s West End.

British actors flown in from London to perform on a Hamburg stage. A new cast for every production. A wide variety of current and classic plays. Well balanced seasons with comedies, dramas, thrillers and every so often a musical. Yes, we can be very proud of this gem of a theatre situated in central Hamburg.

New: Online Stream

As a response to the lockdown due to the current pandemic The English Theatre of Hamburg responded quickly by offering the option to stream selected productions online. Starting with APOLOGIA in April, since the run of the play was cut short, enabling everyone to see this brilliant production from the comfort of their own home. In May three more productions were streamed – the critically acclaimed off Broadway musical I LOVE YOU, YOU’RE PERFECT, NOW CHANGE. The European premiere of the new thriller by James Cawood  DEATH KNELL. And the show CLASSIC BLUES WOMEN written and performed by JOANNE BELL. In June the theatre presents the farce DON’T LOSE THE PLACE and the wonderful play ORPHANS for which the actor Christopher Buckley received the HAMBURGER THEATERPREIS ROLF MARES 2017 for best actor.

Please support The English Theatre of Hamburg

Even though new ideas are being developed by the theatre’s creative team and staff they are still very dependent on our support and help. So, if you can, make a donation to The English Theatre of Hamburg to help them through these hard times and make sure they are still here for us when the theatres are allowed to open again. We are very much looking forward to many wonderful theatre evenings in the future in our own English Theatre of Hamburg. By the way, what about buying some gift vouchers for your friends who will be happy to enjoy an inspiring performance on our stage. Thank you very much indeed for your help.

Link to the Website of The English Theatre and Streams: https://www.englishtheatre.de/

Contact and information:

Luciano Di Gregorio
Marketing
The English Theatre of Hamburg
Lerchenfeld 14
22081 Hamburg
Phone 040 / 411 685 01
Fax 040 / 229 50 40
marketing@englishtheatre.de

Written by Luciano Di Gregorio and Uta Buhr

Ein Hauch von Londons West End im English Theatre of Hamburg

The English Theatre gilt seit Langem als Hamburgs kleine „West End-Bühne.“ So wird das Theater sowohl von der Londoner Schauspielszene als auch von den zahlreichen internationalen Zuschauern wahrgenommen. Diese sind begeistert von der hohen Qualität der Produktionen auf der Hamburger Bühne.

Das Theater engagiert für jede neue Produktion gestandene Schauspieler, die stets in London gecastet werden, bevor sie ihr Gastspiel in Hamburg antreten. Eine Vielzahl unterschiedlichster Genres wie Thriller, Komödien, Dramen, Klassiker und gelegentlich auch Musicals gestalten jede Theatersaison. Hamburg kann stolz auf diese Perle sein, die das kulturelle Leben der Stadt bereichert.

Neu: Online-Stream

Die durch die Corona-Pandemie erzwungene Schließung ist auch für das English Theatre sehr schmerzlich. Aber Krisenzeiten müssen bewältigt werden. Und so hat sich die Intendanz zusammen  mit ihrem engagierten Team dazu entschlossen, ihre Produktionen dem Publikum als Online-Stream anzubieten. Begonnen haben wir mit dem zum Zeitpunkt des Lockdowns laufenden Stückes APOLOGIA. Ebenfalls gestreamt wurden die von der Kritik gefeierten Produktionen I LOVE YOU, YOU’RE PERFECT, NOW CHANGE, die europäische Premiere von James Cadwoods Thriller DEATH KNELL sowie die Show CLASSIC BLUES WOMEN von Joanne Bell. Der Zuschauer kann diese Stücke jetzt gemütlich im eigenen Wohnzimmer genießen. Im Juni fügten wir unserem „Corona“-Programm die Farce DON’T LOSE THE PLACE von Derek Benfield und das hinreißende Stück ORPHANS von Lyle Kessler hinzu. Christopher Buckley wurde für seine Darstellung in diesem Drama mit dem Hamburger Theaterpreis Rolf Mares 2017 als bester Schauspieler geehrt.

Bitte unterstützen Sie das Theater

Das Theater ist zurzeit damit beschäftigt, neue Konzepte zu entwickeln. Diese kosten Geld. Um die Bühne des English Theatre nach Corona erneut bespielen  zu können, sind wir auf die Unterstützung unserer Fans angewiesen. Jede Spende ist willkommen und hilft uns, den Spielbetrieb nach der Wiedereröffnung der Theater wie gewohnt aufzunehmen. Bedenken Sie, wie wichtig es ist, dieses Kleinod in der Hamburger Kulturlandschaft am Leben zu erhalten. Übrigens – wäre es nicht eine gute Idee, dem einen oder anderen Ihrer Freunde mit einem Geschenkgutschein eine Freude zu machen. Auch mit dieser Geste würden Sie uns sehr helfen. Vielen Dank im Voraus!

Hier kommen Sie zur Website des English Theatre und zu den Streams: https://www.englishtheatre.de/

Weitere Informationen und für Rückfragen:

Luciano Di Gregorio
Marketing
The English Theatre of Hamburg
Lerchenfeld 14
22081 Hamburg
Phone 040 / 411 685 01
Fax 040 / 229 50 40
marketing@englishtheatre.de

Text: Luciano Di Gregorio und Uta Buhr

Leben in Zeiten der Pestilenz

Bild von Sumanley xulx auf Pixabay

Im Augenblick scheint die Zeit still zu stehen. Wo sonst das Leben tobt, herrscht Stille. An manchen Orten gar Friedhofsstille. Das Coronavirus, die Pestilenz des 21. Jahrhundert, hat uns fest im Griff. Es kommt auf leisen Sohlen daher, völlig unsichtbar und geruchlos.

Ganz anders als der Schwarze Tod längst vergangener Jahrhunderte, der die Menschen mit Beulen übersäte, die so bestialisch stanken, dass die Pestärzte ihre Nasen hinter langschnäbeligen Vogelmasken verbargen. Diese Maskierung hat sich bis auf den heutigen Tag im Karneval von Venedig erhalten. Im Mittelalter, als die Pest tobte, flohen jene, die es sich leisten konnten, auf ihre Landsitze, um der Ansteckungsgefahr in den engen Gassen der Städte zu entkommen. Jene, die infiziert zurück blieben, starben in der Regel einen grausamen einsamen Tod, weil jeder, der noch gesund war, sich nicht an die Kranken heran traute. Wie wir heute wissen, wurde die Pest durch Ratten, die seinerzeit eine Art unliebsame Haustiere waren, übertragen. Genau genommen von den Flöhen, die im Pelz der Nagetiere siedelten. Mangelnde Hygiene und das enge Zusammenleben von Mensch und Tier waren der Grund, warum sich die Seuche wie ein Lauffeuer unter der Bevölkerung ausbreitete und Abertausende von Opfern forderte. In seinem Bestseller „Die Pest“ versetzt Albert Camus, französischer Literatur-Nobelpreisträger von 1957, uns in die algerische Stadt Oran, die völlig unerwartet von der Pest heimgesucht wird. Als die Menschen an einem bereits in den Morgenstunden extrem heißen Tag aufwachen, finden sie überall tote Ratten, aus deren Lefzen Blut rinnt. Am Anfang nehmen die Bewohner Orans das Phänomen lediglich mit Verwunderung und Ekel zur Kenntnis, bis die Seuche sich zu einer Pandemie ausweitet. Wenn Covid 19 auch nicht die Pest ist, so sind Parallelen zu unserer heutigen Situation unverkennbar. Ein absolut lesenswertes Buch, von dem der Rowohlt Verlag gerade seine 90. Auflage druckt. Zu empfehlen ist das Original in französischer Sprache, das bei folio erscheint und in jeder guten Buchhandlung zum Preis von 11 Euro bestellt werden kann. Da die meisten von uns zurzeit ohnehin viel Muße zum Lesen haben, bietet „La Peste“ sich an, brachliegende Französischkenntnisse aufzufrischen, zumal Camus sich einer schnörkellosen Sprache bedient, die ohne langatmige Schachtelsätze auskommt und somit relativ leicht zu lesen ist. Sein Stil entspricht dem Ideal französischen Denkens, das treffend mit „clareté cartésienne“ umschrieben ist.

Schlangen, Schildkröten und Gürteltiere

Aber zurück zur Coronakrise, die uns so kalt auf dem falschen Fuß erwischt hat. Der Schuldzuweisungen gibt es viele. Die Chinesen sind mit ihrer Verschleierungspolitik verantwortlich für die Pandemie, heißt es mehrheitlich. Hätte die Regierung rechtzeitig mit offenem Visier gekämpft, wäre China und dem Rest der Welt viel erspart geblieben. So die öffentliche Meinung. Aber woher kommt nun dieses neuartige Virus (lateinisch Gift)? Etwa von den Tiermärkten in China, auf denen sowohl lebende Schlangen als auch Schildkröten, Gürteltiere und andere exotische „Leckerbissen“ angeboten werden. Oder gar von den Fledermäusen, die sich in Höhlen aufhalten, in denen listige Reptilien auf sie lauern, um sie alsbald mit Haut und Haaren zu verschlingen? Wahr ist, dass die chinesische Küche alles verwertet, das da kreucht und fleucht. Schlangen gelten nun einmal als besondere Delikatesse, und das nicht nur bei den Einheimischen. Während meines längeren Aufenthalts in Hongkong lernte ich Franzosen kennen, die regelmäßig bei einem großen Fresstempel in Guangzou (Kanton) nachfragten, ob sie „snake soup“ auf der Speisekarte hätten. Ein Hochgenuss, wie mir versichert wurde, schmeckt wie ganz feines Hühnerfleisch. Ich selbst habe diese dunkle Brühe nie gekostet, weil ich einen Horror vor Schlangen habe. Aber nun sollen diese Kriechtiere schuld an Covid 19 sein, die sich durch den Genuss von Fledermäusen infizierten? Manche behaupten gar, die Chinesen verspeisten Fledermäuse. Bei so vielen Meinungen und noch mehr Gerüchten weiß letztlich keiner mehr, was Sache ist. Dass die Seuche sich besonders in Norditalien ausgebreitet hat, wurde zunächst auf einen Europäer zurückgeführt, der sich vorher in Wuhan aufgehalten hatte, wo Covid 19 ausgebrochen war, bis schließlich die vielen chinesischen Arbeitskräfte in der Textilindustrie Norditaliens als Sündenböcke herhalten mussten.

Normal ist etwas anderes

Gleichwohl, wer es auch immer gewesen sein mag, wir sitzen alle in der Falle. Während viele sich im „Homeoffice“ befinden, also jetzt ihre Arbeit von zu Hause verrichten, oder jene, die zwangsweise pausieren müssen und um ihren Job bangen, „ist die Lage hoffnungslos, aber nicht ernst,“ wie es einst der unübertreffliche Satiriker Karl Kraus formulierte. Genau genommen stimmt diese Aussage sogar. So wird uns von höchster Stelle versichert, dass die Ausgangssperre nach Ostern nach und nach gelockert werden soll. Normal ist immer noch etwas anderes. Doch Frankreich gegenüber sind wir klar im Vorteil. Ich las gerade. dass die Pariser Bevölkerung sich gerade einmal einen Kilometer von ihrer Wohnung entfernt täglich für eine Stunde aufhalten darf zwecks Einkauf oder Spaziergang. Joggen hingegen ist strikt verboten. Warum? Das können auch die Polizisten, die die „Ausflügler“ akribisch kontrollieren, nicht erklären. Alles par ordre de mufti – und da gibt es nun mal nichts zu hinterfragen. Compris? War es nicht ein prominenter Franzose, der weiland predigte – Zitat: „Das ganze Unglück der Menschen rührt allein daher, dass sie nicht ruhig in einem Zimmer zu bleiben vermögen.“ Ein Ausspruch des berühmten französischen Mathematikers Blaise Pascal, eines Zeitgenossen und Bewunderers von René Descartes, der sicherlich stundenlang in seiner Studierstube über mathematischen Formeln brütete und dabei die Zeit vergaß. Suum cuique – jedem das Seine, lieber Monsieur Pascal. Aber wo ständen wir heute, wenn sich keiner unserer Vorfahren vor seine Höhle gewagt hätte und ins Ungewisse getreten wäre? Es gäbe unendlich viel aufzuzählen. Aber lassen wir es dabei, dass wir weder Telefon noch Internet hätten. Vom Computer, an dem viele von uns ihre tägliche Arbeit verrichten, ganz zu schweigen. Auch dieser Artikel, den ich gerade schreibe, käme nicht in das Online-Magazin der Auswärtigen Presse e.V. Wir werden in einer nicht zu fernen Zukunft wieder auf die Straße, ins Theater, in Konzerte und auf Ausstellungen gehen können. Das gleiche gilt für Sportveranstaltungen, Schwimmbäder und Muckibuden. Freuen wir uns also auf die Post-Corona-Zeit! Was pflegte doch meine kluge, im 97. Lebensjahr gestorbene Mutter zu sagen, wenn eine Situation ausweglos erschien: „Kein Zustand dauert ewig.“ Genauso ist es. Mein Lieblingssatiriker Harald Martenstein wies in seiner letzten Glosse darauf hin, dass Mails neuerdings nicht mehr mit dem üblichen Kürzel mfg – mit freundlichen Grüßen – geschlossen würden, sondern mit bsg – bleiben Sie gesund – im Falle von Duzfreundschaften schlicht mit bg – bleib gesund.

Ich meinerseits wünsche Euch allen von ganzem Herzen:
Bleibt’s g’sund. Und auf sehr bald in alter Frische!

Eure
Uta Buhr

 

„Apologia“ von Alexi Kaye Campbell – das neue Stück am English Theatre of Hamburg

Sieh dir mal das Foto aus meinen Jugendtagen an

Ruhe vor dem Sturm. Die Art, wie Kristin Miller rastlos in ihrer gemütlichen Wohnküche hin her läuft, Papiere sortiert, für Sekunden auf einem Stuhl Platz nimmt und gedankenverloren ins Leere starrt, lässt nichts Gutes erahnen. Zu ihrem heutigen Geburtstag hat die renommierte Kulturhistorikerin ihre beiden Söhne nebst Freundinnen in ihr Landhaus irgendwo in der englischen Provinz eingeladen. In Kürze sollen Kristins Memoiren unter dem Titel „Apologia“ erscheinen. Ein Grund mehr, auch Hugh, den alten Freund und Kampfgenossen zur Feier zu bitten, mit dem sie Erinnerungen an zahlreiche Demonstrationen in den wild bewegten Sechziger- und Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts verbinden. Als erster erscheint Sohn Peter mit seiner amerikanischen Freundin Trudi. Die Fröhlichkeit der jungen Frau mit dem blonden Wuschelkopf konterkariert Peters nur mühsam unterdrückte Aggressivität. Widerwillig ist er der Einladung seiner Mutter gefolgt. Nur selten bekam er sie zu Gesicht, seit sie ihn und seinen Bruder Simon aus Karrieregründen beim Kindsvater „ausgelagert“ hatte. Sinnt der sich sträflich vernachlässigt fühlende Sohn auf Rache an seiner egoistischen Mutter? Tief im Inneren brodelnde Konflikte sind der Stoff, aus dem die griechischen Tragödien der Antike gewoben wurden. Doch gemach, um Mord und Totschlag geht es hier nicht. Der moderne Mensch hat viel subtilere Methoden entwickelt.

Die Katastrophe naht mit Claire, der Freundin Simons, die der Feministin und Gerechtigkeitsfanatikerin Kristin (grandios Julia Righton, die ihre Rolle bis ins Mark verinnerlicht) von vornherein suspekt, wenn nicht gar abstoßend erscheint. Die junge attraktive Frau ist Schauspielerin und nimmt neben seriösen Rollen wie die der Nora in Ibsens gleichnamigem Drama auch Angebote in Sitcoms und anderen seichten TV-Serien an. Ein absoluter Horror für Kristin. Fehlte nur noch, dass diese Person in ihrem 700 Pfund teuren Schickimickifetzen in Pornos mitwirkte. Dieser „Beruf“ entspricht ebenso wenig Kristins antikapitalistischen Vorstellungen wie die Tätigkeit Peters in der äußerst lukrativen Welt der Finanzen. Beide sind „Nehmer“, wie Kristin diese Spezies von Mensch verächtlich nennt. Sie selbst sieht sich als „Geber“, die nach ihrer Meinung bessere Hälfte der Menschheit. Simon, der jüngere Sohn, welcher bislang in jedem Job versagt hat, ist ihrem Herzen viel näher. Wo bleibt er nur, denkt Kristin, bevor sie sich einem anderen Problem zuwendet – der tiefen Religiosität Trudis, die Peter sogar dazu bewegen konnte, an Bibelstunden teilzunehmen. Ein Schock folgt auf den nächsten, und das an ihrem Geburtstag. Kristin ist es nicht gewohnt, ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Und so teilt sie erbarmungslos aus und lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass ihre Meinung die einzig richtige ist. Peter wendet sich frustriert an Trudi und bezeichnet seine Mutter als einen Albtraum – im englischen Original: „She is a bloody nightmare!“ Ein Anruf für den immer noch abwesenden Simon, den Kristin annimmt, bringt die Situation auf den Siedepunkt: Der Anrufer freut sich auf ein bevorstehendes erotisches Abenteuer mit Claire. Da haben wir es, frohlockt Kristin, dieses Flittchen betrügt meinen Lieblingssohn und empfindet keinerlei Scham. Dreimal pfui!

Beruhigt euch. Es besteht kein Grund zur Aufregung

Während dieser Tragikomödie rund um den Familientisch, an dem reichlich Champagner fließt und die Zungen der Protagonisten löst, sitzt Freund Hugh in einem Sessel abseits des Geschehens. Er ist der Gegenpol des aufgeregten Dialogs, ein Mann abgeklärten sokratischen Denkens.Warum nur mischt er sich nicht ein mit den Worten eines weisen römischen Anonymus: „Si tacuisses, philosophus mansisses.“ Wahrscheinlich würde dieses Diktum Kristin noch mehr in Rage bringen, denkt Hugh vermutlich und hängt weiter seinen Gedanken nach.

Kristin und Peter scheinen sich doch gut zu verstehen

Doch wer hätte gedacht, dass Kristin auch mütterlicher Gefühle fähig ist. In der Nacht, die dem Sturm im Familienkreis folgt, kümmert sie sich hingebungsvoll um Simon, der sich bei einem Sturz verletzt hat, und verbindet seine Wunden. Zwischen beiden scheint großes Einverständnis zu herrschen. Leise und zärtlich unterhalten sie sich miteinander, bis der Morgen graut, Simon klammheimlich verschwindet und die anderen Geburtstagsgäste am Frühstückstisch erscheinen. Inzwischen haben alle einen Blick in Kristins Memoiren geworfen und fragen sich konsterniert, wieso sie in der Retrospektive auf ihr bewegtes Leben ihre beiden Söhne mit keinem Wort erwähnt. Peter und Trudi versteigen sich sogar zu der Frage, warum zum Teufel sie denn überhaupt Kinder in die Welt gesetzt habe. Kristin scheint dies indes vollkommen kalt zu lassen. Sie betont, dass der Titel ihrer Memoiren „Apologia“ keineswegs zu verwechseln sei mit „Apology“ – also mit einer Entschuldigung für etwaige Verfehlungen, die ihr wohl mancher unterstellen möchte, sondern dem griechischen Apología (auf der letzten Silbe zu betonen) entspricht: Es handelt sich um eine „formale Verteidigung eines Standpunktes, den Bezug auf eine Position oder Handlung.“

Was keineswegs einer Entschuldigung gleich kommt. Somit sind aus Kristins Sicht alle anderslautenden Meinungen ausgeräumt. Ein Gast nach dem anderen verlässt das Haus. Als die liebenswürdige Trudi Kristin umarmt und ihr rät, sich selbst zu verzeihen, bricht die selbstgerechte, angeblich so starke Frau vor Verzweiflung schreiend zusammen. Kann es sein, dass sie am Ende doch noch zur Einsicht gelangt ist, nicht das Maß aller Dinge zu sein und selbst manches in ihrem Leben falsch gemacht zu haben?

Fazit: Ein ganz starkes Stück aus der Feder des griechisch-amerikanischen Autors Alexi Kaye Campbell, das dem Zuschauer unter die Haut geht, getragen von einem großartigen Ensemble talentierter Schauspieler, die unter der Regie von Paul Glaser brillierten. Während Annelise Bianchini die hübsche, freundlich-naive Trudi gab, spielte Michelle Fahrenheim den Serienstar Claire. Luke Jenkins übernahm gleich zwei Rollen, die von Peter und Simon. Michael Garland glänzte im Part des „Philosophen“ Hugh. Ein großer Abend, für den sich das Publikum mit anhaltendem Applaus bedankte,

„Apologia“ hat sich als großer Hit auf den Bühnen von London und New York erwiesen. Der 1966 in Athen geborene Autor – Sohn einer britischen Mutter und eines griechischen Vaters – ging als junger Mann nach Amerika und spielte später in England Theater. Sein bisheriges Werk umfasst u.a. „Poirot“, „Bracken Moor” und “Touch of Frost.”

(Fotos: Stefan Kock)

“Apologia” läuft bis einschließlich 11. April 2020

Tickets unter der Telefonnumer 040-227 70 89 oder online unter www.englishtheatre.de

Nächste Premiere: „Outside Mullingar“, Komödie von John Patrick Shanley,
am 25. April 2020

         

“Apologia” by Alexi Kaye Campbell – The New Play at the English Theatre of Hamburg

Take a look at this old photo of me

What a stirring play, written by the American author Alexi Kaye Campbell, born to a British mother and a Greek father, who in “Apolgia” describes a disastrous family reunion in a cosy cottage in the English countryside. Kristin Miller, a renowned art historian in her sixties, is expecting some guests to celebrate her birthday. Although her two sons whom she has not seen for a long time are expected to join the rest of the party, Kristin (excellent and very passionate – Julia Righton) seems to be in a depressed mood. Who will be the first one of her guests to wish her a very happy birthday and many happy returns? Before we go on, let us take a look at Kristin’s biography.

Keep cool. No need to get excited

As an eminent and successful art historian, who at the same time is a fanatic feminist and anti-capitalist, Kristin never saw fulfilment in family life and motherhood. In spite of her belief in total independence she gave birth to two boys – Peter and Simon – whom she abandoned when they were very young and left them with their father. As a young woman she followed her politics and vocation, storming Parisian barricades and moving to Florence to live a life according to her own taste. Now after having left her wild years behind her, she has come to terms and written her biography without mentioning her sons with a single word. What a scandal! An over-ambitioned selfish woman has the cheek to concentrate only on herself and ignore her offspring without the slightest remorse.

After all Kristin and Peter seem to be on good terms

Peter and his pretty American girlfriend Trudi (Annelise Bianchini – sweet and charming) are the first ones to arrive at Kristin’s party. While Peter is very reserved toward his mother who for him is a “bloody nightmare”, the young woman greets Kristin very warmly and hands her a most precious present. It is an African tribal mask which Kristin being a connoisseur of artefacts from other cultures accepts enthusiastically. When Claire (Michelle Fahrenheim – a mixture of naivety and shrewdness) Simon’s fiancée, arrives, Kristin can barely hide her disapproval of the extravagant young woman who calls herself an “actress” although she mostly appears in sitcoms and other soap operas. Good lord, that girl in her 700 pound designer dress is indeed not Kristin’s cup of tea. In a way she also despises Peter, the capitalist, who makes a lot of money in the City of London. In Kristin’s opinion both are “takers” and not “givers”, the latter ones being those who benefit society. In addition, she is disturbed when she hears that Peter attends bible lessons with Trudi who is a devoted Christian. As a life-long confirmed atheist, she is unable to understand other people’s religious beliefs. By the way, where is Simon, Kristin’s favourite son who failed to keep a job and recently suffered a mental breakdown? When by accident Kristin picks up Claire’s mobile and learns that the caller is waiting for Claire to spend the night with her, she becomes furious. Now it becomes clear that that girl is a bitch cheating on her son. Really – it could always be worse. The only thing that seems to keep the party together are bottles of Champaign that are lavishly consumed by the guests, While the mood in the kitchen is heated, only Hugh (Michael Garland – sophisticated) , an old friend of Kristin’s and comrade in the olden golden revolutionary days, keeps his calm. Sitting comfortably in a corner of the room, he observes the whole scene and seems amused about the exited dialogue. He sympathises with her sons and understands their resentment toward her. On the other hand he is loyal to Kristin but does not share her aggressive attitude. Why doesn’t he tell her to remain silent according to the wise Latin dictum: Si tacuisses, philosophus mansisses. When asked about her book, Kristin insists that the title “Apologia” is not be confounded with apology. There is obviously nothing she feels sorry for. She explains that the Greek word apologia stands for a formal written defence of one’s opinions or conduct. No further comment needed.

When Kristin’s guests depart the next day after breakfast the smoke of the night before has cleared and everybody seems to be quite at ease. Only Kristin looks extremely distressed und unhappy.

We do congratulate the five excellent actors on stage and director Paul Glaser for this overwhelming performance. An extra praise goes to Luke Jenkins who mastered two extremely different parts, that of Peter, the tough businessman, and his brother, the loser Simon. Many thanks to all of you.

“Apologia” is an extremely disturbing play, a political and family drama set in the rural environment of the English countryside. It still is a great box-office success in the Anglophone countries, particularly in Britain and the United States of America. The critics are full of praise for Campbell’s “Apologia”, a play which followed his much acclaimed award-winning debut “The Pride.” An admirer of the author writes: “As the follow-up to Alexi Kaye Campbell’s ‘The Pride’ comes this play about the conflicting demands of fame and family. A disastrous family reunion is the occasion for a sharp and perceptive look at what has happened to the children of ‘60s’ idealists.” And a London critic comments:” ‘Apologia’ frames that argument in feminist terms, pitting the gains made by women like Kristin against the loss of traditional families. Both her sons begrudge their absentee mother, who lost custody of them to their father , and Simon, in particular, is held back by events of the past. That the point only lands late on, however, means the play suddenly opens up like a clearing sky.”

While in most countries “Apologia” is seen as a drama or even a tragedy, an Italian critic talks of the play as a comedy. There is just no accounting for different mentalities…

(Photos: Stefan Kock)

“Final performance of “Apologia” on April 11, 2020

Tickets under phone number 040 – 227 70 89, online booking under www.englishtheatre.de

Next premiere: “Outside Mulligar”, a comedy by John Patrick Shanley,
on April 25,2020

Der Mann mit den goldenen Händen. Eine Hommage an Ferdinand Sauerbruch in der Charité

Operation am Brustkorb („Thorakoplastik“) 1922, Ölgemälde, Hermann Otto Hoyer, Kunstsammlung Charité, Foto: Thomas Bruns, Berlin

Die Ausstellung „Auf Messers Schneide“. die bis zum 2. Februar 2020 im Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité läuft, ist ein posthumes Heimspiel für den legendären Chirurgen Ferdinand Sauerbruch (1875 bis 1951). Denn in diesem Krankenhaus feierte der „Mann mit den goldenen Händen“ seine größten Erfolge. Die Ausstellung verzeichnet täglich bis zu dreihundert Besucher.

Beim Betreten des ersten Saales sticht der riesige Schreibtisch des Chirurgen ins Auge. Dahinter an einem Nagel hängt sein weißer Arztkittel. Die Brille mit den kreisrunden Gläsern ruht gleich nebenan in einer gläsernen Vitrine. Man könnte meinen, Sauerbruch habe gerade sein Zimmer verlassen und würde jeden Augenblick zurückkommen, um einen Patienten zu empfangen. Während wir auf ihn warten, begeben wir uns auf einen Rundgang durch sein bewegtes Leben, das in den Ausstellungsräumen bis ins kleinste Detail dokumentiert ist.

Der Chirurg Ferdinand Sauerbruch 1932, Max Liebermann, Öl auf Leinwand, © Hamburger Kunsthalle /bpk, Foto: Elke Walford

Sauerbruch wuchs im ostrheinischen Barmen in kleinbürgerlichen Verhältnissen als Enkel eines Schuhmachers auf. Nach dem von seiner Familie geförderten Medizinstudium und Stationen an Krankenhäusern in Erfurt und Kassel begann sein kometenhafter Aufstieg als bald weltberühmter Chirurg, der aufgrund seiner Erfolge im OP-Saal von der internationalen Presse mit Elogen überschüttet wurde. „Meister des Skalpells“, „Gigant der Chirurgie“, „Sieger über den Tod“ und „König der Chirurgen“ waren nur einige der ihm zugedachten Titel. Beim Anblick der aus dem frühen 20. Jahrhundert stammenden Gerätschaften wie Peritonalklammern, Zungenzangen und Leberhaken staunen die jüngeren Besucher. Mit so primitivem Handwerkszeug haben die Altvorderen hantiert? Der klobige OP-Tisch mit den ledernen Halteriemen lässt sie erschaudern. „Sieht ja aus wie eine Folterbank mit Fesseln“, flüstert einer. Kaum vorstellbar, dass unter diesen heute so antiquiert wirkenden Bedingungen Medizingeschichte geschrieben wurde. Weltweite Anerkennung fand Sauerbruch durch seine Operation am offenen Brustkorb, die der Maler Hermann Otto Hoyer 1932 auf einem lebensgroßen, hier ausgestellten Gemälde eindrucksvoll festhielt.

Die vielen Tondokumente, bei denen der Chirurg selbst zu Worte kommt – sei es im Hörsaal oder im Gespräch mit Kollegen – helfen, die Persönlichkeit des Menschen Sauerbruch zu verstehen. Offenbar war er mit einem rheinischen Humor gesegnet, den seine Studenten sehr schätzten. Da kommen Zweifel an dem Etikett „Halbgott in weiß“ auf, das ihm manche seiner Zeitgenossen ans Revers geheftet hatten. Es ist bekannt, dass Sauerbruch stets das Wohl seiner Patienten über alles andere stellte. Zitat: „Arzt ist nur der, der nicht an sich selbst denkt, sondern an seine Mitmenschen, der Verständnis hat für die Qual der Kranken.“ Der Eid des Hippokrates in seiner edelsten Form.

Ein Teil der Ausstellung befasst sich akribisch mit der Rolle Sauerbruchs während des Dritten Reiches. Warum hat er nicht klar Stellung gegen die Diktatur bezogen, lautet die Frage. Und stimmt es, dass er von den perfiden medizinischen Versuchen der Nazis am lebenden Menschen wusste und nichts dagegen unternahm? Fest steht, dass er an diesen Machenschaften nicht beteiligt war und nach 1945 von jeglicher Schuld freigesprochen wurde. „Sauerbruch ist beleidigt“, lautet eine Schlagzeile, als der Chirurg empört darauf hinweist, er habe auch während des Krieges seine Pflicht an seinen Patienten erfüllt. Denn selbst als Berlin lichterloh brannte und alliierte Bomben auch die Gebäude der Charité nicht verschonten, stand er Tag und Nacht im Bunker des Hospitals am OP-Tisch und operierte gewissenhaft jeden, der unter sein Skalpell kam.

Es lohnt sich, den Nachruf auf den großen Sauerbruch anzuhören, der am 2. Juli 1951 über den Äther ging. Ein mit Pathos gesprochener Kommentar, der den Dienst des Chirurgen am Menschen würdigte – ohne Wenn und Aber. De mortuis nil nisi bene.

Prothesenwand Arm- und Handprothesen 1920er – 1950er Jahre, Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité Foto: Thomas Bruns, Berlin

Dieser Artikel erschien im November im „Deutschen Ärzteblatt“ und im Dezember in der Preußischen Allgemeinen Zeitung

„Funny Business“ – The New Play at the English Theatre of Hamburg

Want another drink, Madam?

Forget about rain and cold, have a nice hot cup’a tea and later take your seat in The English Theatre. No seat belts needed. Are you fit for fun? Okay, off we go to a small hotel – a bit seedy, but cosy in a way – in the English countryside that is already waiting for you. Make yourself comfortable and enjoy this hilarious farce written by Derek Benfield.
The plot:
Ferris (extremely funny as usual Stephen Chance), the clumsy receptionist who is replacing his sister while she is away on holiday in Spain, has obviously not been schooled to run a hotel. Anyway, he tries his best to please his guests and accepts generous tips from his clients with a broad smile. Judy (Jan Hirst), a married woman who is expecting her lover Henry (David Habbin) to spend a romantic weekend with him is full of remorse. What about her hubby when he finds out that… Oh, forget it for the time being. Ferris offers her the honeymoon suite, the best room in the house. First come, first serve. One guest after the other arrives. The second one is Angela (Debbie Radcliffe), a middle-aged attractive woman who never denies a drink, be it champagne or gin, is given one of the smaller rooms on the first floor. Why did she come to this place? Ferris is bewildered. Could she possibly be the journalist who is expected to write an article for a well-known magazine about the hotel? Ferris’ sister gave him the order to offer his best service to that writer. However, she neither told him the name of that person nor did she inform him about the sex of the writer. Man or woman – that’s the question. Ferris decides that it must be Angela and asks Judy and Henry in not too friendly a way to leave the honeymoon suite.

Let´s put Mr. Johnson into the closet.

Doors are opened and closed noisily, and the guests complain being sent upstairs and downstairs to other rooms that are far too small. The next one to arrive is Edgar (Blake Askew), a man like a boxer who suspects his wife of sharing a room with a lover and threatens to kill that bloke on the spot. Judy is shivering with fear. She knows from experience that Edgar, her husband, does not hesitate a minute to knock down a rival. Surprise, surprise! All of a sudden the play takes an unexpected turn. When Angela enters the lobby, she declares that she has been married to Edgar for many years without having seen him for a long time. Edgar, the bigamist – shame on him! For the first time in his life he blushes and confesses that he never divorced Angela. Thus, his marriage to Judy is a fake and illegal at that. Lucky Judy who got rid of that brutal fellow without really trying and now is free for Henry. All’s well that ends well after all?  Of course not.  Everybody who knows Derek Benfield and his oeuvre also knows that he has still something up his sleeve. This time it is Mr. Johnson (hilarious Gil Sutherland), a youngish man with a red face who is after the ladies in the hotel like the devil. By the way, he has swallowed a pill that makes him feel virile and extremely sexy. It is quite a job for Ferris, Edgar and Henry to calm Mr. Johnson.

Watch out, my friend. I´m furious  with you. Photos: English Theatre Hamburg.

Finally they lock him in a closet where he is totally undisturbed and can enjoy some “gentleman’s” magazines. In the meantime the funny business moves along at a fast pace in and outside the house. Dear spectator, do you have an idea who the hell might be the journalist expected to write an article about this hotel in the middle of nowhere? If so, please keep it to yourself. As a matter of fact, Ferris is totally confused and does not have the slightest idea who could possibly be the mysterious writer. The identity of that person is only revealed in the very last minutes of this farcial comedy, performed by six wonderful actors and directed by Robert Rumpf. Thank you all for a most amusing evening on a rainy day in autumnal Hamburg.

We are pleased to meet actors such as Jan Hirst, Debbie Radcliffe and Stephen Chance again. These three we already call members of the TET family. See you next time! British author Derek Benfield (1926 until 2009) is also well known to the audience. We remember some amusing plays written by him, for instance “Touch and Go, ”Don’t lose the Place” and “Anyone for Breakfast.”

Final performance of “Funny Business” on February 1, 2020
Tickets under phone number 040 – 227 70 89, online booking under www.englishtheatre.de

Next premiere: “Apologia” a play by Alexi Kaye Campbell, on February 13, 2020.