„Don Flanello“: Film-Ermittler im Maßanzug

Flanell
Foto: Mira Cosic, Pixabay (Ausschnitt)

Seiner Vorliebe für Maßanzüge verdankte der am 9. Februar 1923 in Essen geborene Schauspieler Heinz Drache den Spitznamen „Don Flanello“. Dazu passt der Typus des kultivierten Gentlemans, den der Mime so häufig verkörperte. Dazu passt aber auch die Herkunft und Schulbildung des gebürtigen Preußen. Die Eltern besaßen ein Glas-, Porzellan- und Stahlwarengeschäft, und er machte am Gymnasium Abitur.

Weniger standesgemäß war sein bereits in der Schulzeit auftauchender Wunsch, Schauspieler zu werden. Entsprechend wenig begeistert war sein Vater, aber Heinz setzte sich durch. Das ersparte ihm zwar nicht de jure, aber de facto den Kriegsdienst, denn trotz Einberufung bekam er nach einem Vorsprechen beim Intendanten ein Engagement beim Nürnberger Schauspielhaus.

Nach dem Krieg setzte er seine Schauspielerkarriere fort. Nach Wolfgang Langhoff wurde auch Gustaf Gründgens auf den vielversprechenden Nachwuchsschauspieler aufmerksam. Unter Letzterem gelang ihm 1947 in dessen Inszenierung des Stücks „Der Schatten“ von Jewgeni Schwarz der endgültige Durchbruch als Theaterschauspieler.

Heinz Drache Foto: Udo Grimberg
CC BY-SA 3.0 de

Als Filmschauspieler gelang ihm der Durchbruch als Ermittler. Diese Rolle spielte er sowohl in dem legendären Fernsehsechsteiler „Das Halstuch“ von Francis Durbridge, das der Westdeutsche Rundfunk (WDR) 1961 produzierte, als auch in diversen Edgar-Wallace-Verfilmungen fürs Kino. Der Reigen dieser Spielfilme, die später auch ihren Weg ins Fernsehen fanden, reicht von „Der Rächer“ aus dem Jahre 1960 bis zum 1968 erschienenen „Der Hund von Blackwood Castle“, in dem Drache – Ausnahmen bestätigen die Regel – zum Abschluss einmal den Bösewicht spielte. Daneben verkörperte der Mime in den 60er Jahren in diversen anderen Krimis den Ermittler.

Nach dem Ende dieser Krimiwelle der 60er Jahre wandte sich Drache wieder verstärkt dem Theater und der Synchronisation zu. Dort war sein Rollenspektrum größer, die Bezahlung hingegen weniger üppig.

1985 kehrte er noch einmal für den „Tatort“ als Ermittler zum Film zurück. Als Berliner Hauptkommissar Hans Georg Bülow gab er den Anti-Schimanski, der sich dank des Erbes seiner verstorbenen Ehefrau ein kultiviertes Leben leisten kann und das auch tut. Damit war allerdings nach insgesamt sechs Folgen 1989 Schluss.

„Adelsromanzen“ lautete der Titel der letzten Serie, für die der bürgerliche Aristokrat vor der Kamera stand. Am 8. März 2002 begann die Erstausstrahlung. Am 3. April des Jahres starb Heinz Drache nach einem mehrmonatigem Krebsleiden in einem Berliner Krankenhaus.

(Dieser Artikel erschien zuerst in der Preußischen Allgemeinen Zeitung.)

Black Swan – Kultur- und Entwicklungspsychologie im Film

von Götz Egloff

Black-Swan-Poster
Black-Swan-Poster

Der Spielfilm Black Swan von Darren Aronofsky bildet in besonderer Weise die spätadoleszente Entwicklung der Protagonistin Nina mit ihren Anforderungen und ihren Schwierigkeiten ab. Doch nur wenige der zahlreich erschienenen Interpretationen dieses erfolgreichen Films betten diese in einen kulturpsychologischen Kontext ein. Das Lebensalter zwischen 15. und 25. Lebensjahr hält nicht nur ungewöhnlich viele Herausforderungen in der Entwicklung bereit, die Entwicklung selbst unterliegt gleichermaßen zeitlich-gesellschaftlich bedingten Einflüssen. So beginnt die Adoleszenz-Phase heutzutage nicht nur deutlich früher als noch vor wenigen Jahrzehnten, sondern sie dehnt sich oft bis weit über das Ende der Studien- bzw. Ausbildungszeit hinaus aus. Black Swan stellt gewissermaßen einen filmischen Entwicklungs- oder Bildungsroman wie z.B. Der Nachsommer von Adalbert Stifter (1857) oder Das Parfüm von Patrick Süskind (1985) dar. Als filmische Erzählung bewegt der Film sich in seiner mitunter surrealen Bildsprache nahe an Nacht und Traum, wie Dirk Blothner Continue reading „Black Swan – Kultur- und Entwicklungspsychologie im Film“

„Noseland“

Von Ariane de Melo
Klassische Musik mal… zugänglich

Sebastian Leitner, Aleksej Igudesman, Sabina Hasanova - ChrisNemes Noseland
Sebastian Leitner, Aleksej Igudesman, Sabina Hasanova – ChrisNemes Noseland

Als nicht begeisterte Dokumentarfilm-Zuschauerin, betrat ich das gemütliche B-Movie Kino auf St. Pauli, um die hamburgische Premiere des Films „Noseland“ anzuschauen. Ein Dokumentarfilm. Über klassische Musik. Es waren gemischte Gefühle.
Dann wurde ich überrascht. Und zwar positiv.
Mit viel Witz, Ironie – und seine Freunde fast zur Verzweiflung treibend – leitet uns Regisseur und Violinist Aleksey Igudesman auf eine sehr sympathische Weise durch die Kulissen des klassischen Musik-Festivals „Julian Rachlin and Friends“, im märchenhaft schönen Dubrovnik, Kroatien. Continue reading „„Noseland““

In der Berghütte der Seele: Die Wand

Von Hans-Peter Kurr

Martina Gedecks Solo / Der erschütternde Film DIE WAND

Martina Gedeck

Dieser Streifen wird in die internationale Filmgeschichte eingehen!

Und das verdanken wir einer Jahrhundertschauspielerin, deren Karriere, als sie noch an der Seite des großen Ulrich Wildgruber lebte, in den neunziger Jahren begann und mit diesem Lebensepos DIE WAND – soeben in deutschen Landen, auch im hamburgischen Abaton, uraufgeführt – ihren ( zumindest gegenwärtigen ) künstlerischen Höhepunkt erreicht, den  d i e  Gedeck, wie wirkliche Weltstars bis Ende des 20. Jahrhunderts, dem der Rezensent entstammt, achtungsvoll genannt wurden und von Mitgliedern jener Generation bis heute gewürdigt werden, hier präsentiert.

Der Film, in kongenialer Wucht nach dem lange als unverfilmbar geltenden Roman Marlen Haushofers instrumentiert durch den phantasiebegabten Regisseur Julian Pölsler und seinen neun fähigen Kameraleuten unter Führung des Altmeisters J.R.P. Altmann eine Bilderfolge von aufregender Schönheit in der österreichischen Berglandschaft, darinnen eine Solistin, die sich durch ,nach internationalen Kriterien gültige ,künstlerische Höchstqualität auszeichnet. Continue reading „In der Berghütte der Seele: Die Wand“

Friedrich – ein deutscher König

Von Josef-Wilhelm Knoke

Friedrich – ein deutscher König

90 Minuten sind viel Zeit für eine Doku, aber wohl doch nicht genug für diesen Protagonisten, um alle Facetten seines Lebens   gebührend auszuleuchten. Soviel vorab.

Es ist eine Doku, die in durchaus ansprechender Weise das Leben Friedrichs des Großen darstellt, wobei  dies in einer gelungenen Mischung aus filmischen Elementen, eingestreuten Fachkommentaren von Historikern und gesprochenen Kommentaren erfolgt. Allerdings  focussiert man primär auf die Phase der Adoleszens und die ersten zweieinhalb Dekaden seiner Herrschaft als König bis zum Ende des Siebenjährigen Krieges. Über die danach noch folgenden zwei Dekaden seiner Herrschaft erfährt man relativ wenig. In der Doku werden sie subsummiert unter der Aussage: In seinen späteren Jahren wandelte er sich vom Frauenverächter zum Menschenfeind. Dieses Bild eines alten Misanthropen, der Liebe wohl nur zu seinen Windhunden empfand, ist eine sehr verkürzte Sichtweise. Denn diese Jahre waren durchaus geprägt von vielen richtungweisenden Entscheidungen für Preußen, die eine ausführlichere Würdigung verdient hätten. Continue reading „Friedrich – ein deutscher König“