Weintrauben als Glücksbringer – Silvester in Alicante

Dieser Artikel erschien am 28. Dezember 2014 in „Schleswig-Holstein am Sonntag“

Von Uta Buhr

Silvester in Alicante
Silvester in Alicante

Am Morgen hat es geregnet. Doch am frühen Nachmittag spannt sich ein azurblauer Himmel über Alicante, und die Sonne strahlt mit den fröhlichen Gesichtern der Flaneure auf der Plaza d’España um die Wette. Dieser mit über sechs Millionen roten, schwarzen und cremefarbenen Mosaiksteinchen gepflasterte, von hohen Palmen gesäumte Prachtboulevard ist das Herz der Stadt. Hier trifft man sich kurz vor der Nacht der Nächte mit Freunden noch zu einem Plausch, bevor es zu den letzten Vorbereitungen nach Hause geht. Continue reading „Weintrauben als Glücksbringer – Silvester in Alicante“

Erinnerung an 100 Jahre „Weltkriegs-Schlafwandler“ 1914 …

Von Immo Wernicke

…keine Erinnerung an 200 Jahre Friedensmacher in Paris und Wien 1814/15

Europas Grenzen 1815 nach den Vereinbarungen des Wiener Kongresses
Europas Grenzen 1815 nach den Vereinbarungen des Wiener Kongresses

Die Bundesregierung gedachte 2014 in vielen Veranstaltungen des Beginns des ersten Weltkriegs 1914, auch im deutschen Bundestag. So begleitete Bundesaußenminister Franz Walter Steinmeier Ausstellungen und Vorträge im Historischen Museum in Berlin und lud zur Diskussion mit Christopher Clark über sein Buch „Die Schlafwandler“ (Sleepwalkers: How Europe Went to War in 1914) ein. Ebenfalls im Historischen Museum in Berlin, aber auch in der russischen Botschaft wurde im Jahr zuvor gefeiert. Die Bundesregierung erinnerte an das 200 jährige Jubiläum der Völkerschlacht bei Leipzig zwischen Frankreich und den Siegern Preußen, Russland und Österreich 1813. Continue reading „Erinnerung an 100 Jahre „Weltkriegs-Schlafwandler“ 1914 …“

Kuscheltier statt Knöllchen

Eine Glosse von Lilo Hoffmann

Einen Parkplatz zu ergattern ist nicht immer leicht. Dies gilt insbesondere für die Weihnachtszeit, denn schließlich sind auch viele andere auf der Suche nach passenden Geschenken und möchten diese per Pkw nach Hause transportieren.
Wer es nun wagt, in der zweiten Reihe oder im Halteverbot zu parken, riskiert bekanntermaßen ein Knöllchen. Das ist ärgerlich. In der kanadischen Stadt Cambridge, rund 100 Kilometer westlich von Toronto, hat man für dieses Szenario eine Regelung eingeführt, die den Ärger der Continue reading „Kuscheltier statt Knöllchen“

Gertie ist so frei

Diese Glosse erschien bereits in der WELT und im Hamburger Abendblatt

Eine Glosse von Uta Buhr

Kurz vor dem Jahreswechsel hat unsere Freundin Gertie sich aus dem Berufsleben zurückgezogen. Auf diese Formulierung legt sie ganz großen Wert. „In Rente gehen. Wie sich das anhört“, sagt sie indigniert. „Für mich ist das gleichbedeutend mit ‚zum alten Eisen’ gehören.’ Und sehe ich etwa so aus?“ Das tut sie ganz gewiss nicht. Groß und schlank ist sie, elegant gekleidet, die graumelierten Haare stets tadellos frisiert. Continue reading „Gertie ist so frei“

Neues vom wilden Analytiker

von Götz Egloff

Rezension zu Michael Giefer, Otto Jägersberg, Walter H. Krause (Hg.):
Wege zum Es. VAS – Verlag für akademische Schriften, Bad Homburg, 2010.

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Dieses Buch, das die Vorträge des Baden-Badener Georg-Groddeck-Symposions 2009 der
deutschen Georg-Groddeck-Gesellschaft anlässlich dessen 75. Todesjahrs versammelt, ist alles andere als eine trockene Vortragssammlung. Selten werden Psychotherapie und Psychosomatik so lebendig vermittelt wie in den Beiträgen dieser internationalen (und wirklich interdisziplinären) Denker und Praktiker (Damen wie Herren). Damit wird man dem Altmeister der „wilden Analyse“, dem Schöpfer des „Buch vom Es“ und all zu oft enfant terrible Geschimpften mehr als gerecht. Zu sperrig, zu kauzig, um im überrationalisierten Wissenschaftsdiskurs heute noch Erwähnung zu finden. Lässt man sich auf ihn ein, öffnen sich Welten. So oder so ähnlich muss Freud empfunden haben, der nur wenige Häretiker um sich ertragen konnte; Ferenczi und Groddeck waren persönlich und inhaltlich einfach zu originell, um sie loswerden zu wollen. Continue reading „Neues vom wilden Analytiker“

Spaziergang

Eine Weihnachtsgeschichte von Maren Schönfeld

Schnee fehlt noch... Foto: Maren Schönfeld
Schnee fehlt noch…
Foto: Maren Schönfeld

Still, bewegungslos steht sie an der Tür zum Garten. Durch die Scheibe spürt sie die Kälte. Eine Amsel pickt an der Apfelhälfte, die sie am Morgen für die Tiere hingelegt hat. Eine Handvoll Schwarz auf der Schneedecke. Sie lässt den Blick am Ahorn hochwandern, soweit es geht. Der Baum überragt das Haus, ein Riese in einem Hinterhof, von der Straße aus nicht zu sehen. Kahle schneebepuderte Äste, die beiden Tauben sind nicht da. Die Amsel pickt noch immer. Vorsichtig tritt sie einen Schritt zurück, wendet sich ab. Die Küche ist aufgeräumt. Auf dem Tisch steht die kleine Keramikvase mit zwei Tannenzweigen. Continue reading „Spaziergang“

Kunst gestaltet Leben: Der Weihnachtsmann wird in diesem Jahr 167 Jahre alt!

Von Johanna Renate Wöhlke

Der beliebteste Greis der Welt ist 167 Jahre alt.

Der Weihnachtsmann kann lachen!
Der Weihnachtsmann kann lachen!

Er gehört in die Zeit der Wunder, Geheimnisse und Fantasien. Die Weihnachtszeit ist seine Zeit – die Zeit des Weihnachtsmannes. Zeit- und geschichtslos scheint er seine Geschenke auszuteilen, ohne dass einer jemals nach seiner persönlichen Geschichte gefragt hätte.
Aber er hat eine und außerdem noch ein Geburtsjahr und einen Vater, dessen Vaterschaft kaum jemand kennt: Der hieß nämlich Moritz von Schwind, war Maler und hat seinen Sohn als Prototyp mit Farbe und Pinsel geboren. Das war 1847 für eine Bilderfolge der Zeitschrift „Münchner Bilderbogen“, die in Deutschland und Europa ihre Leser hatte. Continue reading „Kunst gestaltet Leben: Der Weihnachtsmann wird in diesem Jahr 167 Jahre alt!“

Premiere von „Sonny Boys“ im Ernst Deutsch Theater in Hamburg

Von Hans-Peter Kurr

Gelungener Star-Abend mit Neil Simon-Superwerk

Ein seltsames Paar, diese Sonny Boys

Diese Komödie ist d e r Renner, auch in Hamburg: Gleich dreimal konnten wir Neil Simons Meisterwerk in geringem Zeitabstand auf den Bühnen der Hansestadt erleben: Im Winterhuder Fährhaus mit Peter Striebeck und Ralf Schermuly, im St. Pauli Theater mit Garbers und Redl, nun, in der meisterlich- originellen Inszenierung Gerd Heinz‘ mit Charles Brauer und Werner Rehm an der Mundsburg.

Eine minimale kritische Anmerkung sei erlaubt :
Heruntergekommene Hotels für bettelarme alte Künstler wie Willi Clark, den ehemaligen Starkomiker, finden sich nirgends in Europa, in beträchtlicher Fülle aber in New York. Weshalb Continue reading „Premiere von „Sonny Boys“ im Ernst Deutsch Theater in Hamburg“

„Wrapped Tank“ ein Christo-Plagiat oder westliche Militärhilfe für die Ukraine ?

Eine Glosse von Immo H. Wernicke

„Wrapped Tank“, ein verhüllter sowjetischer T 34 am „Unwrapped Reichstag“ im Herbst  in Berlin
„Wrapped Tank“, ein verhüllter sowjetischer T 34 am „Unwrapped Reichstag“ im Herbst in Berlin

Am 9. November feierten am Brandenburger Tor Liedermacher Udo Lindenberg, Wolfgang Biermann und die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit einigen 100.000 Zuschauern vor Ort den „Fall der Mauer“. Vor 25 Jahren war die Mauer an diesem Novembertag 1989 zwar durchlässig gemacht, aber nicht, wie von US-Präsident Ronald Reagan gefordert, eingerissen worden.
Vor rund 20 Jahren, im Sommer 1995, begeisterten Christo und Jeanne-Claude die Welt mit ihrem Kunstprojekt „Wrapped Reichstag“, das mit einer glitzernden Spezialfolie verhüllten Reichstagsgebäude. Tausende von Berlinbesuchern bestaunten und fotografierten Continue reading „„Wrapped Tank“ ein Christo-Plagiat oder westliche Militärhilfe für die Ukraine ?“

Die Kräne

Foto: Maren Schönfeld
Foto: Maren Schönfeld

von Maren Schönfeld

Die Kräne ragen nicht in die Wolken, sie tragen die Wolken, die sich wie riesige Kissen übereinander türmen, zwischen denen eine Lücke Licht blitzen lässt, ein Loch im Stoff oder nur eine poröse Stelle.

Die Kräne ragen nicht über die Schiffe, sie halten die Schiffe am Kai mit Containerarmen, Greifhänden halten sie sie, schmiegen sich Riesen an die Mauern für ein paar Stunden, bevor die See sie zurückholt und die Kräne einsam am Kai stehen wie Liebhaber, die man versetzt hat, und den Fluss entlangschauen mit erwartungsvollem Blick und am Kai entlangwandern. Continue reading „Die Kräne“

„Anyone for Breakfast?“ The New Play at the English Theatre of Hamburg

By Uta Buhr

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Are you the new cleaning-woman for upstairs?

What a pity that Britain’s great playwright Derek Benfield is no longer with us. Most unfortunately he died in 2009 at the age of 83 years. Otherwise, we could look forward to a lot of new hilarious plays such as “Anyone for Breakfast?” that just premiered on the Mundsburg stage.

This comedy, set in Shirley und Gilbert’s country house near London has all the classic ingredients of the genre: there are numerous doors through which the actors pass to and fro, usually just missing each other or hiding from each other, thus complicating the plot. Jane, a married woman and a close friend of Shirley’s, tries to seduce young attractive Mark who is shocked by the idea to have an affair with the wife of another man. Continue reading „„Anyone for Breakfast?“ The New Play at the English Theatre of Hamburg“

„Anyone for Breakfast?“ Die neue Premiere am English Theatre of Hamburg

Von Uta Buhr

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Sind Sie die neue Putzfrau für die oberen Räume?

Wenn je einer sein Handwerk verstand, Komödien zu schreiben, die das Publikum von Anbeginn in ihren Bann ziehen, dann der britische Autor und Schauspieler Derek Benfield. Dies gilt auch für sein jüngst auf die Mundsburger Bühne gebrachtes Stück „Anyone for Breakfast?“, dessen deutscher Titel „Auf die Plätze fertig, lo…ve“ die Handlung wesentlich konkreter umschreibt als das englische Original. Denn hier wird das Liebesleben von sechs Personen der britischen Mittelschicht zelebriert wie ein sportlicher Wettbewerb. Sex mit dem antrauten Partner oder außereheliche Liebelei? Benfield hat ein Bäumchen-wechsel-dich-Spiel mit allen Raffinessen Continue reading „„Anyone for Breakfast?“ Die neue Premiere am English Theatre of Hamburg“

„Noseland“

Von Ariane de Melo
Klassische Musik mal… zugänglich

Sebastian Leitner, Aleksej Igudesman, Sabina Hasanova - ChrisNemes Noseland
Sebastian Leitner, Aleksej Igudesman, Sabina Hasanova – ChrisNemes Noseland

Als nicht begeisterte Dokumentarfilm-Zuschauerin, betrat ich das gemütliche B-Movie Kino auf St. Pauli, um die hamburgische Premiere des Films „Noseland“ anzuschauen. Ein Dokumentarfilm. Über klassische Musik. Es waren gemischte Gefühle.
Dann wurde ich überrascht. Und zwar positiv.
Mit viel Witz, Ironie – und seine Freunde fast zur Verzweiflung treibend – leitet uns Regisseur und Violinist Aleksey Igudesman auf eine sehr sympathische Weise durch die Kulissen des klassischen Musik-Festivals „Julian Rachlin and Friends“, im märchenhaft schönen Dubrovnik, Kroatien. Continue reading „„Noseland““

Falsches Vorurteil

Eine Glosse von Uta Buhr

Die Nachmittagsvorstellungen in unseren Theatern erfreuen sich bei Senioren großer Beliebtheit. Und dies besonders in der dunklen Jahreszeit.
„Ich finde das ganz toll“, freut sich Tante Irma. „Da kommt man immer noch im Hellen nach Hause.“ Weniger begeistert war sie allerdings, als vor Kurzem eine ganze Schulklasse den Rang stürmte. Und das fünf Minuten nach Beginn der Vorstellung. Die jungen Leute knisterten mit Bonbonpapier und kommentierten manche Stellen der Handlung ziemlich lautstark. „So etwas hat es zu meiner Zeit nicht gegeben“, tadelte Irma. „Damals verhielt man sich ruhig und diszipliniert an seinem Platz. Die Jugend von heute hat gar keine Manieren.“ Continue reading „Falsches Vorurteil“

Das Schwein ist auf der Autobahn

eine Glosse von Johanna Renate Wöhlke
erschienen im Hamburger Abendblatt
„Das Schwein ist noch auf der Autobahn!“ Gerd sagt das mit einem lachenden Gesicht in die Runde. Das Schwein auf der Autobahn? Er meint doch nicht etwa irgendeinen Menschen, den er nun gar nicht mag und dem er diesen „Ehrentitel“ angedeihen lässt? Nein, Gerd meint ein richtiges Schwein, ein gebratenes, Teile davon.
Hier sitzen nämlich viele Gäste und warten darauf, dass die Sommerkälte dieses Nachmittags durch innere Wärme vertrieben wird – angespornt durch heiße Getränke und stärkendes, heiß dampfendes Essen. Es ist nämlich Richtfest. Ein neues Haus wächst seiner Bestimmung entgegen.

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