
Einmal tief durchatmen! Ja, es ist wahr. Die Bühne an der Mundsburg hat soeben wieder ihre Pforten geöffnet und lädt zu einem mitreißenden Ein-Personen-Stück ein.
Mit der Liverpooler Hausfrau Shirley Valentine hat Autor Willy Russel eine das Herz erwärmende Protagonistin erschaffen, die uns zwei Stunden lang mit einem zwischen Lachen und Weinen oszillierenden Monolog unterhält. Nachdem die Rolle aufgrund des ständig verlängerten Lockdowns mehrmals umbesetzt werden musste, steht jetzt Sharon Facinelli auf den Brettern des English Theatre. Ein guter Griff, denn diese in der englischsprachigen Welt bekannte Film-, Theater- und Musicaldarstellerin beherrscht alle drei Genres perfekt. Sharon freut sich über ihr Debüt in Hamburg, wo sie zurzeit ein begeistertes Publikum zwei Stunden lang in ihren Bann schlägt. Ein veritabler Marathon, der am Ende keinerlei Ermüdung bei Sharon erkennen ließ. Ein wunderbarer Abend, den das Publikum nach der langen Theater-Abstinenz in vollen Zügen genoss. Aber zurück zum Anfang. Vorhang auf für die Künstlerin, die unter der bewährten Regie von Paul Glaser brillierte.

Shirley Bradshaw, geborene Valentine, trägt das Herz auf der Zunge. Während sie in ihrer Einbauküche irgendwo in einem nicht näher beschriebenen Stadtteil Liverpools ihrer Hausarbeit nachgeht, unterhält sie sie sich mit sich selbst. Mit wem denn sonst? Ehemann Joe, der ohnehin kaum ein Wort mehr mit ihr wechselt, ist „auf Arbeit“ und ihre erwachsenen Kinder haben längst das Nest verlassen. Was ist eigentlich gegen Selbstgespräche einzuwenden? Sie sind mitnichten, wie viele meinen, ein Zeichen von Demenz oder Plemplem, sondern oft Ausdruck einer Selbstfindung. Ein Monolog kann sehr befreiend sein, weil man mit einem vernünftigen Menschen im Gespräch ist und niemand einem widerspricht. Während Shirley sich also mit allen möglichen Freunden, Bekannten und Verwandten – gelegentlich auch mit Ehemann Joe unterhält, schält sie Kartoffeln für das Abendessen, putzt Salat und genehmigt sich in den wenigen sprechfreien Intervallen einen kräftigen Schluck aus einer Weinflasche südlicher Provenienz. Klarer Fall, vom Sprechen wird die Kehle trocken, da muss schon mal die Luft raus aus dem Glas. Aber Trinken macht auch sentimental. Wenn Shirley an die wunderbaren Jahre denkt, als sie jung, attraktiv und lebenslustig war und noch Shirley Valentine hieß, fallen schon mal ein paar heiße Tränen ins Weinglas. In den langen Ehejahren mit Joe ist aus ihr eine inzwischen zum Übergewicht neigende Hausfrau geworden, die zwar perfekt funktioniert, aber keinen rechten Sinn in ihrem lieblosen Leben erkennen kann. So verbringt sie diesen Wochentag zwischen Lachen und Weinen und weiteren Tropfen aus der inzwischen leeren Flasche, während sie sich fragt, wie sie diesem tristen Dasein entfliehen kann. Als hätte eine höhere Macht sie erhört, kommt Hilfe von ihrer Freundin Jane, die Shirley einlädt, mit ihr nach Griechenland in den Urlaub zu fliegen, Shirley überwindet ihre Skrupel gegenüber Joe, packt ihren Koffer macht sich auf in eine ihr bislang verschlossene Welt.
An den sonnigen Gestaden der Ägäis
Szenenwechsel. Im zweiten Akt treffen wir eine wie von Zauberhand über Nacht verjüngte strahlende Shirley Valentine an den sonnigen Gestaden der Ägäis an. Die Bühne wurde mit viel Farbe und Lichteffekten in ein mediterranes Ferienparadies verwandelt. Shirley hat sich in ihrem neuen schicken Outfit an einem weißen Strand niedergelassen. Sie genießt den Blick auf das blaue Meer und die Berge in der Ferne. Zum ersten Mal seit langem fühlt sie sich frei, glücklich und zu einem Abenteuer mit dem charmanten Griechen Costas aufgelegt, der sie auf seinem Boot mit auf das Meer hinaus nimmt. Jane erkennt ihre Freundin in der neuen Rolle gar nicht wieder und warnt vor so viel Leichtsinn. Doch Shirley will nicht zur Vernunft kommen. Kurz vor der geplanten Rückreise überlegt sie, ob ein Leben im sonnigen Süden nicht dem im verregneten Albion vorzuziehen ist. Wie wird sie sich entscheiden? Finden Sie es selbst heraus, liebe Zuschauer, und gönnen Sie sich einen unvergesslichen Abend im English Theatre.
So endet die späte Emanzipation der Shirley Valentine, die sich nicht hätte träumen lassen, jemals ihrem frustrierenden Ehejoch entfliehen zu können. Vermutlich werden sich viele andere Frauen in aller Welt mit der Protagonistin dieser Romanze von Willy Russel identifizieren können. Aber wie viele werden den Mut finden, es Shirley gleich zu tun und ihrem Alltagsfrust für eine Weile adieu zu sagen?

Ein herzfrischender Theaterabend
Ein sehr gelungener herzerfrischender Theaterabend, der den Lockdown und die immer noch bestehenden Einschränkungen unseres Lebens für ein paar Stunden vergessen machen. Stimmig ist der von Sharon Facinelli perfekt beherrschte Scouse-Dialekt, der in der Metropolregion Merseyside um die Stadt Liverpool gesprochen wird. Man muss schon die Ohren spitzen, um den Monolog voll mitzubekommen, zumal weder Aussprache noch Grammatik dem feinen BBC-Englisch entsprechen, In dieser, Region fern der Hauptstadt London, wuchsen die Beatles auf, die von hier aus eine internationale Karriere ohnegleichen hinlegten. Wenn auch ihre Songs unsterblich sind, bei Shirley Valentine kommen die Großen Vier nicht vor. Schade.
Auch Willy Russel, der Autor von „Shirley Valentine“ wurde 1947 in der Nähe Liverpools geboren. Nach einer kurzen Karriere als Damen- und Herrenfriseur ließ er sich zum Lehrer ausbilden. Später entdeckte er sein Talent als Songschreiber, der seine eigenen Werke mit Erfolg einem begeisterten Publikum vortrug. Als nächstes begann er Theaterstücke zu schreiben. Mit seinem Musical „John, Paul, Ringo… and Bert“ über das Leben der Beatles landete er einen Hit, der ihm den Theater-Kritikerpreis des Evening Standard für das beste Musical des Jahres 1974 einbrachte. Von nun an folgte ein erfolgreiches Stück auf das nächste. Neben „Shirley Valentine“, das 1988 das Londoner Westend und 1990 auch den Broadway eroberte, schrieb Russel u.a. „Blood Brothers“, „One for the Road“ und die zauberhafte Komödie „Educating Rita“, die auch das English Theatre mehrere Male auf die Bühne brachte, zuletzt im Jahre 2003.
Zum Schluss noch eine besonders gute Nachricht: Am 18. November 2021 findet die Premiere von „The 39 Steps“ statt. Viele der Besucher des English Theatre werden sich bestimmt an den spannenden Hitchcock-Spionagekrimi „Die 39 Stufen“ erinnern. Im English Theatre of Hamburg kommt er in einem ganz neuen Gewand daher – als Thriller Farce von Patrick Barlow. Freuen wir und darauf!
„Shirley Valentine“ läuft bis einschließlich 30. Oktober 2021
Tickets unter der Telefonnummer 040-227 70 89 oder online unter
Nächste Premiere: „The Thirty Nine Steps“, eine Thriller Farce von Patrick Barlow, am 18. November 2021
Hinweis: Leider müssen die Besucher des ETH auch weiter während des Aufenthaltes im Theater eine Maske tragen. Zudem gilt die 3-G-Regelung; Geimpft, genesen oder getestet. Die Bar des Theaters ist wieder geöffnet. Getränke müssen im Theatersaal am Sitz konsumiert werden.






Audiovorstellung eines Komponisten-Albums:




Seit es die Fotografie gibt, haben viele Künstler die Lust verloren, sich mit Motiven des Sports zu befassen.
Der Deutsch-Ire sammelt seit 40 Jahren Sportantiquitäten, kauft und verkauft alles, was mit Fußball, Golf, Polo, Kricket und Tennis zu tun hat. Im Haus seines Onkels fand der ehemalige Highfidelity-Experte seine erste rund 100 Jahre alte Golfsammlung: „Nichts Hochkarätiges, aber toll.“ Der Onkel schenkte dem Neffen die kostbaren Stücke – der Beginn einer Obsession.
In einem alten Bildband von der Hobby-Engländerin Helen Exley „Faszination Golf“ findet man die schönsten Postkarten der Jahrhundertwende zusammengefasst (ISBN 3897135809); Schläger und Arm flott in die Höhe geschwungen, das Kleid schicklich bodenlang, und unbequem figurbetont, die Beinstellung graziös dargeboten – so (und anders) posierten die Nostalgie-Proetten mit oder ohne ihren Galan im Golfdress für die Maler. Kaum mehr vorstellbar, aber es war so: Als das Telefon noch nicht im Schwange war, galt die Postkarte als schnellstes Kontaktmittel. Zustellung häufig am Tage der Absendung. Der Postbote der Jahrhundertwende bekam oft Einblick in die Intimsphäre.
Am 1. März 1872 führte die Postverwaltung des Norddeutschen Bundes erstmals eine „Korrespondenzkarte“ für Mitteilungen ein. Format 10,8 x 16,3 cm. Bildpostkarten kamen um 1875 auf. Beliebte Motive waren „sinnbildliche“ Darstellungen, die mit der schriftlichen Nachricht meistens übereinstimmen sollten: Verliebtes, Niedliches, Satirisches, Sportliches. Aber auch Glück, Glaube, Hoffnung und Trauer wurden von Postkartensammlern „versandfähig“ dargestellt.
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Zur Ausstellung „Überall Viren?“ von Susanne Kleiber in der Bedürfnisanstalt
In der Ausgabe Nr. 9 der ZEIT wurde die Künstlerin porträtiert und hat die Seite mit einer Illustration bereichert, die in der Ausgabe gedruckt wurde. Das kann man durchaus als Kunstdruck betrachten – aber es gibt schon mehrere Exemplare dieser Seite, die Susanne Kleiber noch weiter gestaltet und sie damit wieder zu einem Unikat gemacht hat. Man kann, sofern man im Besitz einer dieser Seiten ist, die Künstlerin mit so einer Zeichnung beauftragen. Der Artikel ist auch online abrufbar:
Die Ausstellung ist noch bis zum 26. März 2021 in der Bedürfnisanstalt, Bleichenallee 26 a, 22763 Hamburg, zu sehen. Da es nur ein kleiner Raum ist und man fast eine ganze Fensterfront öffnen kann, können die Kunstwerke fast im Freien betrachtet werden (mit Mund-Nasen-Schutz). Zu jeder Tages- und Nachtzeit sind die Werke darüber hinaus durchs Fenster zu sehen.
Mit dem gut 200 Seiten starken Gedichtband „Silberfäden“ legt Gino Leineweber in einer Gesamtausgabe seine beiden ersten Sammlungen vor. Der Verleger und Poet Simo Eric aus dem Verlag „Das Bosnische Wort“ würdigt den international vernetzten Lyriker und Verleger in seinem Vorwort.
Laut Joseph Beuys ist jeder Mensch ein Künstler. Über diese Aussage kann man durchaus geteilter Meinung sein. Er selbst, das Enfant terrible der internationalen Kunstszene, war zeitlebens umstritten. Während manche ihn für ein Genie hielten, war er für andere ein Scharlatan, der mit seinen ausgefallenen Ideen die Welt beeindrucken und gleichzeitig abzocken wollte. Man denke nur an seinen berühmten Fettfilz, den eine übereifrige Putzfrau aus einer Gummiwanne mit einem Wisch entfernte, weil sie ihn für Schmutz hielt. Das betroffene Dortmunder Museum hatte innerhalb weniger Minuten ein epochales Kunstwerk im Werte von 800.000 Euro verloren. Ein Skandal, der die Presse im In- und Ausland über Wochen und Monate beschäftigte. Nicht wenige „Kunstbanausen“ amüsierten sich königlich über diesen Fauxpas, während manche der Frau im Arbeitskittel zu ihrer Courage gratulierten, diesen „Mist“ dahin entsorgt zu haben, wo er hingehört – in den Abfluss. Kunst kommt von Können, sagt der Volksmund, und wirkliches Können wollten viele dem Aktionskünstler und Provokateur nicht zubilligen.

















Im Jahre 1920 weilt der damals fast 37-jährige Franz Kafka von April bis Ende Juni in der Kurstadt Meran, um näheres über seine Tuberkulose zu erfahren. In dieser Zeit beginnt der Schriftsteller auch einen Briefaustausch mit der beinah 24-jährigen Milena Jesenská, seiner Übersetzerin und Geliebten. Eine kleine Sonderausstellung gibt es dazu seit dem 29. Mai 2020 in einigen restaurierten Räumen des Touriseums im schönen Schloss Trauthmannsdorf, bekannt wegen seiner wunderbaren Gärten.
Dessen Aufenthalt in Meran ist schon durch seine Korrespondenz belegbar. In einem Brief an Milena Jesenká vermerkt Kafka aus Meran-Untermais, wo er offenbar in der Pension Ottoburg logierte, Folgendes: “Liebe Frau Milena, von Prag schrieb ich Ihnen einen Zettel und dann von Meran. Antwort bekam ich keine.” Ein weiterer Brief des Schriftstellers an Milena Jessenská bekundet in seiner Frage am Ende vielleicht sogar etwas Sehnsucht: “Ist es schön bei Ihnen zuhause?” Und wieder deutet Kafka daraufhin, dass er in Meran-Untermais, Pension Ottoburg wohnt. Mehr über seine Eindrücke in Meran erzählt der Schriftsteller ausdrücklich in einem Absatz eines anderen Briefes: ”Ich lebe hier recht gut, mehr Sorgfalt könnte der sterbliche Leib kaum ertragen, der Balkon meines Zimmers ist in einen Garten eingesenkt, umwachsen, überwachsen von blühenden Sträuchern (merkwürdig ist die Vegetation hier, bei einem Wetter, bei dem in Prag fast die Pfützen gefrieren, öffnen sich vor meinem Balkon langsam die Blüten), dabei voll der Sonne ausgesetzt (oder allerdings den tiefbewölkten Himmel, wie seit fast einer Woche schon), Eidechsen und Vögel, ungleiche Paare, besuchen mich: Ich würde Ihnen Meran so sehr gönnen, Sie schrieben letzthin einmal vom Nicht-atmen-können, Bild und Sinn sind darin sehr nah und beides mag hier ein wenig leichter werden.” In den nächsten “Briefen an Milena” steht über Meran dann nichts Genaueres mehr. Das Verhältnis zwischen Franz Kafka und Milena Jessenská soll auch etwas schwierig gewesen sein.
Die ganze Ausstellung, die eigentlich der Geschichte sowie touristischen Entwicklung der Stadt Meran und Südtirols gewidmet ist, hat im Grunde genommen über den Aufenthalt Franz Kafkas in der in Südtirol sogenannten Passerstadt (die Passer ist der Fluss, der aus dem Passeiertal kommt und auch Meran durchfließt, deshalb nennt man Meran die Passerstadt) außer dem Dutzend Briefe, vielleicht ein paar mehr, sonst wenig anzubieten. Es gibt nur noch einige historische Fotos, auf denen zum Beispiel auch die inzwischen nicht mehr existierende Pension Ottoburg abgebildet ist.