
(c) Stadtarchiv St. Gallen
Am 9. September 1940, zwei Tage, nachdem die deutschen Luftangriffe in London begonnen hatten, wurde Isak Katzenstein im israelitischen Krankenhaus in Frankfurt am Main geboren. Elf Tage später wurde er im Heim des jüdischen Frauenbunds registriert, in dem seine Mutter Grete lebte und arbeitete. Nach nur drei Monaten ließ sie ihren Sohn jedoch allein zurück, weil ihr die Festnahme drohte. Mit Hilfe der Heimleitung konnte sie nach Zagreb fliehen. Von dort stand sie in regelmäßigem Briefkontakt mit den Pflegerinnen ihres Sohnes, der jedoch im Frühling 1941, als das SS-Kollaborationsregime in Kroatien an die Macht kam, abbrach. Grete Katzenstein überlebte den Krieg nicht.
43 Waisenkinder nach Theresienstadt deportiert
Ihr Sohn verbrachte die ersten zwei Jahre mehrheitlich in einem Kinderheim in Frankfurt am Main, bis dieses zwangsgeschlossen wurde. 43 Kinder und die Betreuerinnen und Betreuer wurden nach Theresienstadt deportiert. Über seine Zeit in Theresienstadt ist wenig bekannt, wie die Studierenden der Pädagogischen Hochschule St. Gallen in ihrer Arbeit schreiben. Auch er selbst erinnert sich nach eigenen Angaben nicht an diese Zeit.

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Irgendwann muss er aber mit Hertha und Egon Schlesinger in Kontakt gekommen sein, die sich für das Waisenkind einsetzten. Gemeinsam kamen sie in St. Gallen an und gemeinsam reisten die drei weiter nach Montreux. Im April 1945 schrieb ein Ernst Katzenstein an den damaligen Bundespräsidenten, dass er den Bub getroffen habe und dieser der Enkel seines Onkels sei. Er beantragte, das Kind bei sich aufzunehmen.
So kam er bei den Geschwistern Katzenstein in Zürich unter. Sie blieben seine Pflegeeltern, selbst als klar wurde, dass er nicht mit ihnen verwandt war. Auch setzten sie sich dafür ein, dass der Name Isak, der ihm bei der Geburt durch die Nazis gegeben wurde, durch den Rufnamen Peter ersetzt wurde. Später wechselte auch sein Nachname zu Müller, weil seine Pflegemutter geheiratet hatte.
Nach einem langen Hin und Her erhielt der Neunjährige 1949 Dauerasyl in der Schweiz, wo er die Schule abschloss und eine Ausbildung zum Automechaniker absolvierte.
Weil er seinen Stiefvater nicht mochte, wanderte er später nach Kanada aus und bildete sich zum Buchhalter weiter. Seinen Schweizer Pass erneuerte er nie. Als er die kanadische Staatsbürgerschaft beantragte, wechselte sein Name wieder zu Katzenstein.
Eine Ärztin mit Rückgrat und einem Stück Glück

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Unter den 1200 Jüdinnen und Juden des Befreiungszuges aus Theresienstadt nach St. Gallen befand sich auch die damals 45-jährige Ärztin Edith Freund.
Als Edith Marie Liebeck im preußischen Königsberg (heute Kaliningrad, Hauptstadt der gleichnamigen russischen Provinz) geboren, wuchs sie in einer wohlhabenden Familie auf. bevor sie unter anderem in Berlin Medizin studierte. Während einer Weiterbildung zur Dermatologin lernte Edith in der deutschen Hauptstand ihren ersten Ehemann, Helmut Freund, kennen.
Kampf gegen Typhus und Tuberkulose
Nur mit einer Spezialgenehmigung durften sich jüdische Ärztinnen und Ärzte wie Edith Freund noch um Kranke kümmern. Viele wurden ins Konzentrationslager nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Freund kam nach Posen (heute Polen) zur deutschen Arbeitsfront.
Dort kämpfte sie in drei verschiedenen Frauenlagern gegen Typhus und Tuberkulose. Ebenso führte sie an den Insassinnen kleine Operationen durch. Um die Strecken zwischen den Lagern rascher zu bewältigen, bekam Edith Freund ein Fahrrad. Dies machte sie zur einzigen Jüdin, die sich außerhalb der Lager bewegen durfte. Die Zustände in den Frauenlagern waren miserabel. Edith Freund versuchte, nicht nur medizinisch dagegen anzukämpfen. So verfasste sie einen Bericht über die unmenschlichen Verhältnisse –mit Folgen. Die Gestapo nahm die jüdische Ärztin wegen „Sabotage Deutscher Arbeit“ fest und brachte sie ins Polizeipräsidium nach Berlin. Die Nazis wollten Freund nach Osten schicken – dies hätte den sicheren Tod in der Gaskammer bedeutet. Doch Kontakte mit einem befreundeten jüdischen Ehepaar, beide ehemalige Patienten, sowie finanzielle Bestechung retteten Freunds Leben. Sie kam ins Konzentrationslager Theresienstadt, wo sie 18 Monate blieb. Bevor sie als Ärztin arbeiten durfte, grub Freund Kartoffeln und putzte auch das Schlafzimmer und Büro eines Nazi– Offiziers. Letzteres galt als privilegierte Arbeit.
Schließlich stieg Edith Freund in den Zug nach St. Gallen. Von dort aus kam sie nach Les Avanis bei Montreux. Freund praktizierte einige Jahre in der Schweiz, etwa in einem Davoser Sanatorium, bevor sie1948 nach Australien emigrierte. Mit ihrem zweiten Ehemann zog Freund nach der Pensionierung wieder nach Europa, genauer gesagt, nach Wien.
Der Transport nach Theresienstadt

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Die schweizerischen Behörden wurden mit dem Transport überrascht, war er doch das Resultat einer privaten Initiative. Am Anfang steht das Ehepaar Recha und Isaak Sternbuch. Sie unterhielten von der Schweiz aus den Europäischen Arm der nordamerikanischen „Union of Orthodox Rabbis of United States of America and Canada” und dessen Hilfscomitee “Vaad Ha-Hatzalah”. Mitte Oktober 1944 kamen sie mit dem schweizerischen Alt Bundesrat Jean-Marie Musy zusammen, dem es in früheren Aktionen gelungen war, in Auftragsarbeit einzelne Personen aus Konzentrationslagern freizubekommen. Musy erhielt die finanziellen Mittel, um sich mit der SS in Kontakt zu setzen. Zweimal gelang es ihm, sich mit Heinrich Himmler zu treffen (3. November 1944 in der Nähe von Breslau, 21. Januar 1945 in Wildbach), den der mit faschistischen Regimen sympathisierende Musy aus antikommunistischen Netzwerken kannte. Als Resultat der Verhandlungen sollten wöchentlich 1200 Jüdinnen und Juden aus Konzentrationslagern freigelassen werden.
Als Gegenleistung wurden 5 Millionen Schweizer Franken als Sicherheit auf einem Sperrkonto hinterlegt. Jedoch blieb es beim Transport vom 5. Februar 1945, da konkurrierende Netzwerke innerhalb der SS das Vorhaben hintertrieben und daraufhin offensichtlich Adolf Hitler dem Ganzen ein Ende setzte.
In der Zerfallsphase des 3. Reiches erhoffte sich Himmler durch die Aktion eine Imagekorrektur bei den Westalliierten. Auch Musy tendierte vermutlich durch sein Handeln sein ramponiertes Ansehen mit Blick auf die sich abzeichnende Nachkriegszeit aufzupolieren.
Geschichte anders darstellen
Das Projekt, mit dem Gesichter zu Leben erweckt werden und Zeitzeugeninterviews im historischen Kontext betrachtet werden, wurde von der Mamlock Foundation, Berlin, und der Pädagogischen Hochschule St. Gallen entwickelt.
Auf 3Sat erschien dieser Beitrag: https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/zug-der-geretteten-aus-theresienstadt-100.html
Weitere Links zum Thema:
https://www.platz-der-vergessenen-kinder.de/bewohner/peter-isaak-katzenstein










Zur historischen Dystopie „Wenn der Führer wüsste…“ von Heiger Ostertag – Mal angenommen, Hitler hätte den Krieg gewonnen und wir lebten jetzt unter der Regierung seines Enkels Adolf II., der mit vierzig Jahren nach dem Tod seines Vaters Adolf Wolf die Herrschaft übernommen hätte. Den Leuten hat man die Legende erzählt, alle Juden hätten in Madagaskar ihren eigenen Staat bekommen. Die Denkmäler stehen noch, die nationalsozialistischen Werte auch – doch es beginnt zu rumoren. Nächstes Jahr wird eine Revolution angezettelt werden, in deren Folge die Regierung gestürzt werden soll. Finden Sie das schräg? Ist es auch. Aber so gut gemacht, dass es einem bei der Lektüre des Romans kalt den Rücken runterläuft. Nach dem viel beachteten Buch „Die Welle“ von Morton Rhue, das sich mit der Frage befasst, wie so ein Regime wie Hitlers möglich werden konnte, befasst sich „Wenn der Führer wüsste…“ mit einer Möglichkeit von Realität unter einer nationalsozialistischen Herrschaft und dem Aufbegehren der unterdrückten Bevölkerung.
Dr. Heiger Ostertag (M.A.) gehörte der Luftwaffe an, in der er u. a. eine fliegerische Ausbildung absolvierte. In Freiburg studierte Ostertag Geschichte, Germanistik sowie Nordgermanische Philologie und promovierte mit einem historisch-germanistischen Thema zum Kaiserreich. Seit den 90er Jahren ist Heiger Ostertag als Autor und Historiker in Forschung, Bildung und Lehre sowie als Lektor im Verlagswesen tätig. Die Fachliteratur erschien bei Ullstein, Herder, Rombach und Mittler. Das belletristische Werk wird beim Südwestbuch-Verlag, Gmeiner und im Theiss Verlag/WBV verlegt. Auf der Basis exakter Recherchen und psychologischer Personenprofile entstanden in den 30 Jahren seines Schreibens kontextsituierte Geschichten und zahlreiche Romane von großer Dichte und Spannung. Unter Pseudonym sind vom Autor weitere brisante Politthriller erschienen. Einige Romane wurden zudem als Hörbuch vertont. Aktuell arbeitet der Schriftsteller am Abschlussband seiner Junker-von-Schack Reihe mit dem Arbeitstitel „Von Austerlitz nach Waterloo“.








Seit es die Fotografie gibt, haben viele Künstler die Lust verloren, sich mit Motiven des Sports zu befassen.
Der Deutsch-Ire sammelt seit 40 Jahren Sportantiquitäten, kauft und verkauft alles, was mit Fußball, Golf, Polo, Kricket und Tennis zu tun hat. Im Haus seines Onkels fand der ehemalige Highfidelity-Experte seine erste rund 100 Jahre alte Golfsammlung: „Nichts Hochkarätiges, aber toll.“ Der Onkel schenkte dem Neffen die kostbaren Stücke – der Beginn einer Obsession.
In einem alten Bildband von der Hobby-Engländerin Helen Exley „Faszination Golf“ findet man die schönsten Postkarten der Jahrhundertwende zusammengefasst (ISBN 3897135809); Schläger und Arm flott in die Höhe geschwungen, das Kleid schicklich bodenlang, und unbequem figurbetont, die Beinstellung graziös dargeboten – so (und anders) posierten die Nostalgie-Proetten mit oder ohne ihren Galan im Golfdress für die Maler. Kaum mehr vorstellbar, aber es war so: Als das Telefon noch nicht im Schwange war, galt die Postkarte als schnellstes Kontaktmittel. Zustellung häufig am Tage der Absendung. Der Postbote der Jahrhundertwende bekam oft Einblick in die Intimsphäre.
Am 1. März 1872 führte die Postverwaltung des Norddeutschen Bundes erstmals eine „Korrespondenzkarte“ für Mitteilungen ein. Format 10,8 x 16,3 cm. Bildpostkarten kamen um 1875 auf. Beliebte Motive waren „sinnbildliche“ Darstellungen, die mit der schriftlichen Nachricht meistens übereinstimmen sollten: Verliebtes, Niedliches, Satirisches, Sportliches. Aber auch Glück, Glaube, Hoffnung und Trauer wurden von Postkartensammlern „versandfähig“ dargestellt.
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„Von den einst neun Flying P-Linern gibt’s nur noch vier“, erklärte Hinrichsen,“ die PASSAT als Museumsschiff in Travemünde, die POMMERN auf Aland in Finnland, und die PADUA. Mit dem Namen KRUZENSHTERN pflügt die PADUA noch als einzige unter Segeln den blauen Acker. Und zwar als russisches Schulschiff.“










