Stadt im Seewind – Marseille, Europäische Kulturhauptstadt 2013

Dieser Artikel erschien bereits am 22.12.2012 in der PAZ, am 15. März 2013 im Kulturteil des „Deutschen Ärzteblattes“ und am 14. April 2013  in Schleswig-Holstein am Sonntag.

 Von Uta Buhr

Sie wacht über Marseille: Notre-Dame-de-la-Garde

Der Verzehr einer echten Marseiller Bouillabaisse, die Lektüre eines Buches von Marcel Pagnol, ein Ausfahrt mit einer Fähre zum Châreau d’If… Und dann natürlich noch die Hafenstadt Marseille, die sich gerade herausputzt, um als Europäische Kulturhauptstadt 2013 ihren ganzen Glanz zu entfalten. Frankreichs älteste Stadt hat es in sich.

Ein bleigrauer Himmel hängt heute über der Hafenstadt  im Golfe de Lion. Nieselregen setzt ein und schafft ein Verkehrschaos auf der Canebière, einer lärmenden Verkehrsader, die sich frei mit „Reeperbahn“ übersetzten lässt. Hier wurden früher wie in der Partnerstadt Hamburg Taue für die Schifffahrt „geschlagen.“  Gegen Mittag klart der Himmel auf. Eine sanfte Brise weht vom Meer herüber. Die Stadt verwandelt sich wie von Zauberhand berührt von einem Augenblick zum anderen. Die Straßencafés füllen sich mit Menschen, Teller klappern, Gläser klirren. Ein verführerisches Aroma von gegrilltem Fisch, exotischen Gewürzen und Knoblauch liegt in der Luft. Continue reading „Stadt im Seewind – Marseille, Europäische Kulturhauptstadt 2013“

Partner von Charles Rolls

erschienen in der PAZ

Von Dr. Manuel Ruoff

Vor 80 Jahren starb Henry Royce

Im Gegensatz zu Charles Stewart Rolls hatte Frederick Henry Royce keinen goldenen Löffel im Mund, als er am 27. März 1863 im englischen Alwalton zur Welt kam. Henry war das fünfte Kind eines armen Müllers und dessen Frau, die sich 1867 trennten. Der Junge kam zum Vater, der 1872 starb.

Mit einem Jahr Schulbildung und 14 Lebensjahren fängt er durch Vermittlung einer Tante eine Ausbildung in einem Lokomotivwerk an. Dort lernt er den Maschinenbau kennen. Allerdings begeistert den bienenfleißigen Autodidakten mehr die Elektrotechnik. Folgerichtig landet er schließlich bei elektrotechnischen Unternehmen.

Als sein letzter Arbeitgeber pleitegeht, hat er genug von der abhängigen Beschäftigung und macht sich mit einem elektrotechnischen Betrieb selbstständig. Sein Partner ist ebenso Elektromechaniker wie er, aber Arztsohn und steuert den Großteil des Anfangskapitals bei. Zusätzliches Kapital gewinnt die Firma durch die Heirat von Royce mit der Tochter eines wohlhabenden Druckereibesitzers. Royce ist Perfektionist und die Produkte gewinnen einen guten Ruf. Der Durchbruch gelingt, als die Elektro- die Dampfkräne ersetzen. Ab 1894 baut Royce’ Unternehmen elektrisch betriebene Brückenkräne. Continue reading „Partner von Charles Rolls“

Wo Stars absteigen

Von Monika Landsky

Wo Stars wie Pierce Brosnan absteigen: Hotel „Dorint Golfresort & Spa“, Mallorca

Die Auffahrt

Dieses elegante 5-Sterne-Haus grenzt an die Golfanlage d’Andraxt, nahe   Puerto Andratx. Hier geben sich zahlreiche „Promis“ ein Stelldichein, wie  etwa US-Schauspieler Pierce Bronson, Thomas Gottschalk und andere bekannte Persönlichkeiten aus Film und Fernsehen.  Ein großer Vorteil für Besucher: Nur 20 Autominuten trennen die Anlage von Palma, der Hauptstadt Mallorcas.

Das im mallorquinischen Landesstil erbaute und eingerichtete Hotel gleicht einer großen Finca und besticht durch warme Gelb- und Terracottatöne. Das Haus bietet Golfblick- und Meerblickzimmer, die vollkommen identisch eingerichtet sind. Die Räume sind großzügig geschnitten und bieten neben einem großen Bad einen mit bequemen Möbeln bestückten Balkon. Continue reading „Wo Stars absteigen“

Noch längst nicht saturiert

erschienen in der Preussischen Allgemeinen Zeitung

Von Dr. Manuel Ruoff

Nach Libyen interveniert Frankreich mit Mali nun in einer Exkolonie

In mancher Hinsicht ist die französische Intervention in Mali eine Fortsetzung der französischen Intervention in Libyen. So verläuft die Front ähnlich. Die Tuareg in Mali, denen Frankreich im Gegensatz zu den Schwarzen im Südsudan einen eigenen Staat versagt, sind nämlich traditionell mit den Libyern Muammar al-Gaddafis verbündet. So fanden viele Tuareg in Libyen Asyl vor der Verfolgung in ihrer Heimat. Es besteht aber auch ein kausaler Zusammenhang zwischen den beiden Interventionen. So ist eine Ursache der Eskalation des Streits zwischen der schwarzen Zentralregierung im Süden und den Tuareg im Norden das Ende der Gaddafi-Regierung. Viele Exil-Tuareg kehrten gezwungenermaßen nach Mali zurück und brachten dabei auch schwere Waffen mit, mit denen sie Gaddafi als eine loyale Stütze seiner Regierung ausgestattet hatte. Ein anderer Grund für die Eskalation stellt der diesjährige Putsch in Mali dar, als das Militär im März die rechtmäßige Regierung stürzte, weil ihm deren Politik gegenüber den Tuareg zu liberal und nicht militant genug gewesen war. Continue reading „Noch längst nicht saturiert“

Besatzer und Befreier

erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung

Von Dr. Manuel Ruoff

Im Ersten Weltkrieg war die (teilweise) russische Besetzung Ostpreußens weniger schlimm als im Zweiten. Eine systematische Entvölkerung sowie planmäßige Vergewaltigungen blieben aus. Milder war die Besetzung im Siebenjährigen Krieg. Die Zarin wollte die Ostpreußen als Untertanen gewinnen und setzte mit baltendeutschen Besatzungsoffizieren Landsleute der Besetzten ein. Am besten war die Besetzung zu Beginn der Befreiungskriege, denn damals kamen die Russen wirklich als Befreier. Zum Kommandanten von Königsberg und Gouverneur von Ostpreußen bestimmte der Zar seinen General Carl Gustav Graf von Sievers. Nach dem Ende der Befreiungskriege wurde der am 8. beziehungsweise 19. November 1772 in Livland geborene Baltendeutsche noch russischer Senator, bevor er 1856 in Moskau starb.

Moskau – eine Reise ins Land des digitalen Lächelns

Die Zwiebeltürme der Basilius Kathedrale am Roten Platz

Moskau, als das politische, wirtschaftliche und kulturelle Zentrum Russlands mit seinen zahlreichen Kirchen, Theatern, Museen,   Galerien, sowie den optischen Höhepunkten Roter Platz, Kreml und Christ Erlöser Kirche, ist allemal eine Reise wert. Wenn dann ein Flug mit Lufthansa zum unglaublichen Preis von 143,80 € (Hin- und Rückflug!) dazukommt, zögert man nicht lange. Die erste Erfahrung, die man macht: Moskau besteht aus Staus! Gut 2 Stunden Flug, aber fast 2 ½ Stunden Taxifahrt vom Flughafen Vnukovo, einem der drei Flughäfen Moskaus, in die Innenstadt, sind bezeichnend. Aber eine U-bahn Strecke zum Flughafen existiert leider nicht, wobei die Moskauer Metro ansonsten gut, effizient und sehr preiswert ist: 28 Rubel (69 Cent) für die einfache Fahrt.  Die Fahrweise in Moskau ist kreativ, jede Lücke wird genutzt, größere Autos und solche mit Blaulicht haben immer Recht! Parkgebühren kennt man bislang noch nicht, es wird daher auch geparkt, wo Platz ist.
Meine Reise nach Moskau anlässlich eines Vortragstermins auf einer Messe über digitale Medien hatte neben dem Messebesuch auch das Ziel, die Stadt vom Gesichtspunkt eines Einzelhandelsfachmanns aus zu betrachten. Wie stellt sich diese Metropole im internationalen Vergleich als Einkaufsstadt dar, und besonders: inwieweit haben dort im Handel bereits moderne, digitale Kommunikationsmedien Einzug gehalten?
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Wie Libyen italienisch wurde

erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung

von Dr. Manuel Ruoff

Vor 100 Jahren endete der italienisch-türkische Krieg – Erster Luftangriff der Weltgeschichte

Schon bevor das Osmanische Reich im Ersten Weltkrieg den finalen Todesstoß erhielt, war es nicht mehr gesund gewesen. Als „kranker Mann am Bosporus“ war es bereits im 19. Jahrhundert bezeichnet worden. Das einst das christliche Europa in Angst und Schrecken versetzende Reich war von einem Subjekt zu einem Objekt geworden. Dieses macht sehr schön eine Karikatur in der britischen Satirezeitschrift „Punch“ deutlich, die den Sultan zeigt, wie er erstaunt von einer Bekanntmachung Kenntnis nimmt, dass Russland, Frankreich und Großbritannien die Umwandlung seines Staates in eine Beteiligungsgesellschaft beschlossen hätten. Continue reading „Wie Libyen italienisch wurde“

DAP auf der „Central America Travel Market 2012“ in Honduras

Liebe Mitglieder der DAP,

José Napoléon Mariona

auf diese Weise möchte ich mich sehr herzlich bei unserem Mitglied und Beirat José Napoléon Mariona bedanken! Herr Mariona hat es durch seine Kontakte ermöglicht, dass zwei unserer Mitglieder im Oktober auf eine große Mittelamerika Pressereise gehen können. In Honduras findet die Messe CATM statt, die “Central America Travel Market“. Im Anschluss daran gibt es die Möglichkeit, an verschiedenen Trips teilzunehmen, die nach Belize, Costa Rica, El Salavador, Guatemala und Nicaragua führen.

Die Veranstalter sind natürlich daran interessiert, dass die teilnehmenden Journalisten auf dieser Reise diese Tour durch zahlreiche Veröffentlichungen in Deutschland aufarbeiten und Mittelamerika durch diese Continue reading „DAP auf der „Central America Travel Market 2012“ in Honduras“

Bretton Woods – Eine Reise in die Geschichte

 Von Johanna R. Wöhlke

Vor 60 Jahren ratifizierte die Bundesrepublik Deutschland den Vertrag von Bretton Woods

Bretton Woods Hotel

Aus New York kommend sind es nicht weniger als vier Bundesstaaten, die wir durchqueren: New York, Connecticut, Massachusetts und New Hampshire. Wir sind im Nordosten der USA auf der Fahrt in die White Mountains. Der Weg, den wir  von New York aus nach Norden in die White Mountains von New Hampshire gewählt haben, führt uns über die Interstate 95 bis Boston, dann die Interstate 93 bis zum Squam Lake Richtung Conway. Immer mehr dünnt sich das hektische und laute Treiben der Städte aus und macht der schweigenden Natur Platz. Continue reading „Bretton Woods – Eine Reise in die Geschichte“

Fridtjof Nansen: Ein Leben zwischen Eis und Liebe

Von Johanna R. Wöhlke

„Ich kann mir keine kraftvollere, gewaltig sexuelle Leidenschaft, keine perfektere sensuelle Ekstase vorstellen.“

 

Nansen im Museum von Tromsoe

Es gibt Geschichten, die müssen anders erzählt werden als Geschichten üblicherweise erzählt werden, weil sie sich nicht in eine übliche Form pressen lassen. Dies ist so eine Geschichte, eine Reisegeschichte, eine dem Zufall geschuldete, nein, verdankte Geschichte. Eine Reisegeschichte? Ja, vielleicht auch das, eine Reisegeschichte. Es geht um den Friedensnobelpreisträger, Polarforscher, Staatsmann und norwegischen Nationalhelden Fridtjof Nansen, den Zufall, Irritationen, Überraschungen und sexuelle Ekstase. Diese Mischung ist es wert, ein wenig untersucht zu werden.

 

Nansen begegnete mir wie gesagt zufällig in der kleinen norwegischen Stadt Tromsø nördlich des Polarkreises im Polar Museum dort. Zufälle sind es, die interessante Begegnungen hervorbringen. Immer wieder Zufälle. Continue reading „Fridtjof Nansen: Ein Leben zwischen Eis und Liebe“

„Gamle Vossebanen“ in Bergen

Von Johanna R. Wöhlke

Mit dem Museumzug durch Bergen

Der Bahnhof in Garnes

Bahn fahren in alten Zügen und Museumszügen, das ist an vielen Orten dieser Welt möglich. Da gibt es viele Möglichkeiten einzusteigen und nostalgischen Träumen nachzugeben – für die Dauer einer eindrucksvollen Fahrt mit oder ohne Dampf. Wer zum Beispiel schon einmal in Deutschland mit der Brockenbahn im Harz auf den Brocken gefahren ist – und im Sommer vor lauter Gästen keinen Sitzplatz mehr bekam – der weiß, welch besondere Faszination von diesen alten Zügen ausgeht. Continue reading „„Gamle Vossebanen“ in Bergen“

Wie Irland souverän wurde

erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung

Von Dr. Manuel Ruoff

Vor 75 Jahren erhielt die grüne Insel ihre heutige Verfassung

Der Anglo-Irische Krieg um die Unabhängigkeit Irlands von England endete mit einem Kompromiss, dem am 6. Dezember 1921 in London unterzeichneten Anglo-Irischen Vertrag (The Treaty). Ihm gemäß wurde die grüne Insel geteilt in einen kleineren, überwiegend von Protestanten bewohnten Nordteil, der beim Vereinigten Königreich verblieb und einen größeren, überwiegend von Katholiken bewohnten größeren Teil, der als Irischer Freistaat statt der erstrebten Souveränität nur den Status eines Dominion wie Kanada erhielt. Continue reading „Wie Irland souverän wurde“

Landung in Tegucigalpa

Von Ferenc Horvárth

Was für ein Gefühl, im Februar aus dem kalten Deutschland über Panama nach Honduras zu fliegen? Einfach wunderbar!

Gelandet

Weiße Wolkenberge überall, als das Flugzeug sich auf die Landung vorbereitet. Jetzt rücken  die grün bewaldeten Vulkankegel in unser Blickfeld. Da wird einem schon ein wenig schwindelig. Aber was ist dem Anflug auf den Flughafen von Tegucigalpa vergleichbar?  Manche würden spontan sagen, das Aufregendste, das man erleben kann, sei der Sinkflug über St. Martin oder Kai-tak, dem alten Flughafen von Hongkong. Alles toll. Aber wer einen richtigen Adrenalinstoß erleben will, landet hier in Honduras. Continue reading „Landung in Tegucigalpa“

Ein Empfang wie für eine Königin!

erschienen im Hamburger Abendblatt am 16. Mai 2012

Einlaufen zum Hafengeburtstag auf der Queen Mary 2.

Abendblatt-Autorin Johanna R. Wöhlke war an Bord und schildert ihre Eindrücke

Von Johanna R. Wöhlke

Menschenmengen an den Landungsbrücken begrüßen die Queen Mary 2 mit Riesenjubel

Es ist das Ziel meiner Reise und nicht mehr weit. Hamburg. Nur noch eben schnell da vorne rechts –  pardon, steuerbord –  um die Ecke rum, eine große Ecke, genauer gesagt eine riesige Kurve – und dann sind wir in der Elbmündung, in der Elbe und ich in sechs Stunden etwa wieder Zuhause. Nicht nur die „Kurve“ ist riesig. Das Schiff, auf dem ich auf dem Balkon vor unserer Kabine auf Deck 12 backbord stehe, ist es auch: die Queen Mary 2. Sie ist mehr als ein Schiff, sie ist ein „Ocean Liner“, eine Schiffsgattung also, von der geschrieben wird, dass ihre bedeutende Zeit schon lange vorbei sei und in die Zeit reicht, Continue reading „Ein Empfang wie für eine Königin!“

A night at the opera – Oslo 2012

Von Dr. Ferenc Horvath

Der Eingang

Norwegen, das an seinem GDP gemessen ein heutzutage fabelhaft reiches Land.  Im Norden hat es in 1999 entschieden ein neues Opernhaus zu bauen.  Damit sollte das faktisch erst seit 1905 unabhängiges  Land ein weiteres, diesmal ein kulturelles Zeichen setzen.

Diese neue Oper – „Oslo -Operahuset“ –  wurde damit das größte norwegische Kulturprojekt der Nachkriegszeit.

Der erste Spatenstich erfolgte in 2003. Die Gala Eröffnung fand am 12.April 2008. statt. Für uns Hamburger noch eine ganz wichtige Information: die Kosten der Fertigstellung haben  die der ursprünglichen Planung mit 300 Millionen Norwegischen Kronen unterschritten. Continue reading „A night at the opera – Oslo 2012“

Terra Incognita – Sibirien rüstet touristisch auf

Dieser Artikel erschien bereits in folgenden Objekten: Deutsches Ärzteblatt, Magazin für Psychologie (gehört zum Verlag Deutsches Ärzteblatt), Rhein-Neckar-Zeitung, PAZ,

Schleswig-Holstein-am-Sonntag, Pfälzer Anzeigenblatt,

Von  Uta Buhr

Der rundum "geliftete" Kreml von Tobolsk

Ein Himmel voller Sterne wölbt sich über der Taiga. Ihr Licht lässt das Wasser des Sees silbern aufblitzen. Aus der Tiefe des Waldes dringen Tierlaute an unser Ohr. Plötzlich raschelt es im Unterholz und ein Elch mit mächtigem Geweih betritt die Lichtung, nimmt Witterung auf und verschwindet im Dickicht des Waldes. Romantik pur im Herzen Sibiriens! Mit dem Hubschrauber sind wir vor Stunden aus Tjumen aufgebrochen, um im Angel- und Jagdparadies Kunjaks einen Kurzurlaub fernab jeglicher Zivilisation zu verbringen. Bereits der Flug macht mit der unendlichen Weite des Landes vertraut. Schier endlose Birkenwälder, unterbrochen von spiegelnden Teichen und Tümpeln, prägen die Landschaft, die nahtlos in einen dichten Nadelwald übergeht.  Hier wurde ein kleines Feriendorf erbaut.  Rund um einen Continue reading „Terra Incognita – Sibirien rüstet touristisch auf“

Konzertreise auf Mallorca: Ein musikalischer Hochgenuss und ein unvergessliches Erlebnis

Es war ein strahlendblauer Himmel auf Mallorca zur Zeit der Mandelblüte. Das Frühjahr beginnt auf Mallorca weiß oder rosafarben, denn von Januar bis Ende Februar gibt es ein Naturschauspiel der besonderen Klasse – die Mandelblüte. Mehrere Millionen Mandelbäume verzaubern durch ihre Blüten die Insel.  Zu dieser Zeit sind Menschen auf der Insel, die die Vorboten des Frühlings erleben wollen, erste warme Tage genießen möchten, aber auch ihre Sinne weit geöffnet haben nicht nur für die Schönheit der Natur, sondern auch für die Musik.

Der Chor Singspiration aus Stade folgte einer Einladung des mallorquinischen Kulturamtes zur Teilnahme am Kulturprogramm „Mallorca im Winter“. Auf dem Programm des Chors, der mit 25 Sängern, der Sopranistin Helga Samson, der Pianistin Helena Jan, der Chorleiterin Sam Eu Jakobs  und ebenso vielen Freunden und Förderern auf die Insel gekommen war, standen vier Kirchenkonzerte. Volle Häuser und stehende Ovationen belohnten die monatelange Vorbereitung auf diese Reise. Im Gepäck hatte Singspiration unter anderem bekannte Werke wie „Ave Maria“ von Bach-Gounod, „Locus Iste“ von Bruckner, „Freude schöner Götterfunken“ von Beethoven, „In mir Klingt ein Lied“ von Chopin, „Laudate Dominum“ von Mozart, „Panis Angelicus“ von Franck, auch ein Heimatlied „Zwischen Hamburg und Cuxhaven“.

Auf hohem Niveau erlebten die etwa 1000 Besucher das Hauptkonzert des „Klassikchors Singspiration“ aus Stade in der Cathedrale La Seu in der Rundkirche von Palma de Mallorca  unter der weltgrößten Buntglasrosette: Es war der fulminante Höhepunkt und Abschluss einer sechstägigen Konzertreise auf die Baleareninsel. Bei einem anderen Konzert in Arenal umschließen üppige Buntglasfenster das Kirchenrund und die einfallenden Strahlen der Abendsonne sorgten für ein schönes Farbenspiel, das den Auftritt der Sänger- und Sängerinnen perfekt in Szene setzte. Der Soloauftritt der mitgereisten Sopranistin Helga Samson war ein unvergessliches Hörerlebnis ganz besonderer Art.

Musik kann wie ein Rausch sein, ein Versinken in eine Kontemplation, die uns ansonsten nur selten gegönnt ist. Wer Ohren hatte zu hören, und ein Herz um zu fühlen, wird nach dem „Ave Maria“ von Bach-Gounod nur zögerlich und bedauernd wieder aufgetaucht sein aus jener inneren Zone in die sichtbare Welt. Dieses „Ave Maria“ war von religiöser Innbrunst geprägt. Zu einem musikalischen Hochgenuss und spirituellen Tauchgang gleichermaßen gerieten die Konzerte auf Mallorca. Dies ist nicht verwunderlich, war doch ein Abend mit hinreißenden Melodien in dem Programm angekündigt worden.

Als wunderschöne Erinnerung hat sich der Auftritt in der Marienkapelle von Lluc, dem wichtigsten Wallfahrtsort der Insel, eingeprägt. Um La Moreneta, die Schwarze Madonna, zu sehen, pilgern die Mallorquiner in Scharen hierher, auch an diesem Tag. In der dunklen, mystischen Atmosphäre der Kirche lauschten die Pilger andächtig Anton Bruckners „Locus iste“.

Menschlich sehr berührend war der Auftritt in der einst zum Schutz gegen Piratenüberfälle errichteten Festungskirche von Andratx. Mit großer Herzlichkeit wurden die Sängerinnen und Sänger von zwei Chören der schön gelegenen Stadt im Südwesten der Insel empfangen. Das gemeinsame Konzert verzauberte einheimische wie ausländische Hörer gleichermaßen. Nach dem Konzert mochte niemand gleich nach Hause gehen. Bei einem Becher heißer Schokolade ‑  eine mallorquinische Spezialität ‑ und selbst gemachten Tappas, wurden neue musikalische Freundschaften geschlossen. Sam Eu Jakobs und ihr mallorquinischer Gegenpart Jose Maria Moreno schmiedeten sogar Pläne für ein Austauschkonzert hierzulande.

 

Die Interpretationen des Ensembles verkörperten gesellige Leichtigkeit wie bei „Freude schöner Götterfunken“, aber auch das Heimatlied „Zwischen Hamburg und Cuxhaven“ fanden viel Beifall.

Hier zeigte sich die gewachsene Vielseitigkeit des Klassikchors Singspiration unter der Leitung von Sam Eu Jakobs, der die Zuschauerohren im Stimmenmeer baden, aber nicht ertrinken ließ.

 

Das Stück „Abschied vom Walde“ vereint Dichtung und Musik im Geist der Romantik. Dieses Werk der Romantik ist stilistisch absolut unberührt, es profitiert von der überlegenen Meisterschaft des Ensemples, von absoluter Präzision in Intonation, Zusammenklang und Phrasierung. Dabei fasziniert immer wieder, wie der homogene Gesamtklang sich gleichzeitig außerordentlich plastisch in die individuellen Stimmfarben auffächert, wie auch in der Zurücknahme für den Ensembleklang jede Stimme ihre Souveränität behält. Wenn sich in den Liedern jeweils die Bassstimme als dezentes Fundament herausschält und dazu die sopranhellen Stimmen schweben lässt, dann wird dieser A-capelle-Gesang zu etwas besonderem.

In einem solchen Konzert darf Mozart nicht fehlen, denn Mozarts Musik schließt die Herzen auf. „Laudate Dominum“ war eine besondere Überraschung an dem Abend. Das kam alles so klar und wohlgeformt in den Saal, dass man fasziniert war.

Alles in allem war es eine gelungene Konzertreise und wird bei den Sängern und Zuhörern noch lange in Erinnerung bleiben. Das alles ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, dass diese Präsenz und Gemeinsamkeit in relativ kurzer Zeit erprobt und erarbeitet werden musste: Chorleiterin Sam Eu Jakobs kann man nicht genug danken dafür, ein so anspruchsvolles Projekt auf die Beine gestellt zu haben und ein solches Ensemble für große Musik im Alten Land und jetzt auch für Mallorca bereit gemacht zu haben. Sie hatte die Gesamtleitung inne und es gebührt ihr größtes Lob dafür, die vielen verschiedenen Beteiligten souverän zu führen und vor allem, jedem Einzelnen zur Höchstleistung zu motivieren. Der Klassikchor Singspiration aus Stade überzeugte durch fein ziselierte Melodien. Bestechend bei vielen Weisen des von Sam Eu Jakobs einfühlsam gesteuerten Ensembles waren präzise gesungene punktierte Noten, die Tonverlängerungen außerhalb des Metrums frei schwebend in den Raum setzten und sie dann doch treffend zurück führten

Natürlichkeit, Schlichtheit und Aufrichtigkeit des Ausdrucks sind die Werte, die hier gefordert sind. Innigkeit und emotionale Klarheit sind die Wegweiser zu einem außergewöhnlichen Konzerterlebnis. Diesen Ansprüchen wurde diese Konzertreise gerecht. Verdienter, langer Applaus.

Mit vielen wundervollen Erinnerungen im Gepäck nahm der Chor bei fast 25 Grad und Sonnenschein Abschied von der Insel und landete bei Minus 9 Grad in Bremen. Ein Grund mehr für die Sängerinnen und Sänger zu sagen, „das war zwar die erste Konzertreise, aber gewiss nicht die letzte“.