Der Rangstreit zu Goslar – Mord und Totschlag beim Gottesdienst

Von Josef Wilhelm Knoke

Man spricht heutzutage wieder von einer Renaissance der Etikette, also eines Kanons an Verhaltensformen, die man unter zivilisierten Menschen voneinander erwarten darf als Ausdruck von Respekt und Wertschätzung. Dies kommt unter anderem auch in der Sitzordnung zum Ausdruck, die bei festlichen Anlässen vom Gastgeber vorgegeben wird. In Politik und Diplomatie waren Fragen der Sitzordnung von jeher eine Angelegenheit, auf die der Protokollchef, zum Beispiel bei Staatsbanketten, viel Gedanken verwendete, um keine Verstimmungen hochgestellter Gäste hervorzurufen. Heutzutage würde es aber kaum jemand einfallen eine Sitzordnung, die seiner Meinung nach nicht der ihm gebührenden Position Rechnung trägt, öffentlich zu reklamieren, und einen besseren Platz auf Kosten anderer zu fordern. Continue reading „Der Rangstreit zu Goslar – Mord und Totschlag beim Gottesdienst“

Fliegender Möbelwagen: Ju 52/1m

Von Dr. Manuel Ruoff

Vor 80 Jahren wurde die Ju 52/1m der Öffentlichkeit vorgestellt

Wohl vielen ist die alte „Tante Ju“ ein Begriff, hingegen werden vergleichsweise wenige deren schwächere, ältere Schwester kennen, den „Fliegenden Möbelwagen“. Wohl vielen ist der Flugzeugbauer Junkers ein Begriff, hingegen werden vergleichsweise wenige den Luftfahrtunternehmer Junkers kennen.

Dabei hatte sich Professor Hugo Junkers‘ „Junkers-Luftverkehrs AG“, wie der „Aero-Lloyd“, bis zur Mitte der 20er Jahre zu einem großen Luftverkehrsunternehmen entwickelt. Der Personenluftverkehr hing jedoch am staatlichen Subventionstropf und der Staat wünschte eine Konzentration der Kräfte. So setzte das Deutsche Reich eine Fusion der beiden deutschen Unternehmen durch. 1926 entstand die „Deutsche Lufthansa“ als einzige deutsche staatlich subventionierte Luftverkehrsgesellschaft.

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Schlacht, Krieg und Zukunft verloren

Von Dr. Manuel Ruoff

Vor 600 Jahren erlitt der Deutsche Orden bei Tannenberg seine folgenschwerste Niederlage

Am 15. Juli 1410 unterlagen die Ritter des Deutschen Ordens ihrem polnisch-litauischen Gegner in der kriegsentscheidenden Schlacht bei Tannenberg. Im anschließenden Ersten Thorner Frieden wurden dem Verlierer Kontributionen auferlegt, die mit den Kosten und Zerstörungen des Kriegs den Anfang vom Ende des Deutschordensstaates einläuteten.

Der Deutschordensstaat erhielt seinen menschlichen Nachschub primär aus dem Westen, aus dem Reich. Das gilt für die Siedler, aber auch für die Führungskräfte des Ordens. Diese Bindung an das Reich ließ den Orden eine Landverbindung zum Reich suchen. Damit geriet er in einen Interessenskonflikt mit Polen, das einen Zugang zur Ostsee erstrebte. Wer denkt da nicht an die deutsch-polnische „Korridor“-Problematik zwischen den beiden Weltkriegen?

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Namensgeber eines Seeweges: Adolf Cornelius Piening

Von Dr. Mauel Ruoff

Deutsche U-Boot-Besatzungen, die mit ihren Booten nach der Feindfahrt im Atlantik zu ihren Basen in St. Nazaire und Lorient zurückkehren wollten, nutzten ab 1943 die Piening-Route. Dieser Seeweg führte, beginnend in Höhe der portugiesisch-spanischen Grenze, erst an der spanischen und anschließend an der französischen Atlantikküste entlang. Der Weg war zwar lang, ersparte den Deutschen aber die Durchquerung der von Feindfliegern verseuchten Biskaya. Benannt ist die Route nach Adolf Cornelius Piening. Nach vorausgegangenen Einsätzen auf Überwassereinheiten kam dieser 1940 zur U-Boot-Waffe, wo er im darauffolgenden Jahr das Kommando über U 155 übernahm. Mit ihm versenkte er 1942 den britischen Geleitträger „Avenger“ und war auch ansonsten erfolgreich. 1944 übernahm er das Kommando über die 7. Flottille. 1956 wurde er in die Bundesmarine übernommen. Vor 100 Jahren, am 16. September 1910, kam Piening in Süderende auf der nordfriesischen Insel Föhr zur Welt. Am 15. Mai 1984 starb er in Kiel.

An der Schwelle zum Krieg mit Spanien

Vor 125 Jahren eskalierte der Streit zwischen Berlin und Madrid um die Karolinen – Päpstliche Vermittlung als Ausweg

Von Dr. Manuel Ruoff

Im Jahre 1885 standen Spanien und das Deutsche Reich für kurze Zeit am Rande eines Krieges. Anlass des Konflikts der an sich befreundeten Länder waren eher drittrangige Interessen an einer pazifischen Inselgruppe. Die Art und Weise, wie Bismarck diesen Konflikt handhabte, zeigt anschaulich das meisterliche Geschick des Reichskanzlers bei der Wahrnehmung deutscher Interessen.

Bismarck vertrat den Grundsatz, dass Leistungen Gegenleistungen gegenüberstehen sollten. Es weckte deshalb seinen Widerstand, wenn europäische Nachbarn auf anderen Kontinenten Eigentumsansprüche auf Gebiete erhoben, in denen sie gar nicht präsent waren, und dann deutsche Unternehmen, die dort präsent waren, behinderten oder abzukassieren versuchten. Von dieser Einstellung ist seine Politik auf der Berliner Kongokonferenz von 1884/85 geprägt, wo es ihm gelang, die sogenannte effektive Besetzung als Voraussetzung für die Legitimität und Anerkennung von Ansprüchen durchzusetzen. Continue reading „An der Schwelle zum Krieg mit Spanien“

Erbkaisertum und Demokratie

Von Dr. Manuel Ruoff

Heinrich Simon
Heinrich Simon

Der Publizist August Heinrich Simon organisierte eine Mehrheit im Paulskirchenparlament für die Hohenzollernmonarchie

Brüsk hat König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen die ihm von der Frankfurter Nationalversammlung angetragene deutsche Kaiserkrone abgewiesen. Sicherlich hätte er den ihm angebotenen deutschen Kaisertitel international schwerlich durchsetzen können. Dennoch nützte die Entscheidung des Paulskirchenparlaments für ein Erbkaisertum der Hohenzollern dem preußischen Herrscherhaus. Denn sie trug ein Stück weit zur demokratischen Legitimierung der späteren kleindeutschen Lösung der deutschen Frage mit der nachfolgenden Herrschaft von Friedrich Wilhelms Bruder, Neffen und Großneffen bei und damit auch zu deren Stabilisierung. Insofern hat sich der Jurist und Publizist August Heinrich Simon um das Herrscherhaus Preußens verdient gemacht, als er das Erbkaisertum der Hohenzollern in der Paulskirche mehrheitsfähig gemacht hat. Dieses Verdienst spiegelt seine Behandlung durch das Königreich Preußen allerdings nicht wider. Continue reading „Erbkaisertum und Demokratie“

Schlacht, Krieg und Zukunft verloren

Von Dr. Manuel Ruoff

Vor 600 Jahren erlitt der Deutsche Orden bei Tannenberg seine folgenschwerste Niederlage

Am 15. Juli 1410 unterlagen die Ritter des Deutschen Ordens ihrem polnisch-litauischen Gegner in der kriegsentscheidenden Schlacht bei Tannenberg. Im anschließenden Ersten Thorner Frieden wurden dem Verlierer Kontributionen auferlegt, die mit den Kosten und Zerstörungen des Kriegs den Anfang vom Ende des Deutschordensstaates einläuteten.

Der Deutschordensstaat erhielt seinen menschlichen Nachschub primär aus dem Westen, aus dem Reich. Das gilt für die Siedler, aber auch für die Führungskräfte des Ordens. Diese Bindung an das Reich ließ den Orden eine Landverbindung zum Reich suchen. Damit geriet er in einen Interessenskonflikt mit Polen, das einen Zugang zur Ostsee erstrebte. Wer denkt da nicht an die deutsch-polnische „Korridor“-Problematik zwischen den beiden Weltkriegen?

Doch anders als das Ostpreußen der Zwischenkriegszeit hatte der Deutschordensstaat das Problem der Verbindung nicht nur in Richtung Westen. Ab 1237 war der Deutsche Orden nämlich mit dem Schwertbrüderorden in Livland vereinigt und strebte deshalb nach einer Landverbindung mit Livland. Dieses Streben konkurrierte nun wieder mit dem Interesse Litauens an einem Ostseezugang. Continue reading „Schlacht, Krieg und Zukunft verloren“

Die Gründung der UDSSR – ein Blick in die Historie

Von Josef Wilhelm Knoke

Uns allen ist noch das Ende der UdSSR in Erinnerung. Es begann mit dem Begriff Glasnost und der Politik der Perestroika. Unter diesen Begriffen leitete Gorbatschow ab 1985 einen Reformprozess ein, der in Folge zu einer quasi-revolutionären Situation führte. Im Verlauf des Jahres 1991 nahm die Krise ein immer größeres Ausmaß an: die Versorgungslage mit Grundnahrungsmitteln wurde katastrophal, in der Wirtschaft und vor allem in den Kohlerevieren brach eine große Streikwelle aus. Die staatliche Gewalt brach zusammen, die Nationalitätenkonflikte im Kaukasus mündeten in einen offenen Krieg. In vielen Unionsrepubliken formierten sich politische Kräfte, die die Loslösung von der Moskauer Zentrale anstrebten. Continue reading „Die Gründung der UDSSR – ein Blick in die Historie“

Speer – eine Biographie

Versucht man, das Deutschland zwischen 1933 und 1945 zu verstehen, gerät das leicht zu einem kaum zu bewältigenden Unterfangen. Selbst 65 Jahre nach Ende der unseligen Nazizeit sind zwar die Basisfakten aufgearbeitet, dennoch bleiben nach der Lektüre jedes Buches über das 3. Reich Fragen offen. Joachim Fest hat mit seinem Buch Speer, erstmals erschienen 1999, einen wichtigen Mosaikstein zum Gesamtverständnis geliefert.

Albert Speer, der Architekt Hitlers und Planer seiner gigantomanischen Bauten, später als Rüstungsminister in politischer Verantwortung, passt so überhaupt nicht in die Einheitsgarde der Vasallen des Diktators. Eher zufällig nach der Machtergreifung 1933 in den Bannkreis Hitlers geraten, avancierte er – auch durch eigene Zielstrebigkeit und Erfolgshunger – sehr bald zu einem der engsten persönlichen Vertrauten des sonst scheinbar zu keinerlei persönlichen Beziehungen befähigten Hitler. Continue reading „Speer – eine Biographie“

Kartelle – eine historische Betrachtung aus gegebener Veranlassung

Von Josef- Wilhelm Knoke

„Deutsche Beamte verschärfen Jagd auf Kartelle“, so die Schlagzeile im Wirtschaftsteil der Welt am 15.06.2010. “Kartelle sind grundsätzlich schädlich, weil sie den freien Wettbewerb behindern“ lautete der erste Satz eines Leitartikels der Rheinischen Post vom 25.07.2008 mit dem Titel „Kartelle schaden“. Beide Beispiele reflektieren die negative Konnotation des Begriffs Kartell in der Gegenwart. Die Gründe dafür liegen in unserer heutigen nationalen wie auch europäischen Gesetzgebung und spektakulären Verstößen dagegen.

Beispiele für Verstöße aus jüngster Vergangenheit:
– 2010: Kaffee-Kartell (Bußgeld 160 Mio. €), Brillenglas-Kartell (Bußgeld 115 Mio. €) Continue reading „Kartelle – eine historische Betrachtung aus gegebener Veranlassung“

Brandloch an der Elbe

Gedanken zur Bücherverbrennung am historischen Ort

Vortrag von Dr. Reimer Eilers, VS Vorsitzender Hamburg, aus Anlass der Gedenkveranstaltung 2010 von Hamburger Autorenvereinigung und VS Verband der Schriftsteller zur Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933

Der 15. Mai 1933 war in Hamburg ein für die Jahreszeit zu kühler Tag. Trotzdem versammelte sich am späteren Abend eine etwa tausendköpfige Menge erwartungsvoll auf den Wiesen des Kaiser-Friedrich-Ufers. Denn wie formulierte der Reporter des „Hamburger Anzeigers“ am nächsten Tag unnachahmlich zum Anlass: „Feuer zieht die Menschen an. Ob es ein Schadenfeuer ist, ein Freudenfeuer oder ein solches, wie es die Studenten Hamburgs gestern Abend am Kaiser-Friedrich-Ufer veranstalteten.“

So begann der Frühling der Nationalsozialisten: Allerorten brannten im Deutschen Reich am 1o. Mai des Jahres dreiunddreißig die Scheiterhaufen mit den Büchern deutscher Schriftsteller. Hamburg machte eine bloß scheinbare Ausnahme: Hier fand die Bücherverbrennung einige Tage später, am 15. Mai, eine Stunde vor Mitternacht statt. Das Feuer am Kaiser-Friedrich-Ufer, übermannshoch, zog seine Nahrung aus über zweitausend Büchern. Und die Studenten, von denen im „Hamburger Anzeiger“ pauschal die Rede war, stellten sich als Mitglieder des Stahlhelms, der Burschenschaften und des SA-Sturms 6/76 dar. Continue reading „Brandloch an der Elbe“

81 Jahre lang Soldat

Der gebürtige Stettiner »Papa Wrangel« war ein Original

WP_Friedrich_von_WrangelVon Manuel Ruoff
Im Gegensatz etwa zu seinem Landsmann und Zeitgenossen Helmuth von Moltke war Fried­rich von Wrangel weniger ein intellektueller Stratege als ein schneidiger Frontoffizier mit kernigem Berliner Humor. In seinen späten Jahren wurde er sogar als „Papa Wrangel“ zum Original. Man sollte ihn jedoch nicht unterschätzen. So werden ihm Schlauheit, Verschlagenheit und schauspielerisches Talent nachgesagt. Der Verdacht liegt nahe, daß er durchaus bewußt an seinem Image des „Papa Wrangel“ gearbeitet hat, um die Akzeptanz seines militärischen Eingreifens in die 48er Revolution zu erhöhen. Andererseits setzte er sich mit seiner Volkstümlichkeit, zu der auch ein grammatikalisch schiefes Deutsch gehörte, dem Vorwurf aus, sich nicht immer standesgemäß verhalten zu haben. Schließlich war der Generalfeldmarschall zeitweise der ranghöchste Angehörige des preußischen Heeres nach dem König. Continue reading „81 Jahre lang Soldat“

Der Beginn der Ära Castro

Vor 50 Jahren schuf die kubanische Revolution die heutigen Machtverhältnisse auf der Zuckerrohrinsel

Von Manuel Ruoff

Fidel_Castro_-_MATS_Terminal_WashingtonAm nachrevolutionären Kuba scheiden sich die Geister. Für die einen machte der Wechsel von Fulgencio Batista zu Fidel Castro aus einem Land der freien Welt einen Ostblockstaat, für die anderen war die Revolution eine Befreiung von US-Imperialismus und Korruption. Die einen verweisen auf bis zu 60000 Opfer der Castro-Herrschaft, die anderen auf ein vergleichweise starkes Bildungs- und Gesundheitssystem. Eine Zäsur war die kubanische Revolution vor 50 Jahren es auf jeden Fall.

Am 10. März 1952 putschte sich der Offizier und Politiker Fulgencio Batista mit Hilfe des Militärs auf Kuba an die Macht, nachdem sich abgezeichnet hatte, daß er die für jenes Jahr angesetzte Wahl verlieren würde. Zwei Tage später wagte es der Rechtsanwalt Fidel Castro, den erfolgreichen Putschisten wegen Verfassungsbruchs zu verklagen. Das Oberste Gericht des Landes wies die Klage jedoch mit der Begründung ab, die „Revolution“, gemeint ist der Militärputsch, habe als Quelle des Gesetzes zu gelten. Da General Fulgencio Batista durch revolutionäre Mittel Präsident geworden sei, könne er nicht als verfassungswidriger Präsident hingestellt werden. Continue reading „Der Beginn der Ära Castro“

Bonnie und Clyde

Clyde C. BarrowVon Manuel Ruoff

Vor 100 Jahren, am 24. März 1909, kam der männliche Teil des berühmten Verbrecherpaares Bonnie und Clyde in Telico bei Dallas zur Welt. Clyde Chestnut Barrow entstammte einer kinderreichen armen Landarbeiterfamilie. Schon als Minderjähriger wurde er kriminell, 1926 wurde er wegen Autodiebstahls erstmals verhaftet. Weitere Verbrechen und Verhaftungen folgten. Dabei blieb er seiner texanischen Heimatregion treu.
1930 stieß er in Oak Cliff auf die Liebe seines Lebens, die ein­ein­halb Jahre jüngere Bonnie Eli­za­beth Parker. Die beiden wurden ein Paar. Bereits zwei Monate später wurde Barrow verhaftet. Dank einer von ihr eingeschmuggelten Waffe gelang ihm zwar ein Ausbruch, doch wurde er schon eine Woche später wieder gefaßt.
Im Jahre 1932 entließ ihn das Gefängnis von Crockett in Texas auf Bewährung. Es folgten zwei Jahre voller Raubüberfälle von Bonnie und Clyde. Dabei gingen sie über Leichen. Neun tote Polizisten säumten ihren Weg. Ihr Ende war ein Hinterhalt der Polizei, in den sie mit ihrem Ford gerieten. Am 23. Mai 1934 durchsiebten am Straßenrand wartende Polizeibeamte mit automatischen Waffen ihren vorbeifahrenden Wagen. Das Paar starb im Kugelhagel.

Ein linker Rechtsliberaler

WP_Eduard_LaskerVon Manuel Ruoff

Eduard Lasker kennzeichnete als linker Nationalliberaler ein sehr ambivalentes Verhältnis zu Otto von Bismarck, der ihn in seinen Memoiren als „ehrlichen Gegner“ bezeichnet hat.
Jizchak Lasker, der schon als Gymnasiast seinen Vornamen in Eduard änderte, kam am 14. Ok­tober 1829 als Sohn eines Nagelfabrikanten und dessen Ehefrau in Jarotschin in der Provinz Posen zur Welt. Nach dem Abitur und einem Jurastudium verdiente er seinen Lebensunterhalt mehr schlecht als recht als Syndikus des Berliner Pfandbriefinstituts.
1867 wurde der Liberale ins preußische Abgeordnetenhaus gewählt. Kurz danach hatte das Parlament über die nachträgliche Legalisierung von Bis­marcks umstrittenem Vorgehen beim preußischen Heereskonflikt zu entscheiden. Lasker entschied sich mit dem rechten Flügel der Fortschrittspartei für Bismarck und dessen Indemnitätsvorlage und gehörte mit anderen Rechtsliberalen zu den Gründern der Nationalliberalen Partei, in der er die Führung des linken Flügels übernahm. Als Bismarck mit seinem Rechtsschwenk von 1878 die Nationalliberale Partei einer schweren Belastungsprobe aussetzte, entschied Lasker sich gegen Bismarck. Mit anderen Linksnationalliberalen gründete er die Liberale Vereinigung, deren Führung er übernahm.
1875 erkrankte Lasker schwer. Da er sich nicht schonte, folgte 1883 ein völliger gesundheitlicher Zusammenbruch. Vor 125 Jahren, am 5. Januar 1884, starb der linke Rechtsliberale, dem die Fortschrittspartei zu bismarckkritisch und die Nationalliberale Partei schließlich zu bismarckunkritisch war.

Elsaß-Lothringens erster Statthalter

Vor 200 Jahren wurde der preußische Generalfeldmarschall Edwin Freiherr von Manteuffel geboren

Von Manuel Ruoff

Andere Generalfeldmarschälle haben als Truppenführer oder in Stäben die Karriereleiter erklommen, Edwin Freiherr von Manteuffel tat es als Adjutant.
Nicht etwa in Preußen, sondern in Sachsens Hauptstadt Dresden wurde der spätere preußische Generalfeldmarschall Edwin von Manteuffel am 24. Februar 1809 geboren. Sein Vater Hans Freiherr von Manteuffel war ursprünglich sächsischer Beamter. Bei der Geburt des Sohnes war der Vater Geheimer Refendarius in der sächsischen Staatsregierung. Später wurde dieser dann Präsident der Regierung der Niederlausitz. Und als die Niederlausitz als Folge des langen Festhaltens des sächsischen Königs am Bündnis mit Napoleon auf dem Wiener Kongreß von 1814/15 zusammen mit der späteren Provinz Sachsen an Preußen fiel, wechselte Manteuffel in den preußischen Staatsdienst. Somit wurde Edwin von Manteuffel zum Preußen. General_von_Manteuffel
Wie der Vater entschied auch er sich für den Staatsdienst, allerdings in Uniform. Manteuffel war wissenschaftlich interessiert. So besuchte er nicht nur die allgemeine Kriegsschule, die spätere Kriegsakademie, sondern später auch die Berliner Universität, wo er sich mit dem Historiker Leopold von Ranke anfreundete. Zudem werden Manteuffel neben diplomatischem Geschick gewinnende Formen nachgesagt. Dafür spricht, daß er während seiner Karriere immer wieder höheren Stellen angenehm auffiel und von diesen gerne als Adjudant eingesetzt wurde. Continue reading „Elsaß-Lothringens erster Statthalter“

Er führte das Feldgrau ein

Vor 75 Jahren starb Karl von Einem, der sich als Kriegsminister gegen mehr Soldaten wehrte

Von Manuel Ruoff

Karl von Einem lehnte als preußischer Kriegsminister eine Heeresvermehrung ab, wurde hierfür seitens der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichtsschreibung kritisiert und setzte gegen den Widerstand seines Kaisers und Königs die Grundsatzentscheidung für Feldgrau statt Preußischblau als Uniformfarbe der preußischen Armee durch.
EinemGBWKarl Wilhelm George August Gottfried von Einem entstammte einer hannoverschen Offiziersfamilie. Sein Vater, George August von Einem, war Rittmeister und dessen Vater Oberstleutnant. Und sein anderer Großvater, der Vater seiner Mutter Julie, war Kapitän. Am 1. Januar 1853 kam Karl von Einem im damals noch hannoverschen Herzberg am Harz zur Welt. Nach dem Besuch von Gymnasien in Celle und Hildesheim ergriff er den Beruf seiner Väter, allerdings als Folge des Deutschen Krieges von 1866, der seine Heimat preußisch werden ließ, auf preußischer Seite. Erst in Bensberg und dann in Berlin genoß er eine Kadettenausbildung. 1870 wurde er Angehöriger des Ulanenregiments Nr. 14. Während des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/1871 wurde er zum Offizier befördert. Es folgte eine Karriere als Adjutant. Von 1873 bis 1876 war er Regimentsadjutant in Verden an der Aller. Dem schloß sich eine Tätigkeit als Adjutant bei der 8. Kavalleriebrigade in Erfurt an. Über die Adjutantur kam er 1880 ohne Besuch der Kriegsakademie in den Generalstab. Continue reading „Er führte das Feldgrau ein“

»Erich, es geht nicht mehr. Du mußt gehen«

Vor zehn Jahren starb mit dem »roten Preußen« Willi Stoph der erste, der im SED-Politbüro Honeckers Rücktritt forderte

Von Manuel Ruoff

Als „roter Preuße“ ist der langjährige Minister- und Staatsratsvorsitzende der DDR bezeichnet worden. Böse Zungen mögen meinen, diese Bezeichnung sage mehr aus über das (negative) Preußenverständnis desjenigen, der sie verwendet, als über den Parteisoldaten, den sie charakterisieren soll. Fakt ist, daß das langjährige Mitglied von KPD und SED ein gebürtiger Preuße ist.
Willi Stoph
Am 9. Juli 1914 kam der Sproß einer Arbeiterfamilie in Berlin zur Welt. Dem Besuch der Volksschule folgten eine Maurerlehre und später ein Fernstudium der Bautechnik. Nachdem er vorher schon dem Kommunistischen Jugendverband Deutschland (KJVD) angehört hatte, trat er 1931 in die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) ein.
Im Gegensatz zu vielen anderen Größen der DDR emigrierte er jedoch nicht, als 1933 die Nationalsozialisten in Deutschland an die Regierung kamen. Er kam von 1935 bis 1937 seiner Wehrpflicht bei einem Artillerieregiment in Brandenburg an der Havel nach und nahm nach einer kurzen Tätigkeit als Bautechniker in einem Architekturbüro ab 1940 als Wehrmachtssoldat am Zweiten Weltkrieg teil. Kurz vor Kriegsende geriet er in die Gefangenschaft der Sowjets, konnte jedoch bereits im Juli 1945 aus deren Lager Deutsch Eylau fliehen und sich nach Berlin durchschlagen, in dessen von den Kommunisten kontrollierten Teil er nun Karriere machte. Continue reading „»Erich, es geht nicht mehr. Du mußt gehen«“