Hommage an den Freund und Kollegen Hans-Peter Kurr

Von Michael Buschow und Gilla Schmitz
Foto:  Jürgen Heck 

Hans-Peter Kurr
Hans-Peter Kurr

Nein, dies soll kein Nachruf sein oder gar eine Wiederholung von all dem Beruflich-Künstlerischen, was in WIKIPEDIA oder wo auch immer geschrieben steht, denn das Theaterschaffen von Hans-Peter Kurr ist nun wirklich hinlänglich bekannt.

Wir erinnern uns einfach an einen guten Freund und kollegialen Mitmenschen, der unermüdlich für seine jungen Nachwuchsschauspieler (die er „meine Kinder“ nannte) Türen öffnete und Kontakte herstellte. Der Talente entdeckte und mit seinen Mitteln förderte, aber auch als gestrenger Lehrer Leistung von ihnen forderte. Continue reading „Hommage an den Freund und Kollegen Hans-Peter Kurr“

Spiegeleier für Helgoland

Von Michael Buschow
Hochseegängige Kunst-Ausstellung der Künstlergruppe „Norderelbe trifft Süderelbe“ auf der Cap-San-Diego

Die Cap San Diego vor Anker in Cuxhaven
Die Cap San Diego vor Anker in Cuxhaven

„Kiek mol, wat schall dat sien“ murmelt ein alter Seebär mit blauer Schippermütze ungläubig in seinen – natürlich – grauen Bart, „ Kunst op´m Damper“? Wie so viele Schaulustige hat er sich auf der Cuxhavener Überseebrücke eingefunden, um den „Weißen Schwan des Südatlantiks“, das Museumsschiff Cap-San-Diego zu betrachten, das eben festgemacht hat. An Deck hängt ein riesiges Plakat, das zur Besichtigung der Kunstausstellung „Mitten im Strom“ der Hamburger Künstlergruppe „Norderelbe trifft Süderelbe“ einlädt. Continue reading „Spiegeleier für Helgoland“

1984 – Ein Alptraum

Von Michael Buschow

Pavel Kohouts reale Fiktion nach George Orwell im Hamburger Sprechwerk

Vor ausverkauftem Haus wurde im Theater Sprechwerk ein bedrückendes Stück gegeben. 1984 – Ein Alptraum, in der Fassung Kohouts nach Orwell und mehr muß man über den Inhalt auch nicht mehr sagen, denn wahrscheinlich jeder der letzten zwei Generationen hat dieses Ur-Buch der diktatorisch-technischen Überwachungsfiktion mindestens einmal in der Schule gelesen und interpretiert.

Bei solch einem Magengruben-mulmigen Inhalt erwartete wohl kaum ein Theaterbesucher lockere Unterhaltung (obwohl hin und wieder aus den Zuschauerreihen, zumindest anfangs, ein unerklärlicher Lacher zu hören war = 2 Ungut Punkte). Continue reading „1984 – Ein Alptraum“

Pampa Blues

Von Michael Buschow

Eine Provinzposse am Altonaer Theater

Pampa Blues
Pampa Blues

Eigentlich ist es ganz einfach: Man nehme ein x-beliebiges Kuhkaff  und dessen Bewohner, stricke eine Lovestory drum herum und garniere es mit etwas Kriminaltango: Fertig ist… – nein, nicht schon wieder Büttenwarder !

Dieses fiktive verschlafene Nest heißt in diesem Fall Wingroden und liegt ebenfalls auf dem platten, einsamen Land im Nirgendwo. (Das nächste Kino zum Beispiel ist zwei Autostunden weit entfernt)

Die mehr oder weniger selbstredend tumben Bauern ( Willi=Georg Münzel, Kurt=Matthias Wiebalck, Otto=Jacques Ullrich) des Ortes werden durch den deutlich plietscheren und weltgereisten Kneipenwirt Maslow (Frank Roder), dem auch die Tankstelle und das einzige Continue reading „Pampa Blues“

Welche Droge passt zu mir?

Von Michael Buschow

Bunte Pillen – weißes Pulver. Eine Endlösung.

Ines Nieri
Ines Nieri

Zugegebenermaßen haben viele Menschen wie ich selbst auch ein Problem mit „Ein-Personen-Stücken“ auf dramaturgisch bedingt ausstattungslosen Bühnen. Endlose Monologe des/der Vortragenden denen man als Zuhörer kaum folgen kann, mühsam höfliche Aufmerksamkeit vorspielt und im schlimmsten Falle hin und wieder auf die Uhr schielt.

Bei Kai Hensels Stück  „Welche Droge passt zu mir“ im Monsun Theater Hamburg erlebte man unter der Regie von Hans-Peter Kurr allerdings eine junge Schauspielerin, die der Aufmerksamkeit des Publikums von der ersten bis zur letzten Minute sicher sein konnte.

Ines Nieri schaffte es tatsächlich, durchgängig und ganz alleine die Reihen zu begeistern – nein – zu bewegen!

Der Stoff des Schauspiels besteht aus der eigentlich simplen Geschichte der jungen Mutter Hanna, die mit fürsorglichem Ehemann und flötenbegabtem Söhnchen in einem hübschen anbezahlten Jugendstilhäuschen ein kleines bürgerliches Leben führt. Continue reading „Welche Droge passt zu mir?“

„DIE ZOFEN“ von Jean Genet

Von Michael Buschow

Premiere  eines anspruchsvollen Stückes im Hamburger Sprechwerk

...
Die Zofen

Nein, ein Krimi ist es keinesfalls und auch kein locker unterhaltsames Drei-Personen-Zimmertheater.

Ganz im Gegenteil!

Zwar stützt sich die Handlung im Kern auf einen sich tatsächlich so ähnlich ereigneten Mordfall im Frankreich der dreissiger Jahre – aber das war es dann auch schon mit den annähernden Gemeinsamkeiten.

Der Autor Jean Genet (1910-1986) selbst, einerseits Krimineller andererseits introvertierter Künstler und befreundet mit Sartre, Picasso und Cocteau hat seinerzeit  mit „DIE ZOFEN“ ein krudes Spiel über Liebe, Hass und Klassengesellschaft entworfen, das Gabriele Weng nun in Hamburg inszeniert hat.

Die an Sadomasochismus grenzenden und immer wiederkehrenden devotistischen Rollenspielchen der Schwestern/ Zofen Claire (Doris Maria Kaiser) Continue reading „„DIE ZOFEN“ von Jean Genet“

Sagt Nein!

Von Michael Buschow

Ewig aktuelle Geschichten über menschliche Beziehungen bis hin zu Lüge, Gewalt, Krieg und Emigration

Sag Nein!
Sag Nein!

Ein NEIN zur Gewalt welcher Art auch immer – am Monsun Theater Hamburg, von Hans-Peter Kurr.

Querbeet durch die Äonen inszenierte Kurr eine Folge von Momentaufnahmen des Lebens mit dem Ergebnis, daß sich in den menschlichen Beziehungen nichts, aber auch gar nichts geändert hat. Die zwischenmenschlichen Probleme sind die alten geblieben, ob vor zweitausend Jahren, vor siebzig oder eben heutzutage.

Herausragend in „Der Abschied“ in dem Luise K. Herzberg von Rauch die jüdische Ehefrau des arischen Arztes Fritz (Ulrich Allroggen) in Deutschlands dunkler Zeit spielt, die sich telefonisch in dem Wissen, nie wieder zurück zu kehren, von ihren Freunden verabschiedet. Aber schließlich auch persönlich von ihrem Mann, der sich nur in verbale Plattitüden flüchtet ohne wirklich zu seiner Frau zu stehen. Ihre Darstellung der Judith von Hebron ist beeindruckend und geht ans Rückenmark. Continue reading „Sagt Nein!“

„Der Scarabäus und das Roß des Pharaos“

Von Michael Buschow

Skarabäus nach Hans-Christian Andersen
Scarabäus, nach Hans-Christian Andersen

Mistkäfer, Mumie, Schweizer Frosch & Co.

Das sind nur einige der „Zutaten“ in H.P. Kurrs Inszenierung „Der Scarabäus und das Roß des Pharaos“ am Monsun Theater Hamburg.

Die nette Geschichte „Der Mistkäfer“ von Hans Christian Andersen ist uns wohlbekannt – Ein Mistkäfer aus des Königs Pferdestall hadert mit dem Schicksal weil er nicht auch wie das imperiale Roß goldene Hufbeschläge erhalten hat.

Diese gerne für Kinder aufgeführte Geschichte auf die Bühne zu bringen ist an sich nichts Besonderes.

Aber Kurr wäre nicht Kurr, würde er es „einfach so“ inszenieren. Continue reading „„Der Scarabäus und das Roß des Pharaos““

Neuigkeiten aus dem St.Pauli Museum…

Von Michael Buschow

…und von TICOs rattenscharfem Orchester

Kiez Museum
Kiez Museum

Die Legende von St.Pauli, Reeperbahn und Co. lebt weiter und mit ihr das ungewöhnliche Kiez-Museum in der Davidstraße 17 hinter der Polizeiwache.

Das ursprünglich von dem bekannten Photographen Günter Zint gegründete, später durch einen Verein von Kiez Enthusiasten geführte Museum war in der jüngsten Vergangenheit in Schieflage geraten.

Was Wunder an einem Ort, wo die stundenweise Vermietung auch nur eines Zimmerchens mehr Kohle bringt, als die Museums-Eintrittsgelder eines halben Tages.

Selbst eine Pommesbude an dieser Stelle hätte mehr „abgeworfen“!

Kommerz contra Kultur – das alte leidige Thema. Continue reading „Neuigkeiten aus dem St.Pauli Museum…“

„Ein Winter unter´m Tisch“ im Hamburger Sprechwerk

Von Michael Buschow

Unterm Tisch
Unterm Tisch

 Theater lebt von jungen Talenten

Da sitzt man dann (wieder einmal) im Theater – in diesem Fall im Hamburger Sprechwerk und wartet auf das, was da kommen wird. Wie könnte es in einem von einem Franzosen (Roland Topor) geschriebenen Stück anders sein – es geht selbstverständlich um die Liebe.

Die Handlung:

Ein gewisser Dragomir (zeitweise arbeitsloser Automechaniker), der sich in Paris mehr schlecht als recht durchschlägt, zieht bei der (blonden) Übersetzerin Florence Michalon ein – und zwar als Continue reading „„Ein Winter unter´m Tisch“ im Hamburger Sprechwerk“

ESSO-Häuser und die Außerirdischen

Von Michael Buschow

Festgehalten
Festgehalten

Tabularasa auf St.Pauli

Da steht sie nun an ihrer Staffelei vor der Kneipe „Das Herz von St.Pauli“ und dokumentiert etwas mit Pinsel, Farbe und Leinwand, das es bald nicht mehr geben wird. Die Malerin Gilla Schmitz arbeitet an ihrem Projekt  „Hamburger Eingänge“, einer bildlichen Dokumentation über Häuserfronten und typische Eingangsbereiche der Hansestadt, die durch den urbanen Kahlschlag bedroht sind. Und sie muß sich beeilen, denn  Abrissbirnen und Bagger sind im Anmarsch. Continue reading „ESSO-Häuser und die Außerirdischen“

Traditionsschiffe vor dem Aus?

Von Michael Buschow

„Weg mit dem Dreck“ – Traditionsschiffe vor dem AUS

SOS

 Hamburger Hafengeburtstag, Kieler und Travemünder Woche, Hanse-Sail Rostock, Sail Bremerhaven, Matjestage in Emden oder Glückstadt, Hafenfeste in Lübeck, Wismar, Stralsund, Eckernförde und viele andere maritime Veranstaltungen an der Küste bald  o h n e  Traditionsschiffe? Keine Gaffelsegel tragenden Masten, keine dampfenden Schornsteine mehr ? Die historischen Schoner, Kutter, Tjalken, Ewer, Barkassen, Dampfschlepper und all die anderen alten, nostalgischen Schiffe, die unsere Küsten und Flüsse so wunderbar bunt machen, sollen verschwinden.

Schwer vorstellbar, aber vielleicht demnächst Wirklichkeit. Continue reading „Traditionsschiffe vor dem Aus?“

Vor 55 Jahren sank das Segelschulschiff „PAMIR“

 Von Michael Buschow

 Erinnerung an eine Tragödie zur See

Die Pamir

Am 21.September 1957 versank das frachttragende Segelschulschiff „PAMIR“ ungefähr 600 Seemeilen westlich der Azoren im Zentrum des Hurrikans „Carrie“ in den Fluten des Atlantiks. 80 Mann der Besatzung fanden dabei den Tod, nur 6 überlebten.

Bis heute reißen die Diskussionen über die möglichen Ursachen des tragischen Untergangs nicht ab und ich will mich an dieser Stelle auch nicht daran beteiligen. Erinnern wir uns vielmehr an die vielen ums Leben gekommenen Seeleute, unter denen neben den altbefahrenen Männern der Stammbesatzung, wie zum Beispiel dem erfahrenen Kapitän Diebitsch so viele junge, hoffnungsvolle Menschen waren. Continue reading „Vor 55 Jahren sank das Segelschulschiff „PAMIR““

Hungrig in Berlin

Von Michael Buschow               

Das Restaurant „Marinehaus“

Freitag  Abend im September 2012, 22.15 Uhr, in der Bundeshauptstadt  im Bezirk Mitte – Märkisches Ufer – Im Herzen von Berlin:

Nach dem Theaterbesuch wollen  Freunde  uns Nordlichtern etwas Gutes tun. Alle haben Hunger und es gibt einen Geheimtipp direkt in der Nähe: Das Traditions-Restaurant „Marinehaus“ am Märkischen Ufer 48-50, direkt vis á vis der alten Museumsschiffe und der Schleuse. Toll!

„Zu DDR Zeiten konntest du nur mit Beziehungen reinkommen  und wenn du West-Mark  hattest“, erklärte Freund Jörg, „immer rappelvoll der Laden und die Schnitzel sind Legende“. Continue reading „Hungrig in Berlin“

Sommer- Eisbrecher „STETTIN“

Von Michael Buschow

Nostalgie unter Dampf

Die Stettin

Kühle Getränke und Snacks an Oberdeck, Passagiere, die die frische Seeluft genießen – Travemünde, Kieler Woche, Ostsee und Unterelbe, Sommer, Sonne und Urlaub. Das kann nur eine Reise auf einem weißen Kreuzfahrtschiff sein.

Aber ganz falsch! Es handelt sich um die alljährliche sommersaisonale Fahrtzeit des größten kohlebefeuerten Dampfschiffes der Welt – und es ist die alte Dame „STETTIN“, der imposante Oldtimer-Eisbrecher mit der wechselvollen Geschichte und der noch ungewöhnlicheren Gegenwart, denn Eisbrecher fahren ja normalerweise nur im Winter und brechen Eis. Continue reading „Sommer- Eisbrecher „STETTIN““

Der Marinemaler Professor Christopher Rave

Von Michael Buschow

„Wanderer zwischen den Welten“

Rave in seinem Hamburger Atelier um 1924

Umrankt von hohen Lorbeerhecken sitzt er da, ein aufgeschlagenes Buch auf dem Schoß, den Hut auf dem Kopf und eine Hand auf einen Stock gestützt. Fast meint man, der Mann ruhe sich nur ein wenig von einer mühseligen, weiten Reise aus. Tritt man näher an die Bronze-Plastik heran, erkennt man, fast durch die Zweige verborgen einen Seeadler auf der  Schulter des Rastenden sitzen.

Nicht weit von Kapelle 4 auf dem stillen Friedhof  in Hamburg-Ohlsdorf  hat ein ungewöhnlicher Mann einst seine letzte Ruhestätte gefunden: Der Hamburger Marinemaler, Expeditionsteilnehmer, Kameramann und Autor Christopher Rave. Continue reading „Der Marinemaler Professor Christopher Rave“