„DIE ZOFEN“ von Jean Genet

Von Michael Buschow

Premiere  eines anspruchsvollen Stückes im Hamburger Sprechwerk

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Die Zofen

Nein, ein Krimi ist es keinesfalls und auch kein locker unterhaltsames Drei-Personen-Zimmertheater.

Ganz im Gegenteil!

Zwar stützt sich die Handlung im Kern auf einen sich tatsächlich so ähnlich ereigneten Mordfall im Frankreich der dreissiger Jahre – aber das war es dann auch schon mit den annähernden Gemeinsamkeiten.

Der Autor Jean Genet (1910-1986) selbst, einerseits Krimineller andererseits introvertierter Künstler und befreundet mit Sartre, Picasso und Cocteau hat seinerzeit  mit „DIE ZOFEN“ ein krudes Spiel über Liebe, Hass und Klassengesellschaft entworfen, das Gabriele Weng nun in Hamburg inszeniert hat.

Die an Sadomasochismus grenzenden und immer wiederkehrenden devotistischen Rollenspielchen der Schwestern/ Zofen Claire (Doris Maria Kaiser) und Solange (Andrea Bergmann),  haben nur ein Übungsziel: Am Ende muß die verhaßte „Gnädige Frau“ (Heidrun Fiedler), die alles für sie beide Unerreichbare besitzt wie  Schönheit, Jugend, Eleganz, Geld und Macht – sterben. Und zwar durch die Hand der Schwestern.

Der Tod der Madame, so denken sie, wäre dann der Befreiungsschlag aus ihrer Unterdrückung und Abhängigkeit  und das spielen sie mit immer wieder neu verteilten Rollen bis zum Exzess durch.

In einer minimalistisch gestalteten Dekoration und im Rund dicht umzingelt von den Theatergängern (einer bühnenlosen Vorstellung!) müssen sich Schauspieler und Gäste wie in einer Aufwärmphase  erst aneinander gewöhnen, sich sozusagen eintakten.

Die nicht einfachen Texte, vor Allem aber der Wechsel der Rolle in der Rolle erfordern von den Darstellerinnen der beiden Zofen durchgehend größte Konzentration und das wird auch von den Zuschauern verlangt.

Kaiser und Bergmann stehen großartig die eineinhalb Stunden Spiel und die ungeheure Textfülle inclusive Körpereinsatz durch. Wahre Profis !

Die  junge „Gnädige Frau“ Heidrun Fiedler ist ganz das Dämchen, das sie sein soll. Ihrem Stande angemessen leicht arrogant,  manchmal ein kleines bißchen generös und in ihren eigenen Augen vermeindlich nett zu den Angestellten.

Summa: Anspruchsvoller Stoff auf der „Bühne“ – erfolgreich inszeniert und wahrlich erspielt vielleicht auch deshalb, weil sich Gabriele Weng, Doris Maria Kaiser und Andrea Bergmann  sehr lange kennen und aufeinander verlassen können.

Diese Vertrauensbasis ist neben einem interessanten Stück die beste Grundlage für gelungenes Theater.

Und davon profitiert auch Heidrun Fiedler als junge Schauspielerin.

Chapeau, dem Ensemble!

Foto: Monika Barth