Welche Droge passt zu mir?

Von Michael Buschow

Bunte Pillen – weißes Pulver. Eine Endlösung.

Ines Nieri
Ines Nieri

Zugegebenermaßen haben viele Menschen wie ich selbst auch ein Problem mit „Ein-Personen-Stücken“ auf dramaturgisch bedingt ausstattungslosen Bühnen. Endlose Monologe des/der Vortragenden denen man als Zuhörer kaum folgen kann, mühsam höfliche Aufmerksamkeit vorspielt und im schlimmsten Falle hin und wieder auf die Uhr schielt.

Bei Kai Hensels Stück  „Welche Droge passt zu mir“ im Monsun Theater Hamburg erlebte man unter der Regie von Hans-Peter Kurr allerdings eine junge Schauspielerin, die der Aufmerksamkeit des Publikums von der ersten bis zur letzten Minute sicher sein konnte.

Ines Nieri schaffte es tatsächlich, durchgängig und ganz alleine die Reihen zu begeistern – nein – zu bewegen!

Der Stoff des Schauspiels besteht aus der eigentlich simplen Geschichte der jungen Mutter Hanna, die mit fürsorglichem Ehemann und flötenbegabtem Söhnchen in einem hübschen anbezahlten Jugendstilhäuschen ein kleines bürgerliches Leben führt.

Alles ganz normal und nett – und hin und wieder ein Büsumurlaub.

Aber nur nett reicht eben anscheinend nicht und so wundert es nicht, daß Hanna sich fragt ob sie „weiter Mineralwasser trinken und das Leben an sich vorbeiziehen lassen soll“ – kurzum – sie bricht aus und findet ihre vermeindliche Befreiung in Speed, Koks oder Ecstasy.

Alles wird so bunt und einfach – allerdings nur solange, wie die Wirkung anhält.

Wobei Hanna dem Publikum ständig pseudo-wissenschaftlich erklärt, daß Drogen eigentlich ungefährlich sind, wenn man mit ihnen umgehen kann – was sie natürlich kann.

Welche Droge passt zu mir?
Welche Droge passt zu mir?

Letztlich labert sie den ganzen gequirlten Quatsch vom „Aufbrechen zu neuen Horizonten“, Bewußtseinserweiterung, den ganzen Katalog von Entschuldigungsplattituden, daß Drogen nicht so schlimm wie Alkohol seien, Speed beim Abnehmen helfe und so weiter und so weiter.

Was Hanna selbst gar nicht wahrnimmt, ist die tragische Methamorphose, ja Mutation zu einem drogenabhängigen Wrack und dieser Verfall wird auf der Bühne sowohl verbal als auch optisch absolut überzeugend von Ines Nieri rübergebracht.

Diese junge Schauspielerin besitzt eine große Verwandlungsfähigkeit und ein ungeheures Darstellungspotential, das sehr weit über „normales“ Theaterspielen hinausgeht.

Hier werden wir in der Zukunft  garantiert  mehr von ihr sehen – eine Frau, die man sich mal merken sollte.

P.S. Dieses „Ein-Personen-Stück“ habe ich gerne gesehen!

P.P.S. Und auf die Uhr habe ich kein einziges Mal geschielt.

Foto: Sven Kalettka