Günther Falbe/Ruth Geede Erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung
Mit dem Deutschen Filmpreis geehrt, mit Max Schmeling verheiratet: Vor 110 Jahren kam der Filmstar Anny Ondra auf die Welt.
Mit „Evas Töchtern“ sowie „Sündig und süß“ gelang ihr Ende der 20er Jahre der Sprung ins Reich: Die tschechische Filmschauspielerin Anny Ondra hatte den Durchbruch geschafft. Die Ondra wurde mit Filmen der leichten Muse ein internationaler Star und für einen Hitchcock-Film die erste synchronisierte Schauspielerin der Filmgeschichte. Ihre Ehe mit Max Schmeling war von seltener Harmonie und Einigkeit.
Ich bin ihr nicht oft begegnet, aber die wenigen Treffen mit ihrem Ehemann Max Schmeling, bei denen sie ihn begleitete, sind in der Erinnerung haften geblieben. Es war in den 50er Jahren und Anny Ondra hatte dem Film endgültig ade gesagt. Sie lebte auf dem ländlichen Anwesen des Ehepaares im stillen Hollenstedt bei Hamburg, ihr Refugium, das sie selten verließ, während ihr Mann beruflich aber auch als Boxlegende die ganze Welt bereiste. Dass sie auf diesen großen Reisen nie dabei war, hatte einen einfachen Grund: Anny hatte Flugangst. So langte es gerade zu einer Fahrt in das Ruhrgebiet, wo sich die Konzessionäre des Getränkeimperiums, zu dem Schmeling gehörte, in Essen trafen. Und das Interesse galt sofort dieser zierlichen, etwas schüchtern wirkenden Frau, die man auf den ersten Blick erkannte.
Obgleich sie damals schon über 50 Jahre alt war, hatte sie sich ihre Mädchenhaftigkeit bewahrt, die einmal in ihrer großen Zeit als Filmstar zusammen mit der – gespielten – Naivität und der – echten – Komik ihr Markenzeichen gewesen war. Noch immer umgab die Frau mit dem faltenlosen Teint – heute hätte man sofort vermutet, dass sie geliftet war – die Aura jener frühen Jahre des deutschen Films, als der Begriff „Star“ geboren wurde. Und sie hat auch Filmgeschichte geschrieben, nicht nur deutsche, denn sie war in den 20er und 30er Jahren ein internationaler Star, der auch den Sprung vom Stummfilm zum Tonfilm schaffte. Hätte sie, wie es heute üblich ist, ihre Memoiren geschrieben, hätten diese sich wie ein „Who is who“ der damaligen Zeit gelesen. Das Memoirenschreiben überließ sie lieber ihrem späteren Mann, der seiner Frau in seinen „Erinnerungen“ die schönste Liebeserklärung machte: „Der einzige Mensch, der mich begreift, ist meine Frau!“