Die goldige Freundin vom Rummelplatz

Eine Liaison wurde Mitte der 30er Jahre zum Dauerklatsch in ganz Deutschland. Veranlasst von einer anderen Tschechin, die sich in Berlin hochgespielt hatte: Lida Baarová. Offiziell war sie die Freundin des Schauspielers Gustav Fröhlich, heimlich die Geliebte des damaligen Propagandaministers Joseph Goebbels. Man erzählte sich, dass Fröhlich den Rivalen, der alles andere als ein Adonis war, geohrfeigt hätte. Die Wahrheit sah anders aus: Fröhlich hatte der Baarová, als er sie im Auto des Ministers entdeckte, eine kräftige Ohrfeige verpasst. Sie war eine arrogante Person, die bei einem Essen in der Goebbelschen Villa über ihre Landsmännin hämisch lästerte: „Anny Ondra, diese dumme Ziege! Wer will denn noch ihr albernes Getue sehen!“ Sie bekam allerdings Kontra von einer nahen Verwandten von Magda Goebbels: „Frau Baarová, eine derartige Stellungnahme steht Ihnen nicht zu. Anny Ondra hat sich aus eigener Kraft, ohne Protektion, einen Weltnamen gemacht. Darüber hinaus ist sie ein wertvoller, vielseitig begabter Mensch.“ Ob Anny Ondra je von diesem Disput erfahren hat, ist nicht überliefert.

Bis 1942 drehte die Schauspielerin noch viele Filme, so 1935 zusammen mit ihrem Mann „Knock out“. Bei einigen war Anny auch alleinige Produzentin. Die letzten vor dem Zusammenbruch entstandenen Filme waren „Narren im Schnee“ (1938), „Der Gasmann“ (1941) und „Himmel, wir erben ein Schloss“ (1942). Nach dem Krieg gab es nur noch den Film „Schön muss man sein“ und einen Auftritt in „Die Zürcher Verlobung“. Anny zog sich aus der Öffentlichkeit zurück, nachdem für ihren Mann nach einigen vergeblichen Versuchen zur Gründung einer neuen Existenz – so scheiterte eine Verlagsgründung mit Axel Springer und John Jahr unter skandalösen Umständen – und nach PR-Arbeit bei einer Hamburger Konservenfirma endlich eine geschäftliche Karriere begann.

1970 erfuhr Anny Ondra noch eine große Ehre: Sie erhielt das Filmband in Gold für ihr langjähriges und erfolgreiches Wirken im deutschen Film. Sie verließ dann nur noch selten das Haus in Hollenstedt, das Max 1948 nach dem Verlust seines Gutes Ponickel in Pommern erwarb – für die 40000 D-Mark, die er für seinen letzten Boxkampf erhalten hatte.

Auf dem nahen Friedhof liegen sie vereint: Anny Ondra, die 1987 starb, und Max Schmeling, der ihr 2005 in den Tod folgte. Ein Paar, das alle Höhen, aber auch alle Tiefen des Lebens gemeinsam meisterte. In Schmelings Erinnerungen bargen die letzten Jahrzehnte mit Anny, die keine Sensationen enthielten, das Glück seines Lebens. Das kann auch für ihr Leben gelten, das am 15. Mai 1902 in Galizien begann, an dem Tag, der sich nun zum 110. Male jährt. Anlass genug, um diese Zeilen zu schreiben, die auch einen Einblick vermitteln in das junge Filmschaffen der Medienmetropole Berlin.