Vor 135 Jahren übergab Prinz Luitpold den Kaiserbrief Ludwigs II. an Wilhelm I.
Der „Kaiser“ hat(te) wie das „Reich“ in Deutschland einen besonderen Nimbus. Man denke nur an das geflügelte Wort von der kaiserlosen, der schrecklichen Zeit. Insofern lag es nahe, daß Bismarck sein Einigungswerk durch die Schaffung eines beziehungsweise die Revitalisierung des Kaisertums krönen wollte. Der Eiserne Kanzler selber sprach von der „Nützlichkeit des Kaisertitels für Förderung der nationalen Einheit“.
Es stellte sich jedoch die Frage, wie dieser für das Bundespräsidium, sprich den preußischen König, vorgesehene Titel zu legitimieren war. Wäre die Reichseinigung eine Aktion von „unten“ gewesen, hätte es sich angeboten, daß eine irgendwie geartete Volksvertretung dem Preußenkönig die Krone angetragen hätte. Die deutsche Einigung war jedoch trotz aller Sympathie von „unten“ ein Unternehmen von „oben“, ein Fürstenbund. Wer schien angesichts dieser Konstellation besser geeignet, in Vertretung aller Fürsten dem mächtigsten unter ihnen die Krone anzutragen als der zweitmächtigste, der König von Bayern?
Auch die preußische Diplomatie beantwortete für sich diese Frage mit niemand, und so versuchte sie den Bayernkönig für eine entsprechende Aktion zu gewinnen. Doch was sollte Ludwig II., dessen Vorbild der gleichnamige „Sonnenkönig“ war, dazu bewegen, über sich einen Kaiser zu installieren? Antwort gibt wohl die folgende Aufzeichnung des preußischen Gesandten in München, Georg von Werthern, die um den 20. November 1870 angefertigt wurde und eine Reise Graf Max von Holnstein, des Oberstallmeisters Ludwigs II., zum preußisch-deutschen Hauptquartier während des Deutsch-Französischen Krieges zum Thema hat:
„Holnstein geht im Allerhöchsten Auftrage am Dienstag nach Versailles …, um in einer ganz curiosen Angelegenheit mit Bismarck zu reden. Continue reading „Wie ein Bayer einen Preußen zum Kaiser machte“