»Sie hat … Thron und Geschlecht Ehre gemacht«

Vor 225 Jahren, am 29. November 1780, starb Friedrichs des Großen österreichische Gegenspielerin Maria Theresia
Von Manuel Ruoff
Während Maria Theresias Regentschaft in Österreich annektierte Friedrich der Große Schlesien, machte er Preußen zur zweiten deutschen Großmacht und begründete er den deutschen Dualismus. Daß diese preußischen Erfolge auf Österreichs Kosten Maria Theresias Ruhm kaum Abbruch getan haben – selbst der Alte Fritz bescheinigte ihr, „ihrem Thron und Geschlecht Ehre gemacht“ zu haben – liegt nicht zuletzt an den sehr ungünstigen Ausgangsbedingungen bei Antritt ihrer Regierung. Ihr preußischer Gegenspieler fand bei seiner Thronbesteigung dank seines Urgroßvaters, des Großen Kurfürsten, und seines Vaters, des Soldatenkönigs, einen wohlgeordneten Staat vor.Maria Theresia Das war bei Maria Theresia anders. Seit Karl V. waren ihre Vorgänger auf dem Thron „als Politiker oder Militärs nur Mittelmaß und bisweilen noch darunter gewesen“, um es mit Peter Berglar zu formulieren. Der Absolutismus war noch nicht durchgesetzt, eine österreichische Staatsnation noch nicht geschaffen. Das einzige einigende Band des Völkergemisches war der Herrscher an seiner Spitze. Die Macht der Stände war noch nicht zugunsten eines dem Monarchen gegenüber loyalen, effektiven, stringenten Beamten- und Verwaltungsapparates in Staat und Militär gebrochen. Die Armee befand sich in einem ähnlich traurigen Zustand wie die Staatsfinanzen. Zudem hatte es ihr Vater versäumt, sie auf ihr großes Amt vorzubereiten. Als Maria Theresia 1740, wenige Monate nach Friedrich II., den Thron erbt, sieht sie sich „auf einmal von Geld, Truppen und Rat entblößet“.
Das bleibt dem Ausland nicht verborgen, und mancher Herrscher wittert seine Chance. Kaum daß die 23jährige den Thron bestiegen hat, marschiert Friedrich der Große ohne vorherige Kriegserklärung in ihre wertvollste Provinz ein, Schlesien. Das ist der Beginn des Ersten Schlesischen Krieges. Frankreich, traditionell bestrebt, Deutschland beziehungsweise dessen Führungsmacht zu schwächen, schlägt sich auf Friedrichs Seite. Ebenfalls 1741 stößt Kurfürst Karl Albrecht von Bayern zu den Verbündeten. Er bestreitet Maria Theresia als Frau einen Anspruch auf den österreichischen Thron und macht eigene Ansprüche geltend. Mit seinem Kriegseintritt beginnt der Österreichische Erbfolgekrieg. 1742 endet der Erste Schlesische Krieg mit einer Niederlage Maria Theresias. Sie tritt im Frieden von Breslau Schlesien an Preußen ab. Da Friedrich jedoch weiß, daß dieser Besitzerwechsel Maria Theresias Gerechtigkeitsempfinden verletzt, nutzt er ein militärisches Engagement Österreichs im fernen Elsaß, um in Böhmen einzumarschieren. Auch diesen Zweiten Schlesischen Krieg gewinnt er, und Maria Theresia muß 1745 im Frieden von Dresden das Ergebnis des Ersten bestätigen. Bestätigen muß sie die Abtretung Schlesiens auch noch einmal 1748 im Frieden von Aachen. Wenigstens wird in diesem Frieden, der den Österreichischen Erbfolgekrieg beendet, ihre Erbfolge anerkannt.
Trotz der Frieden von Breslau, Dresden und Aachen hat sie ihren Anspruch auf Schlesien jedoch noch nicht aufgegeben. Mit Hilfe ihres Staatskanzlers schmiedet sie eine antipreußische Offensivallianz mit Frankreich, der Rußland, Schweden und Sachsen beitreten. Dieser geballten Feindeskraft dürfte der Preußenkönig von der Papierform her nicht gewachsen sein – aber er ist es trotzdem. Der von ihm 1756 begonnene siebenjährige Präventivkrieg endet mit der Bestätigung des Status quo. Schlesien ist für Österreich verloren.
Bei der Beantwortung der Frage, warum Maria Theresia trotzdem zur Legende werden konnte, dürfen drei Punkte nicht fehlen. Da ist zum einen die Energie, die Disziplin, die Zähigkeit, die Einsatzbereitschaft, der Fleiß und der Mut, mit dem sie für das gekämpft und gestritten hat, was sie für ihr Recht und gerecht hielt. Da ist zum zweiten die Theresianische Staatsreform, mit der sie ihr im Vergleich zu Preußen in vielerlei Hinsicht rückständiges Land nicht ohne Erfolg voranzubringen trachtete. Und da ist schließlich ihre mit entsprechenden Eigenschaften gepaarte mütterliche Ausstrahlung, welche die leibliche Mutter von elf Mädchen und fünf Jungen zu ihrer „Länder allgemeinen und ersten Mutter“ werden ließ.