Workshop: Auftritts- und Vortragstraining

Kornelia Kirwald im TIDE-Studio. Foto: Maren Schönfeld

Immer wieder stehen Schreibende vor der Situation, sich im Rahmen einer Lesung oder eines Vortrags vor Publikum zu präsentieren. Ob es uns liegt oder nicht – es gibt diverse Tricks und Hilfestellungen, um mit oder ohne Lampenfieber gut „rüberzukommen“. Nicht jede/r von uns hat schauspielerische Fähigkeiten, aber wer könnte besser aus der Trickkiste plaudern als eine professionelle Schauspielerin?

Wir haben deshalb Kornelia Kirwald engagiert, um mit uns einen Workshop zu gestalten. Die Schauspielerin und Sprecherin vermittelt die Grundlagen für eindrucksvolle Lesungen bzw. Vorträge Ihrer Texte. Probleme und Lösungen werden an konkreten Beispielen demonstriert und trainiert; und ein paar Schauspielertricks sind auch dabei. Das Besondere: Sie arbeiten in dem Workshop mit einem eigenen Text, und Kornelia Kirwald geht auf Ihre individuelle Situation ein. Wir beschäftigen uns damit, wie man einen Auftritt vorbereitet, eine Beziehung zum Publikum herstellt und mit Lampenfieber umgeht. Stimme, Mimik und Gestik sind ebenso Thema wie Tempo, Lautstärke und Tonhöhe. Abschließend befassen wir uns noch mit Sprechtechnik mit dem Mikrofon.

Dies alles geschieht in freundlicher und konstruktiver Atmosphäre. Um den Workshop in einem realitätsnahen Auftrittsambiente durchführen zu können, haben wir den Kirchsaal der ev.-meth. Kirche Bethanien für den Veranstaltungstag von 11 bis 16 Uhr gemietet. Wir laden Sie deshalb ein, am

Sonnabend, 30. November 2024, von 10:30 bis 15:30 Uhr
in den Bethanienhöfen, Martinistr. 47-49, 20251 Hamburg,

an unserem Workshop teilzunehmen. Die Kosten betragen für Mitglieder der Auswärtigen Presse oder der Hamburger Autorenvereinigung € 20 pro Person und für externe Teilnehmer € 50 pro Person.

Bitte melden Sie sich bis zum 15.11.2024 unter info@die-auswaertige-presse.de verbindlich an und reichen Sie Ihre Textprobe im Umfang von zwei Seiten Prosa/Sachtext oder drei Gedichten mit ein. Nachdem Sie sich angemeldet haben, geben wir Ihnen die Kontoverbindung für die Zahlung der Teilnahmegebühr auf. Ihre Anmeldung wird nach Eingang der Teilnahmegebühr wirksam.

Die gebürtige Dortmunderin Kornelia Kirwald beschäftigte sich schon in Schule und Studium mit Theater. Ihre Ausbildung begann sie in Hamburg bei Margot Höpfner; an der Stage School, der Hamburg Media School und im Camera Acting Centrum Köln kamen Musical, Radio und Film/TV dazu. Sie spricht Synchron bei Studio Hamburg und NDR und spielt Fernseh- und Kurzfilmrollen, 2022/23 in Abschlußfilmen der FH Dortmund und zuletzt im ZDF. Engagements im Freien Theater und Tournéen führten sie durch Nord- und Westdeutschland: Sie gastierte mit Musical- und Chanson-Programmen; im Hamburger Engelsaal spielte und sang sie zahlreiche Haupt- und Nebenrollen, u.a. in „My Fair Lady“, „Loriot’s Dramatische Werke“, „Caruso!“ und in der „Großen Heinz-Erhardt-Show“. Als Chorsängerin unter der professionellen Leitung von Katharina Vogel bringt sie ihre Mezzosopran-Stimme in live-Konzerten ein. Mit ihrem Rezitationsprogramm LITERATUR – LIVE gastiert sie im Raum Hamburg; mit eigenen Sendereihen bei TIDE.radio und TIDE.tv hat sie für ihre Liebe zur Literatur seit 2005 ein professionelles Medienforum gefunden; ausgewählte Produktionen sind auf Vimeo und Instagram zu sehen und auf SoundCloud zu hören.

(Quelle: https://www.theapolis.de/de/profil/kornelia-kirwald)

Homepage: https://kirwaldhamburg.de/

Alle Jahre wieder…

Auch in diesem Jahr setzte die Auswärtige Presse ihre seit nunmehr fast zwanzig Jahren gepflegte Tradition fort und lud Mitglieder und Gäste am 1. Dezember zur Weihnachtsfeier ein. Sie fand wie üblich im Marriott Hotel statt. Diesmal jedoch im kleineren Kreis. Während manche der Abwesenden sich bereits in wärmere Gefilde geflüchtet hatten, mussten andere wegen eines Infektes das Bett hüten. Wir wünschen baldige Gesundung.

Statt im großen Bankettsaal tagten wir diesmal im festlich geschmückten Restaurant. Eine lange weiß eingedeckte Tafel war für uns vorbereitet worden. Für viele eher ein Vor- als Nachteil. Denn, so meinten sie, konnte man sich viel entspannter unterhalten als an den drei oder vier runden Tischen im Saal.

Nach der Begrüßung durch Präsidentin Maren Schönfeld folgte literarisch Erbauliches. Ein Gedicht aus der Feder vom Rainer Maria Rilke, in dem er die Schönheit der Winterlandschaft besingt, machte den Anfang. Es folgte eine weihnachtliche Glosse und ein Stück über den Nikolaus, das eine humorvolle Kontroverse zwischen zwei unserer Mitglieder, dem Autor László Kova und Heinrich Hannover, nach sich zog.

Zur Klärung des Sachverhaltes und zum Mitschreiben folgendes: Der Überlieferung nach war Nikolaus von Myra (früher Lykien, heute Türkei) ein besonders beliebter und barmherziger Bischoff, der großzügig Geschenke an die Armen verteilte. Ein guter Christ, der zwischen 270 und 286 geboren wurde. Noch heute zählt er zu den angesehensten Heiligen der Ostkirche. Nikolaus starb am 6. Dezember im Jahre des Heils 343 in Myra. Bis auf den heutigen Tag erinnert dieses Datum an den Wohltäter.

Doch fehlte da nicht etwas an diesem schönen Abend? In der Tat. Der von unserem Mitglied Wolf Bremke stets so souverän vorgetragene „Kuddel Daddeldu“ stand diesmal nicht auf dem Programm. Hoffentlich wird unser geschätzter Conférencier uns im nächsten Jahr wieder mit seiner Anwesenheit beehren und dem ollen Kuddel neues Leben einhauchen.

Mit gesundem Appetit machten wir uns über das – wie immer – köstliche Büffet her, das die Küche des Hotels vorbereitetet hatte. Es gab unter anderem krosse Gänsekeule mit Rotkohl und Kartoffelklößen. Mit diesem traditionellen Weihnachtsgericht kann kein Koch der Welt etwas verkehrt machen. Oder?

Nach dem ebenfalls leckeren Dessert wechselten wir zu unserem unverzichtbaren Würfelspiel über. Unter uns: Diesmal standen wieder Knobelbecher und Würfel zur Verfügung, die ein etwas schusseliges Mitglied – Asche auf mein Haupt – im letzten Jahr zu Hause vergessen hatte. Leider fehlte in diesem Jahr der Maître de Plaisir, Ehrenpräsident Günther Falbe, der über viele Jahre stets dieses Spiel mit nie versiegender Engelsgeduld erklärte. Da der allseits beliebte Mann Anfang 2023 starb, waren wir diesmal auf uns selbst gestellt. Gottlob stand der Abend unter einem offenbar von Günther gelenkten guten Stern. Es klappte alles wie am Schnürchen, und am Ende ging jeder mit einem Geschenk nach Hause.

Ralf Plenz
Foto: Privat

Der Abend sorgte noch für eine Überraschung. Unsere Präsidentin stellte ein neues Mitglied vor. Herr Ralf Plenz, seines Zeichens Hamburger Verleger der Reihe „Perlen der Literatur“, die im Input-Verlag erscheint, ist eine veritable Bereicherung für unsere literaturaffine Pressevereinigung. Nachstehend ein paar Kostproben aus seinem anspruchsvollen Programm: „Die missbrauchten Liebesbriefe“ von Gottfried Keller, „Das Jahr des Gärtners“ von Karel Čapek, „Die kleine Stadt“ von Heinrich Mann“ sowie „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson und last but not least George Orwells „1984“ – ein Dauerbrenner, der gegenwärtig so aktuell ist wie eh und je. Sämtliche Bücher dieses kleinen exquisiten Verlages sind auf besonders feinem Papier gedruckt. Ein Genuss für jeden, der gern seine Nase zwischen zwei Buchdeckel steckt.

Der Abend endete wie stets in vollendeter Harmonie. Die Anwesenden wünschten sich zum Abschied frohe Festtage und ein gesegnetes Neues Jahr.

Zu guter Letzt noch ein Sinnspruch der immer passt – egal, wer ihn einst erdachte: „War das alte Jahr ein gutes, freu‘ dich auf das neue. War das alte aber schlecht – ja dann erst recht.“ In diesem Sinne alles Gute!

(Fotos der Weihnachtsfeier: Maren Schönfeld)

Kulturpreis für Sabine Witt

Sabine Witt, die Vorsitzende der Hamburger Autorenvereinigung und Mitglied der DAP, erhielt am 6. Oktober 2023 in Rom einen renommierten italienischen Kulturpreis. Gewürdigt wurde ihre jahrzehntelange Arbeit im Bereich der italienischen Literatur und Sprache.

Die Preisträgerin, die mehrere Jahre in Italien gelebt hat, ist Literaturwissenschaftlerin und beschäftigt sich im Bereich der Romanistik seit den 1980er Jahren hauptsächlich mit der italienischen Kultur, besonders mit der Sprache und Literatur. 12 Jahre lang lehrte sie italienische Literatur an der Universität Bremen sowie für einige Jahre an der Universität Hamburg. Seit ihrer Magisterarbeit im Jahre 1988 über Curzio Malaparte steht dieser toskanische Autor im Mittelpunkt ihrer wissenschaftlichen Arbeit. In zahlreichen Veröffentlichungen und Fachzeitschriften ist sie mit Artikeln zur italienischen Literatur vertreten. Sie hält regelmäßig Vorträge in Deutschland, Italien und anderen Ländern.

Sabine Witt unterrichtet zudem seit Jahrzehnten die italienische Sprache, arbeitet als Übersetzerin und hat etliche Studienreisen nach Italien durchgeführt.

Zurzeit schreibt sie an einem Buch über die süditalienische Kleinstadt Monopoli.

 

Fotos: Stefan Tardosz

Unser Lesefest auf der Alster

Foto: Wolfgang Schönfeld

Auf drei Touren durch die Alsterkanäle mit Live-Lesungen haben am 1. Juni 2023 zwölf Autoren aus ihren Gedichten und Geschichten gelesen. Dabei konnten die Gäste neben der Literatur und der malerischen Natur auch das historische Dampfschiff St. Georg genießen, einen Blick in den Maschinenraum werfen und sich mit Getränken an Bord stärken.

 

Glück, Schicksale und Visionen in Prosa

Die erste Tour von 10:00 Uhr bis 11:30 Uhr unter dem Motto „Glück, Schicksale und Visionen in Prosa“ bestritten Lilo Hoffmann, Wolf-Ulrich Cropp, Joachim Frank und Christine Sterly-Paulsen:

Die Hauptfigur in Lilo Hoffmanns Roman „Das Glück ist selten pünktlich“ ist die erfolgreiche Psychotherapeutin Julia.  Nach einer großen Enttäuschung verliebt sie sich in den smarten Sachsa, der nach allen Regeln der Kunst um sie wirbt. Dumm nur, dass dieser ausgerechnet ihr Patient ist. Das sieht nach einer Menge Ärger aus, denn ein Patient, so charmant er auch sein mag, sollte für eine Therapeutin absolut tabu sein.
https://www.amazon.de/Lilo-Hoffmann/e/B07DY63SHS%3Fref=dbs_a_mng_rwt_scns_share

Vor genau 394 Jahren entsandte die V.O.C., die mächtigste Handelsgesellschaft der damaligen Welt, ihr größtes und schnellstes Flaggschiff, die BATAVIA, zur Jungfernfahrt nach Südostasien. Was der TITANIC des späten Mittelalters nach ihrer Havarie vor West-Australien passierte, ist ungeheuerlich, ja einmalig in der Seefahrt. Am 15. Mai 1629 brach im Houtman-Abrohos-Archipel eine Meuterei mit grauenhaften Folgen aus … Wolf-Ulrich Cropp las aus seinem spannenden Buch.
http://www.wolf-ulrich-cropp.de/

Oft beginnt das Geschehen in Joachim Franks Kurzgeschichten im Banalen, bevor etwas Unerwartetes das Beliebige durchbricht. In den durch Ereignisse oder innere Vorgänge veränderten Situationen entstehen neue, oft überraschende Blickwinkel, die sowohl bei den Protagonisten als auch bei den Lesern bisher Gedachtes infrage stellen und zu veränderten An- oder Einsichten führen können.
http://www.joachimfrank.info/

Eine düster-poetische Zukunftsvision hatte Christine Sterly-Paulsen mitgebracht. In Cleos Welt herrschen Sicherheit und Ordnung. Die Straßen sind verwaist und Kinder verboten. Mit ihrem Geliebten Jacques träumt sie davon, der alles umfassenden Kontrolle zu entkommen. Als Jacques verschwindet und die Wohlfahrtsbehörde Cleo mit Verhaftung droht, wird das Spiel mit der Flucht zur unheimlichen Realität.
https://www.sterly-paulsen.de/

Poesie von Mensch und Hund

Auf der zweiten Tour von 12:00 Uhr bis 13:30 Uhr erwartete die Gäste das Motto „Poesie von Mensch und Hund“:

„Ich halte mich nur an Regeln, die ich selbst gut finde.“ Das ist der Wahlspruch der selbstbewussten Terrierhündin, die in Susanne Bienwalds, pardon, Minas Buch aus ihrem Leben erzählt und dabei das merkwürdige Gebaren der Zweibeiner aufs Korn nimmt.
https://susanne-bienwald.jimdosite.com/

Für „Mehr Nordsee“ plädierte Reimer Boy Eilers. „In Reimer Boy Eilers‘neuem Gedichtband ist die Zaubermacht der deutschen Sprache weder zerstört noch verweht. Sie hält allen Stürmen stand, die auf und an der Nordsee toben. … Möge der Wortpianist noch viele klingende Worte finden, um uns laut zu sagen, was ist, an der Nordsee und anderswo.“ (Sibylle Hoffmann, Juli 2021) https://www.reimereilers.de/

Gino Leinewebers Gedichtband „Wo Zeit im Wege steht“ verknüpft mythologische und spirituelle Erinnerungen mit aktuellen Wahrnehmungen und Ideen. Die Verse entsprechen in Inhalt und Form Leinewebers Philosophie, angelehnt an die Stoa, Schopenhauer und die buddhistische Lehre. Oft sind sie in surrealistischer, manchmal auch dadaistischer Diktion geschrieben.
http://www.gino-leineweber.de/

Maren Schönfelds Lyrik- und Kurzprosaband „Töne, metallen, trägt der Fluss – eine lyrische Elbreise“ enthält Texte von Hamburg bis ans Meer. Drei Kapitel gliedern das Buch in Stadt, Fluss und Meer. Je nachdem, wo man die Reise beginnen möchte, kann man das Buch vorwärts und rückwärts lesen. Außerdem las sie noch einige Gedichte aus ihrem aktuellen Buch „Engelschatten“.
https://schoenfeld.blog/

Gestern, Heute und Morgen in Prosa

Die letzte Tour von 14:00 Uhr bis 15:30 Uhr stand unter der Überschrift „Gestern, Heute und Morgen in Prosa“:

In der Anthologie „Von Menschen und Masken“ hat Vera Rosenbusch  literarische Tagebuchnotizen aus dem Herbst 2020 veröffentlicht. Wie surreal ist ein Schreib- und Urlaubsaufenthalt in der Coronaphase? Hat man mehr Inspiration durch Zeit und Ruhe – oder gar keine mehr?
http://www.hamburgerliteraturreisen.de/

1865: Johannes Biel ist Bergmann auf der Zeche Neu-Iserlohn. Seine Ehefrau, Wilhelmine Biel, bringt acht Kinder zur Welt, die sie in armen Verhältnissen resolut aber liebevoll großzieht. Abseits der glanzvollen Geschichten bekannter Industriellenfamilien gewährte Jörg Krämer tiefe Einblicke in das Leben der einfachen Bergleute. Die Arbeit auf der Zeche ist dabei nur am Rande Thema. Der Blick ist immer in die Familie und das Gefühlsleben hinein gerichtet.
https://www.ruhrpottstory.com/

Gabriele Albers, Autorin und Politikerin las aus ihrem utopisch-dystopischen Roman „Nordland 2061 – Gleichheit“. In einem nicht allzu fernen Hamburg, in dem nur noch das Geld zählt und Frauen nichts wert sind, ist Lillith die einzige Person, die an den herrschenden Verhältnissen etwas ändern könnte. Doch Nordland ist voller Intrigen und Verrat, und sie weiß nie, wer Freund ist und wer Feind.
https://www.gabriele-albers.de/

Lásló Kovas Gedichte und Erzählungen sind dynamisch, klar, allgemein-verständlich, wahrheitssuchend, glaubhaft und humorvoll. Seine emotionsreichen und philosophischen Gedanken lagern sich in einer natürlichen Stimmung in seinen Schriften ab, die sich auf dem Papier mit feinen schriftstellerischen und künstlerischen Mitteln einfinden – zu hören war dies in den drei Erzählungen „Erinnerungen an eine Stadt, an Lübeck“, „Unser Hund Bátor“ und „Zufall? Fügung? Arno?“.
http://www.edition-kova.de/

Jede Tour hatte rund 20 begeisterte Gäste, die sich sehr über dieses außergewöhnliche Format zum zudem sehr günstigen Eintrittspreis von fünf Euro freuten.

Die Auswärtige Presse e.V. und der Verband deutscher Schriftsteller*innen bedanken sich beim Deutschen Literaturfonds Neustart Kultur für die großzügige Förderung.

 

Fotos: Wolfgang Schönfeld

Wir trauern um unseren Ehrenpräsidenten

(von Uta Buhr, Dr. Manuel Ruoff und Maren Schönfeld) 

Günther Falbe leitete Die Auswärtige Presse für die Dauer von drei Legislaturperioden und wurde anschließend zum Ehrenpräsidenten ernannt. Ehrenpräsident war er sodann von 2007 bis zu seinem Tod 2023.

Als er den Vorsitz übernahm, war der Verein noch ein „wilder Haufen“, wie er es einmal nannte. Denn der Verein war noch gar nicht im Vereinsregister eingetragen. So trieb Günther das Erreichen des formellen Status des eingetragenen Vereins voran, sodass aus der Auswärtigen Presse bald ein „e. V.“ wurde.

„Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“ (Friedrich Schiller) Dieser Satz war Günther wohl nicht unbekannt, denn er drängte darauf, die DAP ins 21. Jahrhundert zu katapultieren. Eine kleine Delegation der bis dahin mit der Schreibmaschine bestens vertrauten Journalisten begab sich also ins Internetcafé, um sich mit dem neuen Medium vertraut zu machen. Ergebnis dieser Bemühungen war die Website, die 2003 erstellt wurde und aus der schnell ein Online-Magazin entstand, das wir noch heute mit Freude betreiben und das mittlerweile bis zu 12.000 Besucher am Tag verzeichnen kann.

Günther war ein Mann der leisen Töne. Mit Charme und Beharrlichkeit, großer Toleranz und seiner Fähigkeit, verschiedenste Charaktere in unserer Journalisten-Vereinigung zusammenzubringen, prägte er die DAP. Nicht zu vergessen sein Humor, mit dem er bei jeder Weihnachtsfeier das traditionelle Würfelspiel so launig erklärte, dass für so manchen Gast die Erklärung mindestens ebenbürtig mit dem eigentlichen Spiel war…

Wir haben gemeinsam mit dem Lions Club Altona und den Anonymen Alkoholikern von Günther Falbe Abschied genommen und werden sein Andenken dankbar bewahren.

Fotos: DAP

Mit Magellan – historischer Roman von Reimer Boy Eilers

Buchcover „Mit Magellan“, Reimer Boy Eilers

Ein Gastbeitrag von Jakob Krajewsky

Es ist vielleicht die Suche seines Selbst, die Präsenz des Alter Egos, in dem präzise und sorgfältig recherchierten ersten Band der Trilogie: „Mit Magellan – Die Ausfahrt – Vom Hilligen Eiland nach Sevilla“ des Hamburger Autors Reimer Eilers. Überhaupt haben die einst ruhm- und siegreichen Entdecker wie Magellan, Kolumbus, Vespucci & Co., damals unterwegs mit dem Nimbus des Lichtträgers der abendländischen Zivilisation, im 21. Jahrhundert sehr im Zuge der Debatten um Kolonialismus und Postkolonialismus an Ansehen gelitten. Waren sie nicht einfach nur gierige Europäer, verkrachte Existenzen auf der Suche nach Gold und Ruhm im Auftrag ihrer Majestäten und Despoten? Oder sind sie heilige, weitsichtige Männer mit großer Überzeugungskraft und nötigem Sendungsbewusstsein gewesen, die die Dogmen der Kirche infrage stellten, die Erde sei eine Scheibe? Was suchten sie? Macht? Freiheit? Reichtum? Die Kapitäne, Hasardeure und Entrepreneure riskierten angesichts der Inquisition und der Gefahren auf See und im unbekannten Land ihre Gesundheit, ihr Leben und das ihrer Mannschaft. Was waren das für tollkühne verzweifelte oder schanghaite Männer, die mit den berühmt-berüchtigten und z.T. verrückten Entdeckern auf See waren? Nach Brecht‘scher Art stellt Eilers hier das Leben des kleinen Mannes im ganz großen Getriebe der Weltgeschichte dar.

Aufbruch in wortgewaltigen Erzählwelten über die erste Weltumsegelung.

In bester erzählerischer Manier und stilvoller, fein gesetzter Sprache, dann auch wieder in derb und großkotziger Rede, imaginiert Eilers beredt die Geschichte eines einfachen Helgoländer Seemanns, der auf ungewöhnliche Weise an Deck von Magellans Schiff in Sevilla geriet. Magellan ist Portugiese und wird von der eigenen Krone für seine Ideen eine Passage westwärts nach Indien zu finden verlacht. Dann wendet er sich den spanischen Hoheiten zu und findet endlich Gehör. Er gilt allerdings auch dort bei Hofe als Verräter und wird trotzdem losgeschickt auf die wilde Reise, die er selbst z.T. mitfinanzieren muss. Im August 1519 brach Magellan mit einer Flotte von fünf Schiffen von Sevilla auf. Die Handlung des Romans spielt in mittelalterlich anmutendem Gehabe der geschilderten Figuren, in einer Ära, die schon eine neue Zeit mit Blick auf völlig neue Welten einleitet. Eben durch den Buchdruck, die Erfindung des Protestantismus‘ und die Entdeckung der Neuen Welt über neue, unbekannte Seewege manifestiert sich das, was sich historisch gesehen als Neuzeit ausweist.

Alte Bekannte

Wer Eilers‘ Helgoland-Saga gelesen hat, trifft auf alte Bekannte. Es erscheinen der Hauptprotagonist Pay Edel Edlefsen, sowie Esquimeaux aus Grönland, auch als John Quivitoq McLoud bekannt, ganz simpel Quivitoq genannt, er ist der Busenfreund von Pay, sowie der Herr Nurredin al Gharb, den Pay sehr liebte. Dieser Herr Magister ist ein getaufter Maure mit kolossalem Weltwissen, der heimlich noch seinen alten Bräuchen huldigt und dem die gesellschaftliche Anerkennung in Sevilla versagt bleibt. Und auch die uns schon bekannte Jungfer Peerke wird immer wieder im Gedankenstrom des Pay Edel als seine geliebte Seemannsbraut, verblieben auf Helgoland, direkt angesprochen. Heimat bleibt verbindlich, nur nicht den Roten Felsen aus den Augen verlieren!
„Zu Hause hat es mich nie beunruhigt, die Verhältnisse jenseits der See zu missen. Es ist ein Kennzeichen der Heimat, dass sie den Menschen gut aufbewahrt und er gar nicht so viele Dinge zu wissen braucht, die wenigen aber gründlich.“ (S.182)

Wir tauchen ein in diese Welt der zuweilen rauen Seeleute, reisen mit Pay Edel, der wie der Autor Eilers selbst vom Hilligen Lande (Helgoland) stammt und Fischersmann Sohn ist, über Amsterdam nach Sevilla und gehen (fast) auf große Fahrt in die Neue Welt. Eine oft humoresque geschilderte Welt mit neuartiger Kosmologie und der Erkenntnis hochwohlgeborener Señores – die Erde sei gar eine Kugel, keine Scheibe – zwischen Glauben und Aberglauben und bunten Seemannsgeschichten sowie philosophischen Einsichten tut sich auf.
„Wie heilsam ist der Schlaf, wie lobesam ist seine Speise und Verheißung. Traum und Erquickung. Die Seele füllt den Leib des Menschen aus, aber in der Stunde, da der Mensch schläft, steigt sie zum Himmel und schöpft von oben.“ (S. 280)

Nicht alles sei verraten, nur so viel: in Amsterdam werden Pay und Quivitoq schanghait. Herrlich auch die Szenen aus dem Schankraum, bei den Gerberkuhlen und aus dem Badehaus dort. Die Lesenden lernen spielerisch manches über das maritime Gewerbe und alte Kulturtechniken, wie etwa ein Wundpflaster gefertigt, oder gelesen und mit Federkiel geschrieben wurde. Zudem werden die siegreiche und furchterregenden Schwarzen Schiffe der Spanische Armada erwähnt, und auch Spaniens König Karl als Weltenherrscher sowie Don Fernando Magellan werden alsbald eingeführt. In Sevilla angekommen, werden Pay und Quivitoq von einem Edelmann für die Heuer auf Magellans Schiffen für die Seereise in die neue Welt zwangsverpflichtet. Blumige Beschreibungen von Szenerien in der holländischen Hafenstadt und des burlesken Lebens im vornehmen Sevilla sowie diverse amouröse Einlassungen in den Hafenstädten sind des Autors Plaisir.
„Die Stadt war vollgestopft mit Abenteurern und Astrologen, mit Damen und Dieben, mit Händlern und Handwerkern, mit Bettlern und Bankiers, Edelleuten und ehrbaren Kaufleuten, mit Lahmen wie mit Laufburschen, Mönchen und Mägden, mit Landratten, Sesselfurzern und dann wieder mit Seeleuten wie uns.“ (S. 304)

Der erste von drei Bänden

Das Buch ist der erste von drei Bänden mit dutzenden Kapiteln, die immer mit skurrilen Aphorismen und Moritaten, u.a. von Hartman von Aue Zitaten, sowie oft mit kleinen Bildern und Miniaturen eingeleitet werden. Eilers ironisiert und dekonstruiert seine eigene Schreibtechnik und macht dieses zuweilen als ‚Beifang‘ kunstvoll präsent. Flaggenstreit, Mordkomplotte der Kapitäne Magellans, Rufmord, dominikanische Inquisitoren und Spione an Bord – Eilers liefert hier einen gewagten Mix aus historischen Ereignissen und imaginierten Momenten.

Das Buchcover zeigt welliges Meer mit einem antiken Globus dahinter, der untergeht und einer stolzen Caravela davor. Vermutlich ist es Magellans Flaggschiff Trinidad, die einsam den anderen vier Schiffen, die nicht in Sicht sind, vorausfährt. Diese Frontseite erscheint prophetisch wie ein Menetekel über den Zustand unserer heutigen Welt. Don Fernando hatte mit teuflischem Mut, bestem Kartenmaterial und seemännischer Geschicklichkeit um Feuerland herum die maritime Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik, die nach ihm benannte Magellanstrasse, als Durchfahrt gefunden. Das bleibt eine großartige kulturelle Leistung von weltgeschichtlicher Bedeutung.

Auf dem Kamm einer populären Welle

Reimer Eilers befindet sich mit seinem historischen Roman über den Weltumsegler Magellan gerade auf dem Kamm einer populären Welle, um über die Deutungshoheit der einst glorifizierten Entdecker zu reflektieren. Hätten sie doch bloß nicht entdeckt, was sie damals entdeckt haben, mögen manche heute geradezu blasphemisch denken. Doch diese Frage stellt sich nun nicht mehr. Es macht einfach großen Spaß, sich mit den Erzählströmen durch die Wortkaskaden des wortgewaltigen Erzählers und durch das Erleben seiner vitalen Protagonisten wie von einem genialen Puppenspieler mitreißen zu lassen. Kunstvoll endet dieser Band mit einem epischen Gedicht über Portugals Zorn. Wir als Lese- und überwiegende Landratten sind nach dieser Lektüre nun schon recht gespannt auf den zweiten Band.

Sibyl Gräfin Schönfeldt ist gestorben

Foto: privat

Die Journalistin, Autorin, Übersetzerin und Literaturkritikerin war eins der langjährigsten Mitglieder unseres Journalisten-Verbands. Sie hat die literarische Landschaft mit geprägt, sei es durch ihre unterhaltsamen Bücher wie das „Kochbuch für die kleine alte Frau“, durch ihre klugen Gedanken in „Anstand: Warum wir Takt und gutes Benehmen brauchen“, ihre Weihnachtsbücher und nicht zuletzt ihre prunkvoll ausgestatteten Bibel-Ausgaben – um nur einige ihrer zahlreichen Veröffentlichungen zu nennen.

Unvergessen ist für mich eine urkomische Lesung gemeinsam mit Gerlind Fischer-Diehl (1937-2014) von der Hamburger Autorenvereinigung, in der es um Truthähne zu Thanksgiving und diverse kulinarische und andere Katastrophen rund um die Weihnachtszeit ging.

Sibyl Gräfin Schönfeldt wurde 1927 in Österreich geboren und verstarb 95-jährig am 14. Dezember 2022 in Hamburg. Wir werden ihr Andenken in Ehren halten.

Oh Tannenbaum…

Weihnachtstisch

Endlich! Nach zweijähriger Abstinenz konnten wir unsere langjährige Tradition wieder aufnehmen und die DAP-Weihnachtsfeier am 2. Dezember im „Marriott“ begehen. Wie üblich, hatten die Mitarbeiter des Hotels den Saal festlich dekoriert. Auch der weihnachtlich geschmückte Tannenbaum fehlte nicht. Dessen Anblick hätte Frau Puvogel, die Mutter der legendären Hamburger Göre Klein Erna, bestimmt zu dem begeisterten Ausruf hingerissen: „Guck mal, Erna, sieht tscha aus wie gemaln!“

An diesem bitterkalten Abend kam das als Begrüßungsgetränk gereichte Glas Glühwein den 22 Teilnehmern gerade recht. Nach einer kurzen Ansprache durch unsere Präsidentin Maren Schönfeld ging es mitten hinein in das vorweihnachtliche Programm. Lesungen unserer Mitglieder aus eigenen oder fremden Werken gehörten stets zum Ablauf einer jeden Weihnachtsfeier.

Wolf-Ulrich Cropp

Den Anfang machte Wolf-Ulrich Cropp, der eine Geschichte aus seinem jüngst erschienenen Buch „Zwischen Hamburg und der Ferne“ vorlas. Je weiter die Geschichte voranschreitet, entpuppt „Hautnah“ sich als ein perfides Spiel, das ein junger Student mit seinen arglosen Gastgebern treibt. Wer erinnert sich nicht an den 11. September 2001 – ins kollektive Gedächtnis eingegangen als „Nine Eleven“ – als eine Gruppe von Terroristen die beiden Türme des New Yorker World Trade Center in die Luft sprengte. Das Unheil nahm seinen Lauf in Hamburg-Harburg, wo Mohammed Atta, der Drahtzieher des Attentats, jahrelang scheinbar friedlich unter uns lebte, im wahrsten Sinne des Wortes „hautnah.“ Ein begabter fleißiger Student aus Ägypten, wie alle fassungslos beteuerten, die ihn kannten: „Welche Schlange haben wir an unserem Busen genährt!“ Ein wahres, vom Autor sensibel vorgetragenes Drama.

Das von Gesine Mariona rezitierte Gedicht aus der Zeit unserer Groß- und Urgroßeltern bildete einen willkommenen Kontrast zu Wolfs Erzählung.

Hanna Malzahn, Foto: Maren Schönfeld

Hanna Malzahn, unser neues Mitglied, gab ihren Einstand mit einem echten „Wumms“, wie man neuerdings sagt, indem sie in lockerer Folge aufzählte, wie viele Bürger dieses Landes unsere schöne Sprache verunstalten. Es hat den Anschein, als seien manche nicht mehr in der Lage, einen Satz ohne eine Anzahl völlig überflüssiger Anglizismen zu formulieren. Heute ist ja alles sexy, shit, strange – and by the way – mega-cool. Teenies und Twens geben sich high-five, chatten, chillen und machen sich Gedanken über eine work-life-balance. Dies sind nur einige Kostproben aus Hanna Malzahns akribisch zusammengetragener Fäkal- und Vulgärsprache, wie sie heute leider an der Tagesordnung ist. Unser kürzlich verstorbener Sprachpapst Wolf Schneider hatte immer wieder vor der Verballhornung unserer Sprache gewarnt und auch ein Buch mit dem Titel „Sprecht deutsch“ veröffentlicht. Übrigens sprach Schneider ein makelloses Oxford-Englisch. Im Gegensatz zu unseren Sprachpanschern war er in der Lage, ganze, grammatikalisch einwandfreie Sätze im englischen Idiom zu formulieren. Diesen Text finden Sie hier:
https://die-auswaertige-presse.de/2022/12/x-mas-oder-weihnachtsmaenner-sind-auch-nur-menschen/

Nach den Lesungen genossen wir ein exquisites Büffet – einen Gaumengenuss aus diversen Vorspeisen, krosser Gänsekeule mit Rotkohl und Klößen sowie leckere Desserts – das keinen Wunsch offenließ.

Natürlich durfte auch unser beliebtes Würfelspiel nicht fehlen, das diesmal ohne Würfel stattfand, weil ein Mitglied Knobelbecher und Würfel zu Hause vergessen hatte. So ein Pech. Doch kluge Leute wie die Mitglieder der DAP finden immer eine Lösung. Diesmal wurden die Geschenke qua Münze „erwürfelt.“ Das klappte vorzüglich. Viele waren sogar der Meinung, die Münze sei die bessere Alternative, weil das Spiel schneller von statten gehe. Dennoch, nächstes Jahr werden wir zum Würfel zurückkehren. Allein schon deshalb, weil wir hoffen, 2023 wieder unseren Ehrenpräsidenten Günther Falbe bei uns zu haben, dessen Aufgabe es in über 15 Jahren war, stets das Spiel erneut zu erklären.

Fazit: Diese Weihnachtsfeier wurde von allen als besonders gelungen und harmonisch bewertet. Ein herzlicher Dank geht an die Mitwirkenden an diesem Ereignis. Um ein Haar hätte ich Event geschrieben. Doch im Geiste erschien mir Hanna Malzahns erhobener Zeigefinger gerade noch zur rechten Zeit.

Allen Mitgliedern der DAP ein gesegnetes Weihnachtsfest und den berühmten guten Rutsch in ein hoffentlich friedliches 2023! Apropos, der gute Rutsch kommt aus dem jiddischen „Roscheschone.“ Locker übersetzt heißt der Gruß so viel wie „Auch im Neuen Jahr einen klaren Kopf.“ Den werden wir alle dringend brauchen.

Fotos: Hanna Malzahn

Gedenken an Rosemarie Fiedler-Winter

Dr. Rosemarie Fiedler-Winter

Heute wäre unsere geschätzte Kollegin Rosemarie Fiedler-Winter, eins der langjährigsten Mitglieder der Auswärtigen Presse, 100 Jahre alt geworden. Ihre Verdienste um die DAP sind auch heute nicht vergessen.

Aus Anlass ihres 100. Geburtstags möchten wir Sie gern auf zwei Artikel hinweisen:

Im Jahr 2005 erhielt Rosemarie Fiedler-Winter das Bundesverdienstkreuz, worüber unser Kollege Dr. László Kova hier im Online-Magazin berichtete:
https://die-auswaertige-presse.de/2005/05/bundesverdienstkreuz-fur-rosemarie-fiedler-winter/

Bitte lesen Sie hier ferner einen Beitrag von Ginny G. von Bülow zum Abschied:
https://die-auswaertige-presse.de/2012/11/worte-zum-abschied-fur-unser-mitglied-rosemarie-fiedler-winter/

Mittsommer-Geschichten – Eine Nachlese

Corona? Krieg in der Ukraine? Inflation? Die Kette an Stichwörtern, die uns mit großer Sorge erfüllen, wäre leicht zu verlängern. Am Sonnabend jedoch, den 2.Juli, war in den zauberhaften Anlagen von Planten un Blomen nichts von alledem zu spüren, schienen die Probleme dieser Zeit wie weggezaubert zu sein. Bei schönstem Wetter flanierten die Menschen durch die verschiedenen Gärten, vorbei an Wasserspielen und Blumenbeeten, machten Picknick mit Familien und Freunden, schleckten Eis oder … lauschten an einem von vier stimmungsvollen Plätze der Literatur! Ob im weiten Rund des Musikpavillons, inmitten der Blütenpracht des Rosengartens, im Schatten einer Baum-Oase oder am Ufer der Wasserarkaden; überall lasen – jeweils vier parallel – Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus ihren Werken Lyrik und Prosa.

Fest auf vier Leseinseln

Veranstaltet von Die Auswärtigen Presse und dem Verband Deutscher Schriftsteller*innen, gefördert von Neustart Kultur fand das Lesefest unter dem Titel „Mittsommer-Geschichten“ von 16 bis 20 Uhr unter optimalen Bedingungen statt. Zwischen sechzehn Autorinnen und Autoren konnten die Interessenten wählen. Die vier „Leseinseln“ lagen nur wenige Gehminuten voneinander entfernt, sodass Besucherinnen und Besucher – von kurzen Spaziergängen unterbrochen – vielfältige literarische Kostproben vom Schaffen der Lesenden genießen konnten.

Störte es, dass hier und da Kinder im Hintergrund spielten, Hochzeitsfotos aufgenommen wurden oder Skat gespielt wurde? Nein! Mich jedenfalls nicht. Natürlich braucht es eine gewisse Ruhe und Konzentration, wenn Gelesenes gehört und antizipiert werden soll. Aber wenn man mitten in einem Volkspark wie Planten un Blomen eine derartige Veranstaltung platziert, umrahmt „das richtige Leben“ zwangsläufig die Literatur, oder – im Wechsel der Perspektive – lässt sich die Literatur von der Wochenend-Fröhlichkeit der Besucher umarmen. So wollen wir es doch: Literatur als wahrgenommener Bestandteil, als Angebot, als Möglichkeit für alle! Mittendrin und nicht am Rande oder in der Nische. Und wer weiß, wie viele der Flaneure stehen geblieben sein mögen, neugierig wurden, sich dazu setzten und vielleicht eine neue Lieblingsautorin oder einen ihnen bisher unbekannten Autor entdeckten. Von der DAP waren mit dabei: Reimer Boy Eilers, Gino Leineweber, Susanne Bienwald, Wolf-Ulrich Cropp, Jörg Krämer, László Kova und Joachim Frank.

Mittsommer-Geschichten: Lese-Fest in Planten un Blomen

Gemeinsam mit dem Verband Deutscher Schriftsteller*innen Hamburg und gefördert von Neustart Kultur laden wir sehr herzlich zu unserem Lese-Fest ein. Seien Sie herzlich willkommen! Unternehmen Sie mit uns einen literarischen Spaziergang durch blühende Landschaften in „Planten un Blomen“.
Ohne Anmeldung, einfach stehenbleiben und lauschen.

Programm:

Musikpavillon
16.00-17.00 Gaby Albers
17.00-18.00 Reimer Boy Eilers
18.00-19.00 Charlotte Ueckert
19.00-20-00 Gino Leineweber

Picknickbaum am Seeufer
16.00-17.00 Christine Sterly-Paulsen
17.00-18.00 Susanne Bienwald
18.00-19.00 Margret Silvester
19.00-20.00 Hartmut Höhne

Wasserkaskaden
16.00-17.00 Ruth Frobeen
17.00-18.00 Esther Kaufmann
18.00-19.00 Birgit Rabisch
19.00-20.00 Joachim Frank

Rosengarten
16.00-17.00 Wolf-Ulrich Cropp
17.00-18.00 Jörg Krämer
18.00-19.00 Christina Oskui
19.00-20.00 László Kova

Herz schlägt Krieg: Eine Familiengeschichte aus erster Hand

Hilde Niggetiet Foto: privat

Im ersten Teil seiner zweibändigen Familiensaga führt Jörg Krämer seine Leser in die Welt des Bergbaus im Ruhrgebiet im Jahr 1865. Der Bergmann Johannes Biel und seine Frau Wilhelmine leben in sehr einfachen Verhältnissen und mit harter Arbeit. Acht Kinder ziehen sie liebevoll groß und freuen sich an den kleinen Dingen.

Jörg Krämer erzählt die Geschichte handlungsorientiert und direkt, man ist sofort in das Geschehen eingebunden. Faszinierend ist der Einblick in eine untergegangene Welt ohne Handy, Fernsehen und Multimedia, dafür mit Arbeit bis über die eigenen körperlichen und seelischen Grenzen hinweg. Da sitzt die Frau zu Hause und bangt, weil der Bergmann nicht zur gewohnten Zeit erscheint. Heute würde man eben anrufen. Kinder werden nicht zur Schule gefahren, sondern müssen weite Wege zu Fuß zurücklegen. Jüngere Geschwister tragen die Kleidung der älteren auf.

Foto: Pavlofox/Pixabay

Die Geschichte spielt in der Zeitspanne von 1865 bis 2001, auf knapp über 600 Buchseiten in zwei Bänden („Im Schatten von Schlägel und Eisen“ und „Herz schlägt Krieg“, beide im net-Verlag erschienen). Sie konzentriert sich in der Erzählweise vor allem auf den chronologischen Ablauf und die Personen. Bedingt durch die große Familie kommen viele verschiedene Personen vor, was teilweise etwas verwirrend ist. Im zweiten Teil ist am Ende ein Personenverzeichnis eingefügt, das einige Orientierung bietet.

Eigenhändige Aufzeichnungen der Großmutter

Hat Jörg Krämer den ersten Teil in Autorenperspektive als Roman geschrieben, so tritt der Autor im zweiten Teil ganz hinter der Erzählstimme Hilde Niggetiets – seiner Großmutter – zurück. Die Erzählung wechselt in die Ich-Perspektive und einen Tagebuchstil. Das bringt einige Sprünge im Erzählfluss mit sich, die nicht literarisch bearbeitet wurden; womöglich, um den authentischen Bericht der Protagonistin nicht zu verfälschen. Nun hat es durchaus etwas für sich, einen Menschen des Jahrgangs 1910 in seiner eigenen Sprache erzählen zu lassen. Die Ich-Form berührt direkt, vor allem in den schweren Phasen der Armut und des Krieges, und die aus anderen Zeitzeugenberichten bekannten Motive wie Kinderlandverschickung und Hamstertouren werden durch die eigenen Erlebnisse sehr lebendig. Durch Hilde Niggetiets eher sachlich-zurückhaltenden Stil sind einige Szenen besonders verstärkt, wenn sie beispielsweise berichtet, wie ihrer Tochter Edith nach der Zangengeburt des ersten Kindes die Beine zusammengebunden wurden, damit die Nähte nicht rissen.

Mit Blick auf das Positive
Foto: Congerdesign/Pixabay

Berührend ist auch, wie die Erzählerin sich bemüht, möglichst viel Positives zu berichten. Immer wieder kommentiert sie ihre Ausführungen selbst in dem Sinne, dass sie dem Schweren nicht zu viel Raum geben möchte. Eine Haltung, die mich an meine Großeltern (Jahrgang 1920) erinnert. Und wie konnte diese Generation auch anders überleben als durch Verdrängung? Meine Großmutter sagte in schweren Zeiten immer, man solle sich nur Schönes ansehen. Und so ist auch in der Familie des Autors Jörg Krämer der Blick eher auf das Schöne als auf das Schlimme gerichtet, und das bei Schicksalsschlägen, die mir beim Lesen manchmal den Atem verschlagen haben. Irgendwie muss es weitergehen, so ist das Motto, und es geht auch weiter, irgendwie. Männer schuften in der Zeche und leisten sich vielleicht ein bescheidenes Hobby wie die Taubenzucht, Frauen schuften zu Hause, zu Anfang von Krämers Geschichte ohne Waschmaschine und mit Wasser auf dem Kohleherd. In jeder freien Minuten scheinen die Frauen der Familie feinste Handarbeiten herzustellen, denn Schönheit war ihnen durchaus wichtig, und da sie nichts kaufen konnten, stickten, häkelten, nähten und strickten sie eben alles selbst und freuten sich daran. Der Einblick in diese Welt, auch in die Fertigkeiten der Menschen, in das Bemühen um Frieden und liebevolles Miteinander, ist sehr anrührend. Manches Wort, wie z. B. „Gabelarbeit“ (eine Häkeltechnik), musste ich nachschlagen. Nicht nur eine untergegangene Welt, auch untergegangene Worte finden sich in Jörg Krämers Familiensaga.

Gleichwohl birgt die tagebuchartige Erzählweise die Gefahr, dass man als Leser mit einigen Sprüngen zwischen Personen nicht mehr nachkommt. Auch wenn es noch schwieriger gewesen wäre, als es vermutlich ohnehin schon war, so einen langen Zeitraum in zwei Büchern unterzubringen, habe ich teilweise im ersten Teil ein Verweilen bei einzelnen Personen vermisst. Im zweiten Teil wäre es vielleicht einen Versuch wert gewesen, behutsam in den Tagebuchstil einzugreifen und ihn mit romanhaften Verbindungen zu ergänzen; allerdings ist es verständlich, wenn der Autor dies aus Gründen der Authentizität unterlassen hat.

Spannung aus vergangenen Zeiten
Foto: Uki_71/Pixabay

Wie auch immer: Eine spannend erzählte Geschichte ist es allemal, man wird als Leser etwas daraus mitnehmen, sei es die eine oder andere Information, wie man „damals“ und speziell in der Bergbau-Welt – die es wohl bald gar nicht mehr geben wird – gelebt hat; sei es ein Einblick in das Seelenleben einer Generation, die sich mit existenziellen Fragen tagtäglich buchstäblich abarbeiten musste und das Wohl der Familie über alles stellte, was mir beim Betrachten unserer heutigen Gesellschaft durchaus den einen oder anderen Denkimpuls gibt. Jörg Krämer hat ein Zeitzeugendokument geschaffen und dabei seiner Großmutter eine Stimme verliehen. Sie beschreibt an einer Stelle, dass es ihm als Oberschüler an Ehrgeiz gemangelt hätte (S. 239, „Herz schlägt Krieg“). Das muss sich später allerdings gründlich geändert haben, denn ohne Ehrgeiz ist so eine Recherche und Romanarbeit kaum zu bewerkstelligen.

 

Über den Autor:
Jörg Krämer Foto: privat

Jörg Krämer, Autor und Taekwondoin, wurde 1966 in Witten geboren, wo er gemeinsam mit seiner Familie lebt. Die Liebe zum Schreiben entdeckte er durch seinen Hund Odin, über dessen Rasse Germanischer Bärenhund er bereits ein Buch schrieb. Oft spielt in seinen Geschichten ein Germanischer Bärenhund mit.

Jörg Krämers Seite in unserem Online-Magazin

 

Die Familiensaga entstand in der Zeit von 2013 bis 2017 und basiert auf handschriftlichen Aufzeichnungen der Hauptfigur Hilde Niggetiet sowie deren Aufnahmen auf Kassette. Dabei war es Jörg Krämer wichtig, den authentischen Originaltext für die Nachwelt zu erhalten.

 

Von Meeren und Wüsten. Die HAV tagte in den Bethanienhöfen

Gemälde von Angelika Kahl

Sie kamen im Doppelpack: Zwei Fahrensleute im besten Mannesalter, de wat to vertellen hebt. Wolf Cropp eröffnete die Lesung im wohl klingenden Bariton mit dem Shanty „Ick heff mol en hamborger Veermaster sehn, to my hoodah. to my hoodah, de Masten so scheef as den Schipper sien Been…“

Ein passender Einstieg in einen Törn mit der Viermastbark „Peking“, die der agile Autor im September letzten Jahres unternahm, als er die Verholung der aufwendig restaurierten Bark von Glücksburg nach Hamburg begleitete. Wolf ist Mitglied der „Freunde der Viermasterbark Peking e.V.“ und Experte bezüglich der Entstehungs- und Erfolgsgeschichte dieses ehrwürdigen Windjammers. Die „Peking“ ist einer der vier noch erhaltenen legendären Flying P-Liner der Hamburger Reederei Laeisz, die am 25. Februar 1911 zum ersten Mal auslief. Inzwischen ist das prachtvolle Segelschiff in die Jahre gekommen und reif fürs Museum. Sein künftiger Liegeplatz wird vermutlich bis zur Fertigstellung des Deutschen Hafenmuseums der Kleine Grasbrook sein. Da klingelt doch etwas. Wurde nicht im Jahre des Herrn 1401 direkt nebenan der berühmt-berüchtigte Seeräuber Klaus Störtebeker hingerichtet, den romantische Seelen zum Robin Hood der Meere verklärten?

Wolf-Ulrich Cropp

Doch zurück zur “Peking“, über deren abenteuerliche Reisen auf den Weltmeeren Wolf Cropp so anschaulich berichtet, dass man meint, dabei gewesen zu sein. „Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er drei Mal um Kap Hoorn“, zitiert der Autor einen alten Seemannsspruch und schlägt mit seinen abenteuerlichen Erzählungen über Cap Horniers und deren gefährliche Unternehmungen das Publikum in seinen Bann.

Exkursion in die Sahara

Szenenwechsel. Nahtlos tauchen wir ein in geheimnisvolle Wüstenlandschaften, in die selten ein Europäer den Fuß setzt. In einer der fünfzehn Kurzgeschichten in „Jenseits der Westwelt“ beschreibt Cropp seine Erfahrungen während einer Exkursion in die Sahara. Nach einem Besuch bei den Tuareg findet er sich plötzlich mutterseelenallein in der Wüste wieder. Denn während er die Gegend erkundete, hatte der Stamm seine Zelte abgebrochen und sich auf den Weg zum nächsten Rastplatz gemacht. Rund um den Fremdling nur Sanddünen und eine atemlose Stille, wie er sie noch nie erlebt hatte. Was bei den meisten Panikanfälle ausgelöst hätte, führt Cropp zu Frieden und tiefer innerer Einsicht. Eine Erzählung, die tief bewegt und zum Nachdenken anregt.

Das Meer und Helgoland
Reimer Boy Eilers

Reimer Boy Eilers ist aus ähnlichem Holz geschnitzt wie Wolf Cropp. Auch er ist ein weit gereister Mann, der das Meer über alles liebt. Besonders die Nordsee. So lautet auch der schmale Band „Mehr Nordsee“, aus dem der Autor ein Gedicht zum Besten gab, bevor er zu seinem 570 Seiten starken Opus Magnum „Das Helgoland. der Höllensturz: Oder wie ein Esquimeaux das Glück auf der Roten Klippe findet“ überging. Hinter diesem etwas sperrigen Titel verbirgt sich ein äußerst kniffliger Kriminalfall, der sich Anfang des 16. Jahrhunderts auf Helgoland abspielte oder sich abgespielt haben soll. Ein Kapitän aus Amsterdam, der Station auf dem Roten Felsen macht, stürzt die Treppe zum Oberland hinunter. Er stirbt – horribile dictu – ohne die Sakramente der Heiligen Kirche empfangen zu haben, und wird von den Insulanern auf dem Friedhof der Wasserleichen und Namenlosen hoch oben in den Dünen verscharrt. Ist der Mann durch einen Unfall zu Tode gekommen oder war es Mord? Das ist die Frage, die den Autor bewegt. Die Ermittlungen werden von einem Mann namens Pay Edel Edlefsen und seinem Freund und Jagdgefährten Equimeaux Quivitoq, genannt Menschenkind, geführt. Und das gegen den Willen des Fischerhauptmanns, Pays Vater Boje Edlef. Hat der Hauptmann etwas zu verbergen? Bevor der Fall geklärt ist, wartet die Nordsee mit einer Reihe höllenartiger Stürme und anderer Unbill auf.

Der verscherbelte Kalkfelsen

Autor Eilers las einem andächtig lauschenden Publikum mehrere Kapitel seines Thrillers vor und erklärte nebenbei allerhand Wissenswertes über das rote Kliff, Deutschlands einzige Hochseeinsel. Wer wusste zum Beispiel, dass Helgoland einst neben der Langen Anna noch ein weiteres Wahrzeichen hatte? Der schneeweiße Kalkfelsen, von dem die Rede ist, existiert seit langem nicht mehr. Er wurde vom Landesherrn gegen klingende Münze verscherbelt, ohne dass er die Insulaner zuvor um ihre Zustimmung gebeten hatte. Profit stand eben seinerzeit schon an erster Stelle. Was interessierte schon die vox populi? Auch über die strengen Sitten und Gebräuche von anno dunnemals auf der Insel weiß der Autor anschaulich zu berichten. Ein durch und durch ebenso lesenswertes wie spannendes Buch. Eine ausführliche Besprechung von „Das Helgoland, der Höllensturz. Oder: Wie ein Esquimeaux das Glück auf der Roten Klippe findet“ wird in unserem DAP Online-Magazin erscheinen, sobald die Rezensentin den dicken Wälzer von weit über fünfhundert Seiten vollständig gelesen hat.

Vom Cap Horn zum Cap Hornisse

Die Lesung fand in einer sehr entspannten Atmosphäre statt. Frei von Genderei und „Gedöns.“ Ohne Zweifel wird es inzwischen auch weibliche „Cap Horniers“ geben, die die gefährliche Umrundung des Kaps mit Bravour meistern. Aber wie sollen wir die im Zeitalter des nahezu militanten Feminismus nennen? Ich habe da einen Vorschlag zur Güte: Wie wäre es mit „Cap Hornisse?“ Klingt gut und hat etwas unverkennbar Martialisches.

Wem eine bessere Lösung für dieses weltbewegende Problem einfällt, möge sich melden. Ach ja, und Esquimeaux oder Eskimo geht natürlich gar nicht, lieber Reimer Boy Eilers. Das soll ja Fleischfresser bedeuten und ist daher in Zeiten von Veggitum und Veganismus total verpönt. Immer dran denken: Heute ist Inuit angesagt. Man möge es den Helgoländern verzeihen, dass sie diese Sprachregelung im 16. Jahrhundert noch nicht kannten!

Sabine Witt

Die Zuhörer applaudierten den beiden Autoren und freuten sich über diesen gelungenen Abend in den Bethanien-Höfen. Ein herzliches Dankeschön geht an Sabine Witt, die Vorsitzende der Hamburger Autorenvereinigung, die die Lesung gewohnt charmant moderierte.

 

 

 

Wolf-Ulrich Cropp: https://die-auswaertige-presse.de/mitglieder-1/cropp-wolf-ulrich-dr/

Reimer Boy Eilers: https://die-auswaertige-presse.de/mitglieder-1/eilers-dr-reimer-boy/

Sabine Witt: https://die-auswaertige-presse.de/mitglieder-1/witt-sabine/

Rucksack – A Global Poetry Patchwork

Rucksack 2020, Foto: Antje Stehn :: Die Installation ist seit September 2020 im Il Piccolo Museo della Poesia, Chiesa di San Cristoforo (Piacenza/Italien) zu sehen.

Drei unserer Mitglieder, nämlich Emina Čabaravdić-Kamber, Maren Schönfeld und Gino Leineweber, sind an dem internationalen Poesie-Projekt mit Gedichten beteiligt. Das von Antje Stehn initiierte Projekt beschreibt sie auf ihrer Seite thedreamingmachine.com:

Rucksack, bei Global Poetry Patchwork ist ein Kunstinstallationsprojekt, das am 26. September 2020 im Piccolo Museo della Poesia in Piacenza (Italien) eröffnet wird. Es besteht aus zwei Makroarbeiten: einer Installation mit einem großen Beutel, dem Rucksack, aus getrockneten Teebeuteln und einer Ausstellung mit kurzen Gedichten, die am Ende der Ausstellung in das Museumsarchiv aufgenommen werden sollen. Eine Audio-Loop-Installation bietet dem Publikum die Möglichkeit, den Stimmen von Dichtern zu lauschen, die in ihrer Muttersprache rezitieren. Das Werk vereint eine große Anzahl von Menschen, Orten, Visionen, Sprachen und unterstreicht den Wert der Nähe, der in diesem von Distanz und Enge geprägten historischen Moment, von der akuten Prekarität des menschlichen Netzwerks, so bedeutsam ist. 

Warum Tee? Warum Poesie?

Teebeutel haben eine lange Geschichte, die bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht, als die Chinesen anfingen, kleine quadratische Beutel zu nähen, um das Aroma der verschiedenen Tees besser zu bewahren. Die „Tee- und Pferderoute“ entstand während der Tang-Dynastie (618-907), lange vor der Seidenstraße, um die Handelsbeziehungen zwischen Tibet und China zu festigen. Und seitdem gehören Teebeutel zu den kleinsten Behältern, die wir in jedem Haushalt verwenden und finden. Tragetaschen gehörten zu den ersten Werkzeugen, die Frauen und Männer benutzten, um Gegenstände und Erinnerungen zu transportieren. Unsere Vorfahren waren Jäger und Sammler, aber in Wirklichkeit dominierten Sammler, da 80% ihrer Nahrung aus dem Sammeln von Samen, Wurzeln, Früchten in Netzen, Säcken und in jeder Art von Lichtbehälter stammten. Taschen waren gestern wie heute wichtige Transportmittel, wie wir sehen, dass Tüten in den Supermärkten als Einkaufsbehälter verwendet werden. 

seeking unity / by drawning the argument / in a cup of tea :: Haikuinstallation: Maren Schönfeld / Übersetzung: Barry Stevenson

Poeten aus aller Welt haben Gedichte eingereicht, teilweise auch künstlerisch verpackt, und kurze Filme mit der Lesung ihrer Gedichte in ihrer Muttersprache gedreht. Diese sind auf dem Youtube-Kanal Rucksack a Global Poetry Patchwork zu sehen.

Deutsch-italienischer Lyrik-Nachmittag

Gemeinsam mit der Hamburger Autorenvereinigung gestaltet Antje Stehn mit den Autorinnen und Autoren Emina Čabaravdić-Kamber, Sabrina De Canio, Uwe Friesel, Don Krieger, Gino Leineweber, Claudia Piccino, Mamta Sagar und George Wallace einen Lyrik-Nachmittag. Die Begrüßung übernimmt die Vorsitzende der Hamburger Autorenvereinigung, Sabine Witt (ebenfalls Mitglied der DAP), die Moderation erfolgt durch die Initiatorin des Projektes, Antje Stehn, sowie den Hamburger Autor und Ehrenvorsitzenden der HAV, Gino Leinweber.
Die Lesung findet am Samstag, den 10.07.2021, als Zoom-Meeting statt. Der Beginn ist um 19:00 Uhr. Anmeldung unter info@hh-av.de, den Teilnahmelink erhalten Zuhörer dann per E-Mail.
Die Teilnahmegebühr beträgt € 8, für Mitglieder der HAV frei.

Gefördert von der Behörde für Kultur und Medien.

„Eidelstedter Farbpinsel“ – ein Raum für Kreativität

Christa Kromeier: Frühlingswache

„Die graue, herzlose Welt müsste behübscht werden. Ein menschlicher, freundlicher, heiterer Geist soll einziehen in die Wohnungen, die Häuser und in die Spitäler“, sagte einer, der in der bildenden Kunst im 20. Jahrhundert etwas Besonderes geschaffen hat. Viele haben seine Größe zu Beginn nur zögernd erkannt. War er trotz seiner Genialität dennoch ein Querulant? Nein! Er zeigte, wie es in der Welt interessanter und ästhetischer zugehen kann. Er war der Künstler, der am stärksten auf das Lebensumfeld der Menschen gewirkt hat, und zwar nicht nur in den Galerien, sondern auch im tagtäglichen Leben. Er hat alle ermutigt, sich aus den Fenstern hinauszulehnen und die Außenwände um die Fenster herum mit kräftigen Farben zu bemalten, zu „behübschen“. Dieser österreichische Künstler heißt Friedensreich Hundertwasser (1928-2000).

Er lebte, wirkte und handelte eigentlich im Sinne des deutschen Aktionskünstlers Joseph Heinrich Beuys (19211986), der alle Zeitgenossen ermutigte: „Jeder ist ein Künstler“. Beide großartigen Künstler sprachen das Individuum an, sein kreatives Potenzial zu entwickeln, Hemmungen abzuschütteln und sich schöpferisch zu betätigen.

Kreatives Potenzial entwickeln und Hemmungen abschütteln

Diese Ideen versuchten und versuchen die Kursteilnehmerinnen und Kursteilnehmer im Eidelstedter Bürgerhaus seit etwa 15 Jahren zu verwirklichen bzw. sich diesen Ideen zu nähern. Mit ihren selbst angefertigten Zeichnungen und gemalten Gemälden „behübschen“ sie ihre Wohnungen, aber auch ihre Arbeitsbereiche, also Räume überall dort, wo sie leben, lieben oder arbeiten. Sie treffen sich wöchentlich einmal im „Kreativraum“ des Bürgerhauses.

Britta Nürnberger: Frauen

Den Lehrgangsteilnehmerinnen und -teilnehmern sind die Sitzungen kreative Anlässe, in denen sie im Team Bildideen entwickeln, sich austauschen und sich im Bereich Kunst weiterentwickeln. Hier können sie sich ihrer Leidenschaft hingeben. Sie sind Hausfreuen, Mütter, Väter, Büroangestellte etc.: Es sind Bürger wie du und ich.

Vom Bleistift bis zum Spektrum der Farben

Während der ersten Stunden lernt man den Umgang mit dem Bleistift kennen, dabei ist das ständige Greifen nach dem Radiergummi verpönt. Danach geht die Einführung in der Bildgestaltung mit Pinsel und Farben weiter. Ein wichtiger Bestandteil der Schulung ist auch die Perspektiv-, Kompositions- und Farbenlehre. Die Entwicklung der Fertigkeiten kommt nicht selten überraschend schnell voran. Einige ergriffen Bleistift und Pinsel erst vor Kurzem und gestalten bereits von Woche zu Woche ihre Bilder in Acryl, Aquarell oder Öl auf Bütten-Papier oder Leinen. Es macht ihnen Riesenspaß, ihre Gedanken und Emotionen in diversen Gemälden in zwei Dimensionen eigenhändig zu visualisieren.

Eva-Maria Lorenz: Tulpengruß

„Ich habe gar nicht gewusst, dass ich das kann“, äußern sich einige überrascht nach der Malstunde und freuen sich über ihr eigenes Gemälde. Durch die maltechnische Schulung und langjährige Praxis kann die Malgruppe ein ansehnliches Niveau bereits aufweisen.

Welche Themenkreise werden auf Malblock oder Leinen gebracht? Ihre beliebten Motive sind Stillleben, abstrakte Gemälde und Landschaftsbilder, wie z. B. die Alster, Elbe, der Hafen, die Speicherstadt, diverse Gebäude der Hansestadt Hamburg und/oder frequentierte Plätze, Straßen, Kirchen der direkten Umgebung in Eidelstedt. Am häufigsten werden dazu Vorlagen verwendet, wie z. B. Fotos sowie Bilder aus Zeitungen und Magazinen. Im Sommer malt man „en plein air“, direkt vor Ort in der Natur, wo die Herausforderung bei ‚Wind und Wetter‘ erheblich größer als in einem Atelier ist.

Die Kenntniserweiterung wird auch durch Projektaufgaben gefördert, in denen die wichtigsten Perioden der Kunstgeschichte besprochen werden. Der Lehrgang beschäftigt sich mit Maltechniken, Form- und Farbenwelten weltbekannter Künstler wie dem niederländischen Maler Vincent van Gogh, dem norwegischen Künstler Edvard Munch oder dem deutschen Expressionisten Emil Nolde usw.

Die Ausstellungen sind das Salz in der Suppe

Diese Bildpräsentationen finden in öffentlichen Gebäuden statt, wie in Kirchen, Altenheimen, Rat- und Bürgerhäusern, Bücherhallen etc. Die Vernissagen sind für die breite Öffentlichkeit gedacht, wo die örtliche Presse unser ständiger Begleiter ist. Diese Feierlichkeiten werden professionell mit Laudatio, literarischen Beiträgen und Musikspektakeln gestaltet. Die Kursteilnehmerinnen und -teilnehmer haben sich in den letzteren Jahren als ‚Eidelstedter Farbpinsel‘ einen gewissen Bekanntheitsgrad erarbeitet.

Beatrice Funck: Schattenraum

Besonders erwähnenswert sind außerdem die sozialen Kontakte innerhalb der Gruppe, die durch Telefon, E-Mail, Facebook, Handy und persönliche Treffen außerhalb der Sitzungen fortlaufend gepflegt werden. Bei alleinstehenden Malerinnen und Malern gewannen diese sozialen Ereignisse eine bedeutende Relevanz. Wir lassen niemanden einsam sein. Eben diesen seit Jahren funktionierenden Verbindungen ist es zu verdanken, dass eine Ausstellung während der Corona-Epidemie (Mai-Juni 2021) im Albertinen-Haus Hamburg vor ein paar Tagen schnell zu organisieren war, obwohl die Sitzungen fürs Malen ca. seit einem Jahr vollständig pausieren. Somit hat die Gruppe dazu beigetragen, den Bewohnern des Alten- und Pflegeheimes die Monotonie des Alltags während der Corona-Pandemie durch die Ausstellung „Form- und Farbenvielfalt“ erträglicher zu gestalten. So leisten die mit viel Enthusiasmus gemalten Bilder einen intellektuellen, emotionalen, psychologischen und kulturellen Dienst nicht nur für die Malerinnen selbst, sondern darüber hinaus für andere Menschen. Die Gemälde sind dort bis 31. Juni 2021 zu sehen. Die Ausstellerinnen sind Ute Bantin, Hanne Bey, Siegrit Herz, Monica Ehrig, Beatrice Funck, Christa Kromeier, Eva-Maria Lorenz, Britta Nürnberger und Elfi Riemenschneider.

Das Zuhause des ‚Eidelstedter Farbpinsels‘ befindet sich im Bürgerhaus in der Alten Elbgaustraße 12 in Eidelstedt. Dieses geschichtsträchtige Gebäude hat eine lange Geschichte und steht vor einer neuen Zukunft. Es wurde 1887 als Schule gebaut, die Alliierten zerstörten es durch Bombenangriffe 1943, dann diente es bis 1951 wieder als Schule und schließlich wurde es 1980 zum Bürgerhaus und Kulturzentrum. Dieser traditionsträchtige Bau erlebt eine umfassende Modernisierung und eine Erweiterung durch einen Anbau in zeitgemäßer Architektur, der voraussichtlich im Juli 2022 mit großen Feierlichkeiten eingeweiht wird. Das alte, aber runderneuerte Schulgebäude zeigt sich dann bald in frischem Design mit einem Café, der Elternschule, der Bücherhalle, einem Gastraum, einer Terrasse und dem neuen Veranstaltungssaal als stolzes Kultur-, Bildungs- und Veranstaltungshaus. Es wird sicherlich ein erhabenes Gefühl sein, in den lichtdurchfluteten Räumen die Pinsel über Malblock und Leinwände schweben zu lassen.

Aus dem Archiv Dezember 2015_AustellerInnen und Kursleiter Dr. László Kova im ForumVitalis Hamburg

Notabene: Dr. László Kova ist der Kursleiter und Gründer des ‚Eidelstedter Malpinsels‘.

 

 

 

 

Siegrit Herz: Rennende Pferde

„Schreib einfach!“

Schreiben kann erfüllen, befreien, berauschen und glücklich machen, aber sich auch als schwierige Angelegenheit entpuppen.  Wie fängt man an, über was und in welcher Form soll man schreiben, wie überwindet man Schreibblockaden? Maren Schönfeld möchte mit ihrem neuen Buch hierzu Hilfestellung leisten, aber nicht nur das. Sowohl für Anfänger als auch für erfahrene Autoren hat sie zahlreiche Tipps und Übungen zusammengetragen, die unmittelbar in die Kreativität führen und dazu einladen, rund um das Thema Schreiben Neues zu entdecken und auszuprobieren. Das erste von insgesamt drei Kapiteln beinhaltet 32 Übungen, die als Schreibimpulse mit teils spielerischem, teils reflektorischem Charakter helfen sollen, in den Schreibprozess zu kommen. Dazu gibt es Anregungen, wie man im hektischen Alltag regelmäßige, kleine Auszeiten zum Schreiben finden kann.
Das zweite Kapitel enthält umfangreiche Anleitungen zum autobiografischen Schreiben, während es im letzten Kapitel um das Thema Lyrik geht. Hier werden unterschiedliche Gedichtformen aus der klassischen Poesie vorgestellt, wie Tanka, Haiku, Sonett, Fünfzeiler, Elfchen und Rondell, dazu Scherz- und Nonsenspoesie, wie Limerick, Leberreim und Klapphornvers. Beispiele zur konkreten Poesie, sowie verschiedene Schreibspiele und Hinweise zu weiterführender Literatur runden das Buch ab.
Wie in allen Disziplinen helfen auch beim Schreiben handwerkliche Kenntnisse enorm, sich besser ausdrücken und weiterentwickeln zu können. Diesbezüglich hat das Buch einen großen Fundus zu bieten. Die fast zwanzigjährige Erfahrung der Autorin als Schreibcoach und Dozentin in der Erwachsenenbildung sind das große Plus des Buches. Die Tipps sind praxisnah und haben sich im Rahmen langjähriger Schreibkurse bei einer großen Teilnehmerzahl bewährt. Der einfühlsame und motivierende Schreibstil macht das Werk zum großen Lesevergnügen.
Fazit: Das Buch wird seinem Titel vollends gerecht und ist sowohl für Anfänger als auch für fortgeschrittene Autoren ein äußerst nützlicher Begleiter, den man immer wieder zur Hand nehmen kann. Eine klare Kaufempfehlung!

 

Taschenbuch : 112 Seiten
ISBN-10 : 3947911432
ISBN-13 : 978-3947911431
Abmessungen : 11.5 x 0.9 x 18.4 cm
Herausgeber : Verlag Expeditionen

Ein Leben für die Kunst: Unser Mitglied László Kova wird achtzig

Laut Joseph Beuys ist jeder Mensch ein Künstler. Über diese Aussage kann man durchaus geteilter Meinung sein. Er selbst, das Enfant terrible der internationalen Kunstszene, war zeitlebens umstritten. Während manche ihn für ein Genie hielten, war er für andere ein Scharlatan, der mit seinen ausgefallenen Ideen die Welt beeindrucken und gleichzeitig abzocken wollte. Man denke nur an seinen berühmten Fettfilz, den eine übereifrige Putzfrau aus einer Gummiwanne mit einem Wisch entfernte, weil sie ihn für Schmutz hielt. Das betroffene Dortmunder Museum hatte innerhalb weniger Minuten ein epochales Kunstwerk im Werte von 800.000 Euro verloren. Ein Skandal, der die Presse im In- und Ausland über Wochen und Monate beschäftigte. Nicht wenige „Kunstbanausen“ amüsierten sich königlich über diesen Fauxpas, während manche der Frau im Arbeitskittel zu ihrer Courage gratulierten, diesen „Mist“ dahin entsorgt zu haben, wo er hingehört – in den Abfluss. Kunst kommt von Können, sagt der Volksmund, und wirkliches Können wollten viele dem Aktionskünstler und Provokateur nicht zubilligen.

Aber in medias res. Heute möchten wir einen Mann ehren, den wir als einen veritablen Künstler bezeichnen können und der mit seinem vielseitigen Werk

viele Kunstliebhaber anspricht. Ob großformatige Ölgemälde, filigrane Blütenträume in Acryl, mit leichter Hand hingeworfene Skizzen oder bronzene Skulpturen – László Kova ist in allen Sätteln der schönen Künste gerecht und versucht sich ständig an neuen Techniken. Doch nicht genug damit. Der Mann hat sich auch als Schriftsteller und Lyriker einen Namen gemacht. Das Herz sei für seine Poesie sehr wichtig, offenbarte Kova einem Journalisten des STERN während eines Interviews, denn – Originalton Kova – „wenn ich in schlaflosen Nächten vom Erlebten und Erfundenen überfallen werde, zwingt mich das unausweichlich zur Bewältigung, zur Verarbeitung, zum Schreiben. Da ergeht es mir ähnlich wie bei meinem Drang zur Malerei.“ Der 1940 in Budapest geborene Ungar erwies sich bereits in jungen Jahren als eine Art „enfant prodige“, das Gedichte und Geschichten schrieb und selbst illustrierte. Später studierte er auf Lehramt und promovierte zum Doktor der Volkswirtschaft. Sein Hauptanliegen aber war von jeher die Kunst, der er sich mit Leib und Seele verschrieb. 1974 kam László Kova als politischer Flüchtling nach Deutschland, wo er seine künstlerische Weiterbildung an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg bei Professor Günther Cordes pflegte. Als Journalist war Kova ebenfalls unterwegs. Er schrieb für verschiedene deutsche Zeitungen und betätigte sich nebenbei noch als Handballtrainer in der Bundesliga. Auch als Deutschlehrer war er erfolgreich. Dafür erhielt er von seiner internationalen Schülergemeinde einen vergoldeten Oscar mit der Inschrift „Dem besten Lehrer.“ Mehr geht nicht. Oder doch? Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass der athletische Mann bis vor nicht allzu langer Zeit jährlich den Balaton (Plattensee) in ein einer sehr guten Zeit durchschwamm. Immerhin eine Stecke von 5,2 Kilometern. Und dies im Alter von fünfundsiebzig Jahren plus. Chapeau!

Es versteht sich von selbst, dass László Kova an seinem 80, Geburtstag am 14. November dieses Jahres eine Hommage gebührt. Diese findet in Form einer Ausstellung im Hotel New Living Home in Hamburg-Lokstedt statt. Hier wird eine kleine Auswahl von Kovas Bildern gezeigt. Mit von der Partie ist die Ehefrau des Künstlers Witka Kova, deren einzigartige Aquarelle hier ebenfalls präsent sind. Eine partnerschaftliche Gesamtschau vom Feinsten!

Werfen wir jetzt einen Blick auf die Werke des Künstlerehepaars Witka und László Kova, die leider dem Publikum wegen der Corona Pandemie zurzeit nicht zugänglich sind. Die Auswahl kann kontrastreicher kaum sein. Während László in erster Linie Motive aus nördlichen Regionen gewählt hat, kapriziert sich Witka mehr auf südliche Gefilde. Ihre in Venedig entstandenen Aquarelle machen den morbiden Charme der Serenissima fast körperlich erlebbar. Hier wird auch die dunkle Seite der Lagunenstadt beleuchtet mit ihren bröckelnden Fassaden, die sich in den dunklen Wassern der Kanäle spiegeln. Ausgeführt in jenem sensitiven Duktus, der dem Oeuvre Witka Kovas innewohnt. Auch die Szenen aus dem Hamburger Hafen mit ihren im Nebel liegenden Kränen und Docks tragen die unverkennbare Handschrift der Künstlerin, die sich immer wieder neu erfindet und gern mit verschiedenen Materialien experimentiert. Sie verarbeitet auch Seide und Seidenpapier in ihren Bildern. Traumhaft ist Witkas weiblicher Akt auf rotem Untergrund – gleichermaßen vom Eros und einer zerbrechlichen Unschuld beseelt. Witka wurde 1955 im polnischen Sensburg geboren und studierte als junge Frau Bauwesen. Diesem Studium verdankt sie ihr sicheres Gefühl für Proportionen und Perspektiven, die ihre Aquarelle unverwechselbar machen. Die Mutter zweier Kinder ist Mitglied der Aquarellwerkstatt Hamburg. Ihre Bilder wurden bereits in mehreren Kunstmagazinen veröffentlicht, darunter im Artmagazin Kunsthandel und im Lady-Tagebuchkalender des Münchener Heyneverlags. Zudem veranstalten sie und Ehemann László regelmäßig Mal- und Kunstkurse.

László Kova macht seinem Ruf „Werke voller Lebensfreude“ zu schaffen, alle Ehre. Die explodierenden Farben des Gemäldes „Rapsfeld am See“ lassen auf Anhieb gute Laune aufkommen. Man hat Lust, mitten durch das sonnengelbe Feld zu laufen und in die spiegelglatte Fläche des Sees einzutauchen. Von entspannter Lebensfreude zeugt das Selbstporträt auf einem Steg an der Außenalster, wo der Künstler sich zu einer Schaffenspause mit einem Buch niedergelassen hat. Auch der rote Felsen von Helgoland mit der Langen Anna sowie die Backsteinbauten in der Hafencity dürfen in Kovas vielschichtigem Werk nicht fehlen. Ein Kontrastprogramm zu diesen in kräftigen Farben gehaltenen Gemälden bilden die filigranen Blumen- und Blütenträume, die Kovas Meisterschaft für das Zarte und Vergängliche belegen. Lassen wir an dieser Stelle einen Experten zu Worte kommen: „Kovas Werke strahlen Entschlossenheit, Klarheit, Zuversicht und Optimismus aus. die von dem ungarischen Vollblutkünstler ausgeübte Maltechnik lässt deutlich eine empfindsame Besessenheit von Farbe und Form erkennen.“

Jeder, der die Jubiläumsausstellung besucht, verlässt mit einem Lächeln auf den Lippen das Foyer des Hotels. Und das ist doch schon etwas an diesen trüben Herbsttagen, die uns durch die vielen Einschränkungen unserer Freiheit nicht gerade versüßt werden. Ein Dankeschön geht an die beiden Künstler. An erster Stelle natürlich an den Jubilar, der heute 80 Jahre alt wird. Selbst wenn es etwas abgeschmackt klingen mag. so sagen wir doch nicht ohne Bewunderung: „Achtzig Jahre und kein bisschen müde.“ Herzlichen Glückwunsch, lieber László, bleibe gesund und erhalte Dir Deine schöpferische Kraft bis in das biblische Alter eines Methusalem.

In diesem Sinne…
Der Vorstand der Auswärtigen Presse
im Namen aller Mitglieder

 

Die Ausstellung im New Living Home, Julius-Vosseler-Straße 40 läuft noch bis Ende Dezember 2020. Eintritt frei.

Link zur Website der Künstler: http://www.edition-kova.de/

Die Wirrnisse des Alltags

Lilo Hoffmanns neuer Roman spielt in Eimsbüttel, Lokstedt und St. Pauli.

Erst vergisst sie ein Kind aus ihrer Gruppe auf dem Spielplatz und dann fährt ihr auch noch so ein Modepüppchen ins Auto – die Woche fängt ja gut an!
Als Leserin bin ich sofort in der Geschichte, die so temporeich beginnt. An der Seite der Erzieherin Iris geht es, zeitweilig mit einem Eierlikör gestärkt, weiter durch deren turbulente Tage, eben wie im echten Leben. Vor der Lokalkulisse Hamburgs erzählt Autorin Lilo Hoffmann die Ereignisse zweier sehr verschiedener Mitbewohner – von denen eine das Modepüppchen werden wird – und die Erlebnisse der Hauptperson Iris. Deren Freund Alex war am Anfang ganz hinreißend und ist nun eher ins Vage abgedriftet, bevor er sie mit einer nicht vorhersehbaren Lebenswendung überraschen wird. Neben Modepüppchen Dana, ihres Zeichens Radiomoderatorin und mit schrägen Typen bekannt, kommt Iris sich manchmal wenig hip vor, bis sie herausfindet, dass da auch nicht alles Gold ist, was glänzt. Die Eierlikör-Tradition ihrer Großmutter bildet eine stabilisierende Konstante für Iris und erfreut die Leserin gleichermaßen. So treibt das Leben Iris in diverse lustige und weniger lustige Situationen, es geht um Abschiede und (neue) Freundschaften, um dumme und schöne Zufälle. Iris gibt sich keine Mühe, die hippe Großstädterin zu geben, sondern schaut mit sympathischer Verwunderung und vielleicht ein wenig heimlicher Verehrung Danas Treiben zu. Sie verbiegt sich nicht, sondern bleibt sich treu und verweigert sich auch mal, wenn es ihr zu bunt wird. Ich habe dieses Buch gern gelesen, mit Iris mitgefiebert und ihr das Beste gewünscht, das sie meiner Meinung nach unbedingt verdient hat. Eine wunderbare Lektüre zur Entspannung, vielleicht mit einer Tasse Kaffee – oder einem Eierlikör.

 

Lilo Hoffmann: Wenn das Chaos perfekt ist
Verlag Tinte & Feder, 2020, 283 Seiten
Taschenbuch und E-Book