Der „Vater“ des Michelin-Männchens

Von Dr. Manuel Ruoff

Vor 80 Jahren starb mit André Michelin, einer der beiden Gründer des gleichnamigen französischen Reifenkonzerns

Nicht nur Auto- und Zweiradfahrern ist „Michelin“ ein Begriff. Schließlich ist der französische Reifenhersteller mit seinen rund 100000 Mitarbeitern ein ganz großer in der Branche, nach Bridgestone sogar der größte. Gegründet wurde er von dem am 16. Januar 1853 geborenen Franzosen André Michelin und dessen sechs Jahre jüngerem Bruder Édouard. Am 28. Mai 1889 riefen die beiden in der Hauptstadt der französischen Region Auvergne, Clermont-Ferrand, die Gesellschaft Michelin et Cie ins Leben. Sinn und Zweck des Unternehmens war die Herstellung von Kautschukprodukten.

Zwei Jahre später hatte in Clermont-Ferrand ein Radfahrer einen Reifenschaden. Er fuhr einen an die Felgen geklebten englischen Luftreifen und wusste nicht, wie er den reparieren sollte. So ging er zur Michelin-Fabrik, die schon damals für ihre Kautschukprodukte bekannt war. Edouard Michelin nahm selbst die Reparatur des Reifens vor. Sie dauerte drei Stunden, noch einmal sechs Stunden dauerte das Trocknen. Michelin machte eine Probefahrt und entdeckte den unglaublichen Komfort des Luftreifens. Das war der Initialfunke für die Entwicklung des heutigen Weltunternehmens. Continue reading „Der „Vater“ des Michelin-Männchens“

Militäringenieur Gustav von Rauch – letzter Vertreter der politischen Restauration

Von Dr. Manuel Ruoff

Als Kriegsminister führte er das Zündnadelgewehr ein

Grabmal auf dem Invalidenfriedhof in Berlin

Ein Spezifikum der Technik ist, dass es bei ihr unbestreitbar einen Fortschritt gibt. Als Ingenieur im weiteren Sinne selber Techniker, war sich Gustav von Rauch dieser Tatsache bewusst. Und als Kriegsminister führte er das im preußisch-österreichischen Kräftemessen von 1866 so wichtige neuartige Zündnadelgewehr ein.

Abgesehen vom Sonderfall Technik stand Rauch Neuem allerdings kritisch gegenüber. Der am 1. April 1774 in Braunschweig geborene Preuße gilt denn auch trotz der von ihm beförderten militärischen Modernisierung als letzter Vertreter der politischen Restauration. Continue reading „Militäringenieur Gustav von Rauch – letzter Vertreter der politischen Restauration“

Hohenzoller an der Ordensspitze

Von Dr. Manuel Ruoff

Vor 500 Jahren wurde Albrecht von Brandenburg-Ansbach Hochmeister des Deutschen Ordens

Am 13. Februar 1511 wurde Albrecht von Brandenburg-Ansbach zum Hochmeister des Deutschen Ordens gewählt. 14 Jahre später wurde der Hohenzoller zum Totengräber des Deutschordensstaates, indem er ihn in ein profanes, erbliches Herzogtum von Polens Gnaden umwandelte.

Im Deutschordensstaat wurde wie in Preußen das Leistungsprinzip verfolgt. Statt Protektion und Beziehungen sollte die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft über die Besetzung von Staatsämtern entscheiden. So versuchte der Deutsche Orden denn auch über Generationen das Mitglied an die Spitze zu wählen, das sich bis dahin am besten im Dienst am Orden bewährt hatte.

Auf Anraten des Hochmeisters Johann von Tiefen kam man von diesem Prinzip jedoch ab. Der Ordensstaat sah sich nicht mehr in der Lage, alleine der polnisch-litauischen Union zu widerstehen, und wählte deshalb fortan Fürs­tensöhne zu Hochmeistern, in der Hoffnung, dass diese dann ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zum Wohle des Ordensstaates spielen lassen würden. Continue reading „Hohenzoller an der Ordensspitze“

Königs-Erzieher: Ahnherr des Hauses Schlobitten

Von Dr. Manuel Ruoff

Einfachheit, Sparsamkeit, Pflichttreue und Selbstdisziplin – diese religiös verankerten preußischen Grundsätze des „Soldatenkönigs“ waren mit sein Werk, denn Alexander Burggraf und Graf zu Dohna-Schlobitten war nicht nur Ahnherr des Hauses Schlobitten, sondern auch neun Jahre Erzieher des späteren Friedrich Wilhem I. Der vor 350 Jahren auf Schloss Coppet am Genfer See geborene Spross eines Gouverneurs des Fürstentums Orange trat nach größeren Bildungsreisen 1679 in die Dienste des Großen Kurfürsten. Nachdem er sich dort als Soldat wie Diplomat bewährt hatte, wurde er 1695 als Oberhofmeister des Kronprinzen mit dessen Erziehung betraut. Continue reading „Königs-Erzieher: Ahnherr des Hauses Schlobitten“

Alfred Gille – Ostpreußens jüngster Bürgermeister

Von Dr. Manuel Ruoff

Ostpreußens jüngster Bürgermeister war Alfred Gille. Erst 27 Jahre war der am 15. August 1901 in Insterburg geborene promovierte Jurist alt, als er zum Bürgermeister von Lötzen gewählt wurde.

Nach Flucht und Vertreibung widmete er sein Leben den Schicksalsgefährten. Im Anschluss an die Kriegsgefangenschaft nach Lübeck verschlagen, übernahm er dort den Vorsitz des Landesverbandes der Heimatvertriebenen in Schleswig-Holstein und gründete mit Gleichgesinnten für Flüchtlinge und Heimatvertriebene die „Neue Lübecker Norddeutsche Baugenossenschaft“. 1952 übernahm er bei der Landsmannschaft Ostpreußen das Sprecheramt. Continue reading „Alfred Gille – Ostpreußens jüngster Bürgermeister“

MINT und Friedrich Strehlke – seiner Zeit voraus!

Von Dr. Manuel Ruoff

Friedrich Strehlke war einer der Vorväter des Realgymnasiums

Heutzutage gelten die Geisteswissenschaften als brotlos, die alten Sprachen als tot. MINT ist angesagt. Gemeint ist in diesem Falle nicht die englische Übersetzung von Minze, sondern die neudeutsche Abkürzung für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Absolventen dieser Fachrichtungen verdienen vergleichsweise gut und genießen ein hohes Sozialprestige. Sind es doch vor allem ihre Entwicklungen, Erfindungen und Ingenieurleistungen, auf denen Deutschlands Exporterfolg beruht. Und der ist für die Bundesbürger nicht nur Quelle des Wohlstandes, sondern auch des rudimentären Nationalstolzes. Gerade auch wegen dieser großen Bedeutung des Exportes gilt es als ideal, wenn der MINT-Absolvent zusätzlich dann auch noch Kenntnisse in modernen Fremdsprachen besitzt. Continue reading „MINT und Friedrich Strehlke – seiner Zeit voraus!“

Hans Böckler: Vater der Mitbestimmung

Von Dr. Manuel Ruoff

Mancher  Ältere wird den ersten Bundesvorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) als einen der Väter der Einheitsgewerkschaft in der Bundesrepublik Deutschland sowie der einst heiß umkämpften Mitbestimmung in der Montanindustrie kennen, mancher Jüngere hingegen als Namensgeber der Hans-Böckler-Stiftung, des Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerkes des DGB. Hans Böckler stammte aus kleinsten Verhältnissen. Als sein Vater 1888 starb, musste der am 26. Februar 1875 im mittelfränkischen Trautskirchen bei Neustadt an der Aisch geborene Junge den Schulbesuch abbrechen, um als Gold- und Silberschläger für den Lebensunterhalt der sechsköpfigen Familie aufzukommen.

1894 wurde er Mitglied der SPD und des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes. 1903 wurde die Gewerkschaftsarbeit sein Beruf. Bis zum Ende der Weimarer Republik stieg er bis zum Leiter des Bezirkes Rheinland und Westfalen-Lippe des SPD-nahen Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) auf. Parallel engagierte er sich in der SPD, für die er ab 1924 in der Kölner Stadtverordnetenversammlung und ab 1928 im Reichstag saß. Continue reading „Hans Böckler: Vater der Mitbestimmung“

Weiblicher Star des NS-Films

Von Dr. Manuel Ruoff

Wie wohl bei keiner anderen Schauspielerin, war bei Kristina Söderbaum die Karriere mit der NS-Herrschaft verknüpft. Sowohl in „Jud Süß“ (1940) als auch in „Kolberg (1944) spielte sie die weibliche Hauptrolle. Wie Zarah Leander stammte Söderbaum aus Schweden. In Stockholm wurde sie am 5. September 1912 geboren. Nach dem Tod ihres Vaters, eines Chemieprofessors und zeitweiligen Vorsitzenden des Nobelpreiskomitees, sowie der Mutter begleitete sie 1934 eine Verwandte nach Berlin. Dort lernte sie Deutsch und nahm ein Studium auf sowie Schauspielunterricht. Über einen Nachwuchswettbewerb der Ufa kam sie 1936 zu ihrer ersten Rolle in dem Spielfilm „Onkel Bräsig“. Continue reading „Weiblicher Star des NS-Films“

Bildhauer Erich Elsner

Von Dr. Manuel Ruoff

Ausstellung über Erich Elsner

Ratingen – Das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen präsentiert seit dem 19. Februar 2011 eine Sonderausstellung zum Leben und Werk des am 16. März 1911 im oberschlesischen Grunau geborenen und in Ratingen tätigen Bildhauers Erich Elsner. In der Ausstellung anlässlich des 100. Geburtstages des Künstlers werden ausgewählte Plastiken, Modelle und Reliefs gezeigt werden.

Der Hewlett von Hewlett-Packard

Von Dr. Manuel Ruoff

Der Hewlett von Hewlett-Packard

Hewlett-Packard (HP) gilt als das umsatzstärkste Informationstechnologie-Unternehmen der Welt. Mit einem Startkapital von 538 US-Dollar wurde es 1939 in einer Garage im kalifornischen Palo Alto gegründet. Daraus ging Silicon Valley hervor. Die Firmenbezeichnung HP setzte sich aus den Namen der beiden Gründer zusammen. Während David Packard sich als Verwaltungsfachmann hervortat, steuerte Hewlett viele technische Innovationen bei. Am 12. Januar 2001 starb mit Hewlett auch der zweite Firmengründer.

Treu bis in den Tod

Von Dr. Manuel Ruoff

Generaladjutant Leopold von Gerlach

Nach dem Tod König Friedrich Wilhelms IV. von Preußen war dessen Generaladjutant Leopold von Gerlach der Erste, dem Wilhelm I. für die treuen Dienste, die er dem Vorgänger und Bruder geleistet hatte, Dank sagte. „Fast eigenwillig“, um es mit Otto von Bismarck zu sagen, folgte der General vor 150 Jahren seinem Herren und König in den Tod. „Durch sein Ende“ erinnerte er Bismarck „an das Gefolge eines altgermanischen Fürsten, das freiwillig mit ihm stirbt“. Die „Gedanken und Erinnerungen“ des Eisernen Kanzlers sowie die „Allgemeine Deutsche Biographie“ (ADB) stimmen darin überein, dass Gerlach sich bei der Ehrerweisung gegenüber den sterblichen Überresten Fried-rich Wilhelms eine Kopfrose zugezogen hat, an der er am 10. Januar 1861 in Berlin verstorben ist. Laut Bismarck zog Gerlach sich das Leiden zu, als „er hinter der Leiche seines Königs stundenlang bei Wind und sehr hoher Kälte, den Helm in der Hand, folgte“. Laut ADB entstand die Kopfrose, „unter dem steten Druck des Helms während der Wache am königlichen Sarge“. Continue reading „Treu bis in den Tod“

Reiner Klimke – erfolgreichster Dressurreiter

Von Dr. Manuel Ruoff

Reiner Klimke kam ursprünglich von der Vielseitigkeit – Vor 75 Jahren wurde er geboren

Er gilt als erfolgreichster Dressurreiter aller Zeiten. Vor 75 Jahren kam Reiner Klimke in Münster zur Welt. Zu seinem Paradefach, der Dressur, fand Klimke erst relativ spät, aber mit dem Reiten begann er bereits als Zwölfjähriger an der Westfälischen Reit- und Fahrschule seiner Geburtsstadt. Anfänglich ritt er die heutige Vielseitigkeit, damals noch weniger politisch korrekt Military genannt. 1950 gewann er sein erstes Turnier. Fünf Jahre später hatte er seinen ersten internationalen Auftritt in Thun. Bei der Europameisterschaft 1957 in Kopenhagen gewann er mit der Mannschaft die Silbermedaille. 1960 erreichte Klimkes Vielseitigkeitsreiter-Karriere mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen in Rom und dem Gewinn der Deutschen Meisterschaften im Einzel auf „Winzerin“ einen Höhepunkt.

Preußisch bescheiden verwies der Reiter darauf, dass seine Erfolge zu „mehr als 50 Prozent“ auf das Konto der Pferde gingen. Allerdings war er an diesen „mehr als 50 Prozent“ auch beteiligt, hat er seine Top-Pferde „Fortunat“, „Dux“, „Mehmed“, „Ahlerich“ und „Biotop“ doch selber ausgebildet. Continue reading „Reiner Klimke – erfolgreichster Dressurreiter“

Joseph Joffre – er durchkreuzte den Schlieffen-Plan

Von Dr. Manuel Ruoff

Im Ersten Weltkrieg scheiterten die Deutschen mit ihrem Versuch, entsprechend ihrem Schlieffen-Plan Frankreich schnell niederzuwerfen. Bereits vor Paris kam der deutsche Vormarsch zum Stehen. Dieses sogenannte Wunder an der Marne war abgesehen von Fehlern auf deutscher Seite der Erfolg des damals 62-jährigen fran­zö­sischen Ge­ne­ral­stabschefs und Armeebefehlshabers Joseph Joffre, der die von den Deutschen geplante Ein­krei­sung durch einen stra­te­gischen Rück­zug vereitelte. Nach diesem Erfolg wurde ihm 1915 der Oberbefehl über die Streitkräfte seines Landes übertragen. Wegen nun folgender Miss­erfolge nahm er schon im darauffolgenden Jahr seinen Abschied, aber das in allen Ehren als Marschall von Frankreich. Am 3. Januar 1931 starb das Mitglied der Académie française in Paris.

Ehre ohne Ende für Mauerschützen

Von Dr. Manuel Ruoff

Während die Agnes-Miegel-Straße in Erftstadt bei Köln unlängst umbenannt worden ist, heißt die Peter-Göring-Straße in Strausberg bei Berlin nach wie vor nach einem Mauerschützen. Der Mann würde wohl kommenden Montag seinen 70. Geburtstag feiern und nicht Namensgeber einer Straße sein, wenn ihn nicht am 23. Mai 1962 bei seinem Versuch, die „Republikflucht“ eines Kindes zu vereiteln, die Kugel eines West-Berliner Polizisten getroffen hätte. An jenem 23. Mai versuchte der erst 14-jährige Wilfried Tews durch den Spandauer Schifffahrtskanal in den Westen zu fliehen. Zehn DDR-Grenzer gaben daraufhin 100 Schüsse auf den Jungen ab. Sie schossen auch noch, als der Erfurter Schüler schwer verletzt das westliche Kanalufer erreicht hatte und West-Berliner Polizisten ihn zu bergen versuchten. Da die Kugeln auf West-Berliner Gebiet einschlugen, erwiderte die West-Berliner Polizei das Feuer, um dem Jugendlichen Feuerschutz zu geben. Bei diesem Feuergefecht wurde Göring tödlich getroffen. Der Gefreite der 1. Grenzbrigade, von dem alleine 44 der Schüsse auf Tews stammen, hatte befehlswidrig seinen Wachturm verlassen, um sich eine günstige Schussposition zu verschaffen, als ihn ein Querschläger der Gegenseite erwischte. Vom SED-Regime wurde der Tote zum im Dienst gemeuchelten Helden stilisiert. Alles Mögliche wurde nach ihm benannt. Über das meiste ist die Zeit hinweggegangen oder es wurde nach der friedlichen Revolution rückgängig gemacht. Doch die von der CDU vorgeschlagene Umbenennung der Peter-Göring-Straße scheiterte an der rot-roten Mehrheit in Strausbergs Stadtverordnetenversammlung.

Kurt Tucholsky: Ein „entlaufener“ Bürger ohne politische Heimat

Von Dr. Manuel Ruoff

Kurt Tucholsky in Paris 1928

Kurt Tucholsky verzweifelte an den Zuständen in der Weimarer Republik und schließlich auch an Deutschland

Wie sein Vorbild Heinrich Heine war auch Kurt Tucholsky jüdischer Abstammung und konvertierte als Erwachsener zum Protestantismus. Der am 9. Januar 1890 in Berlin Geborene hatte einen wohlhabenden Vater, der bereits 1905 starb und seinem Sohn ein Erbe hinterließ, das diesem eine Ausbildung frei von Geldsorgen ermöglichte.

Kurt Tucholsky entschied sich für ein Jurastudium. 1911 schrieb Franz Kafka über ihn in sein Tagebuch: „Will Verteidiger werden …“ Zwei Jahre später verzichtete er jedoch auf das für diesen Beruf notwendige erste Staatsexamen. Um überhaupt einen Abschluss zu haben, promoviert er 1915. Und das mit Ach und Krach, was dafür spricht, dass die Jurisprudenz wirklich nicht seine Welt war.

Anschließend wurde Tucholsky zum Militär eingezogen. Bis Ende 1916 war er an der Front, den Rest des Krieges in der Etappe. Er selber schrieb 1926 rückblickend: „Ich habe mich dreieinhalb Jahre im Kriege gedrückt, wo ich nur konnte.“ Und acht Jahre später behauptete er, sich bereits 1913 „als Pazifist schärfster Richtung in Deutschland betätigt“ zu haben. Andererseits soll Tucholsky sogar mit dem Gedanken an eine militärische Laufbahn gespielt haben. Sein Biograf Michael Hepp spricht deshalb bezüglich Tucholskys Attacken gegen den Militarismus von „einer Art öffentlicher Selbstanalyse“. Continue reading „Kurt Tucholsky: Ein „entlaufener“ Bürger ohne politische Heimat“

Katholischer Präsident: Der Reichtagsabgeordnete Franz von Ballestrem

Von Dr. Manuel Ruoff

Dass einem auch als Nichtprotestanten im sogenannten Bismarckreich oder Preußen-Deutschland höchste Staatsämter offenstanden, zeigt die Biographie des katholischen Reichstagspräsidenten Franz Karl Wolfgang Ludwig Alexander Graf von Ballestrem.

Bereits vor seiner Geburt hatte seine ursprünglich aus Savoyen stammende Familie durch Einheirat den Besitz der Familie von Stechow erworben und im oberschlesischen Kohlenbergbau große Bedeutung gewonnen. Als erstgeborener Spross eines solchen Geschlechts stand dem am 5. September 1834 auf Schloss Plawniowitz im Landkreis Gleiwitz Geborenen eine akademische Ausbildung gleichsam doppelt offen. Nach dem Besuch des Katholischen Gymnasiums in Glogau und der Philosophischen Lehranstalt der Jesuiten in Namur besuchte er die Bergakademie in Lüttich.

Dieser auf den Familienbesitz bezogenen Ausbildung folgte 1855 der Dienst in der Armee. Als Kavallerieoffizier nahm er sowohl am Deutsch-Dänischen als auch am Deutschen Krieg teil. Beim Vormarsch auf Paris stürzte der Adjutant der 2. Kavallerie-Division allerdings so unglücklich vom Pferd, dass er den Dienst quittieren musste. Continue reading „Katholischer Präsident: Der Reichtagsabgeordnete Franz von Ballestrem“

Adolf Stoecker – der Christlich-Soziale

Von Dr. Manuel Ruoff

Vergebens erstrebte Adolf Stoecker ein protestantisches Zentrum

Wie viele andere deutsche Protestanten seiner Zeit stand auch der am 11. Dezember 1835 in Halberstadt geborene Hofprediger der Hohenzollern Adolf Stoecker der Moderne kritisch gegenüber. Die Sozialdemokratie mit ihrem atheistischen Marxismus lehnte er ebenso ab wie Liberalismus und Kapitalismus mit ihrem Skeptizismus und Laizismus sowie Materialismus und Egoismus. Da Stoecker an der Spitze von Marxismus und Liberalismus sowie Großkapital die Juden überrepräsentiert wähnte, verstärkte sich sein kirchlicher Antijudaismus zum Antisemitismus, was ihm heutzutage am meisten vorgeworfen wird. Stoeckers Antisemitismus unterschied sich vom späteren nationalsozialistischen jedoch nicht nur durch seinen indirekten Charakter, sondern auch dadurch, dass Stoecker ähnlich Heinrich von Treitschke die Lösung in der Konversion zum Christentum sah. Continue reading „Adolf Stoecker – der Christlich-Soziale“

Vor 30 Jahren starb Viktoria Luise von Preußen

Von Dr. Manuel Ruoff

Wilhelms II. einzige Tochter

Vor 30 Jahren starb Viktoria Luise von Preußen

Am 13. September 1892 bekamen der letzte Deutsche Kaiser und dessen Ehefrau mit Viktoria Luise ihr siebtes und letztes Kind. Der eine Vorname erinnerte an die britische Queen, ihre Urgroßmutter, der andere an die beliebteste preußische Königin, ihre Ururgroßmutter.

Nach einer unbeschwerten Kindheit und Jugend heiratete Viktoria Luise den Welfen Ernst August zu Braunschweig und Lüneburg. Die Vermählung 1913 bildete das letzte große Familienfest des miteinander verwandt und verschwägerten europäischen Hochadels vor der Selbstzerfleischung im Ersten Weltkrieg. Continue reading „Vor 30 Jahren starb Viktoria Luise von Preußen“