“Jeeves & Wooster In Perfect Nonsense” von Robert Goodale und David Goodale

Hey, Master, what’s the matter. / Hallo, Boss, worum geht es? Foto: Stefan Kock

Die neue Premiere am English Theatre of Hamburg

Was für ein Spaß, was für ein Klamauk, der die Zuschauer dieses Stückes zwei Stunden lang in Atem hält, soweit ihnen das Luftholen vor lauter Lachen noch gelingt. Allen künftigen Besuchern sei empfohlen, sich vorab mit der Handlung dieser „Sitcom“ zu beschäftigen. Denn der von nur drei Schauspielern auf der Bühne dargestellte komplette Nonsense erweist sich als derartig chaotisch, dass Vorkenntnisse absolut erforderlich sind. Allzu viel Handlung enthält das Stück zwar nicht. Aber die vorhandene hat es in sich.

Hintergrund dieses Comedy-Brüllers sind Auszüge aus dem Werk des britischen Schriftstellers P.D. Wodehouse – eigentlich Sir Pelham Grenville Wodehouse („Plum“) – der bis heute als einer der größten Humoristen des Inselreiches gilt. Die ebenfalls mit einer überbordenden Dosis Humor gesegneten Zwillinge Robert und David Goodale fühlten sich zu einem an Irrwitz nicht zu überbietenden Stück inspiriert, das „Plum“ alle Ehre gemacht hätte.

Langfinger in höchsten Kreisen

Man mag es kaum glauben. Aber Bertie Wooster, der weltfremde Dandy aus dem Hochadel, wird von seiner nicht minder blaublütigen Tante Dahlia aufgefordert, ein silbernes Sahnekännchen in der Form einer Kuh zu stehlen. Dieses antike Teil, das sich im Besitz von Sir Watkyn Basset befindet, ist in Adelskreisen heiß begehrt.

Herr und Diener

Come on, let’s dance! / Lass‘ uns tanzen/ Foto: Stefan Kock

Es versteht sich, dass der etwas tumbe Bertie allein nicht in der Lage ist, Dahlias Wunsch zu erfüllen. Aber wozu hat er einen ebenso klugen wie schlitzohrigen Diener wie Reginald Jeeves, der ihn schon unzählige Male aus prekären Lagen gerettet hat. Mit von der Partie ist ein weiterer dienstbarer Geist namens Seppings. Also auf nach Totleigh Towers, wo sich das kostbare Stück befindet. Auf diesem prächtigen Landsitz begegnen wir neben Sir Watkyn einer Reihe anderer mehr oder minder nobler Gestalten, darunter Stiffy Bying und Harold „Stinker“ Pinker, Roderick Spode, Madeline und Gussie…  Wozu das ganze Verwirrspiel um einen so banalen Gegenstand wie das kuhförmige Sahnekännchen! Was das Fassungsvermögen einfacher Leute übersteigt, ist in jenen Zirkeln offenbar völlig normal. Eine reichlich verzwickte Liebesgeschichte darf in diesem Stück natürlich nicht fehlen. Da können zwei junge Leute (vorerst) nicht zueinander finden wie die berühmten Königskinder, deren Glück an einem zu tiefen Wasser scheiterte.

Chaos, Chaos über alles

Es hilft alles nichts. Berties Versuche, das Sahnekännchen an sich zu bringen, erweisen sich sämtlich als Flops. Denn nicht nur Sir Watkyn, sondern verschiedene andere Personen haben ein waches Auge auf diesen Schatz und verhindern eine „feindliche Übernahme.“ Einzig Butler Jeeves bewahrt einen kühlen Kopf. Er wartet geduldig ab, während sein Chef Bertie sich kopflos in abenteuerliche Verstrickungen stürzt, aus denen es kein Entkommen gibt.

Viel Lärm um (fast) nichts

Look at me. I feel pretty / Schau mich an. Bin ich nicht hübsch? Foto: Stefan Kock

Wir überspringen einige der die Lachmuskeln strapazierenden Szenen und kommen zu jenem guten Ende, das jede echte Komödie krönt. Madeline und Gussie, die zwei Liebenden im Plot, überzeugen den dünkelhaften Sir Watkyn, dass sie füreinander bestimmt sind, und Tante Dahlia kann das umkämpfte Sahnekännchen endlich in Besitz nehmen. Bertie aber freut sich, das ganze Schlamassel ohne Blessuren überstanden zu haben. Was ihm ohne die Hilfe seines cleveren Butlers nie gelungen wäre. Die Moral von der Geschicht‘: Da war mal ein Sir, ein gar vornehmer Herr. Nur schade, sein Butler war klüger als er!

Wow! Dieses Stück stellt sehr hohe Ansprüche an das Publikum. Denn nur mit äußerster Konzentration kann man den turbulenten Handlungssträngen und witzigen Dialogen folgen. Während die drei Mimen mühelos von einer Rolle in die nächste schlüpfen – da wird aus der zickigen Lady im Handumdrehen ein Polizist, aus dem Butler werden gar zwei Figuren in einer Person – muss der Zuschauer sich anstrengen, um auf dem Laufenden zu bleiben. Preisfrage: Who is who? Wer das Knäuel entwirrt, ist im Vorteil und kommt bis zum Ende gut mit.

Während der erste Akt ein wenig langatmig daherkommt, gerät der zweite zu einem Feuerwerk unverwechselbar britischen Humors. Da folgt Gag auf Gag, Slapstick auf Slapstick, Brüller auf Brüller. Für diese grandiose, bis ins letzte Detail getaktete Inszenierung zeichnet Direktor Paul Glaser verantwortlich. Der Mann hat ein Händchen für dieses Genre und ein Talent, aus den Schauspielern alles herauszuholen. Die Spielfreude dieser drei Ausnahme-Mimen schlug Funken und riss das Publikum am Schluss zu Beifallsstürmen hin: Katherine Rodden in einer Anzahl verschiedener Rollen, männlich und weiblich, William McGeough ebenfalls in Doppel-Sex-Parts und Michael Parker als Dandy Wooster. Herzlichen Dank an alle Mitwirkenden für einen unvergesslichen Theaterabend an einem trüben Novembertag.

„Jeeves & Wooster In Perfect Nonsense” läuft bis einschließlich 25. Januar 2025. Tickets unter der Telefonnummer 040-227 70 89 oder online unter www.englishtheatre.de

Nächste Premiere: „Doubt“ -eine Parabel von John Patrick Shanley, am 10. Februar 2025

Author: Uta Buhr

Ehrenpräsidentin Die Auswärtige Presse e.V., freie Journalistin, Reise, Wellness, Kultur (Theater, Ausstellungen)