Von Hans-Peter Kurr
Die Konkubine des Kaisers, umwerfende Premiere in der Hochschule für Musik und Theater
Exorbitanter Erfolg auf der Bühne der ‚Hochschule für Musik und Theater’ mit der Uraufführung der Yijie-Wang-Oper „Yang Guifei“ (Libretto: Sören Ingwersen) als Abschieds-Regie-Arbeit des renommierten Opernregisseurs Dominik Neuner, der bisher angehende Musiktheaterregisseure der Theaterakademie Hamburg ausbildete und dem mit dieser Urauffürung ein phantastischer Abschluß seiner pädagogischen Arbeit an der Elbe gelang.
Neuner (Jahrgang 1937) gelingt es hier, eine Gedankenwelt neu zu beleben (….und das auf dem international weltumspannenden Sockel zwischen Europa und China!),die – beobachtbar – seiner Generation schon wieder abhanden gekommen zu sein schien:
Nämlich die Dialektik von Lust und Verlust als Kern der Handlung zu definieren, da ja im Kraftfeld dieser – scheinbaren- Paradoxie höchste Liebeslust des zentralen Paares Yang (Für diese ungemein anstrengende Partie hervorragend disponiert: Rebekka Reister) und Kaiser Xuanzong ( Jianeng Lu, gesanglich bereits unverkennbar auf Metropolitan-Niveau) die Intensität von Lusterfahrung an die Intensität ihrer Nichterfüllung bindet. Ein wahrhaftiger dramaturgischer Spagat, den diese durchdachte Inszenierung wunderbar erfüllt.
Diese Art von Erotologie, im Westen weitgehend unbekannt oder heutzutage verloren gegangen, spiegelt sich gewiß auch in Yijie Wangs Komposition wider (Was dem Rezensenten , aufgrund dieser einmaligen und schier unfassbaren stilistischen Verbindung zwischen Ost und West, unter dem Dirigat von Bettina Rohrbeck zu beurteilen eingestandermassen unmöglich ist!“).
Aber ein Tatbestand wird dem aufmerksam Zuhörenden bei dieser musikalischen Präsentation klar: Unsere so anarchisch verfehlte Welt – gleichgültig ob in Ost oder West – kann allenfalls das Werk eines Demiurgen sein, der wegen seiner Unendlichkeit liebesunfähig ist. Und dieser Umstand wird besonders in der Figur des Eunuchen Gao Lishi ( (Verkörpert durch den wunderbaren Counter-Tenor Algirdas Bagdonavicius) deutlich, nachdem er die Konkubine erdrosselt hat:
Vermag nicht allein derjenige Daseinslust zu erfahren, der ahnt, daß der Verlust stes und immer das letzte Wort hat? Und: Ragt die Liebe, in ihrer Form als ‚Agape’, also die welt- und schöpungs umspannende Liebe Gottes, die auch die menschliche einschließt, nicht weit hinaus über Menschenmaß und Menschenerleben?
Fazit: Ein wahrhaft erschütternder Opern-Uraufführungsabend mit internationalem Gesicht in der hamburgischen Hochschule für Musik und Theater, gleichermaßen dämonisch einleuchtend wie sinnenhaft und sinnlich durchlebt.
Fotos: Christian Enger