Humorvoller Horror an Hamburgs Hauptbahnhof

Von Hans-Peter Kurr

Tanja Bahmani, Oskar Ketelhut, Silke Muriel Fischer, Sandra Keck

 Ohnsorg-Theater zeigt Erfolgs-Musical „De lütte Horrorladen“

Das in der Regel dem heimatlichen Platt hingebungsvoll lauschende Publikum geriet beim Besuch mehrerer ‚Previews’ und der Premiere der neuesten Ohnsorg-Produktion schier aus dem Häuschen : Eines der international erfolgreichsten Musicals steht, selbstverständlich ‚op platt’ , bis zum 8.Juli 2012 auf dem Programm:

Alan Menken’s und Howard Ashman’s „Little Shop of Horrors“ in der von Anatol Preissler, der auch einfühlsam inszeniert hat,  eingerichteten Fassung, für die die in dieser Kunst so bewanderten Hartmut Cyriacks und Peter Nissen den mundartlichen Text schufen. Continue reading „Humorvoller Horror an Hamburgs Hauptbahnhof“

Theatergruppe GODOT gastierte im Theater N. N.

 Von Hans-Peter Kurr

Tschechow – verschlüsselt

„Man muß nicht jede einzelne Scherbe verstehen“, empfiehlt der Autor und Regisseur der Collage mit dem zumindest originellen Titel „Tschechow Scherben“, die jetzt als mehrtägiges Gastspiel der „Theatergruppe GODOT“ in Dieter Seidels „Theater N.N.“ zu bestaunen war. Verblüffenderweise soll die ( nicht eindeutig erkennbare ) Handlung auf der „Bühne eines Provinztheaters“ spielen, entnimmt der Besucher dem Begleitzettel. Aber diese Irritation verliert an Wichtigkeit angesichts des geschickt zusammengefügten Konglomerates aus Zitaten und Briefen ( stets im Zusammenhang mit Tschechows Frau, der Schauspielerin Olga Kipper), die Wladimir Tarasjanz geschrieben und mit drei  Jung-Schauspielern inszeniert hat. Continue reading „Theatergruppe GODOT gastierte im Theater N. N.“

Zum ersten Mal in Hamburg gezeigt: Wyrpypajews „Sauerstoff“

 Von Hans-Peter Kurr

(mit einem Begleittext der Schauspielerin Katharina Herzberg von Rauch)

Der Schüler aus der Schukin-Schule

Spannende und ereignisreiche Abende waren das in der Thalia-Dependance an der Gaußstrasse, an denen dort die Ergebnisse des „Studentenprojekts III Regie Schauspiel“ der hamburgischen Theaterakademie in der Gastgeberschaft des rührigen Thalia-Theaters gezeigt wurden. Eine von den insgesamt sechs gezeigten Produktionen soll hier und heute herausgegriffen und aus der Sicht zweier Generationen beschrieben werden. Deshalb berichten der Regisseur Hans-Peter Kurr (74) und die Schauspielerin  Katharina Herzberg von Rauch (24).

Hans-Peter Kurr

Der sibirisch-stämmige Autor Iwan Wyrypajew ( 38 )  ist in seiner Erst-Funktion Schauspieler, den diese Tätigkeit allerdings so wenig befriedigte, dass er an der Continue reading „Zum ersten Mal in Hamburg gezeigt: Wyrpypajews „Sauerstoff““

Der Klosterbruder und die Liebe

 Von Hans-Peter Kurr

Der Klosterbruder und die Liebe

Inken Rahardts phantasiereicher Umgang mit Massenets „Manon“

Als anno Domini 1893 im Hamburger Opernhaus die deutsche Erstaufführung von Puccinis Meisterwerk „Manon Lescaut“ stattfand, von den hanseatischen Besuchern allerdings nicht goutiert und deshalb nach wenigen Vorstellungen abgesetzt wurde, klangen auch die Melodien seines Mitbewerbers um die Gunst der Musikwelt, Jules Massent, aus dessen Oper „Manon“ bereits seit sieben Jahren durch die Opernhäuser.

Etwa 120 Jahre später zählt Ersterer noch immer zu den Vips der europäischen Komponistenrunde. Zweiterer wird uns – in der Regel in Programmen wie denen von Klassikradio oder NDR III – durch die Einspielung seiner Zwischenakt-Musik „Meditation“ aus Massenets bedeutendem, aber selten produzierten Werk „Thais“ nahegebracht. Continue reading „Der Klosterbruder und die Liebe“

Streit der Vaudeville-Titanen

 Von Hans-Peter Kurr

 St. –Pauli-Theater: Neil Simons „Sonny boys“ in Starbesetzung

sonny boys

Der Frankfurter Fischer-Verlag, neben Rowohlt, Bloch, Kiepenheuer einer der bedeutendsten deutschen Editionäre für Theaterstücke , weiß, auf welche Theater er setzen darf….auch in Hamburg:

Vor, sozusagen, kaum einem Atemzug sahen wir Neil Simons berühmte „Sonny boys“ im Winterhuder Fährhaus mit Peter Striebeck und Ralf Schermuly ,schon erscheinen sie in neuem Gewand und in neuer Besetzung auf dem Kiez: Der ( künstlerische) Hausherr des renommierten St.-Pauli-Theaters, Ulrich Waller , inszenierte jene hinreissende Komödie um zwei gealterte Vaudeville – Continue reading „Streit der Vaudeville-Titanen“

Das Spielfeld in der Kirchenallee

Von Hans-Peter Kurr

Neues vom Schauspielhaus in der „Umbauspielzeit“ 2012/13

Bauprobe Spielfeld Blick auf Portal

Nein, nein, es handelt sich nicht etwa um ein Fußballfeld, was da an der Kirchenallee entstehen soll, sondern um eine originelle theatralische Form, die sich die interimistische Leitung des Deutschen Schauspielhauses Jack Kurfess und Florian Vogel ausgedacht und am vergangenen Wochenende Zuschauern und Presse für die Umbauspielzeit 2012 / 13 präsentiert hat ( Unser Bild zeigt eine Probeaufstellung während einer sogenannten Bauprobe der in den Zuschauerraum hineingebauten provisorischen Bühne, Spielfeld genannt, die die Aufrechterhaltung von Vorstellungen Continue reading „Das Spielfeld in der Kirchenallee“

Opernloft: Aida als Revoluzzer-Drama

Von Hans-Peter Kurr

Spannendes Experiment an der Fuhlentwiete

Zufall oder Inszenierung? Das war nicht auszumachen, aber gut war’s :Am Ende des Mini-Opern-Abends lehnte vereinsamt ein Demo-Tableau mit der Aufschrift „Freiheit“ an der Bühnenrampe. Die Rede ist von einem neuerlichen mutigen Experiment des Opernlofts, an das sich ein Team unter der Regie von Nicola Fellmann gewagt hatte:

Verdis „Aida“ als ( verantwortbare) Kurzfassung in einen diktatorisch regierten Staat unserer aktuellen Welt zu verlegen und dortselbst einen Freiheitskampf stattfinden zu lassen unter der Führung von Aida, die Radames, den Sohn des Diktators liebt…..und vice versus. Continue reading „Opernloft: Aida als Revoluzzer-Drama“

Auf den Spuren Jürgen Rolands

Von Hans-Peter Kurr

Jubiläumspremiere „Polizeirevier Davidwache“ im Imperial-Theater

„Dascha man bannig ne runde Sache“ kommentiert fachkundig ein Premierenbesucher von der Hühnerstange herab, der letzten, holzgezimmerten Sitzreihe auf dem Rang des Imperial bei der Premiere der neuen Collage „Poilzeirevier Davidwache“, mit der Hausherr Frank Thannhäuser und sein Team die neunte Krimi-Spielzeit des Imperial-Theaters „ganz weit vorn auf dem Kiez“ feiern. Und es darf gesagt werden :Es ist eine anregend-spannende Feier, die auf der , ebenfalls von Thannhäuser raffiniert entworfenen , Szene abläuft, einer mehrfach drehbaren Zweistockbühne, auf der sogar Verbrecherjagd über St. Paulis Dächer dargestellt werden kann. Continue reading „Auf den Spuren Jürgen Rolands“

Regiemagier Michael Bogdanov

Von Hans-Peter Kurr

….feiert mit seinen Schauspielern Triumphe in den Kammerspielen

Vier Männer im Nebel

Michael Bogdanov, der in Kreisen hamburgischer Theaterfreunde schon in den späten 80er Jahren den Ruf eines Regie-Magiers genoß, als er ( von 1988 – 1992) in der Nachfolge Peter Zadeks Intendant des Deutschen Schauspielhauses war und „folgerichtig“ das Opfer einer bestimmten hanseatischen Feuilletonisten-Mafia wurde, Continue reading „Regiemagier Michael Bogdanov“

Paisiello – der verschollene Komponist

Von Hans-Peter Kurr

“König Theodor in Venedig“/Premiere in der Hamburger Kammeroper

Paisiello in der Hamburger Kammeroper

Das erste Kompliment für die „Ausgrabung“ dieses beeindruckenden Werkes  der Zeitenwende zwischen Spät-Renaissance und Barock gilt der künstlerischen Leitung der Hamburger Kammeroper, dem Ehepaar

Hass/Deeken : Die für Hamburg von Barbara Hass und Fabian Dobler neu eingerichtete Fassung von „Re Theodoro in Venezia“,dieser über 200 Jahre alten Oper, die selbst im gültigsten aller „Führer“ in deutscher Sprache, dem berühmten „Kloiber“ ,nur als Randnotiz erscheint, hätte aber das Premierenpublikum vermutlich nicht zu derartigen Ovationen hingerissen, wäre da nicht als Lenkerin des vorzüglichen Ensembles eine Regisseurin, Jean Renshaw, deren nahezu überbordende szenische Continue reading „Paisiello – der verschollene Komponist“

Energie, Präzision und Ausdruckskraft: Company der JOOP van Ende Academy

 Von Hans-Peter Kurr

Notizen zur Musical-comedy COMPANY der Joop van den Ende Academy im Kehrwieder-Theater

Perfekter Nachwuchs auf der Bühne

Um den künstlerischen Nachwuchs auf deutschen Musical-Bühnen muß sich niemand sorgen, der jetzt die Produktion „Company“ im Kehrwiedertheater gesehen hat, die den Ausbildungsstand der Absolventen der Joop van den Ende Academy dokumentieren sollte, jener jungen Schauspieler-Sänger also, die sich nicht nur aufmachen wollen, die internationalen Musical-Stars der Zukunft zu werden, sondern (, was mindestens so entscheidend ist für die Bewertung ihrer herausragenden Leistungen!), den steinigen Weg einer dreijährigen ( inzwischen studiengebührenfreien!) Ausbildung erfolgreich durchmessen zu haben, ohne durch nicht bestandene Zwischenprüfungen oder ähnliche Parcour-Hindernisse wieder in den profanen Alltag zurückgeworfen worden zu sein. Chapeau! Continue reading „Energie, Präzision und Ausdruckskraft: Company der JOOP van Ende Academy“

Wagners „Holländer“ im Doppelpack

Von Hans-Peter Kurr

Wohlgelungene Premiere mit Hindernissen im Theater für Kinder

Das hat wohl selbst „bei der Oper“, allwo – im Gegensatz zum Schauspiel – allerlei Befremdliches wie das Einfliegen auswärtiger Sänger zur Übernahme der Partie eines stimmerkrankten Kollegen nahezu Alltag ist, Seltenheitswert: Ein Sänger erscheint in Kostüm und Maske auf der Szene, begnügt sich mit „mouthing“ (d.h.: Lippenbewegungen ohne Ton), der andere an einem Notenpult vor der Rampe, singt die Partie . So geschehen im Altonaer Theater für Kinder (Alleetheater) bei der Premiere des „Fliegenden Holländers“ in einer Kinder-Fassung  der für derartige Unternehmungen hochqualifizierten Barbara Hass: Auf der Bühne Ralf Hutter als Kapitän des berühmten Geisterschiffes, gesungen von Marius Adam im privaten Anzug vor der ersten Zuhörer-Reihe. Continue reading „Wagners „Holländer“ im Doppelpack“

Der Grosse Gatsby im Deutschen Schauspielhaus Hamburg

Von Hans-Peter Kurr

Unterhaltung….und nicht mehr!
Zur Produktion des „Grossen Gatsby“ im Deutschen Schauspielhaus Hamburg

Katja Danowski, Samuel Weiss und Stefan Haschke

Es ist nicht recht einsehbar, welche Kriterien die (interimistische) Leitung des Schauspielhauses an der Kirchenallee, nach dem rüden Weggang des qualitäts-  und maßstabsbewussten Friedrich Schirmer, bei der Auswahl ihrer Stücke und daraus entstehender Produktionen leiten. Das läßt sich seit Beginn dieser ersten „Vertretungs-Spielzeit“, also mit tiefem Bedauern seit dem unverstehbar in einer Großküche angesiedelten „Cyrano“  konstatieren,mit dem die erste Hälfte der aktuellen Umbausaison begann, in der der Zuschauerraum des ehemals berühmten Gründgens-Hauses überdeckelt werden soll, damit der marode Bühnentrakt nach über einhundert Jahren, zeitgemäßen TÜV-Kriterien entsprechend, umgebaut und wieder seiner vollständigen Funktionalität zugeführt werden kann. Continue reading „Der Grosse Gatsby im Deutschen Schauspielhaus Hamburg“

Die Perle vom Kiez

Von Hans-Peter Kurr
Hamburgs Krimi-Theater „Imperial“ auf Erfolgskurs

Was nun?

Zwei Männer trafen einander in einer kleinen Stadt des „Bergischen Landes“ mit Namen Remscheid. Ihr Anziehungspunkt war derselbe: Das ‚Westdeutsche Tourneetheater’, damals der Bundesrepublik kleinste Tourneebühne mit einem wahrhaft bunten Programm. Auf dem Intendantenstuhl, von dem aus heute die Intendantin Claudia Sowa  die Geschicke des Theaters leitet, saß zu jener Zeit der Abenteurer Joschi Jaschintzki, Erfüller fast aller Wünsche junger Regisseure und Schauspieler…..von der Nebelmaschine bis zum Liliputaner. Continue reading „Die Perle vom Kiez“

„Jopi“ Heesters – Größen von Gestern

Von Hans-Peter Kurr

Simone Rethel und Johannes Heesters

Umstrittener über die Jahrhundertgrenze 20/21 hinweg konnte kein Mitglied des deutschsprachigen Showbiz sein als Grandseigneur Johannes Heesters, der am Weihnachtsfest 2011 endlich 108-jährig sterben durfte. Allerdings hat ihm diesen zweifelhaften Ruf in erster Linie die Boulevard-Presse eingebracht. Ja, gewiß: Der eine oder andere Neider, den es selbstverständlich auch (oder sogar: insbesondere?) in sogenannten Künstlerkreisen gibt, mag, Verständnislosigkeit s p i e l e n d, dümmliche Fragen in die Welt gesetzt haben, wie „Hat er denn das nötig?“ oder „Warum hört er nicht endlich auf!“ oder „Merkt er nicht, dass seine Auftritte heutzutage peinlichwirken und seinen guten Ruf zerstören?“ Mag alles sein. Aber: Wer hatte darüber zu entscheiden? Ausschließlich doch wohl er selber! Und, solange es, nach wie vor, eine schier unzählbare Fangemeinde gab, waren seine – ohnehin immer seltener werdenden – Auftritte selbstverständlich legitim. Continue reading „„Jopi“ Heesters – Größen von Gestern“

Die Rätsel des Volkes der Maya

Von Hans-Peter Kurr

Reise zu seinen Mythen und zu den Sternen im Hamburger Planetarium

Unter dem Titel „Das Universum der Maya“ steht gegenwärtig eine ebenso prächtige wie intelligente „Himmel-Show“ zentral im Programm des Hamburger Planetariums, die es zu bewundern gilt.

Statue der Maya
Statue der Maya

Als die Azteken, die um das Jahr 1000 nach Christi Geburt ins heutige Mexiko eingewandert waren, zum ersten Mal das Gelände von Teotihuacan im Tal unter sich erblickten, schauten sie auf eine Geisterstadt hinab. Sie lag dort seit Jahrhunderten – nur eine Tagesreise von der prachtvollen aztekischen Hauptstadt Tenochtitlan entfernt, die heute Mexiko-City heißt. Und doch hätte bis zu diesem Tage kein Späher sie entdeckt, kein Wanderer seinen Fuß dorthin gesetzt, wo ehedem ein Volk ohne überlieferten Namen, um seinem Gott Quetzalcoatl näher zu sein, drei gewaltige Pyramiden errichtete – reich ornamentiert, aber ohne jedes erkennbare Schriftzeichen. Continue reading „Die Rätsel des Volkes der Maya“

Dinner mit Gänsehaut

Von Hans-Peter Kurr

Im Maritim-Hotel Reichshof heult der Hund von Baskerville

Sherlock Holmes in Hamburg

 

Seit der Übernahme des renommierten Hamburger Hotels „Reichshof“ durch die Maritim-Kette wurden der atmosphärereiche Speisesaal und die heimelige Bar offenbar nicht wesentlich verändert. Aus diesem Grund können sie sehr gut als Kulisse für unterschiedliche Performances genutzt werden. Diese Situation hat schon die Intendanz des benachbarten Schauspielhauses zu mehreren Gastspielen dortselbst veranlaßt. Gegenwärtig allerdings kann man dort neben kulinarischen Köstlichen, zubereitet von Küchenchef Stefan Hopf und seiner Mannschaft, allsonntäglich das Geheule und Gejaule des Hundes von Baskerville erleben, dessen von Sir Arthur Conan Doyle phantasiereich erfundene Geschichte vom krimitrainierten Ensemble des Imperial-Theaters auf sehr gutem schauspielerischen Niveau professionell dargestellt wird, so daß den unterhaltungsfreudigen Zuschauern nicht nur die Gänseleber vom Teller mundet, sondern auch die nach jenem Geflügel benannte Haut über Rücken und Arme kriecht. Continue reading „Dinner mit Gänsehaut“