Von Hans-Peter Kurr
Klaus Schumacher inszeniert als Deutsche Erstaufführung „Geächtet“ am Schauspielhaus
Wer bis vor wenigen Jahren glaubte, die Zeit der Glaubenskriege hätte mit dem berühmt-berüchtigten „Dreißigjährigen“, der im 17. Jahrhundert das halbe Europa entvölkerte, ihr Ende gefunden, muss sich in „unserer“ , also der Jetztzeit , eines Anderen belehren lassen : Längst sind sie wieder an die Stelle der großen Machtkriege es 20. Jahrhunderts getreten und versuchen, einander auf dem Schulungsplaneten Erde wechselseitig auszurotten. Und gewiss wird dies bis zu den Tagen der in der „Offenbarung Johanni“ apostrophierten letzten Schlacht von Meggido andauern!
Ein Schauspiel über dieses brandheiße Thema war längst überfällig, der amerikanische Schriftsteller Ayad Akhtar hat das Stück unter dem Titel „DISGRACED“ ( Deutscher Titel: „Geächtet“) geschrieben, in den USA zum Erfolg geführt, Klaus Schumacher inszenierte das nach dem klassisch-dramaturgischen Muster von „Virginia Wolfe“ gebaute Werk (Zwei Paare, jüdisch und islamisch verwurzelt, streiten ideologisch auf hohem Niveau!) jetzt am Deutschen Schauspielhaus zu Hamburg mit einem vorzüglichen Darsteller-Quinettt ( Uta Hanig, Isabelle Redfern, Carlo Ljubek, Samuel Weiss und Jonas Hien ) die Deutsche Erstaufführung in beklemmender Dichte auf der Basis der These „Hätte die Menschheit die Langsamkeit der Evolution geduldig abgewartet, fänden diese blutrünstigen Auseinandersetzung globaliter nicht statt !“
Fazit dieses recht entmutigenden Werkes – gerade angesichts aktueller Ereignisse wie denen in Hamburg, Köln oder Istanbul:
Es verwandelt sich, höchst bestürzend, von einem Augenblick in den anderen, hysterisch-sensibel, verloren, gefährlich, schockierend im Ausbruch, ergreifend in Liebe, voll von erstaunlicher, existenzieller , nicht einzudämmender Elementarkraft, voll von poetischer, tieftrauriger Suggestion. Die wahrhaft ungewöhnliche Dichtigkeit des Rollenspiels der fünf Darsteller, ihr vorzügliches Furioso tun ein Übriges, den pausenlosen Abend zu speisen aus der Aufsässigkeit des Geistes, gerade da, wo man seine Ziele nicht teilt.