Von Hans-Peter Kurr
Notizen zur aktuellen Premiere im Hamburger Thalia-Theater
Der Rowohlt-Theaterverlag in Reinbek bei Hamburg hält die Rechte an Wolfgang Borcherts Heimkehrer-Stück „Draussen vor der Tür“….und das seit jeher.- Offenbar haben die Rowohlt-Verantwortlichen jetzt auch die Rechte für ein Rock-Konzert requiriert mit dem merkwürdigen Titel „My Darkest Star in concert : Draussen vor der Tür von Wolfgang Borchert“, das allerdings – bis auf wenige erkennbare Textstellen – mit Borcherts Original nichts mehr zu tun hat.. Die Intendanz des Hamburger Thalia-Theaters hielt es für richtig,in Anwesenheit des neuen 1. Bürgermeisters und der neuen Kultursenatorin dieses Konglomerat der Öffentlichkeit vorzustellen. Und der jugendliche Teil des Publikums goutierte dieses Angebot offenkundig wie der Jubel und das Pfeifkonzert nach der Premiere dokumentierten. Die gut eineinhalbstündige Produktion ist nach Auskunft des Theaters seit über zwei Jahren geplant als künstlerische Co-operation zwischen dem Hausregisseur Luk Perceval, den Ensemblemitgliedern Barbara Nüsse und Peter Maertens, dem Schauspieler-Sänger Felix Knopp mit seiner Drei-Mann-Band „My Darkest Star“ und acht Mitgliedern der Behinderten-Organisation „Eisenhans“.
Herausgekommen ist dabei ein „Eintopf“ schwer verständlicher Einzel-Leistungen, deren vorgebliche Homogenität nur mühevoll, wenn überhaupt, erkennbar ist. Die Tatsache, dass bereits vor Beginn der Vorstellung im Foyer Ohrstöpsel angeboten werden, lässt den überraschten und leicht erschreckten Zuschauer an das Jahr 1987 und die ohrenbetäubende Mitwirkung der Band „Umstürzende Neubauten“( Oder ähnlich verwirrend!?!) an Zadeks „Andi“-Produktion denken, die damals die Grundfesten des Deutschen Schauspielhauses ebenso erbeben liess wie jetzt „My Darkest Star“ diejenigen des Hauses am Gerhart-Hauptmann-Platz…..von der Gefahr der Herz-Rhythmus-Störung bei älteren Besuchern ganz zu schweigen.
Im Ganzen bleibt die Inszenierung die Antwort auf die Frage schuldig, was sie einerseits dadurch bewirken will, dass sich das lautstarke Geschehen unter einer gewaltigen Spiegelfläche abspielt, die das Ganze doubliert, was andererseeits die nahezu pausenlos auf dem Bühnenboden stumm umherkriechenden Laien erzählen möchten oder sollen.
Die Produktion entlässt einen also einigermassen ratlos in die Hamburger Regen-Nacht, verstört der Frage nachgrübelnd, was das Erlebte mit Borcherts erschütterndem Bühnenwerk zu tun haben könnte.