Landung in Tegucigalpa

Von Ferenc Horvárth

Was für ein Gefühl, im Februar aus dem kalten Deutschland über Panama nach Honduras zu fliegen? Einfach wunderbar!

Gelandet

Weiße Wolkenberge überall, als das Flugzeug sich auf die Landung vorbereitet. Jetzt rücken  die grün bewaldeten Vulkankegel in unser Blickfeld. Da wird einem schon ein wenig schwindelig. Aber was ist dem Anflug auf den Flughafen von Tegucigalpa vergleichbar?  Manche würden spontan sagen, das Aufregendste, das man erleben kann, sei der Sinkflug über St. Martin oder Kai-tak, dem alten Flughafen von Hongkong. Alles toll. Aber wer einen richtigen Adrenalinstoß erleben will, landet hier in Honduras.

Der Flieger macht einen Dreher zwischen den Bergen. Hier ist noch nichts von der Stadt zu sehen. Jetzt erkennen wir Bäume, die immer näher zu kommen scheinen. Und da sind sie – die ersten Gebäude. Die Maschine fliegt jetzt direkt über den Häusern der Stadt. Stünden Menschen auf den Dächern, sie könnten die Tragflächen mit ihren Händen berühren. Links unten erspähen wir Kinder beim Fußballspielen. Dann hebt sich der Rumpf ein wenig. Noch immer ist keine Landebahn zu sehen. Dafür aber Gebäude, Autos, Neonreklamen –alles  zum Greifen nahe. Und kurz vor der Landung fliegt der Jet in eine Schlucht hinein. Sekunden später landet er auf der Piste des Flughafens.

Die Passagiere an Bord sind nicht nur beeindruckt von diesem besonderen Flugerlebnis, sondern gleichermaßen vom Land Honduras, das seinem Bruttosozialprodukt zufolge ein Armenhaus ist. Hat man erst einmal Boden unter den Füßen, erkennt man, dass dieser mittelamerikanische Staat ein Entwicklungsland voller lauter fröhlicher Menschen ist. . Hier tummelt sich ein multikulturelles Völkchen aus Mestizen, Nachfolgern der Mayas und einer Ethnie namens Garifuna, deren Altvordere indianischer und afrikanischer Abstammung waren. Hinzu kommen die Flussindianer, die heute noch als Jäger und Sammler die Wälder durchstreifen. Und all dies heute – im Jahre 2012!

Über dem Hügel die Jesus Statue

Davon aber sieht man sehr wenig in Tegucigalpa. Die Hauptstadt mit über einer Million Einwohnern ist ein pulsierendes Zentrum. Gegenüber dem Flughafen baut man das größte Einkaufszentrum des Landes. Hauptsächlich für die junge Bevölkerung, von denen – man staune-  40,8% unter 15 Jahre alt sind. Die 1579 auf Gold- und Silberminen gegründete, auf Hügeln angesiedelte Stadt lädt zu einer Entdeckungsreise ein. Seit 1981 sitzt hier eine demokratisch gewählte Regierung. Übrigens – vor „San Francisco“, der ältesten Kirche, steht das Denkmal eines Ökonomen. Eine Farce? Aber nein, auf dem Hügel rechts des Gotteshauses erhebt sich eine Jesus-Statue neben einer  Hollywood-reifen Coca Cola-Werbung! Was beweist, dass Religion Konsum keineswegs ausschließt.

Am Ufer des Flusses entdecken wir die Ruinen eines alten Gefängnisses, und auf dem Areal des ehemaligen Hafens stehen heute Taxis. Als der Fluss vor langer Zeit über seine Ufer trat, drang Wasser in die tief gelegenen  Gefängniszellen, und viele Insassen fanden den Tod, erzählt ein Taxifahrer.

Warten

In dieser Gegend beginnt die Innenstadt. Die Kathedrale erreicht man schnell zu Fuß. Die Gassen  sind eng und malerisch, so wie man sich eine  Altstadt eben vorstellt. Am Sonntag zieht es viele Menschen hierher. Die Mehrheit der Bevölkerung ist katholisch, aber auch Freimaurer wie Franciso Morazon werden hier verehrt. Wirtschaftlich geht es dem Land nicht gut. Der Hauptgrund ist nach eigenen Aussagen die schlechte Bildung.

In der gut gefüllten  Kathedrale wird soeben um  10 Uhr das Hochamt zelebriert. Ein Priester kämpft um die Aufmerksamkeit der Menschen. Die sozialen  Gegensätze sind allgegenwärtig.

Durch die extreme Armut ( 70%  der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze ) ist hier praktisch  jeder  gefährdet. Die Kriminalität ist entsprechend hoch, obwohl die Polizei  überall Präsenz zeigt.

Die Jugend „simst“  , chattet auf  den  im Lande am weitesten  verbreiteten, in Mexiko hergestellten Blackberries. Die Pirat-Filmkopien aller gängigen Hollywood-Produktionen sind an jeder Ecke  wirklich sehr günstig zu haben – in unmittelbarer Nähe der Bananenkarren allerlei Obst anbietender Händler. Rechts führt  die Fußgängerzone in  Richtung jener Gebäude, in denen früher die Presse beheimatet war. Alte, stimmige Fotos beschwören die Vergangenheit der Altstadt herauf.

Auf der Straße

Gravierende Gegensätze, wohin das Auge reicht: Hier Apotheken und Kioske mit Stahlgittern zum Schutz vor Einbrechern, dort riesige Selbstbedienungsflächen. In den Supermärkten, die denen in Europa und USA fast auf’s Haar gleichen, tummelt sich eine Menschenmenge, beobachtet von bewaffneten Wachleuten, die sich im Hintergrund halten. Vor den Apotheken ist die Bewachung besonders stark. Vor den SB-Märkten bieten fliegende Händler günstige Marken-Zahnpasta an, für die sich aber kaum ein Kunde interessiert. Das Einkaufszentrum an dem wir noch vorbeifahren, hat selbstverständlich alle bekannten Marken im Angebot, genauso wie in unseren heimischen Supermärkten. Allerdings geschieht auch etwas auf lokaler Ebene. Nach dem Muster von Starbucks entstand hier eine kleine Kette, die guten, sehr wohlschmeckenden Kaffee ausschenkt.

Unser Hotel lässt nichts zu wünschen übrig. Die Bedienung ist freundlich, effizient, spricht gut Englisch und serviert leckeres Essen.  Auch das Internet funktioniert fehlerfrei. Zum Schluss informiert man uns darüber, dass die Discos auf dem Morazon erst um 22 Uhr Ortszeit öffnen.