von Maren Schönfeld
„Manche glauben ja, sie schafften sich einen Hund an. Aber ein Mops ist gar kein Hund!“, sagt Frau W. und guckt missgestimmt zu ihrem Haustier. Zärtlich streichele ich Antons samtweiches Fell und kraule seinen Kopf. Er gibt kleine entzückte Grunzlaute von sich und kommt vorsichtig ein bisschen näher. Indes hat Frau W. mir einen Espresso zubereitet.
„Was ist ein Mops denn?“, frage ich höflich.
„Eigentlich ist Anton eher wie ein alter Mann, jedenfalls was die Geräusche angeht. Er rülpst, schnarcht und pupst.“
Anton tut mir leid. Er erweckt nicht den Eindruck, sich absichtlich ungebührlich zu benehmen, nein, vielmehr scheint es mir, als sei es ihm selbst eher unangenehm.
„Wie alt ist Anton denn?“, frage ich in der Hoffnung, Antons positive Seiten durch die Fortsetzung des Gesprächs seinem Frauchen zu entlocken.
„Anton ist acht, ich werde ihn wohl noch einige Jahre ertragen müssen“, seufzt Frau W. „Sie können ihn gern mal ausleihen, nur –“
Unversehens erscheint ein Postbote im Laden, was Anton, der sich würdig und zurückhaltend in gemessenem Tempo zuvor in den Räumlichkeiten bewegt hat, veranlasst, pfeilschnell und mit wütendem Bellen sich dem Beamten zu nähern (was, nebenbei bemerkt, nun doch dafür spricht, dass es sich bei einem Mops um einen Hund handelt). Der Postbote schenkt Anton einen konsternierten Blick und wendet sich nach Abgabe des Zuzustellenden unversehens wieder der Ladentüre zu, woraufhin Anton pikiert in der zuletzt eingenommenen Position verharrt und die Tür im Blick behält.
„Nur“, fährt Frau W. fort“, spazieren gehen kann man mit dem nicht, weil er überall schnüffelt. Spazieren stehen also eher. Und wenn man ihn zieht, dann schnauft und tropft er. Sehen Sie, so!“ Sie zieht ein wenig an Antons Halsband, woraufhin dieser schnauft und etwas Speichel auf den Ladenteppich tropft. Vorwurfsvoll und indigniert blickt Anton Frau W. an, was diese jedoch nicht zur Kenntnis nimmt oder wenigstens vorgibt, es nicht zur Kenntnis zu nehmen.
„Und wenn ich ohne ihn weggehe, kackt er ins Wohnzimmer!“
Spätestens jetzt ist Anton mir unlösbar ans Herz gewachsen.
„Geh auf deinen Platz, Anton!“, gebietet Frau W. und weist unter das Ladentischeckensemble, unter welches einen Blick zu werfen sie mir nach meiner höflichen Frage gestattet. Anton, in respektvollem Abstand sein Ruhelager betrachtend, ist förmlich anzusehen, mit welcher Gründlichkeit er das Für und Wider dieser Aufforderung abwägt. Ich streichele noch einmal über seinen Kopf, er wendet sich zu mir und sieht mich traurig an. Gern nähme ich Anton mit, zu gern, aber dann brächte ich ihn garantiert nicht wieder zurück. Es wäre ein Abschied für immer.
Anton indes begibt sich nun doch zu seinem Lammfell unter dem Ladentisch und in eine entspannte Pose.
„Er hat gepupst!“, verkündet Frau W. in diesem Moment, den mahnenden Blick auf mich richtend. „Ich möchte Sie nur vorwarnen. Gleich zieht es hoch.“