erschienen im Hamburger Abendblatt am 24. Januar 2011
Von Uschi Tisson
Der „Texaner“ im rot-karierten Flanellhemd ballt seine Faust. Seine Augen sprühen vor Wut. Es ist laut, während es zwischen ihm und zwei weiteren jungen Männern zu einem handfesten Gerangel kommt. „Genauso ist es richtig“, ruft Edwin Hagemann ihnen zu. „So will ich euch sehen.“ Er klatscht ab und ist hochzufrieden mit der Szene, die sich soeben direkt vor seinen Augen abgespielt hat. Doch das alles passiert nicht in Wirklichkeit, sondern zum Glück nur auf der Bühne in der Aula des Gymnasiums Meckelfeld. Hier laufen die Proben für das Theaterstück „Die zwölf Geschworenen“ von Reginald Rose und Horst Budjuhn für die Aufführungen am 3. und 4. Februar auf Hochtouren. „Anders, als in den Jahren zuvor, bleibt uns nicht viel Zeit“, sagt Lehrer und Regisseur Edwin Hagemann, „doch die Schüler sind hochmotiviert, setzen viel Freizeit für das Üben ein, obwohl keine noten dafür vergeben werden und im Zeugnis nur ‚hat teilgenommen’ stehen wrid.“ und wir kommen wir gut voran.“
Bevor sich die Mitwirkenden der Theater AG nach den Vorstellungen in ihre Abiturarbeiten stürzen, schlüpfen sie alle noch einmal in verschiedene Rollen. „Das Stück bietet sich dafür an“, sagt Edwin Hagemann, „es zeigt einen Querschnitt der amerikanischen Bevölkerung. Es treffen hier sehr unterschiedliche Charaktere aufeinander. Die Handlung ist emotionsgeladen, wortgewaltig und hoch spannend.“
Der Urteilsspruch „schuldig oder nicht schuldig“ steht im Mittelpunkt dieses Justizdramas. Nach einer sechstägigen Gerichtsverhandlung sollen in Amerika zwölf Geschworene über das Schicksal eines 19 Jahre alten Jungen entscheiden, der seinen Vater kaltblütig ermordet haben soll. Das Urteil muss einstimmig ausfallen. Wird er für unschuldig erklärt, kommt er frei. Bei einer Schuldsprechung droht der elektrische Stuhl.
„Es macht Spaß, anders zu sein, als man uns in der Realität kennt“, sind sich die Mitwirkenden einig, die mit ihren Charakterollen gleichzeitig eine persönliche Herausforderung angenommen ahben. So schlüpft zum Beispiel Jannick Weisschnur in die Rolle des Geschworenen „Nr. 3“ und mimt „eine echte Rampensau“, sagt Lehrer Edwin Hagemann.
Spaß in ihrer Darstellung einer Tattoostudio-Besitzerin hat auch Sina Leubel. Die Geschworene „Nr. 10“ wird für die Vorstellungen von Mitschülerin Lisa Yu an beiden Armen tätowiert und fühlt sich auf der Bühne damit „total wohl.“ Gegen Tattoos habe ich nichts“, sagt sie, „aber im Stück bin ich streitsüchtig und lege mich mit anderen an. Ich verhalte mich ganz anders als in der Realität.“
Die meisten Schüler der Theater AG haben noch keine Bühnenerfahrungen, während Jonas Zumdohme bereits in dem Film „Die Farbe“ und in diversen Hörspielen mitgewirkt hat und sich nach dem Abi in Richtung Filmberuf bewegen wird. Julian Abromeit ebenso und Sina Leubel hat sich als Schauspielschülerin beworben.
Bühne fei heißt es für die Theater AG von Edwin Hagemann am Donnerstag und Freitag, 3. und 4. Februar, jeweils um 19 Uhr im Forum des Gymnasiums Meckelfeld am Appenstedter Weg 100. Karten gibt es an der Abendkasse für 2 und 3 Euro.
Fotos: Uschi Tisson