Wettbewerb der deutschsprachigen staatlichen Schauspielschulen nach 22 Jahren wieder in Hamburg
Von Hans-Peter Kurr
Diese Woche ging vorüber wie im Fluge. Die in einem so engen Zeitrahmen gezeigten Produktionen aller 18 deutschsprachigen Kunstuniversitäten, sprich : Der Staatlichen Schauspiel-Hochschulen von Wien über Zürich bis Hannover, jagten einander in einstündigem Rhythmus, abends um 22.00 Uhr begann , nahezu täglich, die letzte performance, und ehe man, scheinbar, einmal tief Atem holen konnte, war’s vorüber: Am Ende stand die Preisverleihung, über die hier zu Beginn berichtet werden soll:
Die Hochschule für Musik, Theater und Medien, Hannover erhielt den ersten, mit € 2.000.- dotierten Förderpreis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung der Bundesrepublik Deutschland, für Szenen aus Shakespeare’s Komödie „Wie es euch gefällt“, • den zweiten, mit € 5.ooo.- dotierten, Preis gewann die Abteilung für Schauspiel und Regie der Universität Mozarteum Salzburg mit der wirklich herausragenden Produktion von Schimmelpfennigs böser Migrantenstory „Der goldene Drache“, • die Hochschule für Musik und Theater Rostock, besser: deren Studierende, holten sich den 3., mit € 6.ooo.- dotierten, Förderpreis für die Dramatisierung und Inszenierung des Bulgakow-Romans „Der Meister und Margarita“,
• den mit € 7.ooo.- Dotierung vergebenen Preis errangen die jungen Nachwuchsschauspieler des Studiengangs Schauspiel der Universität der Künste, Berlin für ihre Produktion des szenischen Spiels Kathrin Röggias mit dem Titel „Wir schlafen nicht“ ,
• den begehrten, alle zwei Jahre im Wechsel mit dem Max-Reinhardt-Preis der österreichischen Ministeriums für Kultur vergebenen Preis der „Familie-Vontobel-Stiftung“, Zürich in Höhe von beachtlichen € 10.ooo.- gewann verdient die Berliner Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch für die szenische Realisierung von Ernst Palmetshofers „Helden“,
• den mit immerhin € 1.ooo.- ausgestatteten Preis der Studierenden selber, gestiftet von Regine Lutz, errang die Truppe der Leipziger Hochschule für Musik und Theater ‚Felix Mendelssohn Bartholdy’ für ihre Show „I hired a Contract Killer“.
Fazit: Eine künstlerisch hoch erfolgreiche Woche der Präsentation der Staatlichen Hochschulen „ deutscher Zunge“, vor 22 Jahren in Hamburg ins Leben gerufen durch die „Europäische Theaterakademie ‚Konrad Ekhof’ „(benannt nach dem wohl berühmtesten deutschen Schauspieler des 18. Jahrhunderts, Mitbegründer des hamburgischen Nationaltheaters auf dem Gänsemarkt, den die Theatergeschichte den eigentlichen „Vater deutscher Schauspielkunst „ nennt ) , in Zusammenarbeit mit der ‚Ständigen Konferenz Schauspielausbildung’, der Theaterakademie Hamburg und der Internationalen ‚Kulturfabrik’ Kampnagel, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung und die hamburgische Kulturbehörde, organisatorisch vollendet gestaltet – wie in allen anderen 2o Veranstaltungs-Städten auch – von der ungemein vielseitigen Inge Volk. Sozusagen pars pro toto für sämtliche , durchweg hochqualifizierte Nachwuchs- Produktionen der Hochschulen geben wir hier der jungen Regieassistentin Katharina von Herzberg (Hamburg) das Wort, die sich zu der preisgekrönten Produktion „Der goldene Drache“ des Salzburger Mozarteums wie folgt äussert : „ Die Angestellten des Restaurants „Goldener Drache“ arbeiten in der hier etwa 10 Quadratmeter großen Plastikzelle , die passend die Küche des Resturants darstellt .Der kleine Chinese, der eine Zahnentzündung hat ,schreit vor Schmerzen, sitzt abseits der Küche auf einem Stuhl und kann sich in Qualen nur noch winden .Der kariöse Zahn muss raus .Doch wie zum Arzt wo der kleine weder Ausweispapiere noch eine Versicherung besitzt ? Die sieben Darsteller wechseln innerhalb kürzester Zeit die Klamotten und schlüpfen alle innerhalb von 95 Minuten in die verschiedensten Charaktere und Rollen. Zum einen in die Situation des kleinen vor schmerzen schreienden Chinesen , der in der, nicht gerade sterilen, Küche,vollends seinem unendlichen Zahnschmerz ausgeliefert ist .In die Rolle einer Ameise , welche den Lebensmittelhändler darstellen könnte , der seine Arbeiter ausnutzt und benutzt, gar misshandelt und nötigt wie die Ameise eine Grille. Durch die Tiere kann man sich die Situation in einem solchen Chinaresturant sehr gut vorstellen .Die Hierarchie wird durch die Annnahmen der Tierrollen geradezu beängstigend schockierend dargestellt .Die Schutzlosigkeit der Grille durch die grünliche dünne Mülltüte als Kostüm und auch der stetig aufsteigende Wasserdampf verwandelt die Bühne .Auch in die Rolle zweier Stewardessen, die dieses Unternehmen „Goldener Drache“ wieder aus einer anderen Sicht wahrnehmen, ist sehr interessant .Alle über dem „Goldenen Drachen“ wohnenden Menschen haben sehr exestentielle Probleme und wünschen sich letzlich das Gleiche .Der Alte wünscht sich, wieder jung zu sein und der Mann wünscht sich seine schwangere Frau hätte nie jemand anderen kennengelernt. Besonders beeindrucken Wandelbarkeit und Enthusiasmus aller Schauspieler, die in jeder Rolle wirklich überzeugend sind. Wie schön ist es doch, nett eine Sushirolle beim Asiaimbiss zu bestellen ,aber was geschieht den Kulissen eines derartigen Betriebes : Ein Migrant stirbt mal eben so hinterrücks in der Küche wird wie eine Grille in einen Teppich eingerollt und weggeschmissen wie ein Stück Fleisch.
Zu dem Ursprungswerk Rolandschimmelpfennigs passt diese wirklich sehr blutige Inszenierung . Die Thematik ,wie Migranten arbeiten und ausgenutzt werden in dreckigen Küchen schuften, Tag ein Tag aus für einen Hungerlohn , gar ihr Leben hingeben müssen im Zeitalter des Kapitalismus , damit andere überleben können ,ist ein Thema ,das immer wieder aufgegriffen werden sollte ! Und da war da noch der Zahn , der durch die Luft flog und in der Suppe einer nichtsahnenden Stewardess landete,aus dessen Krater plötzlich die ganze Familie des Jungen zu ihm sprach. Ein tolles und unerwartet phantasievolles Ende , sehr unterhaltsam gemach. Ein durch und durch gelungenes Stück mit einem bleibenden würzigen Nachgeschmack von Sojasoße,!!!!