Von Hans-Peter Kurr
Porträt einer ebenso zauberhaften wie begabten Schauspielerin
Lassen wir das Porträt dieser jungen Menschendarstellerin, die bereits im Alter von neun Jahren zum ersten Mal vor der Kamera stand,mit dem Zitat eines der Meisterregisseure des vergangenen Jahrhunderts, Fritz Kortner, beginnen, das über sie geschrieben sein könnte:
„ Es brauchte Zeit, bis mir aufging, daß Stirn, Augen, Wimpern, Brauen, Pupille, Mundwinkel. Stirn, Hinterkopf, Kinn, Nacken, Arme, Beine, Handgelenke, Finger, Rückgrat, Hals, Haaransatz, Leib und Becken mitspielen müssen, um Verborgenes, Menschliches so kommunizieren zu können, wie ich es ganz zu Anfang meiner Laufbahn bei Chaplin sah……..Durch ihn erkannte ich : Das Mimische beherrscht das Sprachliche, um die Ganzheit der Menschendarstellung zu erreichen.“.
Ines Nieri beherrscht diese Kunst der Menschendarstellung, aufgrund ihrer natürlichen Begabung , ihres Fleisses, ihres Ehrgeizes, ihrer guten Berufausbildung und der „Flamme“, die in ihrem Herzen leidenschaftlich für die Darstellung von Menschenschicksalen lodert, bereits im Alter von Mitte Zwanzig nahezu perfekt.
Sie wird daher in der Uraufführung der ägyptischen Fabel „Der Scarabäus und das Roß des Pharaos“ die titelgebende Rolle des Scarabäus spielen (Premiere am 6. November 2013 im Monsun-Theater in Altona ), hat allerdings bereits andere wichtige Berufsaufgaben hinter sich gebracht wie die weibliche Version des von Lessing ursprünglich männlich gedachten Intriganten Marinelli in „Emilia Galotti“ oder die Elektra in Torsten Diehls Antikenprojekt „ 12“ oder die Prinzessin Elisabeth in Luk Percevals Schauspielhaus-Inszenierung „Schlachten“ in der Spielzeit 2000 / 2001.
Neuerlich ist die begabte junge Schauspielerin vom Chefdramaturgen des Ernst-Deutsch-Theaters, Stefan Kroner, entdeckt und von Regisseur Torsten Fischer mit der Rolle der Lindsay in seiner Inszenierung des zeitgenössischen Bühnenwerkes „Jumpy“ besetzt worden, das zu Beginn des Jahres 2014 an der Mundsburg Premiere haben wird.
Ines Nieri, die in jungen Jahren schon zahlreiche Film- und TV-Rollen gespielt hat, kann man durchaus als eine Art Wunderkind beschreiben wie sie heutzutage selten geworden sind:
Sie weiß intuitiv, daß die Rechnungen, auch des Schauspielerlebens, nur in seltenen Fällen glatt aufgehen. Deshalb bleibt sie offenkundig wachsam und versucht, alle ihr angebotenen Aufgaben unvoreingenommen zu betrachten. Dazu gehören Mut und Bescheidenheit, zumindest ein aufrichtiges Wissen über die Grenzen des eigenen Sehwinkels. Offenbar hat sie aus dieser Erkenntnis heraus begriffen, daß die Mehrdeutigkeiten ihrer Darstellungsaufgaben,wie sie sich aneinander reiben, aber auch miteinander auszukommen haben,ein dramatisches Agens ( auch in komischen Verkörperungen!) haben, das für den Zuschauer zur Durchsichtigkeit zu bringen die Hauptaufgabe dieses komplizierten Berufes ausmacht, der ohne jede persönliche Identifikation mit der jeweiligen Rolle auskommen muss.
Foto: Hamburgisches Kulturkontor