Von Hartmuth Seitz
„… treffen sich zwei Straßenmusiker auf Amrum. Der eine hat gerade seine Leere beendet, der andere eine große Zukunft hinter sich (Insterburg & Co). Sacht der eine: „Na?!“, sacht der andere: „Jau.“ Und Crazy Horst war geboren.“
In und Husum herum kennt man die beiden „Ur-Horsts“: Philipp Mayer, der Serge Flensbourg genannt wird, und Georch Fogg, laut Ausweispapier trägt er den Namen Georg Dittmar. Beide machten sich vor allem durch ihre Auftritte in der Szenekneipe „Blaue Maus“ in Wittdün einen Namen. Für „größere“ Auftritte braucht man eine „größere Band“ und hier kommt Doc Olliday (Olli Vogt) ins Spiel.
„Crazy Horst“ muß man einfach erlebt haben. Einen Auftritt alleine zu beschreiben und mit Bildern versehen ist die eine Sache. Der Auftritt – weit unten im Süden – in der Schiffdorfer Stauschleuse bei Bremerhaven ist Vergangenheit. Was liegt näher, als ein tieferer Blick in genau diese. Gemäß „Crazy Horst“ ist das dann kein Gespräch mehr, sondern ein „Horsty-Talk“ läuft.
Frage: Wir haben euch am 06.06. an der Schiffdorfer Stauschleuse bei Bremerhaven live erlebt. Wie kommen drei gestandene Musiker aus Amrum, Husum und Gelsenkirchen dazu, sich auf Amrum zu einer Gruppe zusammenzuschließen und so „tief im Süden“ zu spielen?
Crazy Horst ( CH): Nun, wir sind eigentlich nur Musikerdarsteller und kommen aus Gelsenkirchen, Saarbrücken und der Pfalz. Auf Amrum waren wir zur selben Zeit am selben Ort und da entstehen manchmal Dinge. Von Amrum direkt kommt keiner von uns. Schorsch lebt da. In der Nähe von Husum haben wir derzeit unser ‚Horstpital‘. Der Bassist lebt dort mit viel Platz. Der Schlagzeuger wohnt in Hannover.
Frage: In welchen Kombinationen gibt es CRAZY HORST? Was hat es mit den Ur-Horsties auf sich? Oder anders gefragt: Bei youTube tauchen Videos auf, die euch als Straßenmusiker zeigen. In welchen Konstellationen seid ihr WANN und WO unterwegs?
CH: Crazy Horst ist als Duo geboren. Uns ist dann sehr schnell der Schlagerzeuger zugelaufen und ging dann einfach nicht mehr. Der lebt jetzt in Hannover und wir treffen uns dann immer für drei bis fünf Konzerte, legen vorher noch drei Tage Intensivprobe ein und rocken über die Bühnen. Manchmal spielen Schorsch und Phil dann zu zweit. Quasi der ‚Ur‘-Horst. Na ja, manchmal machen wir so spontane Ausflüge und plötzlich sind wir schon wieder weg. Da sind wir entweder zu zweit oder zu dritt unterwegs. Manchmal haben wir dann auch Gäste dabei. Horstessen halt. Solche Aktionen kündigen wir entweder auf unserer Internetseite oder/und bei Facebook oder gar nicht an.
Frage: Jeder von euch hat seinen eigenen musikalischen Hintergrund. Könnt ihr das für die einzelnen Bandmitglieder etwas differenzierter beschreiben?
CH: Georg Dittmar (Georch Fogg): Mit 15 machte ich meinen ersten Auftritt bei nem Schulfest. Ausgerechnet mit nem Lied von Insterburg und Co. Mit 17 begann ich Folkmusik zu machen.Hab ne Ausbildung zum Fotografen gemacht und hab dann die Leere aus der Lehre gezogen und nannte mich Künstler. Wechselnd von der Fotografie und Malerei zur Musik und zurück. Die Bundeswehr sorgte dann dafür, dass ich umherschweifend tätig wurde, bis ich 1988 Ingo Insterburg in Berlin getroffen habe. Sechs Jahre, bis 1994 war ich mit ihm als Georg Himmelblau unterwegs. Doch Fernsehauftritte, Radiosendungen etc. machten diesen Aufgusssversuch einer einstmals komischen Angelegenheit eher fragwürdig. Also erstmal wieder die Malerei.
2005 auf Amrum gestrandet brachte mir die Amrumer Soulband, in/bei der ich für drei Jahre die Front gab, die Bühne wieder nahe und die Begegnung mit Serge meine alte/neue Musik. Es funktioniert halt.
Philipp Mayer (Serge Flensbourg) hat irgendwann angefangen Gitarre zu spielen und blieb auch mal mehr mal weniger dabei. Hab mal in ner Cover Rockband auf nem 18. Geburtstag gespielt. Oder auf zweien, bin nicht sicher. Die Metallband ohne Auftritte aber immerhin schon mal einer Legende war auch ne erfahrungsreiche Zeit.
Bin dann so mit 21 auf die Straße gezogen und hab deutsche Lieder in Frankreich und Spanien gespielt. Da kam das irgendwie nicht so richtig an. Es gab nette Situationen. 2005 habe ich dann in einer Rockband auf der Insel Amrum gespielt. Dann hat meine damalige Freundin mir meine akustische Bassgitarre geschrotet. Ich betone, das war ein Unfall und ich liebe Sie noch heute für diesen Unfall. Daraufhin habe ich mir einen Kontrabass gekauft. Da kannten Schorsch und ich uns dann etwa ein halbes Jahr. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit konnte ich mit etwas Phantasie einen Kontrabassspieler darstellen. Bei YouTube gibt’s so ‚Lessons‘ wies gut aussieht und so. Irgendwann fing dann halt doch mal das Üben an.
Olliver Vogt (Doc Olliday) spielte schon früher auf Mütterlichen Kochtöpfen herum, bis eine Schülerband die Töpfe erlöste und auf einem richtigen Schlagzeug gespielt wurde.
Cover Songs aus den 60′ ern und 70 ‚ ern. Erste kleinere Gigs, die sehr aufregend waren.
Dann immer mal wieder ein wenig gespielt auf Amrum.
Autodidakt ist er. Und das klappt immer besser.
Frage: Während der Anmoderation in Schiffdorf wurde Ingo Insterburg mehrfach erwähnt. Also, Insterburg als Lehrmeister? WER von euch hat WAS mit der Insterburg-Szene zu tun?
CH: Lehrer schon, Lehrmeister und Vorbild: nein. Bei aller Sympathie und Dankbarkeit gegenüber Ingo habe ich gelernt; nur ein alter komischer Kauz zu werden der außerhalb von Raum und Zeit seinen Erfolg wieder zu beleben versucht, oder einfach nur Langeweile hat, ist nicht komisch und wenig unterhaltsam.
Wie lässt es noch Stan Nadolny einen weisen, alten Schäfer sagen: ein bisschen muss man die Füße schon heben.
Frage: Welche musikalischen Vorbilder gibt es bei euch – neben Insterburg ?
CH: Sex Pistols, Motörhead, Django Reinhardt, Georg Kreisler,James Brown, Mozart, Neil Young & Crazy Horse, AC/DC, Bob Dylan, Chopin, Sting, Manu Cache, George Michael, Get well Soon, seeed, Witthüser und Westrupp, Dimmu Borgier, U2, James Last, Stoppok um nur einige zu nennen.
Frage: Welchem Grund haben wir es zu verdanken, dass ihr euch auf eurer HP als Georch Fogg, Serge Flensbourg und Doc Holliday präsentiert?
CH: Doc Olliday: Das sind halt unsere Künstlernamen.
Frage: Ihr macht „Straßenmusik für drinnen“. Was versteht ihr darunter und welche Unterschiede gibt es zwischen „Drinnen“ und „Draußen“?
CH: Ja, und Kulturprogramm für draußen. Das sind Lieder mit akustischen Instrumenten wie sie bei Strassenmusik funktionieren. Mit Rock’n’Roll und knackigen Folkeinflüssen. Die Musik ist zum mitwippen, die Texte sind zum Hinhören.
Frage: Im Internet schwirrt ein altes SW-Foto rum, auf dem sich „Serge“ als wahrscheinlich dritter von links wiedererkannt hat. Da wart ihr sicherlich noch zu „Ying für den Rock´n´Roll?“ Euer Slogan „Too yang to die, too ying fürn Rock`n`Roll“ ist sicherlich nicht nur als sprachliche Spielerei zu sehen. Was verbirgt sich im Zusammenhang mit eurem Logo hinter diesem Slogan?
CH: Die Musik hat mich im Elternhaus schon begleitet und ehrlichgesagt weiß ich nicht so genau auf welchem Bild ich mich wiedererkennen sollte, bin froh wenn ich morgens den Typen im Spiegel nicht grüße.
Und was ist yin yang? Die Einigkeit der Gegensätze, oder sowat.
Frage: Eure Musik hat von den Melodien her einen Wiedererkennungswert. Dazu dann die oftmals freien „Übersetzungen“ oder sind es doch mehr eigene Texte? Wie kommt man eigentlich auf die Idee zu diesen eigenwilligen Wortspielereien?
CH: TreZen und Buddhabuilding
Frage: „Ich hab Uran im Urin“, ein Refrain, der zum Mitsingen animiert aber seinen ernsten Hintergrund nicht verleugnen kann. Was war der Auslöser für diese Refrainzeile?
CH: Wann war noch mal Tschernobyl? Wie war dat noch mit Nagasaki? Die Refrainzeile ist schon echt lange aktuell. Übrigens sind nur die Strophen von Horst. Der Rest ist aus den 70ern.
Frage: Ihr habt garantiert auch ein Lieblingslied oder eine Lieblingszeile. Und die lautet wie?
CH: Georch: ‚dem mikrowellensurfen der salmonellen zu‘
Serge: Die Lieblingslieder wechseln von Zeit zu Zeit, aktuelle Lieblingszeile: ‚Leert den Pokal und dann keilt Ihn in Scherben, lebt Euer Leben und dann ein Schuss.‘ Mein derzeitiges Lieblingslied ist noch nicht im Programm und wird auch noch nicht verraten.
Doc: ‚gib es zu du warst bei CH in sein Konzert‘
Frage: Den Namen CRAZY HORST erklärt ihr ja. Könnt ihr trotzdem nochmal eine Kurzfassung davon geben? Und wie kommt es in diesem Zusammenhang bei eurer Homepage zur Endung „.es“. Gibt es irgendwelche Beziehungen nach Spanien?
CH: Als zwei Neffen von Schorsch Indianer gespielt haben fragte der Onkel sie nach Ihren Namen. Der Große antwortete Cochies und der Kleine war Crazy Horst.
Zum ‚es‘ in der Internetadresse sollte ich die Hierarchie in der Band kurz erläutern. Bei den ersten fünf Auftritten ist man Horstes(se), nach weiteren fünf dann Horst und ab dann Vollhorst. Diejenigen die dann gehen machen einen Adlerhorst. Und in Anlehnung und zur Wertschätzung der Horstessen haben wir die Adresse mit spanischer Endung angelegt. Und sieht gut aus.
Fotos: H.Seitz