Von Uta Buhr
Vor Taschendieben wird gewarnt! In Supermärkten, Kaufhäusern und selbst im ICE soll es von dieser unangenehmen Spezies ja nur so wimmeln. Und auf den Flughäfen werden alle Nas’ lang die eiligen Passagiere von einer Automatenstimme dringend gebeten, ihr Gepäck nie unbeaufsichtigt zu lassen. Kann mir doch nicht passieren, denken die meisten von uns.
Ich passe auf meine Sachen bestens auf, habe alles fest im Blick. So dachte ich auch. Bis heute Mittag. Im überfüllten Supermarkt passierte es. Beladen mit Tüten und Taschen, einen großen Blumenstrauß in der Hand, eilte ich mit meinen Einkäufen nach Hause. Erst dort bemerkte ich, dass meine Handtasche fehlte. War sie mir von der Schulter geglitten oder gar gestohlen worden? Nachdem alle Ecken und Winkel des Ladens ohne Resultat abgesucht waren, meinte der Marktleiter triumphierend, er habe es ja gleich gewusst. Denn – wörtlich – „Solche Kunden gibt es bei uns nicht.“ Dennoch blieb die Tasche unauffindbar. Dumm gelaufen. Ich dachte mit Grausen an die langen Wege nach Personalausweis, Handy und und und… Doch das Allerschlimmste: Meine Brille war auch in der geraubten Tasche. Und ohne sie bin ich blind wie ein Maulwurf. Eine Katastrophe!
Doch es geschehen noch Zeichen und Wunder. Denn als ich gerade zum Telefon greifen und meine EC-Karte sperren lassen wollte, klingelte es an meiner Wohnungstür und ein junger Mann im weißen Overall schwang meine schwarze Lacktasche vor meinen Augen. „ Die gehört sicher Ihnen“, sagte er. „Ich habe die Tasche geöffnet und Ihre Adresse gefunden.“ Ein paar Halbwüchsige hätten mit ihr im Alsterpark gegenüber meinem Haus gespielt. „Woher habt ihr denn die Tasche, habe ich gefragt.“ Im Gebüsch hätten sie sie gefunden, riefen diese, warfen die Tasche von sich und liefen weg. Bevor ich den ehrlichen Finder um Namen und Adresse bitten konnte, war er verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. In der Tasche fehlte nichts außer ein wenig Geld im Portemonnaie. Ich hätte vor Dankbarkeit die ganze Welt umarmen können. Und was lehrt uns das? Es gibt immer noch Menschen, die nicht wegschauen, wenn ihnen etwas Merkwürdiges auffällt, sondern wie mein „Engel im Overall“ beherzt eingreifen und keine Mühe scheuen, Kontakt zu dem Geschädigten aufzunehmen. Solchen Mitbürgern gebührte ein Orden!