erschienen im Hamburger Abendblatt am 28. Juni 2011
Eine Glosse von Uta Buhr
Hunderte von Einbrüchen ereignen sich täglich in Hamburg und Umgebung. Und das am hellichten Tag. Meine Nachbarin nimmt die Warnungen der Polizei vor Einbrechern und Klingelgangstern sehr ernst. „Während ich weg bin“, schärfte sie ihrem achtjährigen Sohn daher ein, „gehst du nicht an die Tür.“
Der befolgte Mutters Mahnung aufs Wort und ignorierte gestern selbst das hartnäckige Klingeln, Klopfen und Rufen des Hausmeisters. Stattdessen errichtete er eine wehrhafte Barrikade aus Stühlen hinter der Haustür. Als die Eltern sich am Abend mühsam einen Weg in die Festung erkämpft hatten, trauten sie ihren Augen nicht. Der Sprössling hatte Schränke und Kommoden aufgerissen, Porzellan und Schmuck herausgenommen und in der ganzen Wohnung versteckt. Das Familiensilber wurde später unter dem Teppich im Wohnzimmer geortet, Mutters Perlenkette im Gemüsefach des Kühlschrankes. Erst nach stundenlangem Suchen konnte die Ordnung wieder hergestellt werden.
Die Vorwürfe der Mutter verstand der Junge indes nicht. „An die Verstecke wäre doch nie ein Einbrecher rangekommen“, argumentierte er unter Tränen. Allerdings konnte er sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern, wo er in seinem Übereifer Papas goldene Taschenuhr versteckt hatte, das Glanzstück der Sammlung und erst unlängst vom Großvater geerbt! Die fand sich am nächsten Morgen unter einem Knäuel von Handtüchern und Bettbezügen in der Waschmaschine wieder – gekocht, gespült und makellos sauber. Eine Uhr also, die „sich gewaschen hat“, wie der Uhrmacher lakonisch feststellte.