erschienen im Hamburger Abendblatt am 22.Juli 2010
Von Johanna R.Wöhlke
So, der Sommer ist da. Die Ferien sind da. Reisen ist angesagt. Unterwegs sein ist fast zur Pflicht geworden in unserer Gesellschaft. Wir sind in der nur als wunderbar zu benennenden Lage, die Welt wahrnehmen zu können – und das nicht nur aus Büchern. Wir können reisen, erleben, kennenlernen, das Fremde in Gedanken mit nach Hause nehmen. Bis hierhin war alles ernst gemeint – nun kommen leicht skurrile Gedanken.
Stellen wir uns einen Augenblick lang vor, wir seien eine Schweizer Schokolade, lägen in einem Schweizer Geschäft und warteten darauf, gekauft zu werden. Dann bedeutet das: Die Schokolade wird eine Reise machen, im Koffer des Käufers gen Heimat getragen, gefahren, geflogen werden. Allerdings wäre das für uns als Schokolade nichts Neues, nichts Weltbewegendes, nichts Großartiges – wir wüssten ja, dass wir schon so oft unterwegs gewesen sind, schon so oft gereist, dass wir nun davon wirklich die Nase voll haben. Warum? Warten Sie ab.
Da kommt also so ein Tourist aus Deutschland, packt uns in seinen Koffer, schaukelt uns wieder durch, verschenkt uns mit Freude als Souvenir aus der Schweiz – und rechnet nicht damit, dass just an dieser so Beschenkte auf die Verpackung schaut, auf die Hinterseite –was man natürlich mit Reisesouvenirs nicht machen sollte. Was liest er da auf der echten Schokolade aus der Schweiz? Er liest in deutsch, englisch und arabisch: geformt und verpackt in Deutschland!
Wir als Schokolade haben das natürlich gewusst. Uns war klar, dass dieser deutsche Tourist mit sich und uns auf dem Heimweg sein würde – endlich nach diesem vielen Hin und Her! So ist das mit dem Reisen in diesen Zeiten, natürlich nicht nur für Schokolade. Dieses Lied ließe sich für viele Produkte singen. Ich hatte dieses Erlebnis auch schon mal mit Seife. Ich kaufte sie als Souvenir in Amerika und wo war die Seife produziert worden? In Deutschland! Wie gesagt: Es ist Reisezeit, für Touristen zu ihrer persönlichen Reisezeit, für manche Souvenirs immer…