erschienen im Hamburger Abendblatt am 30. Juli 2010
Von Johanna R. Wöhlke
Es macht Spaß zu fliegen? Die Meinungen zu dieser Frage sind geteilt. Sie reichen von enthusiastischer Freude bis hin zu der Aussage: Muss man eben machen, wenn man schnell in der Welt unterwegs sein will. Nun ja, dagegen ist wohl nichts zu sagen. Pragmatismus ist in diesem Fall wahrscheinlich nicht das Schlechteste.
Allerdings gibt es einen Umstand beim Fliegen, beim Langstreckenfliegen, dem bislang noch nicht die gebührende Aufmerksamkeit geschenkt worden ist: Das Fliegen in großen Flugzeugen mit der allen Langstreckenfliegern bekannten mittleren Sitzreihe, auf der sich mehr als nur zwei oder drei Passagiere tummeln. Mein Gesprächspartner kennt das. So ist er schon geflogen, eingeengt nach Singapur – und das ist von Frankfurt aus ein langer Flug. Er hat keine Angst vorm Fliegen, nein, die hat er nicht. Er hat eher ein sehr ungutes Gefühl, wenn er sich daran erinnert, welche Gedankenqualen er durchleiden musste!
Denn in der Mitte zu sitzen und rechts und links von sich je zwei weitere Passagiere hautnah zu wissen, das birgt ein großes praktisches Problem: Trink ich oder trink ich nicht? Denn es ist ja wohl glasklar, dass trinken zu einem oder mehreren menschlichen Bedürfnissen führen wird – den Wunsch zu verspüren, sich zu erheben und die Örtlichkeiten aufzusuchen. Aber das bedeutet dann eben auch, die Sitznachbarn bitten zu müssen, sich zu erheben – egal zu welcher Seite, es sind immer zwei, die sich dann erheben und den Weg frei machen müssen. Also Bier adieu, Sekt good bye, Wasser adios, Wein – nein! Durst und Enthaltsamkeit aus Höflichkeit?
Fliegen scheint mehr zu sein als nur eine Möglichkeit, sich fortzubewegen, jedenfalls in dieser mittleren langen Reihe…