erschienen im Hamburger Abendblatt am 3. Dezember 2010
Von Johanna R. Wöhlke
Was könnte denn so Ihre „Hauptmeldung“ des heutigen Tages werden? Ist das eine schwierige Frage? Ich vermute es ist, denn Hauptmeldungen pflegen sich erstmal zu entwickeln und zu entfalten. Dann beeindrucken sie uns „hauptsächlich“, bestimmen eine Weile lang unser Denken, werden dann zu Nebenmeldungen, sinken ab in die Erinnerung und werden – irgendwann einmal vergessen.
Ich kann nur sagen: Gott sei Dank immer wieder vergessen. Denn die Vorstellung, alles immer behalten zu müssen, niemals etwas vergessen zu können, das wäre für mich eine schreckliche „Hauptmeldung“, mehr – das wäre eine Horrormeldung! Wieder einmal aber ist dies so ein Fall, bei dem nicht von vornherein klar ist, ob ich das wirklich so meine, denn in diesem Moment schon kommen mir Zweifel.
Eigentlich ist es doch gerade wunderbar, viel behalten zu können. Alles das aufzunehmen und zu behalten, was die Welt uns an Lern- und Lehrbarem so alles zu bieten hat. Der Satz: „Das hab ich vergessen!“, war noch nie einer, mit dem man Lorbeeren verdienen konnte, höchstens ein leichtes Kopfschütteln verbunden mit einem tadelnden Blick.
Die Hauptmeldung des Tages könnte also sein: Ich behalte das Wichtige und vergesse das Unwichtige – und dann geht es mir gut. Dann bin ich mit allen Informationen versorgt, die wichtig sind für mein Leben. Mal schauen, was der Tag so bringt. Wenn ich dann am Abend vergessen haben sollte, was ich gerade geschrieben habe, was dann? Aber stopp: ein kleines Lesevergnügen am Rande bleibt natürlich immer eine Hauptmeldung!