Von Johanna Renate Wöhlke
Wir freuen uns, an dieser Stelle die unten folgende Rede des Vorsitzenden der Hamburger Autorenvereinigung, Gino Leineweber, veröffentlichen zu können. Er hielt sie anlässlich der Verleihung des „Hannelore-Greve-Literaturpreises 2014“ am 7. Oktober 2014 im Festsaal des Hamburger Rathauses.
Alle 250 Gäste, die sich an diesem Abend im Rathaus auf den Weg in den Festsaal machten, tauchten ein in ein Wechselbad aus Freude und Trauer, denn im Rathausfoyer machte das feierlich ausgestellte Kondolenzbuch der Stadt für den Schriftsteller Siegfried Lenz deutlich: Der Hamburger Ehrenbürger und auch Mitglied der Hamburger Autorenvereinigung war am selben Tage in Hamburg verstorben.
So wurde diese Verleihung des „Hannelore-Greve-Literaturpreises“ auch ein würdiges Abschiedsgedenken an Siegfried Lenz, eine zufällige Verquickung zwischen Leben und Tod, und ein würdiger Rahmen, ihm an seinem Todestag die letzte Ehre zu erweisen – eine Ehre im Rahmen einer Preisverleihung, die am Ende auch das würdigte,was in Siegfried Lenz gelebt hat, und eine wunderbare Klammer zwischen beiden Ereignissen bildete: die Liebe zur Literatur.
Gino Leineweber
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Frau Müller, sehr verehrte Frau Professor Greve, liebe Frau Stoltenberg, sehr geehrter Herr Doyen Salorio , sehr geehrte Damen und Herren des konsularischen Korps, meine Damen und Herren.
Am Anfang muss ich sie über den Tod unseres ersten Preisträgers Siegfried Lenz informieren.
Ausgerechnet heute, an dem Tag an dem wir die sechste Ehrung vornehmen und das 10jährige Jubiläum des Hannelore Greve Literaturpreises feiern, trifft uns diese Nachricht schwer.
Unser Freund und Ehrenmitglied Siegfried Lenz war eines unserer literarischen Aushängeschilder in der Hamburger Autorenvereinigung. Zusammen mit Walter Kempowski, Günter Kunert und Arno Surminski stand er für eine Schriftstellergeneration, die ihre Lebenserfahrungen aus freiheitsberaubenden Diktaturen und den Mechanismen von Unterdrückung in ihr Werk und in ihr Leben eingebracht haben.
Wir haben seine schriftstellerischen Leistungen mit der ersten Vergabe des Literaturpreises, zu dessen Verleihung wir heute zusammengekommen sind, an dieser Stelle und in diesem Raum, im Jahre 2004 gewürdigt. Der herausragende Schriftsteller Siegfried Lenz setzte ein Signal für diesen Preis.
Lassen Sie uns seiner mit einer Schweigeminute gedenken.
Meine Damen und Herren. Ich freue mich sehr, Sie heute zur sechsten Preisverleihung des Hannelore Greve Literaturpreises begrüßen zu dürfen.
Die Hamburger Autorenvereinigung und die Hannelore und Helmut Greve Stiftung für Kultur und Wissenschaften vergeben diesen Preis im jährlichen Wechsel mit dem nach Walter Kempowski benannten Förderpreis alle zwei Jahre. Er wird für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der deutschsprachigen Literatur vergeben und sollte schon von Beginn an ein Signal für den literarischen Aufbruch aus der Kulturstadt im Norden Europas senden. Damals war in der Politik die Rede von „Leuchtturmprojekten“ und wir sahen eine kulturelle Lücke, die wir mit dem Hannelore Greve Literaturpreis schließen wollten.
Die bisherigen Preisträger waren Siegfried Lenz (wie bereits erwähnt), Hans Pleschinski, Arno Surminski, der heute unter uns weilt, und den ich sehr herzlich begrüße, Lea Singer und Gerhard Henschel. Mit diesen Namen hat unser Literaturpreis sich in den ersten zehn Jahren seines Bestehens zu einem gewichtigen Teil des literarischen Kulturlebens entwickelt. Nebenbei gehört er zu den höchst dotierten Literaturpreisen im deutschsprachigen Raum.
In diesem Jahr geht der Preis an eine Schriftstellerin, die bereits mit höchsten literarischen Ehren bedacht wurde. Deswegen freut es mich umso mehr, dass sie mir sagte, dass sie sich über den Hamburger Hannelore Greve Literaturpreis sehr freue. Die Hamburger Autorenvereinigung hat Herta Müller ja bereits in früheren Zeiten als Gast begrüßen dürfen, erstmalig, wenn ich richtig recherchiert habe, im Jahre 1996. Somit bestehen durchaus literarische Verbindungen zu unserer Stadt, über die wir uns freuen, auf die es aber bei der Auswahl nicht angekommen ist. Nein, mit Herta Müller hat die Jury eine Schriftstellerin erwählt, die mit einem besonderen literarischen Talent eine Sprache findet, die im Leser Bilder erzeugt, die einen nachhaltigen Eindruck vermitteln.
Von der Jury, die sich für die Preisträgerin ausgesprochen hat, sind leider Dr. Tilman Krause, der Redakteur der Literarischen Welt, wegen eines Auslandsaufenthalts und Herr Dr. Rainer Moritz, der sich bereits in Frankfurt auf der Buchmesse befindet, nicht anwesend. Die übrigen Jurymitglieder, Annemarie Stoltenberg, Prof. Dr. Wolfgang Müller-Michaelis und Sabine Witt sitzen hier vor mir, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich bei ihnen und den Abwesenden sehr herzlich für ihre Mitarbeit an meiner Seite in der Jury zu bedanken. Vielen Dank für Ihre verantwortungsvolle Tätigkeit.
Herta Müller unsere diesjährige Preisträgerin zeigt uns bis heute, dass es immer Literaten gibt, die ihre Stimme für Freiheit und Grundrechte erheben. Ihre Werke sind ein Zeugnis ihrer Biografie und beeindrucken durch eine klare Sprache und prägende Wortbilder. Wir Hamburger sind stolz, diese Schriftstellerin ehren zu können. Und die Autorenvereinigung ist dem Hamburger Senat und dem Ersten Bürgermeister dankbar, dass er, als Gastgeber der Preisverleihung, gegenüber Herta Müller ein besonderes Zeichen des Willkommens setzt.
Foto: Wöhlke