erschienen im Hamburger Abendblatt am 11. Dezember 2010
Von Johanna R. Wöhlke
Wir suchen etwas. Das ist nichts Ungewöhnliches. Morgendliches Suchen von Schlüsseln und Geldbörsen ist mir wohlbekannt. Kurzfristige Hektik und dann, nach erfolgreichem Finden – ab in den Tag. Das entspannte Ende einer solchen Suche gelassen abwarten zu können, das ist eine Kunst und reine Nervensache.
Besonders erschwerte Bedingungen stellen sich dann ein, wenn besondere Dinge verlegt worden sind und sich partout nicht finden lassen. In diesem Umkreis würde ich auch das Suchen des verlorengegangenen Eheringes einordnen wollen. Erst ein Jahr verheiratet – und dann das!
Der Ehering ist weg. Er ist unauffindbar, schon zwei Wochen lang. Auch nachdem die ganze Wohnung fast auf den Kopf gestellt worden ist – er bleibt verschwunden.
Was nun? Der junge Ehemann hat entnervt aufgegeben und berichtet mit aller Gemütsruhe: Irgendwann muss er wieder auftauchen, er kann ja nur hier sein. Die junge Ehefrau schaut skeptisch. Man sieht ihr an, dass ihr das gar nicht gefällt.
Das ist der Punkt, an dem der Orangensaft seinen großen Auftritt hat. Ja, es ist wahr. Das morgendliche Glas Orangensaft rettet den jungen Ehefrieden. Nicht in der altbekannten Form im Trinkglas, sondern in einer sonst eher verabscheuten.
Der junge Ehemann setzt sich nämlich mit dem Glas Orangensaft kurz an seinen PC und verschüttet das ganze Glas über den Schreibtisch. Es bedarf keiner langen Erklärungen darüber, was nun folgt – und siehe da: Da ist er ja, der vermisste Ehering, „untergebuttert“ hinter Tastatur und Bildschirm im Kleinchaos eines Schreibtisches. Keine Chance, ihn so jemals zu finden. Fazit: Manchmal behebt ein Malheur das andere! Johanna R. Wöhlke