Von Uta Buhr
„Das Wetter ist auch nicht mehr das, was es einmal war“, seufzt der weißhaarige Herr und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Die gebeugte alte Dame neben ihm auf der Parkbank nickt zustimmend: „Ja, früher, als ich noch jung war, da waren doch die Sommer noch ganz anders. Viel gemäßigter. Und auch die Winter waren viel angenehmer als heute.“ „Nun seien Sie doch endlich mal zufrieden“, wirft ein junger Jogger ein, der sich schwer atmend neben den beiden Nörglern niederlässt. „Immer dieses Gemecker über das Wetter. Ist der Sommer kalt und regnerisch, schimpfen die Leute. Und jetzt, wo es endlich sommerlich warm ist, gefällt es vielen auch nicht.“
Die Dame richtet sich steif auf und sagt mit der ganzen Würde ihres Alters: „Junger Mann, was finden Sie an diesem Wetter nun so schön. Es ist doch viel zu heiß…“ „Und dieses Wetter bekommt dem Organismus gar nicht“, mischt sich der Weißhaarige lebhaft in das Gespräch ein. „Sehen Sie doch selbst, wie Sie schwitzen.“ Dazu fällt nun auch dem Jogger nichts mehr ein. Er holt eine Zeitung aus seinem Rucksack und vertieft sich in die Lektüre.
„Dass die jungen Leute immer alles besser wissen müssen als wir“, nimmt die Frau den Gesprächsfaden wieder auf. „Recht haben Sie, und lassen Sie die erst mal in unser Alter kommen“, pflichtet der Herr ihr triumphierend bei. „Davor habe ich überhaupt keine Angst“, lacht der Jogger, „in einer nicht allzu fernen Zukunft bestimmen die Menschen nämlich selbst über das Wetter. Da scheint tagsüber die Sonne, und nur nachts regnet es.“ Aus der Ferne grollt Donner, und die ersten Regentropfen prasseln hernieder. Der alte Mann erhebt sich schwerfällig und hilft seiner Nachbarin galant auf die Füße. „Von wegen Wetter zum Selbermachen“, murmelt er verärgert, „was für ein dummes Geschwätz.“ „Wie schön, dass es endlich regnet“, lächelt die Frau an seinem Arm selig und reckt ihr Gesicht genießerisch gen Himmel. „Da wird es doch gleich wieder so angenehm kühl!“