Von Dr. Manuel Ruoff
Am 11. Juli 1921 kam der musikalische Ufa-Star Ilse Werner im heutigen Djakarta zur Welt
Eine Frau mit Pfiff“ – so lautete der Titel ihrer musikalischen Fernsehshow aus dem Jahre 1967 und als solche ist Ilse Werner auch in die deutsche Film- und Musikgeschichte eingegangen. Als Pfeiftalent und Sängerin trat Werner erstmals in „Das Wunschkonzert“ hervor. Dieser bis dahin größte deutsche Kinoerfolg machte sie auch als Musikerin bekannt; als Schauspielerin war sie es schon vorher gewesen. Ebenso wie Zarah Leander vereinigte sich auch in Ilse Werner schauspielerisches mit musikalischem Talent. Beide erlebten im Dritten Reich den Höhepunkt ihrer Karriere, beide wurden dafür nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Karriereknick abgestraft, und beide sind weder in Deutschland zur Welt gekommen noch waren sie Staatsangehörige des Deutschen Reiches.
Ilse Werners Mutter Lilli Still war zwar Deutsche, aber ihr Vater O. E. Still Niederländer. In Niederländisch-Indien, in dessen Metropole Batavia, kam Ilse als Ilse Charlotte Still zur Welt. Nach dem Verlust ihrer Plantage zog die einst wohlhabende Familie 1931 in die Heimatstadt von Ilses Mutter, Frankfurt am Main. Drei Jahre später wurde der Vater nach Wien versetzt. Der Umzug der Familie in die österreichische Hauptstadt ermöglichte es Ilse, nach dem Abschluss der Schule eine Schauspielausbildung am Max-Reinhard-Seminar zu absolvieren. Dort wird aus Ilse Charlotte Still die Schauspielerin Ilse Werner.
1937 debütiert sie am Wiener Theater an der Josefstadt und ist ein Jahr später in dem Film „Die unruhigen Mädchen“ an der Seite von Theo Lingen und Hans Moser erstmals im Kino zu sehen. Die deutsche Universum-Film AG (Ufa) wird auf sie aufmerksam, nimmt sie unter Vertrag, holt sie nach Berlin und baut sie zum Star auf. In „Bel Ami“ aus dem Jahre 1939, einem der wenigen deutschen Filme der NS-Zeit, der auch international Anerkennung fand, spielt sie bereits an der Seite von Willi Forst dessen große Liebe Suzanne, aber dort ist es mit Lizzi Waldmüller noch eine andere, die das Titellied singt.
Nach „Das Wunschkonzert“ von 1940 und „Die schwedische Nachtigall“ vom Folgejahr, in der Werner die Titelrolle der von Hans Christian Andersen angehimmelten Sängerin Jenny Lind spielte, trug sie mit „Wir machen Musik“ in dem gleichnamigen Kinoerfolg aus dem Jahre 1942 ihr bekanntestes Lied vor. Es folgten 1942 und 1943/44 Hauptrollen an der Seite von Hans Albers in dem aufwändigen Kostümschinken „Münchhausen“ und „Große Freiheit Nr. 7“.
Obwohl letztgenannter Film wegen seiner Melancholie und seines deprimierenden Endes unter die NS-Zensur fiel, erteilten die Sieger Ilse Werner nach dem Krieg Berufsverbot. Dieses war zwar befristet, doch konnte sie anschließend nicht wirklich wieder an ihre früheren Filmerfolge anschließen.
1948 heiratete sie den amerikanischen Journalisten John de Forest und folgte ihm in dessen Heimatland, wo sie in Los Angelos lebten. Die Ehe blieb kinderlos und wurde 1953 geschieden. Werner kehrte nach Deutschland zurück, heiratete 1954 den Orchesterchef des Bayerischen Rundfunks, Josef Niessen, und nahm im folgenden Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft an. 1960 gelang es ihr, mit dem Schlager „Baciare“ an ihre musikalischen Erfolge aus der NS-Zeit anzuknüpfen. Erfolgserlebnisse waren Werner auch auf der Theaterbühne, im Radio und im Fernsehen vergönnt. Ihr langgehegter Wunsch, wie einst auf der Leinwand nun auf der Bühne schauspielerische und musikalische Tätigkeit miteinander verbinden zu können, ging 1970 in Erfüllung. Damals übernahm sie die weibliche Hauptrolle in der deutschen Bühnenfassung des Musicals „Der König und ich“.
1981 veröffentlichte Werner ihre Autobiographie „So wird’s nie wieder sein. Ein Leben mit Pfiff“. Es ist bereits ihre zweite, denn auf dem Höhepunkt ihrer Kinoerfolge hatte sie bereits im zarten Alter von 20 Jahren „Ich über mich“ veröffentlicht.
Dem Vernehmen nach verarmt verstarb Ilse Werner am 8. August 2005 in einem Lübecker Pflegeheim an den Folgen einer Lungenentzündung. Entsprechend seinem Wunsch wurde der einstige Ufa-Star in Potsdam-Babelsberg beigesetzt.