erschienen im Hamburger Abendblatt am 20. April 2011
Von Johanna R. Wöhlke
Ich habe ihn schon über das Feld hüpfen sehen, den Osterhasen. Es waren sogar mehrere. Ich bin mir ganz sicher, dass es Osterhasen waren, denn sie hatten es so eilig davonzukommen, dass es sich nur mit vorösterlicher Eile erklären lässt. Ja, folgen wir den Mythen und glauben an sie, dann ist diese Zeit jetzt Stress pur für den Osterhasen, denn sie bemalen die Eier. Sie bemalen sie nicht nur, sie sollen sie auch noch legen und verschenken. Nicht nur ich meine: Das ist des Guten zu viel!
Deshalb habe ich zur Selbsthilfe gegriffen und aus lauter Mitleid und Mitgefühl mit den Osterhasen einige von ihnen gekauft. Ja, man kann sie kaufen. Ich habe allerdings kleine Stoffosterhäschen gekauft, etwa handgroß, mit niedlichen Schnuten, Öhrchen und allem, was noch zu einem niedlichen kleinen Häschen gehört. Es waren nicht wenige, die ich mit nach Hause brachte, genau zwanzig Stück.
Meine Vermutung war, damit entziehe ich sie dem Osterstress. Sie sahen so klein und niedlich aus, da wollte ich ihnen einen so anstrengenden Job nicht zumuten. Was habe ich gemacht? Ich habe sie aufgehängt, aufgehängt an ihren kleinen mit Magneten ausgestatteten Pfötchen. Die „kleben“ nun aneinander und so „kleben“ auch die Häschen fest an einer Stange in meiner Küche. Häschen an Häschen, eine ganze Hasengalerie!
Ich kann ihnen ansehen, wie sie sich freuen. Sie hängen da ganz ruhig und friedlich und schauen mir dabei zu, wie ich Eier koche oder brate. Keiner will etwas von ihnen. Keiner hetzt sie. Keiner zwingt sie dazu, Massen von Eiern zu transportieren. In meiner Küche ist das Osterfest ein wirkliches Fest für den Hasen! Auch Hasenbraten gibt es nicht! Die Hasen und ich, wir verstehen uns. Wir sind ein Herz und eine Seele.
Mein Mann meint, so ein arbeitsfreies Ostern, das hätte er auch gerne. Darauf konnte ich ihm nur antworten: „Bitte, zeig mal Deine Hände, wenn die auch magnetisch sind, können wir es mit der Küchenstange ja mal versuchen…“