Von Uta Buhr
Die grauhaarige Dame am Nebentisch starrte böse zu der über ihr hängenden Lampe empor. „Mach endlich, dass du wegkommst“, murmelte sie beschwörend und wedelte wild mit ihrer Serviette. Der Gegenstand ihres Ärgers – eine Wespe am Lampenrand. Resolut schob sie ihren Vegetarierteller zur Seite und winkte dem Kellner: „Bitte schlagen Sie die Wespe tot“, verlangte sie. „Mir selbst verbietet meine Religion, ein Tier zu töten.“ „Meine auch“, konterte der Herr in Schwarz. „Da müssen Sie sich schon jemand anderen suchen.“ „Das ist doch wohl allerhand“, rief die Dame bebend vor Zorn und fixierte erneut das hilflos krabbelnde gelb-schwarze Etwas über ihrem Kopf. In einem letzten Versuch, das Innere der Lampe zu erreichen, breitete die Wespe ihre Flügel aus und stürzte mitten auf den Rohkostteller ihrer Feindin. Dort zappelte sie noch einige Sekunden, ehe sie verschied. „Nun haben Sie das Tier doch umgebracht – mit Ihrem bösen Blick“, wandte sich ein Gast an die seltsame Dame. Diese aber rauschte wortlos an ihm vorbei in Richtung Ausgang. Wenn Blicke töten könnten, wäre dies ein Fall für die Kripo.