erschienen im Hamburger Abendblatt am 24. Februar 2011
Von Johanna R. Wöhlke
Eine befreundete Malerin hat eine besondere Methode zu malen. Sie war ein Berufsleben lang Ärztin und hat nun die Spritze zu ihrem Pinsel erkoren, das heißt, sie malt Bilder, indem sie medizinische Spritzen mit Farbe füllt, Punkt für Punkt auf die Leinwand setzt. So entstehen ihre Bilder. Das nenne ich auf den Punkt gebracht.
Auf den Punkt gebracht, das ist aber auch sonst nicht unwichtig, denn es meint, etwas zum richtigen Zeitpunkt tun, etwas zum richtigen Zeitpunkt beginnen, beenden, abschließen, zur Reife gelangen lassen. Diesen Punkt zu finden, das mag im Leben manchmal schwer sein. Viele sprachliche Varianten gibt es dafür, sogar die alten Operettenlibrettisten wussten zu schreiben: „ Es kommt auf die Sekunde an bei einer schönen Frau…“
Dieser Punkt also ist es, der hier zu Ehren erhoben werden soll!
Beim Essen ist immer sofort zu schmecken, wenn etwas nicht „auf dem Punkt“ ist. Das nicht gewünschte durchgebratene Steak zum Beispiel. Durchgebraten und nicht auf dem Rosapunkt? Das schmeckt nicht. Ein köstliches Soufflé ist auch ohne den richtigen Garpunkt nicht herstellbar und viele andere Gerichte mehr.
Eine kreativ wirkende Vorstellung, sich die Zeit auf einer Schiene mit lauter aneinander gereihten Punkten vorzustellen – aber dann könnte vielleicht jeder Punkt der wichtige sein. Jeder Augenblick könnte der wichtige Augenblick sein, jeder Moment. Das ganze Leben in diesem Sinne auf den guten Punkt gebracht? Das wäre ein Geburtstagswunsch für alle Geburtstagskinder – heute zum Beispiel!