erschienen in der PAZ
Von Dr. Manuel Ruoff
Vor 640 Jahren beendete der Vertrag von Fürstenwalde die Herrschaft der Wittelsbacher
Nicht nur Monarchisten und Historikern dürfte die Herrschaft der Wittelsbacher in Bayern ähnlich ein Begriff sein wie die der Hohenzollern in Brandenburg. Schon weniger weit verbreitet dürfte jedoch das Wissen darum sein, dass zwar nicht die Hohenzollern über Bayern, aber sehr wohl die Wittelsbacher über Brandenburg geherrscht haben. Das dauerte allerdings zugegebenermaßen nicht sehr lange und ist auch schon einige Jahrhunderte her. Bezeichnenderweise war es ein Kaiser aus dem Hause Wittelsbach, der diesen Zustand begründete, und ein Kaiser aus einem anderen Geschlecht, der ihn beendete.
Es war im Jahre 1320, dass mit dem Tode von Heinrich dem Kind die brandenburgische Linie der Askanier im Mannesstamm erlosch. Der Wittelsbacher Ludwig IV. der Bayer war nun nicht nur Heinrichs Onkel, sondern zu jener Zeit auch römisch-deutscher König, ab 1328 gar Kaiser. 1322 gelang ihm in der Schlacht bei Mühldorf der Sieg über den Habsburger Gegenkönig Friedrich den Schönen. So gestärkt übertrug er 1323 das herrscherlos gewordene Brandenburg seinem ältesten Sohne Ludwig I. Das war der Beginn der Herrschaft der Wittelsbacher in der Mark.
Den Preußen, denen es ein Ärgernis ist, dass sich manche Urbayern bis heute nicht recht in den von Berlin aus regierten Nationalstaat einfügen mögen, mag es ein Trost sein, dass es die Brandenburger beziehungsweise deren Adel dem Bayern Ludwig I. auch nicht gerade leicht gemacht haben.
Zu diesen innenpolitischen Problemen kam für Ludwig als außenpolitische Schwierigkeit hinzu, dass 1347 sein gleichnamiger Vater starb und dessen ausgewiesener Gegner Karl IV. aus dem Hause Luxemburg dessen Nachfolge als Kaiser antrat. Analog zu seinem Vorgänger Ludwig IV. versuchte auch Karl IV., die Mark für sein Geschlecht zu erwerben. Angesichts dieser Widerstände darf man sich nicht wundern, dass Ludwig I. bereit war, 1351 im Luckauer Vertrag seinen jüngeren Brüdern Ludwig (den Jüngeren) und Otto die Mark zu überlassen als Preis für die Abtretung ihrer Ansprüche auf Oberbayern, das er fortan alleine regierte. 1361 starb Ludwig I. Er hinterließ mit Meinhard einen einzigen Sohn, der bereits zwei Jahre später kinderlos verschied. Die Folge war, dass sich die unterschiedlichen Linien der Wittelsbacher über das oberbayerische Erbe entzweiten.
Ludwig II., der seit 1351 gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Otto Landesherr von Brandenburg war und de facto für beide die Regierungsgeschäfte führte, suchte in diesem Zwist die Unterstützung des Kaisers Karl IV. Noch im Jahre von Meinhards Tod sicherte er Karl beziehungsweise dessen Nachfahren in einem Erbvertrag die Mark für den Fall zu, dass er und Otto kinderlos bleiben sollten.
Nach dem Tode Ludwigs II. 1365 setzte Otto die kaiser- beziehungsweise luxemburgfreundliche Politik seines Bruders fort. Ein Jahr nach Übernahme der Regentschaft heiratete er aus rein politischen Gründen die zweite Tochter von Karl IV. Für den Fall, dass Otto nicht wie Ludwig II. kinderlos bleiben sollte und die Mark damit nicht gemäß der Erbverbrüderung von 1363 an die Luxemburger fiel, schien damit wenigstens sichergestellt, dass ein Enkel des Luxemburgers auf dem Kaiserthron Brandenburgs nächster Markgraf wurde. Die Ehe blieb kinderlos.
Allerdings begnügte sich Karl IV. nun nicht mit der Aussicht, dass Brandenburg nach Ottos Tod an sein Geschlecht fallen würde. Otto V. der Faule vernachlässigte die Regierungsgeschäfte derart, dass die Gefahr drohte, die Luxemburger würden nach seinem Tod nur noch eine ruinierte Mark übernehmen können. So weit ließ Karl es nicht kommen. Nachdem er von seinem Schwiegersohn bereits 1367 die Niederlausitz als Pfandbesitz erhalten hatte, marschierte er 1371 in Brandenburg ein und übernahm die Regierungsgewalt.
Am 18. August 1373 wurde der faktische Machtwechsel in der Mark von den Wittelsbachern zu den Luxemburgern mit dem Vertrag von Fürstenwalde formal nachvollzogen. Der Macht des Faktischen gehorchend, tauschte Otto seine Herrschaftsrechte über die Mark Brandenburg gegen 500000 Gulden sowie einige Schlösser und Städte in der Oberpfalz ein. Damit endete vor 640 Jahren auch formal die Herrschaft der Wittelsbacher in der Mark.
Wenn die Herrschaft der Wittelsbacher auch nur fünf Jahrzehnte währte, so fällt in diese Ära doch ein für die Geschichte Deutschlands im Allgemeinen und Brandenburgs im Besonderen wichtiges Ereignis: die Verkündung der Goldenen Bulle. Damit erhielten die brandenburgischen Markgrafen eine Kurstimme, was das Interesse Kaiser Karls IV. an Brandenburg zusätzlich anheizte.