erschienen im Hamburger Abendblatt
von Johanna R. Wöhlke
Also – da gibt eine unausgesprochene Abmachung zwischen Menschen, die miteinander reden und das Gesprochene auch in Buchstaben umsetzen, also schreiben: Sie wollen sich verstehen. Wer nicht versteht, ist nämlich arm dran. Es könnte sein, dass er falsch handelt, gar nicht handelt, fragend und unsicher zurück bleibt, all das.
Ich zum Beispiel hatte diese Gedanken in diesem Problemfeld zum ersten Mal, als es Mode wurde, alte Menschen nicht mehr alt zu nennen. Sie wurden und waren plötzlich alle Senioren. So als sei es negativ oder gar ein Schimpfwort, mit dem Adjektiv alt bezeichnet zu werden. Das Altwerden – ein wunderbarer Vorgang und Prozess, den man auch Leben und leben nennt. Wunderbar, einzigartig, unwiederholbar, einfach nur toll! Wie schön, eine gute lange Zeit gelebt zu haben!
So ist das mit Begriffen. Nun bin ich also zwangsweise „seniorisiert“ worden und habe mich daran gewöhnen müssen. Da tauchen neue Begriffe auf, die mir etwas verschleiern wollen. Ich las es in einer Anzeige einer großen Handelskette: Sie bildet aus zum Fleisch- und Wurstdesigner und zur Fleisch- und Wurstdesignerin. In Klammern steht in der Anzeige hinter diesem Begriff „Fachverkäufer im Bereich Feinkost“.
Was soll man dazu sagen? Wie gut, ehrlich und genau ist doch die Bezeichnung „Fachverkäufer im Bereich Feinkost“. Wie nichtssagend, ungenau und in die Irre führend, Fantasie anregend ist doch die Bezeichnung „Fleisch- und Wurstdesigner“.
Ich würde zukünftig sehr gerne weiterhin von einem Fachverkäufer und nicht von einem Fleisch- und Wurstdesigner bedient werden. Es wäre ein gutes Gefühl am Tresen, ein sehr gutes!