Am 20. September 2024 stellte der Krimiautor Hartmut Höhne sein neues Buch „Mord im Thalia“ in den atmosphärischen Räumen des Speicherstadtmuseums vor. Dr. Ralf Lange, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Museums und Verfasser zahlreicher Bücher im Themenbereich Hamburger Hafen-, Schifffahrts- und Baugeschichte sowie zur deutschen Nachkriegsarchitektur, moderierte die Veranstaltung.
Die Götzenpauke und die wilden Zwanziger
Inmitten historischer Ausstellungsstücke lauschten rund 40 Gäste den spannenden Ausführungen und Leseabschnitten. Zunächst stimmte Hartmut Höhne die Zuschauer auf die Epoche um 1921 ein, in der sein Roman spielt. Zu jener Zeit gab es in Hamburg jedes Jahr ein großes Künstlerfest, das unter einem bestimmten Motto stand und von der „Hamburger Sezession“ organisiert wurde. 1921 lautete das Motto „Die Götzenpauke“. Das ausschweifende Fest fand im heutigen Curio-Haus statt; Hartmut Höhne verlegt es in seiner fiktiven Geschichte ins Thalia-Theater, weil dieses auch über Hamburgs Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. Die Vorrede des Autors mit einer Vielzahl historischer Fakten und Anekdoten einschließlich früherer Straßennamen ist schon unglaublich spannend. Man hat das Gefühl, in dem liebevoll hergerichteten Ausstellungsraum unter dem Eindruck der Erzählung langsam in eine andere Zeit versetzt zu werden.
Kommissar Jakob Mortensen, der schon aus dem Vorgängerbuch „Mord im Gängeviertel“ bekannt ist, hat den Mord an dem Maler und Bildhauer Max Schwartau aufzuklären. Dabei gerät er in den Bann der verdächtigen Alina Krylow und verliert den Fall aus den Augen, riskiert seine berufliche Stellung und Beziehung. Bei dem einen Mord wird es jedoch nicht bleiben…
Eine Reise ins historische Hamburg
In der detailreich erzählten Vorbereitung für das Götzenpauke-Fest tauchen die Zuschauer tief in das Jahr 1921 ein. Erst langsam erholt sich, wie Hartmut Höhne erläutert, die Kulturszene von den Kriegsfolgen. Mit der Protagonistin Carla Mortensen, Kommissar Mortensens Schwester und die heimliche Flamme seines Kollegen Ove, die als Verantwortliche für das Bühnenbild hinter den Kulissen nachsieht, ob alles gut befestigt ist, gehen die Zuschauer in Gedanken durch das Thalia-Theater, winden sich an fummelnden und knutschenden Menschen vorbei, erleben die sagenumwobene, wilde Zeit – bis Carla auf eine männliche Hand tritt. Geschickt verwebt Hartmut Höhne Wahrheit und Fiktion, historische Personen mit erfundenen Protagonisten. Die Szene des Auffindens der Leiche kommt ohne reißerische Beschreibungen aus. Die atmosphärische Dichte sei ihm wichtiger als Kommissare, die „knietief im Blut stehen“, sagt der Autor. Das Zusammenspiel eloquenter Erzählung, die auch Humor zeigt, mit historischen Fakten und Persönlichkeiten macht die Faszination des Schreibstils aus.
Nach der Pause, in der das Speicherstadtmuseum Schmalzbrote serviert, widmet sich der Autor seinem Buch „Mord im Gängeviertel“, das in der Hamburger Neustadt spielt. Die Gäste erfahren zunächst wieder einige Details über die Schauplätze wie dem Paradieshof nahe dem heutigen Großneumarkt. Seinerzeit wurde ein Hektar Fläche von rund 1.400 Menschen bewohnt – eine heutzutage kaum vorstellbare Enge. 1919 gab es strenge Lebensmittelzuteilungen und Hungerunruhen, von denen die sog. Sülzeunruhen noch recht bekannt sind, als der Verzehr verdorbenen Sülzfleischs viele Menschen das Leben kostete. Vor diesem Hintergrund entwickelt Höhne die Handlung um Kommissar Mortensen und gibt sowohl im Buchtext als auch im Gespräch mit den Zuschauern der Lesung viele geschichtliche Informationen.
Krimi und geschichtliche Fakten
So bekommt man nicht nur zwei spannende Krimis, sondern auch und einen tiefen, bildhaften Einblick in das Hamburg der Weimarer Republik; eine Bezeichnung, so Hartmut Höhne, die damals jedoch noch gar nicht verwendet wurde. Zu jener Zeit sprach man noch vom „Deutschen Reich“, obwohl es keinen Kaiser mehr gab.
Man hat an diesem Abend im schönen Speicherstadtmuseum nicht nur eine kurzweilige, auf beide Bücher Lust machende Lesung gehört; man hat auch gelernt, was es mit der Hutkrempenregel auf sich hat (das steht im „Mord im Thalia“), hat viel über die Geschichte der Stadt erfahren und konnte sich in der Pause im Museum umsehen, das detailreich und liebevoll ausgestattet ist und über einen kleinen Shop mit zum Ort passenden Artikeln wie Tee in stilecht nachgebauten Kisten und einem gut sortierten Buchangebot verfügt. Die rundum gelungene Buchvorstellung weckt Lust auf weitere Lesungen, die man im Speicherstadtmuseum regelmäßig einmal im Monat besuchen kann. Weitere Infos dazu gibt es hier:
Krimilesungen im Speicherstadtmuseum
Über den Autor
Hartmut Höhne schreibt Romane, Erzählungen, Kurzprosa und Szenisches. Für seine Krimis, die im Gmeiner Verlag erschienen sind, recherchiert er in Archiven, der Staatsbibliothek und beim Verein für Hamburgische Geschichte. Die Zeit der Weimarer Republik fasziniert ihn wegen der großen Veränderungen in Politik, Kunst und Gesellschaft. Er lebt seit 1984 in seiner Wahlheimat Hamburg.
Zur Autorenseite beim Gmeiner Verlag geht es hier: Hartmut Höhne im Gmeiner Verlag
Fotos: DAP