Ich und die Anderen

Von Hans-Peter Kurr & Lena Ahlreip

Höchst gelungenes Schauspiel-Experiment in Lübecks Combinale-Theater

Auf der Flucht vor dem zerfallenden Haus und den verwandten Seelen: Tommaso, der Hochbeabte. Foto: Theater Combinale-Dramaturgie

Einen wahrhaft erschütternden Theaterabend bot das experimentiermutige Lübecker Theater Combinale seinem Publikum ( und kündet glücklicherweise eine Wiederaufnahme derselben für das Jahr 2016 an ) :
Die Dramatisierung des aufwendigen Matt-Ruff-Romanes „Ich und die Anderen“ ( in Uli Haussmanns Bühnenfassung) und der kongenialen Inszenierung des vielseitigen Hamburger Regisseurs und Schauspielers Erik Schaeffler mit einem unfaßbar begabten Darsteller-Ensemble ( Jantje Billker, Tommaso Cacciapuoti, Mignon Remé, Sigrid Dettlof, Ulli Haussmann ) und in der geschickt und szenisch vielfältige nutzbaren Ausstattung Sonja Zanders.
Gezeigt werden die Psychogramme junger Menschen , die in ihren Körpern jeweils mehrere Personen beherbergen. Die schauspielerische Eleganz und Leichtigkeit, mit der die hochrangigen Darsteller, die Regisseur Schaeffler und die Theaterleitung aus Anlass des 25-jährigen Bestehens jener Lübecker Bühne kombiniert haben, ist bestechend, zumal der Stoff völlig unalltägliche Darstellungstechniken verlangt.
Profane, profan-komische und spirituelle Weltvorstellung durchdringen sich derart im Gefüge des Stückes, daß das eine das andere vorwärtstreibt in einem gleichsam kreiselnden Wechsel.Es ist – vor allen Fragen überflüssiger Neugier geschützt – in der merkwürdig ausgedeuteten existenziellen Beziehung der Figuren untereinader, konkret eine Metapher von Poesie, Klang und Musik, die zwar den Schmerz des Verzichtes kaum verhüllt, aber sich durch mancherlei Prüfungen läutert und dennoch im Zentrum der Psychogramme verschlüsselt bleibt.
Fazit: Die Substanz dieses kostbaren neuen Stückes, dessen Realisation zudem noch durch filmische Beiträge (Jürgen Salzmann ) unterstützt wird, besticht durch das Verweben uralter Muster und zeitgeistbezogener Erfahrungen, die fabelhaft ineinander gewirkt wurden.
Ein wahrhaft grosser Abend, Chapeau, chapeau !
Jantje Billker, Tommaso Cacciapuoti, Mignon Remé, Sigrid Dettlof, Ulli Haussmann