Friedrichstadt: Grachten und romantische Bogenbrücken
von Lilo Hoffmann
Gut erhaltene Treppengiebelhäuser und schnurgerade Grachten – wer zum ersten Mal nach Friedrichstadt kommt, ist überrascht, wie sehr dieses idyllische Städtchen an Holland erinnert. Und das hat seinen guten Grund. Einst holte Herzog Friedrich III von Schleswig-Gottorf holländische Remonstranten ins Land, die in ihrer Heimat wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. Er versprach ihnen Glaubens- und Steuerfreiheit und führte den Gulden als Währung ein.
Das alles geschah nicht ohne Hintergedanken. Herzog Friedrich III wusste, dass die Holländer hervorragende Schiffs- und Deichbauer waren. Für eine Siedlung, die nur zwölf Kilometer von der Nordsee entfernt entstehen sollte, erschien ihm dies sinnvoll. Darüber hinaus verfolgte der Herzog ehrgeizige Pläne. Er wollte eine Handels- und Hafenstadt von Weltgeltung schaffen. Der Landstrich zwischen Treene und Eider schien hierfür ideal zu sein. Friedrichstadt wurde 1621 gegründet, doch das hochgesteckte Ziel des Herzogs konnte nicht erreicht werden. Bis ins 18. Jahrhundert hinein sprachen die Einwohner von Friedrichstadt holländisch. Und das galt nicht nur für die Amts- und Kirchensprache, sondern auch für den alltäglichen Umgang.
Nachdem sich die holländischen Familien nach und nach zurückzogen und einheimische lutherische Bevölkerung nach Friedrichstadt kam, setzte sich immer mehr die plattdeutsche Umgangssprache und die hochdeutsche Amtssprache durch.
Friedrichstadt galt seit jeher als „Stadt der Toleranz“. Nach den aus ihrer Heimat vertriebenen holländischen Remonstranten erhielten auch weitere Glaubensgemeinschaft das Recht auf freie Religionsausübung, wie zum Beispiel die evangelischen Mennoniten, Quäker, Zeugen Jehovas und Juden. Die jüdische Gemeinde hatte sich sogar bis zum Jahr 1850 mit rund 500 Mitgliedern zur zweitgrößten Religionsgemeinschaft entwickelt. Heute noch gibt es in Friedrichstadt eine Synagoge.
Das idyllische Holländerstädtchen sollte auf jeden Fall mit einem Grachtenschiff, auf denen informative und zugleich heiter vorgetragene Führungen stattfinden, vom Wasserweg aus erkundet werden. Die Grachtenschiffe fahren nicht nur durch den Ort, sondern bieten auch Ausflüge in die Nachbargemeinden per Schiff an. Doch wer zunächst einmal Friedrichstadt selbst entdecken möchte, kann dies bei einer Stadtführung tun, die im Sommer täglich angeboten wird. Tradition ist hierbei wichtig. Selbstverständlich tragen die Stadtführer holländische Trachten. Die Führungen beginnen an der Marktpumpe, eines der Wahrzeichen von Friedrichstadt. Auf Anfrage finden Führungen auch im Winterhalbjahr statt.
Der Marktplatz, auf dem immer am ersten Adventswochenende im Lichterglanz romantische Grachtenweihnacht gefeiert wird, ist das Herzstück des Ortes. Einst gab es hier Vieh- und Pferdemärkte. Wasser spielte dabei eine große Rolle, denn natürlich waren die Tiere durstig. Da wurde es von allen begrüßt, als 1879 eine Marktpumpe errichtet wurde, denn nun konnten die Bauern ihre Tiere vor Ort mit Wasser versorgen. Die Pumpe befindet sich in einem gotikähnlichen Brunnenhäuschen und enthält vier plattdeutsche Vers-Inschriften über das Wasser, die von Klaus Groth verfasst wurden. Zu lesen sind diese auch heute noch auf der Stirnseite des Brunnens.
Besucher, die noch mehr über Friedrichstadt erfahren möchten, haben dazu im historischen Museum „Alte Münze“ Gelegenheit. Das Museum, das in einem der schönsten Häuser der Stadt (Am Mittelburgwall 23) untergebracht ist, informiert über die Stadtgründung, die verschiedenen Glaubensgemeinschaften und das Alltagsleben der Friedrichstädter. Das Gebäude wurde 1626 vom ersten Statthalter von Friedrichstadt errichtet. Herzog Friedrich III. wollte der Stadt das Münzrecht verleihen, daher der Name „Münze“. Das Versprechen wurde nicht gehalten, lediglich der Name des Hauses erinnert heute noch an die früheren Pläne des Herzogs.
Weitere Informationen: Tourist Information Friedrichstadt, Tel. 04881-93930, www.friedrichstadt.de