„Dick und Doof“ in den Kammerspielen

Von Hans-Peter Kurr

Michael Bogdanovs (…und seiner Darsteller)Sensationserfolg an der Hartungstrasse

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Welches Glück, daß wir diesen Mann für jeweils sechs Monates des Jahres in Hamburgs Mauern haben: Michael Bogdanov, britischer Regisseur aus dem walisischen Cardiff, ehemaliger Leiter des Londoner ‚Young-Vic-Theatres‘, erfolgreicher Regisseur der berühmten ‚Royal Shakespeare Company‘, vor einem Vierteljahrhundert Intendant des Deutschen Schauspielhauses, durch Mißachtung der Pfeffersäcke im hanseatischen Rathaus und des – zumindest partiellen – Kritkastertums der damaligen Kulturpresse in unserer Stadt, durch die Bemühung seines ehemaligen Adlatus, Axel Schneider – Intendant der Kammerspiele und fünf weiterer Häuser – , vor einiger Zeit wieder regelmässiger Gastregisseur an der Elbe, verheiratet mit der Hamburger Bühnenbildnerin Ulrike Engelbrecht, sechs Monate in Cardiff und das übrige Halbjahr in Hamburg arbeitend, 77 Jahre alt.

Seinen zahlreichen, ungemein erfolgreichen Inszenierungen, hat er jetzt an der Hartungstrasse einen weiteren Edelstein hinzugefügt:Die Bühnenfassung der Sketche und Kurzfilme, vornehmlich aber der Biographien der zwei ur-amerikanischen Filmkomiker, die auch in Europa unter den Doppelnamen ‚Laurel & Hardy‘ oder ‚Dick und Doof‘, allerdings erst nach Beendigung des zweiten Weltkrieges, bekannt geworden sind.

Und Bogdanov wäre nicht der gewissenhafte Rollenausdeuter, der er stets war, hätte er sich von der Intendanz für dieses kühne Unternehmen nicht die zwei besten Darsteller ausbedungen, die in Hamburg gegenwärtig dafür zu finden sind und die den Mut und die darstellerische Qualität besitzen, den zwei grossen Weltstars Gestalt und Stimme zu verleihen. Wirklich unnachahmlich: Roland Renner als Stan Laurel und Ulrich Bähnk als Oliver Hardy, jene zwei Hollywood-Stars, die ehemals zu den wenigen gehörten, die sogar den Wechsel vom Stumm- zum Tonfilm überlebten. Deren Geschichte und die Nachgestaltung zahlreicher Slapstick und ‚Running-Gag‘-Szenen quittierte das – offenbar auch in zahlreichen Erinnerungen schwelgende – Premierenpublikum mit begeistert-gebrüllten Lachsalven quittierte, wie man sie selbst in diesem Haus, das von einem künstlerischen Höhepunkt zum anderen geführt wird, nicht oft hört.Der am Klavier und an zahlreichen originellen Imitationsinstrumenten mitwirkende Musiker Siegfried Gerlich darf in diesem Zusammenhang ebensowenig vergessen werden wie die Arbeit der Chefdramaturgin des Haues, Anja del Caro , die ein wunderbar quellenreiches Programmheft zusammengestellt hat.

Epilog: Da die Kulturgeschichte uns lehrt, daß das Stilmittel der Komik seit der Geburt des Theaters in der griechischen Antike stets metaphorischen Hintergrund besitzt, der letztendlich der Tragik sehr nahekommt, ist es wohl gestattet, in diesem Zusammen den französischen Psychiater und Theaterwissenschaftlicher Edouard Schuré ( 1848 – 1929) zu zitieren:
„Das Theater als Spiegel des Lebens wirkt auf den ganzen Menschen, auf seine Sinne, seine Seele, seinen Geist.“

Meister Bogdanov kennt diesen Zusammenhang selbstverständlich. Das macht einen wichtigen Teil seiner bemerkenswerten Inszenierungen aus.Daher wurde auch dieser bemerkenswerte Abend in den Kammerspielen – bei aller Heiterkeit – letztendlich tiefgründig!

Foto:  bo lahola