Das Liszt Haus in Weimar

Von Dr. László Kova

Liszt – Zeichnung von Dr. László Kova

Es ist nur ein Sprung von Erfurt bis Weimar. Man tritt kaum auf das Gaspedal und kommt schon in der berühmten Stadt an. Der Name Liszt taucht auf verschieden Firmenschildern auf,  da Liszt auch hier geehrt wird. Hier sitzt auch die Hochschule für Musik Franz Liszt, die schon lange internationale Bedeutung errungen hat.

Das Liszt-Haus befindet sich in der Marienstraße Nr. 17, südlich vom Stadtzentrum, direkt zum großflächigen Park an der Ilm. Im Gebäude, das    Franz Liszt von 1869 bis  bis zu seinem Tod 1886 bewohnte, war ursprünglich die Hofgärtnerei beheimatet. Die „Altenburg“, wie der Meister das Haus bezeichnete, stattete seinerzeit die Großherzogin Sophie komfortabel aus.

Der 1842 zum Hofkapellmeister ernannte Liszt lebte, komponierte und unterrichtete in diesem Haus, das Carl Alexander von Sachsen-Weimar und Eisenach ihm zur Verfügung gestellt hatte. Dieses Haus blieb ihm das Hauptdomizil, obwohl er durch seine umfangreichen Reisen jährlich mehrere Monate, besonders im Winter und Frühjahr,  in Rom und Budapest verbrachte. Kurz nach seinem Tod wurde ein Teil des Hauses als Museum umgestaltet. Im Wohn- und Arbeitszimmer blieb die Einrichtung erhalten, das Schlaf- und Speisezimmer wurden später rekonstruiert.

Das Haus wirkt einladend und frisch. Im Musiksalon stehen der Bechstein-Flügel und das Ibach-Klavier, auf denen der Meister, der berühmte Pianist und Komponist, seine Schüler aus aller Welt unentgeltlich (!) unterrichtete. Im Dienerzimmer ist die ´Stumme Klaviatur´ Liszts ausgestellt, die der Klaviervirtuose  auf seinen weiten Reisen zu Übungszwecken (Fingertraining!) nutzte. Im reich bestückten Museum ist auch ein Bildnis von Ludwig von Beethoven zu sehen, den Liszt seit seiner Kindheit verehrte. Hier steht auch eine Büste Franz Liszts, die Lorenzo Bartolini in Marmor meißelte.  Ebenso befindet sich dort eine Gipsbüste von der Tochter Cosima Liszt, die zuerst Ehefrau von Hans von Bülow war, später Ehefrau von Richard Wagner wurde. Liszt lebte hier 12 Jahre mit seiner Lebensgefährtin Carolyne zu Sayn-Wittgenstein zusammen, die aus einer polnischen Adelsfamilie stammte. Die Religion stand der geplanten Ehe der Fürstin entgegen:  Nach russischem Recht wurde sie 1855 zwar geschieden, jedoch als Katholikin war sie nicht frei. Weil Liszt sie nicht heiraten konnte, nahm er in Rom die niederen geistlichen Weihen entgegen. So nannte man ihn liebevoll „Abbé Liszt“.

Die Zeit zwischen 1835 und 1843 bezeichnet man in seinem Leben als Wanderjahre, die von Erfolgen und Misserfolgen als Künstler sowie von guten und schlechten Zeiten als Mensch gekennzeichnet sind. Dennoch hatte er gute Kontakte zu Adligen und seine Konzerte waren von äußersten Erfolg gekrönt. Der Schriftsteller Hans Christian Andersen schrieb in Hamburg: „Wie ein elektrischer Schlag fuhr es durch den Saal, als Liszt hereintrat, die Mehrzahl der Damen erhob sich, und ein Sonnenglanz verbreitete sich auf jedem Gesicht…

Er schien an das Instrument genagelt, aus dem die Töne strömten, sie kamen aus seinem Blut, aus seinen Gedanken; er war ein Dämon, der seine Seele freispielen musste.“ Bezeichnend für seine Erfolge und Popularität sprach man europaweit über „Lisztomanie“.

Über den ungarischen Pianisten und Komponisten schrieben die Zeitgenossen, dass er virtuos Klavier spielte, auf das Publikum eine magische Ausstrahlung hatte und mit einer Aura eines musikalischen Propheten erschien. Sein außerordentliches Talent paarte sich mit seinem attraktiven Erscheinen. Lebenslang verwickelte er sich in „Frauengeschichten“, auch im hohen Alter. Tatsache ist es, dass er in seinen Kompositionen wie besessen nach den technischen Schwierigkeiten suchte. Über seine Hände kursieren Legenden. In der Wirklichkeit war sein Daumen eindeutig lang, sein kleiner Finger war stark, als wäre er aus Eisen gewesen. Seine Hände hatten einen breiten und kraftvollen Griff. Diese Gegebenheiten erlaubten ihm das dynamische und powervolle Spiel. Frédéric Chopin sagte angeblich: Meister, sie sind in der Lage ein Klavier zu zertrümmern.

In den Wanderjahren konnte er kaum komponieren.  Aber er verdiente viel Geld, das er auch leicht ausgab. Die Weimarer Jahre bedeuteten für ihn die künstlerisch produktivste Zeit. Er schrieb Klaviersonaten und Transkriptionen,  überarbeitete seine früheren Klavierwerke, beschäftigte sich mit sinfonischen Dichtungen und komponierte kirchenmusikalische Werke.  Ab 1864 dirigierte er regelmäßig Orchester in diversen europäischen Städten.

 

Gipsabdruck von der rechten Hand Franz Liszt

Das Jahr 1859  wurde Liszt eine große Anerkennung für sein internationales musikalisches Wirken zu teil. Er erhielt  das österreichische Adelsprädikat: Er durfte sich „Franz Ritter von Liszt“ nennen.

Büstensammlung im Liszt-Haus Weimar

Liszt pflegte weitläufige gesellschaftliche Kontakte z.B. im Musikleben u.a. mit Frédéric Chopin, Nicolo Paganini, Hector Berlioz und

Richard Wagner. Er war auch mit Literaten eng befreundet, wie mit Honoré de Balzac und Heinrich Heine.

 

Übrigens war sein Vater Ungar und Gutsverwalter beim Fürsten Esterházy, seine Mutter Österreicherin. Er  sprach schlecht Ungarisch, aber er bezeichnete sich lebenslang als Ungar. Wahrscheinlich für dieses Bekenntnis war im Liszt-Haus vor vielen Jahren sein Klavier mit einer ungarischen Flagge (Trikolor) überdeckt, die heute leider fehlt.

 

Franz Liszt wurde am 22.10.1811 in Raiding (Burgenland/Österreich) geboren und starb am 31. Juli 1886 in Bayreuth. Mit 9 Jahren war das Wunderkind ein glänzender Klaviervirtuose. So konnte er nicht lange die Schulbank drücken. In späteren Jahren holte er seine Bildung autodidaktisch nach, er studierte selber Kunst, Kunstgeschichte, Literatur, Religion und Philosophie.

Sein Gesamtwerk ist vom Umfang und von der Vielfältigkeit her grandios und unvergleichlich. Der englische Musikwissenschaftler Humphrey Searle  kam auf 702 musikalische Titel ohne die  umfangreichen literarischen Werke Franz Liszt´s: 123 Klavierwerke, 77 Lieder, 65 geistliche Chorwerke, 28 weltliche Chorwerke, 11 Orgelwerke, 1 Oper, 25 Orchesterwerke, 7 Werke für Klavier und Orchester, 9 Kammerkonzerte, 5 Melodramen, 335 Arrangements und Transkriptionen, 17 unvollendete Werke.

 

Heute wird Liszt als Komponist und Musikpädagoge weltweit geehrt. Liszt ist einer der größten Klaviervirtuosen der Musikgeschichte.

Fotos von Dr. László Kova