Alphabetisierung der Empfindungen

von Götz Egloff

Rezension zu Ulrich Schultz-Venrath, Lehrbuch Mentalisieren – Psychotherapien wirksam gestalten, Klett-Cotta, Stuttgart, 2013.

Das Cover
Das Cover

Ein beeindruckendes Kompendium zum Themenkomplex des Mentalisierens legt Ulrich Schultz-Venrath vor. Im theoretischen Teil zeichnet der Autor die Entwicklung des Konzepts aus der französischen psychosomatischen Schule, über das Alexithymie-Konzept, hin zur Fonagy-Gruppe nach, gewahr der verschiedenen Betonungen körper-orientierter Ansätze. Der praktische Teil bietet reichhaltige Ausarbeitungen und Beispiele nicht nur zu verschiedenen Störungsbildern, sondern in verschiedensten therapeutischen Settings. Deutlich wird immer wieder die Grundlage der psychoanalytisch-interaktionellen Methode des Göttinger Modells (Heigl/Heigl-Evers, König), die letztlich auch den Weg zur Operationalisierten Psychodynamischen Diagnostik (OPD) bahnte.
Crits-Christoph, Luborsky, Gabbard fallen spontan ein, pragmatische Analytiker; allen voran Sullivan mit seiner leider weithin vergessenen, doch brillanten interpersonellen Psychoanalyse. Continue reading „Alphabetisierung der Empfindungen“

Genderhinweis? Unbedingt!

Eine Glosse von Johanna Renate Wöhlke

Es ist nicht immer leicht, in der eigenen Sprache zu schreiben. Das ist besonders dann nicht der Fall, wenn sich Moden entwickeln, die man nicht als Moden bezeichnen darf, weil sie von ihrem qualitativen Anspruch her zweifellos nicht unrichtig und langlebig zu nennen sind. Ich meine die Gendergerechtigkeit in der Sprache: der Richter, die Richterin; der Bundeskanzler, die Bundeskanzlerin; der Diplom-Kaufmann, die Diplom-Kauffrau – das IN für die weibliche Form ist im Emanzipatorischen gut zu begründen. Die Diskussion darüber füllt inzwischen Band um Band, Bände um Bände – und kein Ende! Continue reading „Genderhinweis? Unbedingt!“

Begeisternde Helena

Von Hans-Peter Kurr
Notwendige Randnotizen zu Wiederaufnahme vom Torsten Diehls „Sommernachtstraum“-Inszenierung im Monsun-Theater

Ines Nieri als Helena - zentral, umringt von Ensemblemitgliedern.
Ines Nieri als Helena – zentral, umringt von Ensemblemitgliedern.

Es ist wie stets bei Torsten Diehls Inszenierungen:
Unfassbar phantasiereich, turbulent, ausufernd, farbenprächtig, technisch ausgestattet mit allen Mitteln, die die begrenzten Möglichkeiten eines Off-Theaters wie des Monsun an der Friedensallee hergeben – ein anstrengender, aber mit zahlreichen szenischen Überraschungen gespickter Abend, dargeboten von einem Team junger, zumeist ( noch ) überforderter Schauspielschüler oder bereits diplomierter Nachwuchsleute auf dem „Nudelbrett“ ( wie eine kleine Bühne in Theaterkreisen genannt wird) dieser ehemaligen Senf-Fabrik. Continue reading „Begeisternde Helena“

„O Freude. Leipzig im Gedicht“ erscheint zur Leipziger Buchmesse

O Freude
Bild: GZL

von Maren Schönfeld / Pressemitteilung der GZL

„Leipzig – schreibt sich“ ist einer der Reime aus den über 400 Texteinsendungen von 221 Autorinnen und Autoren im Alter von 19 bis 91 Jahren aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und weiteren sechs Ländern. Im Mai 2014 hatte die in der Messestadt ansässige internationale Gesellschaft für zeitgenössische Lyrik (GZL) dazu aufgerufen, sich mit Lyrik und Kurzprosa mit dem Thema Leipzig an der Frühjahrsausgabe 2015 der Zeitschrift „Poesiealbum neu“ zu beteiligen. Nunmehr ist die Auswahl abgeschlossen und umfasst eine Auswahl von 128 Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Finnland, Österreich, Schweden, der Mongolei, Schweiz und Türkei. Zur Leipziger Buchmesse wird die Ausgabe, die erstmals das Format eines Taschenbuches haben wird, erscheinen. Die Buchpremiere ist am 21. April in der Leipziger Stadtbibliothek geplant.

„Wie tief Leipzigs Chronik und Gegenwart in den Biographien vieler literarisch tätiger Menschen verwurzelt ist, zeigt sich anhand dieser poetischen Stimmungsbilder und lyrischen Geschichtsschreibung“ – so Burkhard Jung in seinem Grußwort zu dieser Ausgabe.

Das Pendant zu den Leipzig-Texten, die Sonderausgabe „Gedichte von Welt“ mit Lyrik aus Leipzigs Partnerstädten, wird als eine der ersten Veranstaltungen im Jubiläumsjahr am 22.1. um 19.30 Uhr im Literaturhaus Leipzig vorgestellt. Gelesen werden die ins Deutsche übertragenen Gedichte von Maja Gille und Axel Thielmann. Den musikalischen Part teilen sich das Cosmic Love Projekt und Michael „Massa“ Großwig. Vorstellen wird das Projekt der Herausgeber Ralph Grüneberger.

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung wird an diesem Abend die Verlosung der 4 Sachpreise der Ausschreibung „Leipzig im Gedicht“ vornehmen. Den Hauptpreis, eine Papierarbeit mit dem Titel „Blick auf Leipzig“ im Wert von 900 €, stiftete der Leipziger Maler Gert Pötzschig. Weitere Preise stellten die Leipziger Tourismus und Marketing GmbH und die Leipziger Filiale Hugendubel zur Verfügung. Unterstützt wird die Veranstaltung der GZL vom Kulturamt Leipzig und dem Verein „Leipzig 2015“.

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http://www.l-iz.de/Veranstaltungen/B%C3%BChne/O-Freude-Leipzig-im-Gedicht-erscheint-zur-Buchmesse-59180.html

Kabarett-Titan Werner Schneyder in der „Empore“ in Buchholz

Von Johanna Renate Wöhlke

Werner Schneyder und Christoph Pauli ( von rechts)
Werner Schneyder und Christoph Pauli ( von rechts)

Was in Erinnerung bleibt sind Kaskaden von Wortspielen, intellektuellen Bissigkeiten und ebensolchen politischen Analysen, hintergründiger Humor, sprachliche Textakrobatik gespielt, gelesen und gesungen. Das ist so, weil dort ein Titan des Kabaretts auf der Bühne stand: Werner Schneyder.
Ein Gefühl von „es war einmal“ galt es zu bekämpfen – nicht im Ernst-Deutsch-Theater in Hamburg wie in den 1980er Jahren, nein, in der „Empore“ in Buchholz vor den Toren Hamburgs – volles Haus für Werner Schneyder und sein Programm „Ich bin konservativ“, begleitet am Flügel von Christoph Pauli. Continue reading „Kabarett-Titan Werner Schneyder in der „Empore“ in Buchholz“

Tschechows Menschen in Licht und Schatten

Von Hans-Peter Kurr

Karin Beiers nächste inszenatorische Großtat am Schauspielhaus mit ihrem faszinierenden Ensemble :
„Onkel Wanja“

Zu einem neuerlichen Jubelfest für Schauspiel und Regie an der Kirchenallee wurde der Premierenabend mit Tschechows, häufig genug im Schatten seiner „Möwe“ und seinem „Kirschgarten“ nachgerade verschwindenden , Meisterwerk „Onkel Wanja“ in der sensiblen und sensibilisierenden Inszenierung der Hausherrin am vergangenen Wochenende. Des schon früh – wie seine Brüder – ständig mit dem Tod konfrontierten Dichters ( Er litt an der im 19. Jahrhundert noch unweigerlich zum Lebensende führenden Tuberkulose) Denken zu diesem Thema ist trotz der Problematik jener Menschen,die wissen, daß die Gnade des „Bewusstseins seiner selbst“ (Jaspers) als teuren Kaufpreis das Bewusstsein um die eigene Sterblichkeit im Gefolge hat,voll des sanften Zaubers poetischer Kraft. Continue reading „Tschechows Menschen in Licht und Schatten“

Hans-Peter Kurr verabschiedet sich von der Bühne

     Von Günther Falbe                                            Fotos  von Tobias Gloger

Hans-Peter Kurr in seinerl etzten Rolle
Hans-Peter Kurr in seiner letzten Rolle

Im literarischen Klangkörper des Hamburger Kulturlebens dürfte in Zukunft eine
unverwechselbare Stimme fehlen: Hans-Peter Kurr nahm Abschied von der Bühne, auf der er
mehr als 50 Jahre lang als Schauspieler in den unterschiedlichsten Rollen agierte. „Ade, HP“
verkündeten die Plakate, die auf seinen Bühnen-Abschied Anfang Januar 20l5 hinwiesen, für
das er selber ein Programm zusammengestellt hatte. Sein Abgang voın Bühnenleben erfolgte
stufenweise an drei Gala-Abenden in den Mozartsälen im Logenhaus aın Dammtor. Continue reading „Hans-Peter Kurr verabschiedet sich von der Bühne“

Dreimal Hans-Peter Kurr oder: Ein halber Abschied oder: Morandi, Der Bär und Die Stühle

Von Johanna Renate Wöhlke

Hans-Peter Kurr
Hans-Peter Kurr

Hans-Peter Kur (78), Schauspieler, Regisseur und Rhetoriklehrer, wird im Januar 2015 Abschied von seiner Schauspielerlaufbahn nehmen. Dies wird mit einer Reihe von Aufführungen geschehen, für die der Terminkalender des kommenden Jahres 2015 schon einmal vorsorglich gefüllt werden sollte.

Liebe Leser und Freunde dieses mit Leib und Seele Theatermannes Hans-Peter Kurr – von dem man sich gar nicht vorstellen kann, ihn nicht mehr auf der Bühne sehen: an dieser Stelle schon einmal ein terminlicher und inhaltlicher Vorgeschmack auf die zu genießenden Theaterabende mit „Hans-Peter Kurr und Freunden“.

Aber dies wird nur ein Abschied auf den „Brettern, die die Welt bedeuten“, sein, nicht als Regisseur. Ein halber Abschied also? Darüber freuen wir uns besonders, lieber Hans-Peter Kurr, denn das bedeutet: Es geht weiter – nur eben anders!

Bei den Abschiedsvorstellungen handelt sich dabei um drei Einakter, in denen Kurr eine kleine, eine mittlere und eine Solorolle spielen wird.

Es handelt sich um folgende Stücke, die alle im Mozartsaal an der Moorweidenstraße 8 in Hamburg zur Aufführung kommen werden, Beginn 20 Uhr. Continue reading „Dreimal Hans-Peter Kurr oder: Ein halber Abschied oder: Morandi, Der Bär und Die Stühle“