Schade, dass ihr nicht hier seid!

Erschienen im Hamburger Abendblatt

Von Lilo Hoffmann

Früher verreiste ich oft mit Freunden. Den gemeinsamen Bekannten, die zu Hause blieben, schickten wir Ansichtskarten. Die meisten erhielten ganz normale Urlaubsgrüße. Bei einigen jedoch – es waren die, die uns damals ein wenig auf die Nerven gingen – schrieben wir in jugendlichem Übermut noch hinzu, dass sie uns sehr fehlen würden. Manchmal wurde diese Bemerkung auch in „Wirklich schade, dass du nicht hier sein kannst“ abgewandelt. Beim Schreiben dieser Karten amüsierten wir uns köstlich – waren wir in Wirklichkeit doch froh, dass diese Menschen uns nicht begleitet hatten.
Das ist lange her. Doch die Erinnerung an damals wurde schlagartig geweckt, als wir vor einigen Tagen eine Ansichtskarte von Stefan und Sabine erhielten. Neben der üblichen Beschreibung des Ferienortes und der Erwähnung, dass das Essen im Hotel sehr gut ist, standen dort noch zwei weitere Sätze: „Wir vermissen euch. Schade, dass ihr nicht hier seid!“
Bei mir schrillten alle Alarmglocken. Was hatte das zu bedeuten? Konnten sie uns in Wahrheit nicht ausstehen, machten sie sich über uns lustig? Da der Urlaubsort von Stefan und Sabine an der Nordsee liegt und nur etwa 130 Kilometer von Hamburg entfernt ist, werden wir es herausfinden. Nächstes Wochenende starten wir zu einem Überraschungsbesuch. Und wehe, wir haben das Gefühl, dass die Freude über unser Kommen nicht aufrichtig ist.
Mit Einladungen zu Grillfesten an lauschigen Sommerabenden und großartigen Geburtstagspartys bis spät in die Nacht ist es dann vorbei. Auch an unserem reichhaltigen Büfett beim sonntäglichen Brunch werden sich die beiden nicht mehr erfreuen können.
Also, Stefan und Sabine, bereitet euch gut vor! Es steht einiges auf dem Spiel.