Preußischer David gegen dänischen Goliath

erschienen in der PAZ

Von Dr. Manuel Ruoff
Vor 150 Jahren rettete das Kanonenboot »Basilisk« den Rückzug des Tegetthoff-Geschwaders im Seegefecht bei Helgoland

Im Deutsch-Dänischen Krieg von 1864 war Dänemark den deutschen Großmächten Preußen und Österreich zu Lande unter-, aber zu Wasser überlegen. Der skandinavische Staat nutzte diese Überlegenheit, um gegen Preußen eine Seeblockade zu verhängen. Zum Brechen dieser Blockade entsendeten die Österreicher einen Flottenverband aus dem Mittelmeer. So machte sich ein aus den beiden Fregatten „Schwarzenberg“ und „Radetzky“ sowie dem Kanonenboot „Seehund“ bestehendes Geschwader unter Linienschiffskapitän Wilhelm von Tegetthoff auf den Weg vom Mittelmeer in die Nordsee. Das Kanonenboot muss­te wegen eines Unfalls im Ärmelkanal ausscheiden und einen eng­lischen Hafen anlaufen, aber die beiden Fregatten erreichten Anfang Mai die Nordsee.

Vor der niederländischen Insel Texel vereinigte sich das österreichische mit einem aus dem Raddampfer „Preußischer Adler“ und den Kanonenbooten „Basilisk“ und „Blitz“ bestehenden kleineren preußischen Geschwader und fuhr weiter nach Cuxhaven, wo es am 4. Mai eintraf. Dort erfuhr Tegetthoff, nun Befehlshaber eines gemischten österreichisch-preußischen Verbandes, am Morgen des 9. Mai, dass der Feind bei Helgoland gesichtet worden sei.

Der Feind, das dänische Nordseegeschwader, bestand aus den Schraubenfregatten „Niels Juel“ und „Jylland“ sowie der Schraubenkorvette „Hejmdal“. Dieser von Kommodore Edouard Suenson befehligte Verband hatte die Aufgabe, die Seeblockade aufrechtzuerhalten und die Österreicher zum Kampfe zu stellen. Am 8. Mai ankerten die Skandinavier auf der Höhe von List auf Sylt und erfuhren dort von den nur scheinbar neutralen Briten vom Standort der Deutschen. Beide Seiten suchten nun den Kampf. Während der dänische Verband Richtung Süden fuhr, verließ der deutsche die Elbmündung Richtung Helgoland.
Am 9. Mai hatten sich die Geschwader bis auf zwei Meilen Entfernung genähert und die „Schwarzenberg“ eröffnete das Feuer. Um den Kurs der Dänen zu kreuzen, nahmen die Deutschen einen mehr westlichen Kurs. Die Skandinavier drehten daraufhin Richtung Osten ab, so dass sich die gegnerischen Schiffe im Abstand von rund 1,8 Kilometern passierten. Um zu verhindern, dass die zurückfallenden langsameren preußischen Einheiten abgeschnitten wurden, wendeten die Österreicher anschließend. Danach liefen die beiden Geschwader unter starkem gegenseitigen Beschuss auf Parallelkurs.

Hinsichtlich der Zahl der Geschütze hielt sich die Überlegenheit der Dänen mit 102 zu 88 in Grenzen, doch die dänischen Schiffen hatten 26 treffsicherere gezogene Rohre, wohingegen die Deutschen nur acht hatten. Während sich die „Jylland“ und die „Hejmdal“ auf die „Radetzky“ einschossen, nahm sich die „Niels Juel“ die „Schwarzenberg“ vor. Nach zwei Stunden Gefecht hatte Tegetthoffs Flaggschiff ein Fünftel seiner Mannschaft verloren und brannte an mehreren Stellen. Gegen 16 Uhr brach Tegetthoff das Gefecht ab und die nicht mehr kampffähige „Schwarzenberg“ dampfte in Richtung der Hoheitsgewässer der britischen und damit wenigstens formal neutralen Insel Helgoland ab, gefolgt vom Rest des Geschwaders, wobei die „Radetzky“ Feuerschutz gab.

Der Einsatz der preußischen Einheiten hatte sich bis dahin wegen ihrer Langsamkeit in sehr engen Grenzen gehalten. Doch war es das Kanonenboot „Basilisk“, das nun mit einem Treffer die Ruderanlage des dänischen Flaggschiffes dermaßen beschädigte, dass es manövrierunfähig wurde und abgeschleppt werden musste. Suenson verzichtete deshalb gegen 16.30 Uhr auf eine Verfolgung der Deutschen und ließ abdrehen. Mit dem langsamen Kanonenbootes „Basilisk“ und Suensons Flaggschiff waren ein preußischer David und ein dänischer Goliath aufeinandergestoßen.
Erst lange nachdem Helgoland erreicht war, gelang es den Österreichern, das Feuer auf der „Schwarzenberg“ zu löschen. 91 Treffer hatte das Schiff erhalten. Zu den 36 Toten und 80 Verwundeten auf der „Schwarzenberg“ kamen fünf Tote und 24 Verwundete auf der „Radetzky“. Dem standen nur 18 Tote und 54 Verwundete auf dänischer Seite gegenüber.

Diese Diskrepanz und die Tatsache, dass die deutsche Seite das Seegefecht abgebrochen hatte, spricht für einen dänischen Sieg, für den „einzigen wirklichen Sieg des Krieges“, um es mit dem dänischen Historiker Johs. Nielsen zu sagen. Entsprechend begeistert wurde das dänische Geschwader bei der Ankunft in Kopenhagen gefeiert. Andererseits brachen die Dänen nach dem Gefecht die Seeblockade gegen Preußen ab, womit ein entscheidendes Ziel des Tegetthoff-Geschwaders erreicht war. Für den Abbruch der dänischen Blockade kommen jedoch noch zwei andere Ursachen infrage. Da ist zum einen der Waffenstillstand, der drei Tage nach dem Seegefecht begann. Und da ist zum anderen die schwere dänische Niederlage zu Lande bei Düppel (siehe Seite 10), welche die dänischen Seestreitkräfte dazu bewog, sich fortan auf die Verteidigung der dänischen Inseln vor einer Landung der Deutschen zu konzentrieren.