Musterbeispiel eines Renaissancefürsten

erschienen in der PAZ

Von Dr. Manuel Ruoff

Der machiavellistische Kardinal Albrecht von Brandenburg war einer der wichtigsten und populärsten Gegenspieler Martin Luthers

Wohl die meisten an Preußen und den Hohenzollern Interessierten denken bei „Albrecht von Brandenburg“ zumindest als erstes an den Hochmeister des Deutschen Ordens, der Preußens erster Herzog wurde. Darüber sollte man jedoch nicht seinen Cousin gleichen Namens vergessen, der zwar kein Herzog war, aber dafür vor einem halben Jahrtausend, am 9. März 1514, Erzbischof von Mainz und als solcher Metropolit der Kirchenprovinz Mainz, Landesherr des Erzstifts Mainz, Kurfürst und Erzkanzler des Heiligen Römischen Reiches wurde. Der schließlich ranghöchste geistliche Würdenträger des Reiches gilt als Musterbeispiel eines Renaissancefürsten. Er war begabt, gebildet, feinsinnig und kunstinteressiert, aber auch egoistisch, opportunistisch und machia­vell­is­tisch.

Der am 28. Juni 1490 in Cölln an der Spree geborene Hohenzoller war der zweite der beiden Söhne des brandenburgischen Kurfürsten Johann Cicero. Nach dem Tod des gemeinsamen Vaters 1499 regierten die beiden Brüder anfänglich gemeinsam die Markgrafschaft. In die Ära der gemeinsamen Regentschaft fällt ein bis heute bedeutendes Ereignis: die Gründung der Universität in Frankfurt an der Oder. Albrecht gründete nicht nur mit seinem Bruder die Uni, er studierte auch an ihr.

Diese Ära gemeinsamer Regentschaft endete 1513, als Ernst von Sachsen starb und Albrecht auf den dadurch frei gewordenen Stuhl des Erzbischofs von Magdeburg wechselte. Als dann im darauffolgenden Jahr der Erzbischof von Mainz starb, wurde Albrecht auch dessen Nachfolger. Dieser bischöfliche Stuhl war jedoch im wahrsten Sinne des Wortes teuer erkauft. Für Albrecht hatte bei dessen Wahl nämlich nicht nur seine Begabung, sondern auch die Zusage seines Bruders gesprochen, für die der Mainzer Kirche dadurch erwachsenden Kosten aufzukommen. Um die Zusicherung seines Bruders einhalten zu können, nahm Albrecht bei den Fuggern einen Kredit über 30000 Gulden auf, den er durch den Ablasshandel zu tilgen suchte. Ab 1517 war der Dominikanermönch und Ablassprediger Johann Tetzel in seinem Auftrage in den Bistümern Halberstadt und Magdeburg tätig. Als einer der größten Profiteure wurde Albrecht aus ureigenstem Interesse ein Verteidiger des Ablasshandels und einer der wichtigsten und populärsten Gegenspieler des Ablasshandel-Kritikers und Reformators Martin Luther. Angesichts dieser finanziellen Interessenlage erwies es sich als historisch irrelevant, dass der gebildete und feingeistige Erzbischof sich ähnlich seinem Vetter und Namensvetter an der Spitze des Deutschen Ordens durch die Reformation durchaus geistig angesprochen fühlte. Albrecht wurde zu einer Speerspitze der Gegenreformation.

Wenn es seinem eigenen Vorteil diente, ging der Kardinal, der er ab 1518 war, den Kampf um den rechten Glauben jedoch durchaus pragmatisch an. So erlaubte er seinen protestantischen Untertanen im Stift Magdeburg großzügig freie Religionsausübung – gegen Übernahme seiner Schulden. Dass er 1541 jedoch von seiner Residenz Moritzburg in Halle an der Saale vertrieben wurde, nahm er übel. Er riet dem Kaiser zur Gewalt gegen die Protestanten und nahm als erster Fürst im Reich den Jesuitenorden in Mainz auf. Auch der Bauernkrieg nahm ihn gegen die Reformation ein. Albrecht von Brandenburg war intelligent genug, um die Notwendigkeit von Veränderungen in seiner Kirche zu sehen, aber doch bitte keine Revolution, die seine Stellung oder auch nur seine Interessen gefährdete. So wurstelte sich Albrecht durch. Wer ihm nicht schadete und/oder stärker schien als er, mit dem versuchte er auszukommen. Aber wehe dem, für den beides nicht zutraf. Albrecht von Brandenburg starb am 24. September 1545 auf der Martinsburg zu Mainz.